Die Zurich Versicherung scheint inzwischen wohl vom „HUK-Virus“ infiziert zu sein und will es nun offensichtlich auch wissen? Hier ein weiteres Sachverständigen-Honorarurteil aus NRW. Der Name der beklagten Partei hat sich zwar geändert. Das Ergebnis wohl eher nicht?!
Mit Entscheidung vom 28.10.2011 (263 C 89/11) wurde ein Unternehmen der Zurich Gruppe (Zürich Insurance plc) durch das Amtsgericht Köln zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten verurteilt. Die Klage auf Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht.
Grundlage des Rechtsstreits war gekürztes Sachverständigenhonorar gemäß Abrechnungsschreiben der Zurich Versicherung vom 29.07.2011 wie folgt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir übernehmen die Sachverständigenkosten mit insgesamt 260,00 EUR.
Die in Rechnung gestellten Kosten für das Kfz Gutachten ersetzen wir nicht in voller Höhe. Nach Marktlage halten wir maximal den gezahlten Betrag für angemessen und als erforderlichen Wiederherstellungsaufwand zivilrechtlich geschuldet.
Ihr Kunde Herr … ist vorsteuerabzugsberechtigt.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Zurich Kunden Service
So weit, so falsch.
Erfreulicherweise gibt es viele Gerichte, die im Schadensrecht zu Hause sind und entsprechenden „Verirrungen“ des Schädigers die gebührende Absage erteilen. Hier nun die (lesenswerte) Entscheidung des AG Köln:
263 C 89/11
Amtsgericht Köln
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
die Zürich Insurance plc, vertr. d. d. Vorstand, Niederlassung für Deutschland, PoppelsdorferAllee 25 – 33, 53115 Bonn,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO auf Grund der bis zum 21.10.2011
eingereichten Schriftsätze ohne mündliche Verhandlung am 28.10.2011
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 163,64 EUR nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.2011 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von netto 39,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2011 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragt die Beklagte
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Eines Tatbestandes bedarf es nicht, § 313a Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 163,64 EUR aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG (3 Nr. 1 PflVG a.F.) i.V.m. § 398 BGB sowie auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 EUR.
Die volle Haftung der Beklagten für das Unfallereignis vom 21.06.2011 in Köln, aufgrund dessen die Beauftragung des Klägers im vorliegenden Fall erfolgte, ist dem Grunde nach unstreitig. Zu dem im Rahmen von § 249 Abs. 2, S. 1 BGB ersatzfähigen Schaden gehören auch die für die Festellung eines Schadensgutachtens angefallenen Sachverständigenkosten.
Die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen können vorliegend dem Kläger nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden.
Die Beklagte war zu den vorgenommenen Abzügen in der vorgenommener Höhe nicht berechtigt, denn die Kosten sind dem Kläger, der aufgrund der Abtretung an die Stelle des Geschädigten getreten ist, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im tenorierten Umfang zu ersetzen. Sachverständigenkosten sind immer dann erstattungsfähig, wenn sie sich nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten einschließlich des Gebots der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Wiederherstellung der beschädigten Sache Erforderlichen halten (BGH, Urt. v. 23.1.2007, VI ZR 67/06, NJW 2007, 1450, 1451). Dabei sind weder der Schädiger, dessen Haftpflichtversicherung, noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH a.a.O ). Für die Frage, welcher Herstellungsaufwand tatsächlich i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB erforderlich ist, dürfen an den Geschädigten hinsichtlich der konkreten Wiederherstellungsmaßnahme keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist auch auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussnahmemöglichkeiten des Geschädigten Rücksicht zu nehmen. Trifft den Geschädigten keine Auswahlverschulden, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, und hat der Geschädigte auch keine offensichtliche Unrichtigkeit der Begutachtung oder der Honorarabrechnung missachtet, gilt folgendes: Solange also das Honorar eines Sachverständigen nicht krass überhöht ist, so dass das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Geschädigten ohne Weiteres leicht erkennbar ist, kann der Geschädigte vom Schädiger Ersatz der Sachverstandigenkosten grundsätzlich in voller Höhe verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 21.02.2008 – 11 S 130/07, Rn. 23 – zitiert nach juris). Denn ein Sachverständiger ist bei der Erstellung von Privatgutachten grundsätzlich in der Preisbildung frei. Eine Grenze ist erst dann zu ziehen, wenn der Sachverstandigte sein Honorar quasi willkürlich festsetzt.
Dass der Geschädigte das von dem Kläger im vorliegenden Fall geltend gemachte Honorar (Grundhonorar zuzüglich Nebenkosten) ohne Weiteres als krass überhöht hätte erkennen müssen, vermag das erkennende Gericht nicht zu erkennen. Der Kläger hat für den Geschädigten ein Gutachten erstellt, in welchem er den unfallbedingten Fahrzeugschaden ermitteln musste. Sein Honorar setzt sich aus einem an der Schadenshöhe orientierten Grundhonorar zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer zusammen. Diese Form der Abrechnung ist nicht zu beanstanden. Auch gegen die Bestimmung eines pauschalierten Grundhonorars in Abhängigkeit zur jeweiligen Schadenshöhe bestehen keine Bedenken. Dies ist allein aus Praktikabilitätsgründen erforderlich und verbreitete Praxis auch in anderen Berufsgruppen. Auch das Gesprächsergebnis zwischen dem BVSK und den Versicherungen aus dem Jahr 2007 misst die Sachverständigenhonorare anhand der Schadenshöhe. Der Kläger hat sich hierbei an die Ergebnisse der Honorarbefragungen des BVSK aus dem Jahr 2010/2011 (Anlage K5) gehalten, die als geeignete und angemessene Grundlage für die Bestimmung des Sachverständigenhonorars erscheinen. Das Grundhonorar von 303,74 EUR netto bei einer Schadenshöhe von bis 2.250,00 EUR netto ist auch vor diesem Hintergrund weder als willkürlich noch als überhöht anzusehen. Die Geschädigte war vorliegend auch nicht verpflichtet, sich ein Sachverständigenbüro zu suchen, das sich bei der Kostenberechnung an das Gesprächsergebnis 2007 zwischen dem BVSK und den Versicherungen hält. Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschadigten. Weder muss ein Geschädigter solche „Absprachen“ kennen, noch ist er dazu verpflichtet, vorab die Preiskalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen daraufhin zu kontrollieren, ob sie sich im Rahmen dieses Gesprächsergebnisses hält.
Der Kläger war darüber hinaus auch berechtigt, gesondert zu dem Grundhonorar pauschale Nebenkosten für Schreib und Fotoarbeiten sowie Kopier- und Portokosten in Rechnung zu stellen. Selbst § 12 JVEG sieht den Ersatz derartiger Kosten als besondere Aufwendungen vor und auch die BVSK-Honorarbefragung 2011 berücksichtigt solche Nebenkostenpauschalen. Der Höhe nach sind die für die Nebenpositionen angesetzten Pauschalen des Klägers grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sie halten sich vielmehr im Rahmen des Üblichen und können keinesfalls als offensichtlich willkürlich oder unrichtig angesehen werden.
Auch insgesamt betrachtet stehen die Kosten nicht außer Verhältnis zur Schadenshöhe; sie machen insgesamt weniger als 20 %, nämlich 17 % aus.
Abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 260,00 EUR ergibt sich eine Restforderung von 163,64 EUR.
Der Kläger kann ferner Zahlung der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von bis zu 300 EUR in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Pauschale (RVG W Nrn. 2300, 7002), d.h. 39,00 EUR, verlangen.
Der Zinsanspruch auf die zugesprochene Hauptforderung sowie die Nebenfordemng ist jeweils gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 11 HS 708 Nr 11, 711, 713 ZPO.
Streitwert: 163,64 EUR
und so wie ich gehört habe, haben die Zuricher nicht nur den HUK-Virus übernommen, sondern auch noch den Kölner Anwalt, der sonst immer die HUK vertreten hat. Ob die Zuricher sich da einen guten Dienst erwiesen haben?
I glaub net.
………..Abfall-Beseitigungs-System………..
kannst du anwalt nicht mehr gebrauchen, musst du guck ob anderen den brauchen.
freies Zitat
…. Wasser predigen und Wein trinken – immer schön ablenken und fleißig über die hohen Benzinpreise schimpfen.
Das obige Urteil eignet sich doch gut für die ADAC-Motorwelt – Mitglieder berichten.
Klagender SV, wie wär`s ….?
@ virus 26.3.2012 14.34
Bei allem Verständnis, aber den Kommentar verstehe ich nicht. Und was will uns virus damit sagen?
Bleibt wohl sein Geheimnis, oder?
@ fritz fischer Montag, 26.03.2012 um 18:20
„Bleibt wohl sein Geheimnis, oder?“
…. jedenfalls für verstehende Nichtversteher! Oder für nichtverstehende Versteher?
Lieber Fritz,
welche Versicherung steckt hinter der „ADAC Versicherung“? Und was suggeriert der ADAC in jedem seiner Heftchen?
Jetzt wirds hoffentlich klarer.
Viele Grüße
Andreas