Hallo verehrte Captain-HUK-Leser, im Falle eines Totalschadens stellt sich häufig die Frage nach dem Umbau von Sondereinbauten im unfallbeschädigten Fahrzeug. Insbesondere durch den Einbau hochwertiger Audio- und Video-Anlagen sowie fest installierter Navigationsgeräte rückt das Thema der zu kalkulierenden Umbaukosten immer häufiger in den Vordergrund. In diesen Bereich fallen auch die Kosten für den Umbau einer Gasanlage bei einem gasbetriebenen Kfz. Um derartige Umbaukosten ging es in dem Rechtsstreit vor dem AG Lahnstein. Nachstehend ein interessantes Urteil zu den Umbaukosten.
Aktenzeichen:
24 C 384/10
Verkündet am 09.02.2011
Amtsgericht
Lahnstein
IM NAMEN DES VOLKES
Schlussurteil
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
gegen
– Beklagter –
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Lahnstein durch den Richter am Amtsgericht …. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2011 für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, 1825 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 29.5.2010 an den Kläger zu zahlen, sowie Zinsen in nämlicher Höhe aus 1900 € vom 29.5.2010 bis 5.8.2010.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 25.6.2010 freizustellen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Beklagte ist einstandspflichtig wegen eines Verkehrsunfalls, bei dem das Fahrzeug des Klägers am 5.5.2010 in durch ein litauisches Fahrzeug beschädigt wurde. Der Kläger hatte das Fahrzeug nach Anschaffung mit einer Flüssiggasanlage ausgestattet. Der vorgerichtlich tätige Gutachter gab die Reparaturkosten mit über 4.800 € (netto) an, den Wiederbeschaffungswert mit 2.000 €, Umbaukosten wegen der Gasanlage mit 1.800 €, und den Restwert mit 100 €. Der Kläger machte ausgehend hiervon und unter Berücksichtigung der Unkostenpauschale 3.725 € geltend. Der Beklagte erkannte 1.900 € (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) an, hierüber verhält sich das entsprechende Teil-Anerkenntnisurteil vom 27.7.2010; der Betrag ist gezahlt.
Mt dem Vortrag, das Unfallfahrzeug sei auch ohne Gasanlage fahrfähig, bei einem Umbau der Gasanlage in ein Ersatzfahrzeug würden Kosten von insgesamt 1.850 € anfallen, beantragt der Kläger,
wie oben unter 1. und 2. ersichtlich.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Er ist insbesondere der Auffassung, die Umbaukosten könnten bei einem wirtschaftlichen Totalschaden nicht auf fiktiver Basis abgerechnet und verlangt werden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der letzten mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG ein Anspruch gegen die Beklagte auch wegen der geltend gemachten Umbaukosten (nebst Unkostenpauschale) zu.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es dem Kläger als dem Geschädigten unbenommen, einen fiktiven Schaden auch wegen der Umbaukosten für die Gasanlage abzurechnen. Eine unbillige Vermögensmehrung des Klägers bei Erhalt dieses Betrages droht nicht: Er wird durch die Zahlung lediglich in den Stand versetzt, ein Ersatzfahrzeug in den Ausstattungszustandes vor dem Unfall zu versetzen; Gewinn erzielt er hierdurch nicht. Diese vom Schadensgutachter gewählte Abrechnungsweise wurde auch vom gerichtlich bestellten Sachverständigen .. auf Nachfrage bestätigt.
Nach seinen weiteren Ausführungen ist das Fahrzeug ohne Gasanlage fahrfähig, es kann mit Benzin gefahren werden. Schließlich hat er überzeugend die vom Schadensgutachter mit 1.800 € geschätzten Umbaukosten bestätigt; die Höhe der Kosten wird dadurch bestimmt, dass Teile demontiert und dann wieder montiert werden müssen, und verschiedene Teile neu zu verlegen sind.
Als weiterer Schaden erstattungsfähig sind die Kosten des Klägers, welche durch die vorgerichtlichen Bemühungen seines Bevollmächtigten entstanden sind; diese sind zutreffend berechnet.
Das Zinsbegehren ist aus §§ 288 Abs. 1, 288 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 ZPO. Die weitere Nebenentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
Streitwert: 3.725 € bis 26.7.2010; ab dann 1.825 €.
Nun bitte Eure Kommentare.
Endlich mal ein schönes Urteil zu den fiktiven Umbaukosten. Meiner Meinung nach aber gut begründet, weil eine ungerechtfertigte Bereicherung gerade eben nicht stattfindet, wenn die Umbaukosten zugesprochen werden.
Der Geschädigte erhält schlicht die Möglichkeit seine hochwertige Zusatzausrüstung ggf. in ein anderes Fahrzeug umzubauen. Macht er dies nicht, kann er aber nicht schlechter gestellt sein, als wenn er es tatsächlich machen würde. Er verzichtet einfach beim Ersatzfahrzeug auf die höherwertige Ausstattung und erhält praktisch den Geldausgleich.
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
genau richtig erkannt. Fiktiv bedeutet doch das zu erhalten, was auch konkret angefallen wäre mit Ausnahme der USt, § 249 II 2 BGB. Wenn der Geschädigte statt der Wiederherstellung des vor dem Unfall bestandenen Zustandes den dafür erforderlichen Geldbetrag fordert, so räumt das Gesetz ihm diese Möglichkeit ein. Er kann also den Geldbetrag fordern, der auch für die Herstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist. Vor dem Unfall hatte der Geschädigte einen gasbetriebenen Pkw. Dieser Zustand muß ihm auch nach dem Unfall gewährt werden. Dafür reicht es eben nicht nur ein fahrbereites Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, sondern auch die noch komplette Gasanlage in das Ersatzfahrzeug umzubauen. Deshalb hat das Gericht es sauber und zutreffend auch bei fiktiver Schadensabrechnung beschrieben, dass auch diese Umbaukosten fiktiv zu ersetzen sind. Eine Bereicherung tritt nicht ein, wenn dem Geschädigten auch fiktiv die Umbaukosten zugesprochen werden. Auch die Reparaturkosten, die fiktiv abgerechnet werden, fallen nicht an, wenn sich der Geschädigte gar nicht zur Reparatur entschließt. Für die (fiktive) Abrechnung ist nicht entscheidend, ob die Kosten tatsächlich angefallen sind.
Ich finde auch, dass es ein prima Urteil ist.
Mit freundlichen Grüßen bis zum 2.9.
Dein Willi
Hi Willi,
bin leider die Woche im Jahresurlaub, sodass ich nicht kommen kann, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir machts ja sicher noch einmal, weils ein voller Erfolg werden wird. 🙂
Viele Grüße
Andreas