AG Landshut spricht mit bedenklicher Begründung im Rechtsstreit gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse nur einen Teil der berechneten Sachverständigenkosten im Schadensersatzprozess zu (AG Landshut Urteil vom 11.7.2017 – 2 C 858/17 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

nach dem im Ergebnis positiven Urteil aus Hamburg, das wir Euch heute Mittag vorgestellt hatten, veröffentlichen wir jetzt noch ein mehr als bedenkliches Urteil des AG Landshut im Rechtsstreit gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse. Das nachfolgende Urteil ist absolut fehlerbehaftet. Wie so oft bei Rechtsstreiten mit der HUK-COBURG ging es auch in diesem Rechtsstreit um von der HUK-COBURG gekürzte Sachverständigenkosten, deren Erstattung der Geschädigte im Wege des Schadensersatzes beanspruchte. Die Sachverständigenkosten hatte der vom Geschädigten zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe beauftragte Sachverständige ihm in Rechnung gestellt. Er verlangte von der HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Versicherung die volle Erstattung derselben, weil der bei der HUK-COBURG versicherte Schädiger zu einhundert Prozent haftete. Insoweit lag eine konkrete Rechnung  vor. Diese Rechnung stellte die zur Wiederherstellung notwendigen Begutachtungskosten dar, so dass nach § 249 I BGB eine Erstattung zu erfolgen hätte (vgl. BGH VI ZR 67/06). Der BGH hat auch in seinen Leitsätzen die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs als zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögenswerten angesehen (vgl. die Leitsätze zu den BGH-Entscheidungen VI ZR 76/16; VI ZR 491/15 und VI ZR 357/13). Gleichwohl beurteilt das erkennende Gericht die berechneten Sachverständigenkosten nach § 249 II BGB. Weiterhin berücksichtigt das erkennende Gericht nicht, dass der Geschädigte selbst gegen den Schädiger bzw. dessen Versicherer klagt. Insoweit hätte das Gericht die maßgebliche BGH-Entscheidung vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – anwenden müssen. Aber fehlerhaft wird VI ZR 50/15 angewandt, obwohl der Geschädigte selbst geklagt hatte. Bekanntlich klagte in VI ZR 50/15 der Sachverständige aus an Erfüllungs Statt abgetretenem Recht! Offenbar ist dem erkennenden Gericht die Bedeutung der einzelnen BGH-Urteile und deren Voraussetzungen nicht bekannt. Nur so ist es auch zu verstehen, dass das erkennende Gericht entscheidet, welche Fotos für das Gutachten erforderlich waren und welche nicht. Irrtümlich wird auch angenommen, dass Audatex-Kosten Teil des Grundhonorars seien. Die berechneten Schreibkosten werden willkürlich gekürzt und es wird keine Indizwirkung der nicht bezahlten Rechnung angenommen. Dabei verkennt das Gericht, dass auch die unbezahlte Rechnung eine als Schaden anzusehende Belastung mit einer Zahlungsverbindlichkeit darstellt. Was das erkennende Gericht hier fabriziert hat, ist einfach unglaublich und hat mit Rechtswissenschaft nichts zu tun. Es handelt sich schlicht und ergreifend um eine mangelhafte juristische Leistung. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch eine schöne Woche.
Willi Wacker

Amtsgericht Landshut

Az.: 2 C 858/17

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., v.d.d.Vorstandsvors. Dr. Wolfgang Weiler, Albertstr. 2, 93047 Regensburg

– Beklagter –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Landshut durch die Richterin am Amtsgericht Dr. B. am 11.07.2017 aufgrund des Sachstands vom 11.07.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.        Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.06.2017 zu zahlen.

2.        Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.        Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 64 Prozent und der Beklagte 36 Prozent zu tragen.

4.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 65,38 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten gegen die Beklagte nur in tenorierter Höhe zu.

Ausgangspunkt der Rechtslage ist die aktuelle Entscheidung des BGH vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15, auf welche der Beklagte bereits ausführlich Bezug genommen hat. Danach kommt einer Rechnung des Sachverständigen Indizwirkung für die erforderliche Höhe der Kosten nur zu, wenn die Rechnung des Gutachters vollständig durch den Geschädigten bezahlt worden ist. Das ist hier nicht nachgewiesen. Insofern ist die vorliegende Konstellation identisch mit dem vom BGH entschiedenen Fall, die Rechnung des Klägers entfaltet also hier keine Indizwirkung.

Im zweiten Schritt ist für den anzuwendenden Maßstab im Wege der subjektbezogenen Schadensbetrachtung darauf abzustellen, ob der Geschädigte selbst den Sachverständigen ausgewählt hat. Das ist hier unstreitig der Fall. Es ist daher nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auf die individuellen Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten bei Beauftragung des Sachverständigen abzustellen. Nur solche Rechnungspositionen oder Preise können mit Erfolg vom Schädiger angegriffen werden, die für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht sind. Als Schätzgrundlage bedient sich das Gericht – wie in vergleichbaren Fällen auch – der BVSK Befragung 2015. Mit dem o.g. Urteil vom 26.04.2016 hat der BGH offengelassen, welche Grundlage der Tatrichter für die Schätzung der Sachverständigenkosten heranzieht.

Die gerichtliche Schätzung auf der Grundlage der BVSK führt zu einem erforderlichen Bruttorechnungsbetrag von 545,85 € bei folgenden erstattungsfähigen bzw. nicht erstattungsfähigen Positionen, soweit sie in Streit stehen:

Die Höhe des Grundhonorars von 380,– € wurde ebenso wenig bestritten wie die Fahrtkosten in Höhe von 5,60 € und die Telefon- und Portokosten von 15 €.

Hinsichtlich der Fotos gilt auch der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung. Maßgeblich ist, ob der Geschädigte die fehlende Erforderlichkeit der Leistung des Sachverständigen, hier der Anzahl der Fotos, hätte erkennen können. Dabei ist der Beklagten insoweit Recht zu geben, als der Geschädigte bei vier der hier gefertigten Fotos ohne Weiteres hätte erkennen können, dass diese Fotos nicht notwendig sind. So ist nicht nachvollziehbar, warum der Tacho, die Fahrzeugidentnummer und der Fahrzeugschein fotografisch festgehalten werden müssen. Zwar trägt die Klägerseite mit Schriftsatz vom 05.07.207 vor, dass das Fahrzeug nur so hätte identifiziert werden können, da vom Hersteller mehrere in Farbe und Ausstattung gleiche Fahrzeugmodelle produziert worden sein dürften. Dies rechtfertigt nach Überzeugung des Gerichts aber noch nicht, dies fotografisch festzuhalten und entsprechend abzurechnen, da diese Identifizierung auch schriftlich im Gutachten in einem Satz erfolgen kann. Aus den genannten Fotos können keine Rückschlüsse auf Art und Umfang des Schadens gezogen werden und allein die Höhe und Regulierung desselben steht in Streit. Haltereigenschaft, Fahrzeugidentnummer, Tacho und Fahrzeugschein sind nicht erforderlich für die sachverständigenseits zu bestimmende Schadenshöhe.

Darüber hinaus ist auch auf Bild 4 aufgrund dessen Aufnahmequalität für das Gericht nicht zu erkennen, inwieweit dieses zur Darstellung des Schadens beiträgt. Daher waren die Kosten für 11 Fotos des ersten Fotosatzes abzurechnen, mithin 22 €.

Der Beklagten kann nicht gefolgt werden, soweit sie der Meinung ist, ein zweiter Fotosatz für den Geschädigten selbst sei nicht erforderlich. Die Fotos sind als Dokumentation Teil des Gutachtens. Der Geschädigte muss sich nicht mit den schriftlichen Ausführungen zum Schadensumfang begnügen, zumal dieser von einer Fachsprache geprägt ist, die erst durch die entsprechende Bebilderung für einen Laien verständlich wird. Die Fotos sind daher für die inhaltliche Nachvollziehbarkeit des Gutachtens erforderlich. Im Übrigen geht auch die BVSK Befragung 2015 von der Üblichkeit eines zweiten Fotosatzes aus, so dass auch aus diesem Grund nicht von einer deutlich erkennbaren Überhöhung dieser Nebenkostenposition gesprochen werden kann. Daher sind für 11 Fotos hier 5,50 € anzusetzen.

Schreibkosten sind nur für 12 Seiten entstanden, da es sich bei den letzten drei Seiten um Computerausdrucke handelt, die nur als Kopien abgerechnet werden dürfen. Auch aufgrund der Argumentation im klägerischen Schriftsatz vom 05.07.2017 ist hier nicht anders zu entscheiden. Für die Schreibseiten sind daher 21,60 € erstattungsfähig, zuzüglich 1,50 € für die drei Kopien. Weitere Kopiekosten sind für 15 Seiten zu erstatten, 7,50 €. Warum hier Kopiekosten für 19 Seiten angesetzt werden, erschließt sich nicht, da das zwölfseitige Gutachten sowie der dreiseitige Ausdruck für die Unterlagen des Geschädigten zu kopieren waren.

Abrufkosten laut Audatexrechnung sind nicht gesondert erstattungsfähig. Diese Leistung zählt nach der BVSK Befragung 2015 zum Grundhonorar und ist nicht ersatzfähig. Die zugrundeliegende Leistung des Sachverständigen ist elementarer Teil des vom Geschädigten erteilten Gutachtensauftrags. Ohne diese Leistung erfüllt der Gutachter seinen Vertrag nicht vollständig. Wie der Gutachter diese Leistung erbringt, ist im Verhältnis zum Auftraggeber seine Sache.

Selbst wenn der BGH in der von der Klägerseite zitierten Entscheidung diese Kosten für erstattungsfähig gehalten hat, ist hier nicht anders zu entscheiden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15 lediglich festgehalten, dass es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Tatrichter im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gemäß § 287 ZPO die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heranzieht. Nach dem JVEG wäre dieser Posten vielleicht erstattungsfähig. Der BGH hat damit aber nicht andere Schätzungsgrundlagen ausgeschlossen. Da das Gericht wie in allen vergleichbaren Fällen die BVSK als Schätzgrundlage heranzieht, sind diese Abrufkosten nicht gesondert erstattungsfähig, da sie bereits im Grundhonorar enthalten sind. Eine Schätzung kann nur auf der Basis einer Grundlage erfolgen, da anderenfalls unter Heranziehung verschiedener Schätzgrundlagen für einzelne Positionen ein Sachverständigenhonorar konstruiert werden würde, das insgesamt zu hoch und unangemessen wäre.

Insgesamt errechnet sich daher ein berechtigter Betrag von 545,85 € brutto, von dem nach Abzug der bereits regulierten 522 € noch weitere 23,85 € zu zahlen sind.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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4 Antworten zu AG Landshut spricht mit bedenklicher Begründung im Rechtsstreit gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse nur einen Teil der berechneten Sachverständigenkosten im Schadensersatzprozess zu (AG Landshut Urteil vom 11.7.2017 – 2 C 858/17 -).

  1. HJS sagt:

    „…da diese Identifizierung auch schriftlich im Gutachten in einem Satz erfolgen kann.“

    „…Haltereigenschaft, Fahrzeugidentnummer, Tacho und Fahrzeugschein sind nicht erforderlich für die sachverständigenseits zu bestimmende Schadenshöhe.“

    „…Der Geschädigte muss sich nicht mit den schriftlichen Ausführungen zum Schadensumfang begnügen…“

    Ja was denn nun?
    Und das hätte der Geschädigte ex ante erkennen müssen?
    Nicht mal ex post ist man bei Frau Dr. jetzt schlauer, da diese Richterin den § 249 Abs. 1 BGB nicht zu kennen scheint. Auch bezüglich der BGH Urteile zu dem Thema scheint es keine Kenntnis zu geben.
    Als einziges Urteil wird der fabrizierte Schrott VI ZR 50/15 des BGH zitiert.
    Ich gehe davon aus, dass die Berufung rechtshängig ist.
    Allerdings habe ich so meine Zweifel an der anwaltlichen Vertretung. Der Schriftsatz der Klägerin hatte wohl vermutlich noch sehr viel „Luft nach oben“.
    BG

  2. Heinrich Quaterkamp sagt:

    Unglaublich unprofessionell und fehlerbehaftet, was diese Richterin Dr. B. des LG Landshut sich da zusammengereimt hat. Sie „überprüft“ rechtsfehlerhaft die Rechnungshöhe, vergisst beurteilungsrelevante Inhalte der Grundsatzentscheidungen des BGH und übersieht, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Gericht nicht aufgerufen ist, einen „gerechten Preis“ festzulegen. Meine Tante Gerda hat nur 3 Semester Jura studiert, war jedoch schon da eine hervoragende Juristin, hat sich dann jedoch für den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb entschieden. Sie hat gerade mit mir zusammen das Urteil gelesen und sich in der Beurteilung kurz gefasst: „Fehlgeburt und viel S…..“.

    Heinrich Quaterkamp

  3. G.v.H. sagt:

    Das ist weder in der Sache noch in zeitlicher Abfolge keineswegs der „Ausgangspunkt“ für die hier anzustellende Beurteilung der Schadenersatzverpflichung durch das Gericht, wie die Eingangskommentierung durch Willi Wacker zutreffend deutlich macht.

    Ausgangspunkt wäre zunächst einmal die Art und Weise der rechtswidrig vorgenommene Kürzung und die hierzu seitens der Beklagten vorgetragene Begründung.

    Ausgangspunkt wäre dann weiter die Klärung der Frage, ob die Einwendungen der Beklagten schadenersatzrechtlich überhaupt „erheblich“ sind.

    Zutreffend ist dann allerding die Feststellung der Richterin, dass nach der Rechtsprechung des BGH
    g ru n d s ä t z l i c h auf die individuellen Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten bei Beauftragung des Sachverständigen abzustellen ist. Gerade dieser Erkenntnis trägt das Urteil in den Entscheidungsgründen aber keine Rechnung, wie auch andere schadenersatzrechtlich relevante Beurteilungskriterien nach BGH-Gundsatzentscheidungen zu Gunsten des Geschädigten bei dieser Entscheidung unberücksichtigt bleiben.

    Dann voreilig gleich auf die Indizwirkung der nur bezahlten Rechnung abzuheben, ist in diesem Fall natürlich Firlefanz.

    Und in der erkennbaren Abfolge der richterlicherseits angestellten Überlegungen kann die Abstellung auf eine vermeintlich notwendige Überprüfung einzelner Rechnungspositionen durch das Gericht nicht überzeugen, denn diese Aufgabe hat das Gericht in Abstellung auf wervertragliche Gesichtspunkte gerade nicht und deshalb sind auch die Einwendungen der Beklagten unerheblich, zumal ansonsten zunächst einmal der unspezifizierte Kürzungsbetrag eine Abklärung unter bekannten schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten erfordert hätte.

    Auch bei Vorlage einer nichtbezahlten Rechnung war ex post eine „Schätzung“ nicht erforderlich, weil es einmal nicht um eine „fiktive Abrechnung“ der entstandenen Gutachterkosten geht und auch eine Schätzung nicht auf Einzelpositionen abstellt, wie die Honorarkürzungspraxis der Beklagten und auch anderer Versicherer
    beispielgebend verdeutlicht, wenn auch ohne jedwede nachvollziehbare Erklärung. Hier wird dann gerichtsseitig deutlich erkennbar mit zwei unterschiedlichen Maßstäben gemessen und die Beurteilung bleibt in einer werkvertraglichen Sichtweite stecken.

    Die Annahme, dass nur solche Rechnungspositionen oder Preise mit Erfolg vom Schädiger angegriffen werden könnten, die für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht sind, ist allein nach den Denkgesetzen verfehlt, denn vor und bei Auftragserteilung sind weder der Schadenumfang und Schadenhöhe bekannt und auch nicht die Erfordernisse der für die Abrechnung des Sachverständigen, auf die es bezüglich der Schadenersatzverpflichtung auch nicht ankommt, denn der BGH hat auch für die Regulierung „überhöhter“ Abrechnungen (nicht Einzelpositionen) die Regulierungsverpflichtung verdeutlicht und zwar unter Berücksichtigung der Rechtsfolgen aus der Tatsache, das der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist und ein Gericht deshalb auch nicht befugt ist, einen „gerechten Preis“ festzulegen. Jedwede Art von „Überprüfung“ läuft aber gerade – so auch in diesem Fall – darauf hinaus.

    Mit dem o.g. Urteil vom 26.04.2016 hat der BGH – nicht ohne Grund – offengelassen, welche Grundlage der Tatrichter für die Schätzung der Sachverständigenkosten heranzieht. Wieso in diesem Fall dennoch das Gericht als Schätzgrundlage – wie in „vergleichbaren Fällen“ auch – glaubt, sich der BVSK Befragung 2015 bedienen zu können, wurde nicht näher dargelegt. Was sind denn „vergleichbare Fälle“ und in welchen Beurteilungskriterien sollen solche „vergleichbar“ sein?

    Und dann wird eine Urteilspassage „Im Namen des Volkes“ angeboten, die jeden Insider vom Hocker reißen muss und obendrein auch noch zu einer besonderen Art von Schnappatmung (grab breathable) führt wenn man liest: „Hinsichtlich der Fotos gilt auch der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung (zutreffend). Maßgeblich ist, ob der Geschädigte die fehlende Erforderlichkeit der Leistung des Sachverständigen, hier der Anzahl der Fotos, hätte erkennen können (???).

    Dabei ist der Beklagten insoweit Recht zu geben, als der Geschädigte bei vier der hier gefertigten Fotos ohne Weiteres hätte erkennen können, dass diese Fotos nicht notwendig sind. So ist nicht nachvollziehbar, warum der Tacho, die Fahrzeugidentnummer und der Fahrzeugschein fotografisch festgehalten werden müssen. Zwar trägt die Klägerseite mit Schriftsatz vom 05.07.207 vor, dass das Fahrzeug nur so hätte identifiziert werden können, da vom Hersteller mehrere in Farbe und Ausstattung gleiche Fahrzeugmodelle produziert worden sein dürften. Dies rechtfertigt nach Überzeugung des Gerichts aber noch nicht, dies fotografisch festzuhalten und entsprechend abzurechnen, da diese Identifizierung auch schriftlich im Gutachten in einem Satz erfolgen kann. Aus den genannten Fotos können keine Rückschlüsse auf Art und Umfang des Schadens gezogen werden und allein die Höhe und Regulierung desselben steht in Streit. Haltereigenschaft, Fahrzeugidentnummer, Tacho und Fahrzeugschein sind nicht erforderlich für die sachverständigenseits zu bestimmende Schadenshöhe.“
    Da unterliegt die Richterin Frau Dr. B. aber einer Fehleinschätzung, was die Erfordernisse eines verkehrsfähigen Beweissicherungsgutachtens angeht, denn Haltereigenschaft, Fahrzeugidentnummer, Tachostand, Fahrzeugscheininhalt und nächste HU, wie auch die Anzeige für den restlichen Tankinhalt gehören zur beweissichernden Tatsachenfeststellung und können überdies sehr wohl erforderlich sein für die sachverständigerseits zu bestimmende Schadenhöhe. In einem verkehrsfähigen Beweisicherungs-Gutachten sind das Bewertungskriterien, die beispielsweise eine Rolle spielen für den beurteilungsrelevanten Fahrzeugwert als maßgebliche Bezugsgröße für die Merkantile Wertminderung.

    „Darüber hinaus ist auch auf Bild 4 aufgrund dessen Aufnahmequalität für das Gericht nicht zu erkennen, inwieweit dieses zur Darstellung des Schadens beiträgt.“

    In der Regel ist nicht nur der sachverständigerseits festgestellte Schaden tragfähig zu dokumentieren, sondern es sind beispielsweise auch Übersichtsfotos vom beschädigten Objekt zu fertigen (4-6), um dem Versicherer einen optischen Eindruck vom Unfallfahrzeug vermitteln zu können, was u.a. die äußerlich erkennbare Ausstattung (Panoramadach, Dachreling, Nebelscheinwerfer, PDC-Bestückung, Anhängerkupplung, Windabweiser, Sonderausstattung usw.) angeht. Spätestens an diesem Punkt hätte die hier zuständige Richerin das bemerken können, was u.a. das Amtsgerichtgericht Saarlouis schon mit Urteil vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) -wie folgt so trefflich in Bezug auf die Einwendungen der Beklagten zum Ausdruck gebracht hat:
    „Zur Höhe der Abrechnung und des hierauf gestützten Schadensersatzanspruchs:

    Zunächst einmal ist es ohne einen Kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 171 2007, 455 = DS 2007, 144).“

    Noch deutlicher wird die Nichtigkeit der Einwendungen vor dem Hintergrund des folgenden BGH Beschlusses:
    BGH-Beschluss vom 24.07.2003 (IX ZR 131/00)

    „Honorarvereinbarungen dürfen im Hinblick auf die Verfassungsgarantie der Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz) in ihrer Rechtswirksamkeit nicht ohne ausreichenden Sachgrund beschnitten werden.

    Eine Honorarvereinbarung kann grundsätzlich das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem aufwandsangemessenen Honorar führt (BGH Urteil vom 03.04.2003 aaO).

    Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Aufwand in grober Weise eigensüchtig aufbläht und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht lässt.

    Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    Bei Honorarkürzungen jedweder Art finden auch nachfolgende schadenersatzrechlichen Grundsätze nicht immer Beachtung:

    ~ Der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Geschädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75.Auflage 2016, § 249 Rn. 58).

    ~ Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen.

    ~ Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen.

    ~ Im Schadensersatzprozess hat das Gericht lediglich im Rahmen des unmittelbaren Schuldverhältnisses, das sich aus der unerlaubten Handlung Unfall ergibt, zu entscheiden. Werkvertragliche – Gesichtspunkte spielen dabei keine Rolle, denn diese betreffen andere Rechtsbeziehungen.

    ~ Es fragt sich, ob es rechtsdogmatisch überhaupt gerechtfertigt war, hier im konkreten Fall eine Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen.

    Immerhin hatte der Geschädigte eine Rechnung vorgelegt. Mit dieser Rechnung hat er bewiesen, dass ihn eine Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe des Rechnungsbetrages trifft.

    Die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung ist als Schaden anerkannt (vgl. Offenloch ZfS 2016, 244, 245 Kap. 2 mit Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung). Dieser ist dann über § 249 I BGB im Rahmen der Naturalrestitution zu ersetzen.

    G.v.H

  4. HD-30 sagt:

    Und wieder einmal! Mehr als 80% aller Schrotturteile stammen von Richterinnen. Sie können es einfach nicht.

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