Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum beginnenden Wochenende veröffentlichen wir für Euch hier noch ein Urteil aus Lebach zu den Sachverständigenkosten gegen die bei der HUK-COBURG versicherte Unfallfahrerin. Der erkennende Amtsrichter ändert wegen der Rechtsprechung des LG Saarbrücken bzw. des Bundergerichtshofs aus BGH VI ZR 357/13 seine eigene Rechtsprechung und schätzt nunmehr die Sachverständigenkosten auf der Grundlage der BVSK-Liste sowie die Nebenkosten nach JVEG. Das BGH-Urteil VI ZR 225/13 scheint es wohl nicht mehr zu geben? Was sagt uns das? Einige Richter haben eben kein Rückgrad und plappern alles einfach nur nach. Auch wenn es – wie hier – grottenfalsch ist. Mit Schadensersatzrecht hat das aber alles nichts mehr zu tun. Denn bei einhundertprozentiger Haftung ist auch vollständiger Schadensersatz zu leisten. Insbesondere bei den Sachverständigenkosten ist im Schadensersatzprozess eine durch das Gericht vorzunehmende Preiskontrolle untersagt (BGH VI ZR 67/06). Auch wurde der § 287 ZPO aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des VI. Zivilsenates des BGH falsch angewendet. Bei dem § 287 ZPO handelt es sich um eine Schadenshöhenschätzung, so dass es lediglich auf den Endbetrag ankommt. Im Übrigen ist – wie die vielzählig hier vorgestellten Revisionsurteile des BGH zum § 287 ZPO zeigen – der § 287 ZPO eine Norn der Darlegungs- und Beweiserleichterung für den Kläger. Wenn das erkennende Amtsgericht in den Entscheidungsgründen ausführt, dass
„der Tatrichter nach § 287 ZPO zu bestimmen hat, welche Nebenkosten im Einzelfall zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören“,
so hat er die Bedeutung des § 287 ZPO völlig verkannt. Aber man erkennt, welche Auswirkungen die falsche Gesetzesanwendung des VI. Zivilsenates zum § 287 ZPO hat. Manche Richter folgen unreflektiert dieser kritisch zu betrachtenden Rechtsprechung des VI. Zivilsenates, obwohl sämtliche anderen Zivilsenate den § 287 ZPO – richtigerweise – anders sehen. Lest aber selbst das Urteil des AG Lebach und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
13 C 377/16 (10)
Amtsgericht Lebach
U r t e i l
I m N a m e n d e s V o l k es
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
…(Versicherungsnehmerin der HUK-COBURG)
Beklagte
hat das Amtsgericht Lebach durch den Richter am Amtsgericht Z. im vereinfachten Verfahren am 04.01.2017
für Recht erkannt.
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 90,08€ nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2013 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(Auf die Abfassung eines Tatbestandes wurde gem. §313a ZPO verzichtet.)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung weiterer 90,08 € gem. §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249ff. BGB zu.
Soweit zwischen den Parteien allein die Höhe der zu ersetzenden Sachverständigenkosten streitig ist, gilt Folgendes:
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB neben dem Grundhonorar weitere Aufwendungen seines Sachverständigen, die im Zusammenhang mit der Gutachtenerstellung entstanden sind (Nebenkosten), erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen, mithin erforderlich sind. Welche Nebenkosten im Einzelfall zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, hat der Tatrichter nach § 287 ZPO zu bestimmen.
Unbeschadet weiterer Einzelheiten gibt das Gericht in Ansehung der Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 19. Dezember 2014 – 13 S 41/13 -, juris) und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 -, juris) seine bisherige Rechtsprechung (etwa AG Lebach 13 C 172/15) ausschließlich zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung zumindest im hiesigen Bezirk der zuständigen Berufungskammer auf.
Das Gericht schätzt nunmehr die erstattungsfähigen Sachverständigenkosten gem. § 287 ZPO im Hinblick auf das Grundhonorar nach der jeweiligen Honorarbefragung (BVSK) und die tatsächlich angefallenen Nebenkosten unter entsprechender Anwendung des JVEG (zu den Einzelheiten: LG Saarbrücken, a.a.O.) und vorbehaltlich spezieller Besonderheiten im Einzelfall nach Maßgabe folgender Faktoren:
Fahrtkosten 0,70 €/km
Druck s/w (mit Schreibkosten) 1,68 €/Seite
Kopie s/w (ohne Schreibkosten) 0,60 €/Seite
Fotokosten 2,40 €/Foto
2. u. 3. Fotosatz 0,60 €/Foto
Porto/Versand/Telefon 15,00 €
EDV- Abrufgebühr 20,00 €
EDV-Fahrzeugbewertung 20,00 €
Soweit der Sachverständige gegebenenfalls geringere Kosten in Rechnung stellt, sind diese
maßgeblich.
Danach sind in dem vorliegenden Fall erstattungsfähige Sachverständigenkosten in folgender Höhe angefallen:
Grundhonorar 370,– €
In dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall stellte der Sachverständige einen Gesamtschaden in Höhe von 1.932,02€ (netto) fest. Diesem korrespondiert nach der BVSK 2015 (HB V-Korridor) ein Grundhonorar in Höhe von maximal 397,00 €(netto). Das von dem Kläger in Rechnung gestellte Grundhonorar liegt mithin innerhalb des maßgeblichen Korridors.
Nebenkosten:
Fahrtkosten 18,90 €
Fotokosten 24,00 €
2. /3. Fotosatz 12,00 €
Schreibkosten 16,50 €
Kopien 12,00 €
Porto 15,00 €
EDV-Anfrage 20,00 €
Nebenkosten gesamt: 118,40 €
Aus dem vorstehenden ergeben sich erstattungsfähige Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt: 488,40 € (netto). Die Umsatzsteuer ist nicht zu berücksichtigen, da der Auftraggeber zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Auf die erstattungsfähigen Sachverständigenkosten zahlte die Beklagte insgesamt 398,32 €, so dass der Klägerin weitere 90,08 € zuzusprechen waren.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs.2 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91; Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr.11, 713 BGB.
Die Berufung war nicht zuzulassen, § 511 ZPO. Die Entscheidung folg der Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken (Urteil vom 19. Dezember 2014 – 13 S 41/13 -, juris) und der korrespondierenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13 -, juris).
Wer nach JVEG schätzt hat die gesamte Rechnung (inkl. Grundhonorar) nach JVEG zu schätzen, inkl. 100,00 Euro Stundenlohn und Arbeitszeit der Fahrt, der Bildbearbeitung usw. Diese Rosinenpickerei geht bei normalen Menschenverstand nicht, es sei denn, der Richter ist nicht objektiv neutral bzw. befangen.
Dann kann das Gericht doch gleich das willkürliche Tableau der HUK suggeriert in Absprache mit dem BVSK nehmen.
Quelle: bundesanzeiger-verlag.de
Neues Honorartableau der HUK-Coburg:
Seit einigen Wochen versendet die HUK-Coburg Honorartableaus und teilt Sachverständigen mit, dass sie künftig lediglich auf der Basis dieses Honorartableaus abrechnen wird. Im Vergleich zum bisherigen Honorartableau der HUK-Coburg wurden die Beträge minimal erhöht. Wir haben der HUK-Coburg mitgeteilt, dass die Vorgehensweise für uns völlig indiskutabel ist……
@Willi Wacker
Die Lebacher können noch nicht einmal zwischen den Voraussetzungen für ein Schätzen und der werkvertraglichen Perspektive des Berechnens unterscheiden. Sie haben außerdem nicht bemerkt, dass die in Bezug genommenen Urteile von speziellen Gegebenheiten geprägt waren und somit nicht einfach übertragbar sind.
Auch dein Kommentar zu diesem Urteil ist um Lichtjahre qualifizierter als die mickrigen Entscheidungsgründe dieses in seiner Art glamourösen Urteils, dass ein Mindestmaß an juristischem Sachverstand vermissen lässt. Mit diesem Urteil hausieren gehen zu wollen, wäre schon die Einfalt im Quadrat. Dafür an dieser Stelle auch einmal meine Anerkennung.-
G.v.H.
Man muss sich wundern, dass bisher noch keine Verfassungsbeschwerde gegen die Rechtsprechung des 6. Zivilsenats erhoben worden ist. Dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Rechtsprechung des Schadensersatzsenats und der übrigen Zivilsenate des BGH im Hinblick auf die Anwendung des § 287 ZPO besteht, dürfte aufgrund der bisher hier im Blog veröffentlichten Urteile zum § 287 ZPO doch offensichtlich sein.
Da das Bundesverfassungsgericht nur auf Antrag tätig wird, sollte jeder Betroffene, sei es der Geschädigte oder der aus abgetretenem Recht klagende Sachverständige, überlegen, eine solche Verfassungsbeschwerde zu erheben, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Voraussetzung ist, dass der Rechtsweg ausgeschöpft ist.
Zitat: „der Tatrichter nach § 287 ZPO zu bestimmen hat, welche Nebenkosten im Einzelfall zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören“,
Der Tatrichter ist mitnichten ein Kfz-Fachmann noch ist er Werkvertragspartner. Der Tatrichter ist somit weder fachlich geeignet noch berechtigt, in den vom Geschädigten und Kfz-Schadengutachter geschlossenen Werkvertrag einzugreifen.
Ein bezeichnendes Beispiel, wann eine Honorarvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist, kann hier nachgelesen werden:
http://joehnke-reichow.de/unwirksame-honorarvereinbarung-joehnke-reichow-obsiegt-fuer-versicherungsnehmer/
Unwirksame Honorarvereinbarung: Jöhnke & Reichow obsiegt für Versicherungsnehmer
In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Augsburg konnte die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow eine unwirksame Honorarvereinbarung für den Versicherungsnehmer rückabwickeln.
(……….)
Unwirksame Honorarvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit
Die rechtliche Prüfung der Kanzlei Jöhnke & Reichow ergab, dass die vorgelegten Honorarvereinbarungen sittenwidrig sind. Es lag damit jeweils nach § 138 BGB eine unwirksame Honorarvereinbarung vor. Sittenwidrig sind nämlich Verträge, welche ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweisen. Ein solches auffälliges Missverhätlnis liegt vor, wenn der Wert der Leistung des Schuldners die Gegenleistung um mehr als 100% übersteigt. Dies war hier der Fall.
@Willi Wacker
es ist in diesem Fall besonders interessant, durch die Beleuchtung der Hintergründe dieses Urteil besser einordnen zu können. Da ist zum einen im Präsidium des AG Lebach der Richter M. Z. und zum anderen der Präsident des LG Saarbrücken Hans-Peter Freymann…… Ein Schelm der Böses dabei denkt.-
Ob denn der Herr Präsident des LG Saarbrücken nach seinem Rechtsgefühl den folgenden Satz aus den Entscheidungsgründen des Urteils des AG Lebach stützen kann?
Zitat: „Welche Nebenkosten im Einzelfall zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, hat der Tatrichter nach § 287 ZPO zu bestimmen.“
Sehr geehrter Herr Z., da turnen Sie aber als Richter des AG Lebach auf einer brüchigen Hängebrücke über dem Dschungel der Einfalt und die Hintergründe der von Ihnen bemühten Urteile scheinen Sie auch nicht zu interessieren. Wir sehen darin eine eklatante Amtspflichtverletzung, wenn nicht gar aus anderen Gründen einen Straftatbestand. Ihre Begründung, die Berufung zu versagen, kann man wohl eher als eine gequälte juristisch verzerrte Pupserei klassifizieren vor dem Hintergrund, wie es vergleichsweise das Bundesverfassungsgericht sieht. In diesem Fall hätte deshalb die Besorgnis der Befangenheit einen soliden Nährboden vorgefunden. Die regionale Tagespresse sollte eigentlich von dieser ihrer Heldentat bzw. dieser juristischen Glanzleistung erfahren, wie auch unser Herr Bundesjustizminister. Die Berufung auf „Im Namen des Volkes“ ist in der Tat als Tüpfelchen auf dem i ebenfalls noch ein starkes Stück. Können Sie sich eigentlich wohl in dieser Haut fühlen, die man Ihnen möglicherweise übergestülpt hat? Zubilligung von Schadenersatz, wie hier von Ihnen praktiziert, hat nichts mit unseren Gesetzen und der ernst zunehmenden Rechtsprechung zu tun. Dies haben SIE leider mit den Entscheidungsgründen des von Ihnen zu verantwortenden Urteils missachtet und überdies das Unfallopfer zu einem nicht verständigen und nicht wirtschaftlich denkenden Menschen herabgewürdigt. Dass 100 % Haftung auch mit 100% Schadenersatz einhergehen müssen vor dem Hintergrund des § 249 S.1 BGB ist offenbar für Sie ein Buch mit sieben Siegeln. Dass überdies Gerichte ex post auch nicht befugt sind, einen „gerechten“ Preis festzulegen, sollte Ihnen als Richter am AG bekannt sein. Die unterstellte Pauschalpreisabrechnung, wie von der Gegenseite als deutlich herabgesetzte Schadenersatzverpflichtung provozierend behauptet, haben Sie überhaupt nicht untersucht, wie auch kein Auswahlverschulden und einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht. Von einer auch nur ansatzweise zu erwartenden Ausgewogenheit der einseitig ausgerichteten Entscheidungsgründe kann deshalb hier nicht die Rede sein.
Knurrhahn
Der BGH hat bekanntlich entschieden, dass weder der Schädiger noch das Gericht berechtigt sind, im Schadensersatzprozess die Gutachterkosten, das gilt auch für die Höhe, zu überprüfen, weil es nicht auf werkvertragliche Gesichtspunkte ankommt (vgl.. BGH VI ZR 67/06).
R-REPORT-AKTUELL
In der Tat begeht mit dem hier eingestellten Urteil der Richter eine Tat im wahrsten Sinn des Wortes und die vermeintliche besondere Freistellung ist wohl zu Lasten des Unfallopfers- was bekanntlich nicht sein soll – gründlichst missgedeutet bzw. nicht verstanden worden. Dass jedoch der beauftragte Gutachter nicht als Erfüllungsgehilfe des Unfallopfers fungiert, hat dieser Richter M.Z. des AG Lebach verdrängt und es für richtig erachtet, vielmehr die Schadenhöhe in Einzelpositionen zu vergleichen, was selbst die Beklage zur Beurteilung der Erforderlichkeit nicht praktiziert hat und somit auch dem Unfallopfer nicht möglich wäre. Richtschnur des Erlaubten soll lt. Urteil jetzt BVSK-„Befragung“+ JVEG sein? Eine solche prothesenartige Hilfskonstruktion erzeugt bei jedem qualifizierten Insider eine Art Schnappatmung, die man auch als Körperverletzung einordnen könnte, frei nach § 287 ZPO in der Interpretation der VI. Zivilkammer des BGH.
Gerald L.
Angesichts der bisherigen Rechtsprechung der Abt.13 C des AG Lebach mit dem Richter Z. ist diese mehr als auffällige Kehrtwende zur Frage der Schadenersatzverpflichtung kaum nachvollziehbar. Mir scheint, dass da von höherer Stelle massiv Einfluss genommen wurde auf die Weichenstellung, die zu diesem Schrotturteil geführt hat.
Wie nahe Lob und Tadel beieinander liegen können, zeigt vergleichsweise allein schon die Übersicht der Urteile des AG Lebach , die auf captain-huk.de eingestellt wurden. Dazu sollte sich vielleicht der Richter M. Z. erklären. Nicht nur mit dem krassen und augenfälligen Meinungsumschwung lässt die Besorgnis der Befangenheit grüßen
Rolf L.
Man erkennt doch deutlich die Tendenz der Rechtsprechung im Saarland, die die saarländischen Richter Freymann und Wellner, der eine beim LG Saarbrücken, der andere beim BGH, beeinflusst haben.
Die verwerfliche Kumpanei ist zu erahnen, jedoch mühevoll zu beweisen. Es gibt ja genügend Druckmittel bis hin zur Inaussichtstellung einer selbst verschuldeten Behinderung im beruflich Fortkommen, um einen jüngeren Richter zu erschrecken und gefügig zu machen oder auch nur an den „Teamgeist“ zu appellieren.
Verona W.