AG Leipzig verurteilt wieder einmal die HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 25.2.2016 – 110 C 8318/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

für diese Woche beginne ich – nach kurzer Auszeit – hier mit einem  positiven Urteil aus Leipzig zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die ohne Rechtsgrund die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt hatte. Durch das Amtsgericht Leiptig wurde rechtskräftig festgestellt, dass diese Kürzung durch die HUK-COBURG rechtswidrig war. Dementsprechend wurde die kürzende HUK-COBURG verurteilt, den gekürzten Betrag nebst Zinsen und Gerichts- und Mahnkosten zu zahlen. Hätte die HUK-COBURG gesetzeskonform vorgerichtlich den Schaden reguliert, für den sie ohnehin zu einhundert Prozent haftete, wäre der Versichertengemeinschaft der HUK-COBURG einiges erspart geblieben. Leipzig ist eben ein schlechtes Pflaster für die HUK-COBURG. Die Vielzahl der gegen diese Versicherung in Leipzig ergangenen Urteile beweisen das eindrücklich (siehe die Urteilsliste dieses Blogs HUK-COBURG Sachverständigenkostenkürzungen). Lest aber selbst das Leipziger Urteil und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch eine schöne Woche.
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 110 C 8318/15

Verkündet am: 25.02.2016

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht T.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2016 am 25.02.2016

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 222,76 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit dem 10.04.2014 sowie als Nebenforderung 3,00 EUR vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe von restlichen 220,76 EUR gemäß § 115 Abs. 1 Satz1 und Satz 4 VVG, §§ 249 ff. BGB, § 398 BGB.

Die 100%ige Eintrittspflicht der Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 05.02.2014 ist zwischen den Parteien unstreitig.

Von den Gutachterkosten in Höhe von 1.039,76 EUR zahlte die Beklagte 817,00 EUR. Somit sind noch 222,76 EUR offen.

Die Restforderung ist begründet.

Der Schädiger hat die Kosten eines Sachverständigengutachtens dann zu ersetzen, soweit dies zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung   notwendig ist. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadenersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet, hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist.

Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet daher die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraumes nicht (BGH, NJW 2006, Seite 2472 ff, (2474); BGH, NJW 2007, Seite 1450 ff (1452)).

Die Einwände der Beklagten im Schreiben vom 14.02.2014 sind insofern zutreffend, als das sich die Klägerin nicht im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 gehalten hat. In der Rechnung vom 06.02.2014 schreibt die Klägerin, dass sie auf der Basis der Schadenshöhe in Anlehnung an die Honorartabelle des Berufungsverbandes BVSK aus dem Jahre 2010/2011 abrechnet. Die Tarife in der Rechnung vom 06.02.2014 stimmen aber nicht überein mit den Tarifen der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011. Laut BVSK-Befragung 2011 kann im Korridor HB 5 bei einem Schaden bis 7.000,00 EUR zwischen 599,00 EUR und 662,00 EUR abgerechnet werden. Die Klägerin rechnet 703,00 EUR netto ab. Die Nebenkosten, die abgerechnet werden, liegen über der BVSK-Befragung 2011 (HB 5-Korridor).

Es kann allerdings im Ergebnis dahinstehen, ob das Schreiben vom 06.02.2014, sowie die Klägerin ausführt, durch die Formulierung „in Anlehnung an“ nur eine Groborientierung einer Struktur der durch BVSK-Erhebung abgefragten Honorare betrifft und insbesondere klarstellt, dass nicht nach Zeitaufwand abgerechnet wird, sondern nach Gegenstandswert. Denn die von der Klägerin hier mit der Klage abgerechneten Positionen, das Honorar von 703,00 EUR netto bei einem Schaden bis 7.000,00 EUR ist konkret vereinbart, ebenso auch die Nebenkosten in der Vereinbarung vom 05.02.2014. Die Nebenkosten sind identisch mit denen, die dem Geschädigten in der Rechnung vom 06.02r2014 abgerechnet werden. Aus der Sicht des Geschädigten lagen zum Zeitpunkt der Beauftragung vom 05.02,2014 keine Anhaltspunkte für eine Überhöhung vor. Der Unfallgeschädigte braucht keine genauen Erkundigungen darüber einzuholen, ob der Kfz-Sachverständige kostengünstige Gutachten erstattet (LG Oldenburg, NJW-RR 2013, Seit 273 ff.; BGH, NJW 2014, Seite 1947 ff. (1946)). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet daher die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung und der ihr zu grundliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschadigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadenrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverstandigen zu beauftragen (BGH, NJW 2014, Seite 1947 ff. (1943)).

Aus der Sicht des Geschädigten lagen keine Anhaltspunkte für eine Überhöhung der in der Branche üblichen Preise vor. Die Relation des Grundhonorars zum Schaden und die Relation von den Nebenkosten zum Grundhonorar sind nicht dermaßen exorbitant hoch, als das dem Geschädigten sich hier eine Unverhältnismäßigkeit hatte aufdrängen müssen. Das Sachverständigenhonorar macht etwa 15 % des Schadens aus. Die Nebenkosten betragen in Relation zum Grundhonorar knapp 25 %. Eine derartige Relation der Nebenkosten zum Grundhonorar ist weder für den Geschädigten erkennbar, als überhöht ersichtlich, noch ist hierin ein Verstoß gegen §§ 134 Abs. 1, 138 BGB zu sehen. Eine pauschale Begrenzung der Nebenkosten losgelöst vom Einzelfall ist ohnehin unzulässig. Die losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolgte Begrenzung des Honorars im Hinblick auf die Nebenkasten bei Routinefällen auf 100,00 EUR oder auf 25 % ohne konkrete Begründung entbehrt eine hinreichende tragfähige Grundlage (BGH, NJW 2014, Seite 3151 ff.).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 08.04.2014 eine weitere Zahlung verweigert. Die Beklagte schuldet daher Verzugszins jedenfalls ab dem 10.04.2014. DerAnspruch auf Zahlung von 3,00 EUR Mahnkosten folgt aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Beschluss:

Streitwert: 222,76 EUR.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Leipzig verurteilt wieder einmal die HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 25.2.2016 – 110 C 8318/15 -.

  1. Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    Hallo, Willi Wacker,

    hier werden Verhältnismäßigkeiten angesprochen und allein schon von daher handelt es sich um ein informatives Urteil. Klar formuliert und deshalb unmissverständlich:

    „Die Nebenkosten sind identisch mit denen, die dem Geschädigten in der Rechnung vom 06.02.2014 abgerechnet werden. Aus der Sicht des Geschädigten lagen zum Zeitpunkt der Beauftragung vom 05.02,2014 keine Anhaltspunkte für eine Überhöhung vor. Der Unfallgeschädigte braucht keine genauen Erkundigungen darüber einzuholen, ob der Kfz-Sachverständige kostengünstige Gutachten erstattet (LG Oldenburg, NJW-RR 2013, Seit 273 ff.; BGH, NJW 2014, Seite 1947 ff. (1946)).
    Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.“

    Die Entscheidungsgründe sind verständlich vor dem Hintergrund, dass es bei jedweder Honorarbefragung unter werkvertraglichen Gesichtspunkten um eine Angemessenheitsbetrachtung und um Üblichkeitskriterien geht, die zu unterscheiden sind von einer Erforderlichkeitsbeurteilung unter schadenersatzrechtlich massgeblichen Randbedingungen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Urteil BGH, Az.: VI ZR 67/06) ist in dem Fall, dass, wie hier, eine Preisvereinbarung zwischen den Parteien vorliegt, keine Überprüfung der Sachverständigenkosten veranlasst, weil keine einseitige Preisbestimmung durch den Sachverständigen vorliegt. U.a. hat sich schon das LG Hamburg mit dieser Frage eingehend befasst.
    Im beurteilungsrelevanten Zusammenhang darf aber auch erinnert werden an den BGH-Beschluss vom 24.07.2003 (XI ZR 131/00):

    a) „Honorarvereinbarungen dürfen im Hinblick auf die Verfassungsgarantie der Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz) in ihrer Rechtswirksamkeit nicht ohne ausreichenden Sachgrund beschnitten werden.

    b) Eine Honorarvereinbarung kann grundsätzlich das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem aufwandsangemessenen Honorar führt (BGH Urteil vom 03.04.2003 aaO).

    c) Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Aufwand in grober Weise eigensüchtig aufbläht und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht lässt.
    Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    d) Der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Geschädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, § 249 Rn. 58).

    e) Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen.

    f) Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen.“

    Damit in Übereinstimmung liegen folgende Überlegungen:

    „Einem Laien müssen Honorarerhebungen verschiedener Berufsverbände, die einen Honorarrahmen darstellen (z. B. BVSK, VKS/BVK), nicht bekannt sein. Aufgrund des Fehlens von Gebüh­renordnungen bzw. verlässlicher Größenordnungen ist es für den Geschädigten regelmäßig nicht zu erkennen, wann die Honorarsätze die in der Branche üblichen Preise deutlich erkennbar überschreiten.“

    Mit freundlichen Grüßen

    Dipl.-Ing.Harald Rasche

  2. ANA PIA HEDLUND sagt:

    Hi, Willi,
    in den Entscheidungsgründen dieses Urteils steht aber u.a. auch der hinlänglich bekannte Satz: „Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, „die in der Branche üblichen Preise“ deutlich übersteigen, gebietet das schadenrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen „zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen“ zu beauftragen (BGH, NJW 2014, Seite 1947 ff. (1943)).

    Ja, wo steht den eine solcher „zur Verfügung“?

    Das alles ist m.E. unter anderem nicht in Übereinstimmung zu bringen mit den Rechtsfolgen aus der Stellung des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers, abgesehen davon, dass der Begriff der Üblichkeit sich auf werkvertragliche und nicht auf schadenersatzrechtliche Gesichtspunkte bezieht. Und was ist, wenn sich „in der Branche“ übliche Preise überhaupt nicht feststellen lassen? Wo es schon eine durch Gutachten festgestellte Ortsüblichkeit nicht gibt, kann es auch keine „in der Branche“ üblichen Preise geben. Was ist denn das „schadenersatzrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot“ und die daraus postulierte „Verpflichtung“ [?] einen zur Verfügung stehenden „günstigeren Sachverständigen“ zu beauftragen? Muss ich als Unfallopfer jetzt erst einmal zeitlich aufwändig hergehen und mir die Abrechnungsmodalitäten andere Sachverständiger zu Gemüte führen. Vielleicht macht – möglicherweise – ein anderer Sachverständige preisunterbietend Dumpingpreise, die bei mir den Verdacht erwachsen lassen könnten, dass er weniger qualifiziert ist oder die Dumpingpreise daraus resuliren, dass die Autoversicherer zu seinen potenten Auftraggebern gehören, wie es beispielsweise bei der DEKRA und den SSH-Sachverständigen sowie den Car-€xpert Sachverständigen der Fall sein soll.
    Die Referenzwerkstätten der Autoversicherer arbeiten ja bekanntlich auch schon auf dieser Ebene.-
    ICH möchte für ein unabhängiges und qualifiziertes „Schadengutachten“ nach den sog. Mindestanforderungen beispielsweise keine als Sachverständige agierende Personen in Anspruch nehmen, die sich scheinbar als „günstigere“ Sachverständige präsentieren, wenn damit vergleichsweise nur die Abrechnungsmodalitäten gemeint sind. Weiß ich denn vorher, ob der günstigere Sachverständige zum halben Preis nicht das Doppelte an Fotos macht, wie im Normalfall oder die Schadenhöhe auf meine Kosten nicht so aufplustert, dass von einem günstigeren Sachverständigen nicht mehr gesprochen werden kann? Ich habe da inzwischen leider 3x in kürzester Zeit die unterschiedlichsten Erfahrungen machen können und daraus festgestellt, dass ich eine „Obliegenheit“, mich unter Umständen an einen „günstigeren“ Sachverständigen wenden zu müssen, nicht nachvollziehen kann. Realiter wird da für mich als Unfallopfer eine beliebig ausgestaltungsfähige Schranke aufgebaut mit dem Ziel, mir ggf. einen Verstoß gegen die angeblich bestehende Schadenminderungspflicht zu unterstellen. Und wann würde mir konkret ein Auswahlverschulden anzulasten sein? Das habe ich bisher aus noch keinem Urteil hier auf captain-huk.de entnehmen können. Ich wäre dankbar, wenn Du mir meine kritischen Fragen beantworten könntest, denn das, was ich hier schon an klageabweisenden Urteilen oder unter Zubilligung von restlichen, geringfügigen Beträgen bisher gelesen habe und in Verbindung mit den jeweiligen Entscheidungsgründen, sprengt mein Verständnis und meine Vorstellungskraft. Danke.-

    Mit lieben Grüßen
    ANA PIA HEDLUND

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