AG Leipzig verurteilt die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung der vorgerichtlich rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 30.3.2015 – 104 C 9779/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

wir kehren wieder nach Leipzig zurück und veröffentlichen nachfolgend hier noch ein Urteil der 104. Zivilabteilung des AG Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Dieses Mal war es wieder die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die der Meinung war, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Wieder einmal scheiterte die HUK-COBURG mit diesem Versuch der rechtswidrigen Schadensersatzkürzung bei Gericht. Lest selbst das Urteil aus Leipzig und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 104 C 9779/14

Verkündet am: 30.03.2015

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, verteten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht A.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2015 am 30.03.2015

für Recht erkannt:

1.       Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.11.2013 sowie 3 EUR Mahnkosten zu zahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 98,66 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 98,66 EUR Schadensersatz gemäß  §§ 398, 7, 17 STVG, 115 VVG, 249 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom 7.7.2013 in Leipzig auf dem Viertelsweg.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls  für sämtliche entstandenen Schäden zu 100% einstandspflichtig ist.

Eine wirksame Abtretung ist durch die Erklärung vom 24.7.2013 (Bl. 9) erfolgt. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Abtretung gegenüber dem Zedenten war gemäß § 151 BGB entbehrlich, da eine solche nach der Verkehrssitte nichts zu erwarten war.

Die Abtretung ist auch konkret genug. Aus der Abtretung ist hinreichend zu erkennen, dass der Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten aus einem Unfallder Zedentin am 7.7.2013 mit dem Unfallgegner A. V., dieser versichert bei der Beklagten abgetreten wurde. Es ist sogar das Aktenzeichen des Versicherers angegeben. Dies reicht aus. Es musste weder die exakte Bezeichnung der Beklagten aufgenommen werden, noch die Angabe aller unfallbeteiligten Fahrzeuge, noch der Name des Zedenten in Klarschrift (außer der Unterschrift), noch der Unfallort genauer angegeben werden. Der Unfall und damit die Forderung ist aus den Angaben hinreichend klar bestimmt. Auch die Schadenssumme muss nicht genannt werden. Dies ist zur Bestimmbarkeit einer Forderung nicht notwendig.

Grundsätzlich gehören die Kosten der Schadensfeststellung zum gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schaden, also auch die Kosten von Sachverständigengutachten sofern diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH 11.2.2014 VI ZR 225/13). Diese sind hier in vollem Umfang zu erstatten. Sie waren der Höhe nach erforderlich.

Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrach-tung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt, Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkert des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH 11.2.2014 VI ZR 225/13).

Solche Umstände sind im Streitfall nicht erkennbar. Das Honorar war zwischen dem Geschädigten und der Klägerin vereinbart, dass ergibt sich aus Anlage K1, die im Original vorliegt. Die Honorartabelle befindet sich auf der Rückseite des Vertrages. Das Grundhonorar liegt innerhalb der Spanne der BSKV-Befragung. Allerdings sind die Nebenkosten verhältnismäßig hoch. Die Zedentin konnte aber nicht von vornherein erkennen, dass die Kosten überhöht sind.

Denn es ist zu berücksichtigen, dass ein Verkehrsunfallereignis ein für die allermeisten Verkehrsteilnehmer einmaliges Ereignis darstellt. Man kann unterstellen, dass auch ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter nicht ansatzweise eine Vorstellung davon hat, welche Kosten für die Erstattung eines Schadensgutachtens nach einem Verkehrsunfall anfallen. Für die Frage, ob Sachverständigenkosten zu erstatten sind, ist daher aufgrund der regelmäßig zu unterstellenden fehlenden Sachkunde des Geschadigten auf dessen Sicht nach dem Verkehrsunfall abzustellen, Anhaltspunkte dafür, dass unter diesem Gesichtspunkt dem Geschadigten die mit der Klägerin vereinbarten Entgelte unüblich oder überhöht erscheinen mussten gibt es nicht. Die Anzahl der Lichtbilder, insbesondere das Fertigen eines Fotos vom Tachostand und Fotos vom Fahrzeug im Überblick zur Beweissicherung ist nicht zu beanstanden.

Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war der Kläger gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein (BGH aaO.).

Die Beklagte hat weder dargelegt noch bewiesen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verstandiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte.

Die Nebenforderung ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nummer 11, 711 , 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Iven Hanske sagt:

    Ein Richter der zum Thema Abtretung und Bestimmbarkeit dieser, den Willen der Parteien würdigt und nicht dem unseriösen Bestreiten des Schädigers bzw. dessen profitgierigen Versicherung unlogisch (nach ca. 70% Teilzahlung) Folge leistet. Über 242 BGB (welchen der Gesetzgeber gerade wegen solchen Tricksereien geschaffen hat) hätte ich hier gern mehr gelesen, auch frage ich mich, warum die Richter das deklaratorische Schuldanerkenntnis mit seiner Beweislastumkehr zu mindest zum Bestreiten von Grundlagen so selten anwenden. Denn diese rechtswidrige Kürzungsstrategie durchschaut selbst ein Laie, Strategie: Den objektiven Gutachter wollen wir nicht, denn unsere gekauften Gutachter stützen nach Versicherungsvorgabe den Beschiss am Geschädigten bzw. die Profitgier auf Kosten der Sicherheit im Straßenverkehr, oder?

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