AG Leipzig verurteilt die LVM-Versicherung mit Urteil vom 16.7.2015 – 105 C 7211/14 – zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten 6,20 €.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Wochenbeginn stellen wir Euch hier ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die LVM Versicherung vor. Die LVM in Münster hat es doch geschafft, sage und schreibe 6,20 € zu kürzen und es auf einen viel teureren Rechtsstreit ankommen zu lassen. Allein die Gerichtskosten übersteigen den gekürzten Betrag um Einiges. Unwirtschaftlicher kann man nicht sein, wie wir meinen. Aber die Versicherer rufen doch immer beim Verhalten der Unfallopfer nach dem wirtschaftlichsten Verhalten. Sie selbst halten sich aber nicht daran. Erschwerend für die LVM kommt hinzu, dass sie bereits vor dem Amtsgericht Leipzig mehrere Prozesse zu dem gleichen Thema und zur gleichen Problematik bereits verloren hat. Und trotzdem wird es weiterhin auf unwirtschaftliche Weise versucht. Mit derartigen – unsinnigen – Rechtsstreiten werden die Gelder der LVM-Versicherten veruntreut, denn diese sind den Versicherungen für die Schadensregulierung – und nicht für unsinnige Rechtsstreite – anvertraut worden. Lest aber selbst das Urteil des Amtsrichters der 105. Zivilabteilung des AG Leipzig und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.  

Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 105 C 7211/14

Verkündet am: 16.07.2015

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a. G., Kolde-Ring 21, 48126 Münster, vertreten durch den Vorstands Vorsitzenden Jochen Herwig

– Beklagte –

wegen Gutachterkosten
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2015 am 16.07.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 6,20 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.06.2014 zu zahlen.

2.        Die Beklagte tragt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Beschluss:

Der Streitwert beträgt EUR 6,20.

Tatbestand

entfällt gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich aus §§ 398 ff. BGB, 7 ff. StVG, 823 BGB, 115 VVG i. V. m. § 249 BGB begründet.

Das Amtsgericht Leipzig hat bereits mit seinen Urteilen vom 02.08.2007 (Az.: 105 C 8014/06), 28.06.2007 (Az.: 105 C 643/06), 14.06.2007 (Az.: 105 C 203/07), 14.06.2007 (Az.: 105 C 204/07), 12.07.2007 (Az.: 105 C 2159/07), 19.02.2009 (Az.: 105 C 1288/08), und 18.08.2011 (Az.: 105 C 667/11) sowie vom 15.01.2015 (Az.: 105 C 5162/14) entschieden, dass eine Beklagte als Haftpflichtversicherung eines Kraftfahrzeuges unter den in den jeweiligen Urteilen festgelegten Prämissen zur Zahlung der Kosten des Sachverständigengutachtens verpflichtet ist.

Es wird ergänzend hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 04.04.2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16.05.2006 (Az.: X ZR 122/05) grundsätzlich festgestellt hat dass ein Vertrag, nach dem ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugurrfallschadens zu erstatten hat, ein Werkvertrag ist und für die Bemessung der Vergütung des Sachverständigen der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich ist, wobei nach § 632 BGB – in dieser Reihenfolge – ihre tatsächliche Absprache, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung den Inhalt der Vereinbarung bestimmen.
Andererseits ist die verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistung und insbesondere die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können.

Nur wenn sich auf diese Weise eine vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln lässt, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die Nforschriften der §§ 315 ff. BGB zurückgegriffen werden.

Der Bundesgerichtshof hat weiter festgelegt, dass ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenhöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraumes grundsätzlich nicht überschreitet.
Er hat weiter in den Gründen ausgeführt, dass, wenn sich nach einer festen Übung Spannen für Leistungen, wie die Leistungen der Schadengutachter für Kraftfährzeugschäden auch für überregional tätige Auftraggeber, wie Versicherungen, allgemein herausgebildet haben, die Feststellung, welche Vergütung üblich ist, dem nicht entgegen steht, dass sich an einem bestimmten Orte eine feste Übung nicht gesondert feststellen lässt.

Nach dem zu Grunde liegenden Sachverhalt haben die Firma … und die
Klägerin unstreitig beim Vertragsschluss vereinbart, dass die im Sachverständigenbüro ausliegende Honorartabelle Vertragsbestandteil des Sachverständigenauftrags vom 10.06.2014 ist und als Abrechnungsgrundlage des Sachverständigenhonorars dienen soll. Diese Honorartabelle ist nach Schadenhöhen der Bruttoreparaturkosten gestaffelt, wobei ggf. bei einer Wertminderung diese hinzu zu addieren ist, im Fall des wirtschaftlichen Totalschadens der Brutto-Wiederbeschaffungswert.

Der Bundesgerichtshof hat in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich festgestellt dass nicht von Amts wegen ein „gerechter* Preis zu ermitteln ist; vielmehr geht es grundsätzlich darum, ob die getroffene Bestimmung des Sachverständigenhonorars sich noch in den Grenzen der Billigkeit hält und erst dann, wenn der Berechtigte die ihm durch die Billigkeit gesetzten Grenzen der Preisbemessung Oberschritten hat die Bestimmung durch die Entscheidung des Gerichts zu ersetzen ist.

Die Vereinbarung der Parteien ist bindend, da Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Preisvereinbarung nicht ersichtlich bzw. substantiiert dargetan sind. Auch sonstige Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar.

Insoweit wird ergänzend auf die Entscheidungen des Landgerichts Leipzig vom 14.10.2005 (Az.: 16 S 238/05) = Amtsgericht Leipzig (Az.: 113 C 7019/04 und vom 19.02.2006 (Az.: 12 S 549/05) = Amtsgericht Leipzig (Az.: 117 C 13084/04) verwiesen.

Anhaltspunkte, von den grundsätzlichen Entscheidungen dieses Gerichts als auch von den anderen Referaten des Amtsgerichts Leipzig bzw. der Berufungskammern abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

Auch die weiterführenden Ausführungen der Beklagten führen im Ergebnis nicht zum Erfolg, da ein Missverhältnis zwischen den entstandenen Schaden und der Höhe des Gutachterhonorars der Klägerin nicht erkennbar ist.

Gerade bei der sachverständigen Untersuchung von Kraftfahrzeugen, die im Straßenverkehr auch ein erhebliches – technisches – Gefahrenpotential darstellen, kommt es darauf an, dass im Fall des Eintritts eines Schadens dieser mit der gebotenen Sorgfalt und Sachkunde festgestellt und untersucht wird.

Pauschalierungen der Beklagten auf anderweitige unter gerichtliche Entscheidungen überzeugen nicht.

Insbesondere wird auch im Hinblick auf die von der Beklagten gerügten Nebenkosten auf die Entscheidung diese Gerichtes vom 28.06.2007 (Az.: 105 C 10643/06) verwiesen. Die weitergehenden ausführlichen Ausfuhrungen der Parteien zum Sachverständigenhonorar und auch den neueren Entscheidungen sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Oberlandesgerichts Dresden führen zu keiner anderen Betrachtungsweise.

Darüber hinaus hat die Klägerin auch unbestritten vorgetragen, dass der Kfz-Sachverständige … zur Untersuchung des verunfallten Kraftfahrzeugs der Zedentin von der … in Leipzig zum Autocenter … gefahren ist.

Im Übrigen werden aber die Parteien, insbesondere deren Vertreter dringend gebeten, zahllose Entscheidungen von Amts- oder Landgericht zur Problematik der Sachverständigenentschädigung nicht zur Gerichtsakte zu übersenden, wobei es gänzlich untunlich ist die Namen der anderen Verfahrensbeteiligten und der erkennenden Richter/Richterinnen in Schriftsätzen zu erwähnen.

Der Klage musste daher stattgegeben werden.

Die zuerkannten Nebenforderungen beruhen auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen fußen in §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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