Hallo verehrte Captain-Hik-Leserinnen und Leser,
wir bleiben zunächst in Leipzig. Und noch einmal musste das Amtsgericht Leipzig über rechtwidrige Schadensersatzkürzungen der HUK-COBURG entscheiden. Die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG hatte wieder einmal ohne Rechtsgrundlage die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt. Aber auch diese Kürzung hat die HUK-COBURG ohne das erkennende Gericht gemacht. Zu Recht hat das erkennende Gericht das von der HUK-COBURG angeführte Urteil des OLG Dresden bezüglich der Nebenkostenbegrenzung auf bis zu 25 Prozent zurückgewiesen. Zum einen war das Urteil durch das BGH-Urteil VI ZR 225/13 überholt und zum anderen ist eine Begrenzung auf irgendeinen Anteil der Sachverstndigenkosten nicht zielführend, denn gerade bei den Nebenkosten kommt es immer auf den Einzelfall an. Einmal sind mehr Fotoaufnahmen zu machen, mal sind mehr Fahrkilometer zurückzulegen, mal ist das Gutachten umfangreicher usw. Der erkennende Amtsrichter der 118. Zivilabteilung des AG Leipzig hat in diesem Fall sein Urteil besonders hervorragend begründet. „A good business as usual“, wie wir meinen. Lest selbst das Urteil aus Leipzig und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen: 118 C 1356/15
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, vertreten durch d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht W. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2015 am 10.07.2015
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 94,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit dem 14.08.2014 sowie 3,00 € Mahnkosten zu bezahlen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung von weiterem Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 27.02.2014 in Höhe von 94,27 € aus §§ 398 BGB, 115 VVG, 249 BGB zu.
Unstreitig hat die Beklagte für sämtliche, der Geschädigten entstandenen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 27.02.2014 einzustehen, da der Verkehrsunfall auf ein alleiniges Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten zurück zu führen ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten umfasst der Schadensersatzanspruch auch den noch offenen Teilbetrag der Sachverständigenkosten.
Zwar hat die Beklagte bestritten, dass bei Unterzeichnung des Vertrages bereits auf der Rückseite das Preistableau abgedruckt war. Die Auftraggeberin hat auf der Vorderseite jedoch ausdrücklich bestätigt die Honorartabelle auf der Rückseite zur Kenntnis genommen zu haben.
Auch die Beklagte zieht im Übrigen nicht in Zweifel, dass die Kosten eines Schadensgutachtens nach einem Verkehrsunfall zum erforderlichen Herstellungsaufwand zählen. Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft dies auch für die noch mit der Klage geltend gemachten Beträge zu.
Es kann dahin stehen, ob die von der Klägerin abgerechneten Preise im Vergleich zu den bei Kollegen abgerechneten Tarifen überhöht sind, da der Schädiger bei einem Verkehrsunfall auch überhöhte Kosten eines gegebenenfalls unbrauchbaren Gutachtens bezahlen muss. Von der Beklagten zu ersetzen sind die Aufwendungen, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter in der Situation des Geschädigten getätigt hätte.
Unter diesem Blickwinkel erscheinen die Forderungen der Klägerin nicht unvernünftig. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Verkehrsunfall für die meisten Verkehrsteilnehmer glücklicherweise um ein singuläres Erlebnis handelt. Aus diesem Grunde hat der normale Unfallgeschädigte nicht die geringsten Vorstellungen davon, welche Kosten von Sachverständigen für die Fertigung ihrer Gutachten abgerechnet werden.
Dies unterscheidet Sachverständigenkosten auch maßgeblich von Mietwagenkosten, da bei Mietwagenkosten die meisten sich der präsenten Werbung der Mietwagenunternehmen kaum entziehen können und vor diesem Hintergrund wohl ungefähre Preisvorstellungen von Mietwagenkosten haben.
Aus diesem Grunde kann es letztlich auch dahin stehen, ob die vereinbarten Nebenkosten betriebswirtschaftlich angemessen oder ebenfalls überhöht sind. Auch insoweit gilt, dass der normale Geschadigte wohl keine Vorstellungen haben wird, welche Nebenkosten ein Sachverständiger in seinem Gutachten abrechnet. Die Entscheidung des OLG Dresden, nach der die Nebenkosten auf 25 % der Gutachtenskosten zu begrenzen sind, vermag mangels nachvollziehbarer Begründung wie man auf diese Zahl kommt nicht zu überzeugen.
Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 286, 288 bzw. 249 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 94,27 EUR festgesetzt.