Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
während die Vorstände der HUK-Coburg überall verkünden, wie erfolgreich die Coburger Versicherung mit ihren Töchtern ist, muss festgehalten werden, dass dies offenbar in Leipzig nicht der Fall ist. Dort musste die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse erneut eine herbe Niederlage hinnehmen. Auch in diesem Rechtsstreit führte der Einwand der beklagten Haftpflichtversicherung, die Sachverständigenkosten seien überhöht, nicht zum Erfolg. Vielmehr wies die Amtsrichterin der 111. Zivilabteilung des AG Leipzig die Beklagten auf die BGH-Rechtsprechung hin. Diese wird von der HUK-Coburg und ihren Anwälten schlicht ignoriert. Aber die HUK-Coburg muss sich auch den Hinweis gefallen lassen, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist (OLG Naumburg und OLG Nürnberg jeweils m.w.N.) Fehler in der Abrechnung gehen daher zu Lasten des Schädigers, nicht zu Lasten des Geschädigten. Das hat der BGH bereits zum Werkstattrisiko eindeutig entschieden (BGHZ 63, 182). Gleiches gilt für das Prognoserisiko beim Sachverständigen. Bereits mit Urteil vom 30.11.2004 – VI ZR 365/03 – hatte der BGH entschieden, dass dem Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen die Höhe dessen Kosten nicht bekannt ist und auch nicht bekannt sein kann. Insoweit darf der Geschädigte eine Schadensposition auslösen, deren Höhe er nicht kennt, wenn er einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen beauftragt. Lest aber bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion übersandt durch Herrn RA. Uterwedde aus Leipzig.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 111 C 9373/12
Verkündet am: 16,05.2013
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1. HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg, Gz.: … vertreten durch die Vorstände
– Beklagte –
2. …
– Beklagter –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2013 am 16.05.2013
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 80,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 23,12.2012 zu zahlen.
2,
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, vorgerichtiiche Rechtsanwaitskosten in Höhe von 39,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.12.2012 an Herrn Rechtsanwalt … auf dessen Konto … zu zahlen.
3.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 80,13 EUR festgesetzt
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB einen Anspruch auf Bezahlung von 80,13 Euro.
Die volle Haftung der Beklagten für die dem Kläger durch das Unfallgeschehen vom 05.10.2011 entstandenen Schäden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.
Der Schädiger muss nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB an den Geschädigten den zur Wiederherstellung der Sache erforderlichen Geldbetrag zahlen. Hierzu zählen auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, die dem Geschädigten dadurch entstehen, dass er zur Ermittlung des ihm entstandenen Schadens einen Sachverständigen beauftragt.
Zu ersetzen ist der erforderliche Geldbetrag, dass heißt die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfte. Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, muss Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten und insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten genommen werden (vgl. BGH NJW 2005, Seite 3131). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az.: 4 U 49/05).
Gegen diese Grundsätze hat der Geschädigte im vorliegenden Fall nicht verstoßen.
Der Sachverständige ist grundsätzlich berechtigt, für das Gutachten eine pauschale Grundgebühr zu berechnen (vgl. BGH NJW RR 2007, Seite 123). Eine willkürliche Honorarfestsetzung durch den Sachverständigen ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, da die vom Sachverständigenbüro … vom 07.10.2011 (Anlage K4, Bl. 9 d. A) vorgenommene Abrechnung gerichtsbekannt, der bislang nahezu einheitlich vorgenommenen Abrechnungspraxis entspricht. Eine willkürliche Honorarfestsetzung durch den Sachverständigen war für den Kläger dabei jedenfalls nicht ersichtlich. Es liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vor.
Der Sachverständige ist grundsätzlich berechtigt, für das Gutachten eine pauschale Gebühr zu berechnen. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird dabei als Erfolg geschuldet. Hierfür haftet der Sachverständige dem Auftraggeber. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtssprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH NJW 2006, Seite 2472). Insoweit ist die berechnete Vergütung in Höhe von 704,50 Euro netto nicht zu beanstanden, da sie jedenfalls nicht evident überhöht ist.
Ein Auswahtverschulden fällt dem Geschädigten ebenfalls nicht zur Last. Der Geschädigte ist nicht zu einer Marktforschung verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu finden (vgl. BGH, Urteil v. 23.01.2007, Az.; VI ZR 67/06).
Dem Geschädigten ist es zudem bei Sachverständigengutachten mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht möglich, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit einer Vergütung zu beurteilen. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass vor der Begutachtung die Schadenshöhe anhand derer viele Sachverständige ihr Honorar berechnen, eben noch nicht feststeht.
Der Geschädigte kann daher auch die Zahlung eines gegebenenfalls überhöhten Honorars verlangen, wenn dies für ihn nicht erkennbar war. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargetan, auf welcher Grundlage der Geschädigte im vorliegenden Fall zu einer anderen Einschätzung hätte kommen müssen bzw. welche diesbezüglichen Erkenntnismöglichkeiten ihm zur Verfügung gestanden hätten.
Nach alledem war dem Kläger sowohl das Grundhonorar, als auch die Nebenkosten voll umfänglich zuzusprechen.
Es kommt daher nicht darauf an, ob das Gericht zur Ermittlung der üblichen Vergütung gemäß § 287 ZPO die BVSK Befragung heranziehen kann. Das von der Beklagten als Anlage B1 (Bl. 34 ff. d. A) vorgelegte Gesprächsergebnis BVSK ist jedenfalls zur Ermittlung des ortsüblichen Honorars nicht geeignet. Aus der Bereitschaft einer Versicherung bestimmte Pauschalhonorare zu zahlen, lassen sich keine Rückschlüsse auf die Ortsüblichkeit eines Honorars ziehen. Wenn sich die Mehrzahl der Sachverständigen den Preisvorstellungen der Versicherungen beugt, mag sich langfristig ein verändertes übliches preisgünstigeres Honorar entwickeln, das dann auch Niederschlag in den Befragungen finden müsste. Solange aber die Sachverständigen nur bei einigen Versicherungen zu Sonderkonditionen abrechnen und ansonsten die Honorarberechnung bislang beibehalten, kann nicht festgestellt werden, dass der Sonderkonditionspreis dem üblichen, angemessenen Preis entspricht, (so auch Landgericht Dortmund, NJW RR 2011, Seite 321). Schließlich kann auch kein prozentualer Wert ausgeworfen werden bis zu dem Sachverständigenkosten im Verhältnis zu den Reparaturkosten angemessen wären, denn gerade ein Gutachten bei einem geringfügigen Schaden kann relativ gesehen mit höheren Nebenkosten verbunden sein, als ein Gutachten bei einem größeren Schaden.
Soweit die Beklagte meint, das Gesprächsergebnis mit dem BVSK sei geeignet, das erstattungsfähige Honorar darzulegen, vermag sich das Gericht, wie der Beklagtenseite aus zahlreichen Entscheidungen bekannt, dem nicht anzuschließen. Es handelt sich um eine Besprechung, die verschiedene Versicherungsunternehmen mit dem BVSK geführt haben. Als Ergebnis wurden die als angemessen erachteten Honorare in einer Tabelle zusammengefasst, welche in erster Linie als ein Prüfungsmaßstab für die Mitarbeiter der Versicherungen bei der Überprüfung von Sachverständigenkosten auf ihre Angemessenheit hin dienen sollte. Rückschlüsse auf die Ortsüblichkeit eines Honorars lassen sich daraus jedoch nicht ziehen.
Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Forschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um eine für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Er darf in der Regel von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet, kann er nicht mehr den vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen. Beauftragt die Geschädigte einen Sachverständigen, der die übliche Vergütung in Rechnung stellt, wendet er die Kosten auf, die vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Menschen zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen und wahrt den im Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen.
Unbedenklich ist auch, dass die Nebenkosten im Gegensatz zur Grundvergütung unabhängig von der Schadenshöhe erhoben werden.
Nach alledem ist die Klage voll umfänglich begründet.
Lediglich der Vollständigkeithalber wird ausgeführt, dass selbst, wenn man annehmen wollte, dass die Forderung des Sachverständigen überhöht sein sollte, dies vorliegend jedenfalls nicht dem Geschädigten entgegengehalten werden kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Geschädigte ein Auswahlverschulden trägt oder aber die Erhöhung derart evident ist, dass ein auffälliges Missverhäitnis vorliegen würde. Das ist jedoch nach dem obigen Darlegungen nicht der Fall.
Ein Verstoss des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne Weiteres zugänglich war. Zu einer Forschung des ihm zugänglichen Maßes um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet. Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder in einzelnen Positionen überteuert sein sollte, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen.
Der Geschädigte ist weder gehalten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen, noch ist er gehalten, sich auf einen Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten mit dem Schädiger einzulassen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az.: 4 U 49/05).
Im Hinblick auf die besondere Situation des Geschädigten hält das Gericht eine subjektive Schadensbetrachtung für geboten. Diese führt dazu, dass der Geschädigte jedenfalls die Kosten eines Sachverständigen, die den Mittelwert nicht evident überschreiten, ersetzt verlangen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 11, 713 ZPO.
“ Der Geschädigte kann daher auch die Zahlung eines gegebenenfalls überhöhten Honorars verlangen, wenn dies für ihn nicht erkennbar war.“
Ist es das, was der Geschädigte beweisen soll ?
„Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargetan, auf welcher Grundlage der Geschädigte im vorliegenden Fall zu einer anderen Einschätzung hätte kommen müssen bzw. welche diesbezüglichen Erkenntnismöglichkeiten ihm zur Verfügung gestanden hätten.“
Danach hätte die Beklagte dies darlegen müssen, denn allein ein Verweis auf ein selbstgestricktes Honorartableau reicht nicht aus.
„Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht des § 254 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne Weiteres zugänglich war.“
Geht schon mal überhaupt nicht bei noch unbekannter Schadenhöhe und variablen Nebenkosten, von denen entscheidend die Qualität der Beweissicherung abhängen kann. So, und was die Beweislast angeht, behauptet die HUK-COBURG in ihren Kürzungsschreiben irrtumserregend und verfälschend doch nach wie vor glatt das Gegenteil. Muß man das eigentlich weiter so hinnehmen oder welchen rechtlichen Mittel gibt es, das zu unterbinden ?
Knut B.