Zum Wochenende hier noch eine „leichte Lektüre“ zum Thema Sachverständigenhonorar / HUK Coburg.
Mit Entscheidung vom 29.01.2013 (103 C 8291/12) wurde die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG durch das Amtsgericht Leipzig ein weiteres Mal zur Erstattung der vollständigen Sachverständigenkosten verurteilt. Die Klage erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht aufgrund der (ungerechtfertigten) Honorarkürzung seitens der HUK. Schadensersatzrechtlicher Blödsinn der HUK, der dann jedesmal wieder aufs Neue von den Gerichten abgestraft wird. Ein jahrzehntelanger Wahnsinn zu Lasten der HUK´schen Versichertengemeinschaft (sowie zu Lasten der Steuerzahler), der seinesgleichen sucht. Wieder ein Urteil, das sich nahtlos in eine lange Schlange von Entscheidungen aus Leipzig einfügt (siehe CH-Urteilsliste).
Amtsgericht
Leipzig
Aktenzeichen: 103 C 8291/12
Erlassen am: 29.01.2013
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, Willi-Hussong-Straße 2, 96442 Coburg, v.d.d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO
am 29.01.2013
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 111,56 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit 06.03.2012 sowie als Nebenforderung 3,00 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gebührenstreitwert: bis 300,00 Euro
Tatbestand:
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a, 495 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
(verkürzt: § 495 a ZPO)
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Geschädigte kann grundsätzlich diejenigen Kosten eines Sachverständigengutachtens ersetzt verlangen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und erforderlich sind, § 249 Abs. 2 BGB.
In Übereinstimmung mit den überwiegenden Entscheidungen des Amtsgerichts Leipzig sind die vom Ingenieurbüro … begehrten Grundhonorarforderungen nach den geltenden Wirtschaftlichkeits- und Billigkeitserwägungen weder überhöht noch aus sonstigen Gründen unangemessen. Vielmehr entspricht die Geltendmachung nach dem sogenannten Grundhonorar durchweg dem, was allgemein im Bezirk Leipzig an Sachverständigenkosten gewährt und als angemessen angesehen wird.
So auch im Entscheidungsfall.
Auch wenn die geltend gemachten Sachverständigenkosten des Klägers hoch ausfallen, so sind diese gleichwohl noch nicht derart überhöht, dass die einzelnen Positionen oder die Gesamtrechnung nicht erstattungsfahig wären. Gerichtsbekannt werden in Straßenverkehrsunfällen die prognostizierten Reparaturkosten durch Gutachter vielfach auch unterschiedlich bewertet. Abweichungen bei den Reparaturkosten von einigen Hundert Euro sind daher nicht ungewöhnlich.
Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass in Anbetracht der gutachterlich ermittelten Schadenshöhe von 1.059,66 Euro Netto das geltend gemachte Honorar von insgesamt 501,56 Euro sehr hoch ausfällt und damit ca. der Hälfte der Schadenssumme entspricht. Das Zivilreferat 103 C beim AG Leipzig vertritt jedoch in fortlaufender Rechtsprechung die Auffassung, dass i.v.F. ein entscheidungsrelevantes erhebliches Mißverhältnis zwischen Aufwand der Gutachterkosten zum errechneten Schadensbetrag gleichwohl nicht vorliegt und im Übrigen für sich genommen auch nicht zur Ablehnung der Gutachterkosten führen kann. Entscheidend ist immer die individuelle Begutachtung durch den jeweiligen SV und der hierzu erfolgte Vortrag zu dem Zustandekommen der gesamten Gutachtervergütung.
Im Ergebnis sind die geltend gemachten Sachverständigenkosten des Ingenieurbüros … damit zwar sehr hoch, aber insgesamt noch nicht überhöht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungen 103 C 8383/10 sowie 103 C 3186/10, 103 C 321/11, 103 C 8291/12 Bezug genommen.
Nach alledem war wie folgt zu entscheiden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 711, 713 ZPO.
Alles richtig. Und alles gut, was die in Leipzig da entscheiden.
Dennoch zucke ich im ersten Moment schon:
Gutachten über 1000 EUR netto fallen anderswo bereits unter die Bagatellgrenze, gemeinhin sind Gutachten oder Kostenvoranschläge über diese geringen Beträge maximal 4 Seiten lang mit 4 Lichtbildern. 0/8/15 Standard.
Hier dann dennoch 500 EUR für diesen Audatex-Tastendruck zu verlangen, ist aber auch nicht grad im Sinne der Versichertengemeinschaft, wenn diese solch hohen Kosten im Rahmen des Schadenersatzes tragen muß.
Nun kenne ich das Gutachten hier nicht und es scheint, wie das AG andeutet, ja auch einen schlüssigen Vortrag zur Höhe gegeben zu haben. Die nackten Zahlen fordern einen solchen in diesem Fall aber auch geradezu heraus.
Schönes WE.
Marcus
@ Marcus
der VKS hat aktuell bei der Pressestelle des Bayerischen Justizministeriums 500 Flyer der „Rechtstipps zum Verkehrsunfall“ bestellt.Auf Anforderung können Sie gerne einen solchen Flyer haben.
Darin wird -immerhin vom Bayerischen Justizministerium- empfohlen,bei Schäden über 750,-€ einen Sachverständigen zu beauftragen dessen Kosten vom Schädiger ersetzt werden müssen.
Was glauben Sie?
Wird ein Richter einem so informierten Unfallopfer die Gutachterkosten bei einem Schaden von 750,-€ oder darüber zusprechen,oder wird er dessen Klage auf Erstattung der Gutachterkosten abweisen?
–scientia potentia est–
@Marcus
Sie müssen ja schon jede Menge Gutachten gefertigt haben, nachdem Sie über den Zeitwaufwand der Sachverständigen so hervorragend informiert sind?
Gegenfrage: In wie vielen Fällen verdienen Anwälte 500, 600, 1000 oder noch mehr Euro mit einem einzigen Forderungsschreiben (1-2 DIN A4 Seiten), ohne das Büro zu verlassen?
Dieses Versicherungsgelaber von Hoppla-Hopp-Audatex kann ich inzwischen nicht mehr hören.
– Der Sachverständige nimmt den Auftrag an (meist schon Zeitaufwand für Beratung am Telefon).
– der Sachverständige fährt zum Kunden und wieder zurück
– der Sachverständige nimmt vor Ort und bei jedem Wetter den Schaden sowie die Fahrzeugdaten auf
– der Sachverständige fertigt aus Beweisgründen jede Menge Lichtbilder an
– der Sachverständige berät den Kunden vor Ort => Anwaltsempfehlung
– der Sachverständige legt in seinem Büro den Fall bzw. den Datensatz an (sämtliche Daten zum Fahrzeug, Kundendaten, Schädigerdaten, Versicherungsdaten usw.)
– der Sachverständige ermittelt ggf. den eintrittspflichtigen Versicher (Zentralruf)
– der Sachverständige kalkuliert den Schaden => Audatex/DAT
– der Sachverständige bearbeitet die Lichtbilder
– der Sachverständige ermittelt den Wiederbeschaffungswert (Schwacke/DAT + Internet)
– der Sachverständige archiviert aus Beweisgründen den aktuellen Wiederbeschaffungswert
– der Sachverständige holt ggf. Restwerte am örtlichen Markt ein (Lichtbilder bearbeiten = anonymisieren sowie für den E-Mail-Versand verkleinern und noch eine Fahrzeug-/Schadensbeschreibung erstellen)
– der Sachverständige wertet die Restwertangebote aus => Archivierung aus Beweisgründen
– der Sachverständige fertigt das Gutachten an (einschl. Lichtbilder in der Regel ab 8 Seiten aufwärts)
– der Sachverständige bringt das Gutachten zum Versand
– der Sachverständige hilft dem Kunden oder auch dem Anwalt weiter, wenn der Versicherer Kürzungen beim Schadensersatz vornimmt
– der Sachverständige „trabt“ ggf. für 3 Euro fünfzig als sachverständiger Zeuge zum Gericht
– der Sachverständige überwacht den Zahlungseingang für das SV-Honorar
– der Sachverständige streitet sich ggf. mit den Versicherern über den Wiederbeschaffungswert, Restwert, Lackangleichung, gekürztes Sachverständigenhonorar usw.
– der Sachverständige nimmt Versicherung oder Schädiger auf gekürztes SV-Honorar in Anspruch
– der Sachverständige klagt ggf. das gekürzte Sachverständigenhonorar ein
während der Anwalt in seinem trockenen, warmen oder auch klimatisierten Büro für seine Mandanten „Audienz hält“ und zuerst einmal ein Textbausteinschreiben zum Versand bringt bzw. bringen lässt.
Was nicht heißen soll, dass die Anwälte das Geld immer im Schlaf verdienen. Da gibt es schon einige, die gehörig am Ackern sind. Das Beispiel soll lediglich etwas überspitzt den unterschiedlichen Zeitaufwand ein wenig näher bringen.
Zwei Dinge hätte ich fast vergessen:
1.) Der Sachverständige haftet für all das, was er fabriziert, mit seinem Privatvermögen.
2.) Den erheblichen Zeitaufwand, den man hat, um bei Captain HUK oder sonst wo irgendwelche Sachverständigenklischees zu widerlegen.
Jeder der meint, freiberufliche Kfz-Sachverständige verdienen sich heutzutage noch eine goldene Nase, sollte den warmen Ofen bei der Versicherung oder sonstwo verlassen und ab sofort richtig „Kasse machen“. Einige die der Versuchung tatsächlich erlegen sind, hört man entweder Jammern oder sie nähren sich inzwischen wieder am Busen des alten Arbeitgebers.
Hallo Marcus,
Du irrst, wenn Du meinst, die sog. Bagatellschadensgrenze läge bei 1.000 Euro. Der BGH hat bei einem Schaden von 715 Euro keinen Bagatellschaden angenommen, zumindest ist die Höhe vom BGH nicht beanstandet worden.
Wo und wie Du auf 1.000 Euro kommst, ist nicht nachvollziehbar.
Grüße
Bernd
Hallo Herr Barremeyer
so ist es!
Der BGH hat audrücklich gerade keine Bagatellschadensgrenze bestimmt.
Siehe dazu meinen Beitrag hier im Blog unter „Bagatellschadensgrenze,eine nicht existierende Luftnummer„.
….oooops, da war mal wieder jemand nicht CH-Mainstream, und immer druff.
Marcus hat nicht geschrieben, dass 1.000 EURO Schadenhöhe innerhalb der Bagatellgrenze liegt, sondern nur darauf aufmerksam gemacht, dass „anderswo“ – gemeint sind wohl einige Gerichte – das so gesehen wird. Die Urteile kenne ich auch. Dass sie nicht der BGH – Linie entsprechen, ist klar. Abweichungen von der BGH – Linie kommen aber vor. Und gelegentlich werden sie hier gefeiert.
Die Zeitwaufwandsüberlegungen von Harry mögen alle richtig sein. Sie liegen aber neben der Sache, wenn nicht nach Zeitaufwand abgerechnet wird, sondern in Anlehnung an die Schadenhöhe.
Dass es auf manchen Richter einen fatalen Eindruck macht, wenn die Werkstatt 1.000 Euro und der Sachverständige 500 Euro berechnen, was dann zu Entscheidungen führt, bei denen der Richterbauch über den Richterkopf gesiegt hat, müsste bei einem Rest von Sensibilität erkennbar sein.
@joachim otting
Da liegt überhaupt nichts neben der Sache. Die Aufstellung sollte Marcus etwas näher bringen, dass ein Gutachten nicht nur aus einem simplen Audatex-Tastendruck besteht, wie von ihm argumentiert. Wo bitte steht etwas in meinem Beitrag, dass SV-Honorare nach Zeitaufwand abgerechnet werden sollen?
Da wir gerade beim Thema sind. Wo steht, dass Sachverständige nicht nach Zeitaufwand abrechnen dürfen?
Bei einer Berechnung nach Zeitaufwand bei kleinen Schäden kann das Honorar, je nach Sachverhalt, den Schaden sogar überschreiten.
Aktuelles Beispiel:
Schadenshöhe 850,00 Euro brutto
SV-Rechnung für das Schadensgutachten berechnet nach der Schadenhöhe = 299,00 Euro brutto
DEKRA-Honorarrechnung für das Gerichtsgutachten berechnet nach Zeitaufwand = 900,00 Euro brutto
Die meisten Sachverständigen berechnen in der Tat das Honorar nach der Schadenshöhe. Hierbei setzen sie bei kleinen Schäden zu und gleichen dies bei den großen Schäden aus (Mischkalkulation).
Ein Muss ist die Abrechnung nach Schadenhöhe aber nicht!
Dies ist zwar zweckmäßig und vernünftig, so lange alle Seiten dies respektieren. Wenn nicht, dann geht es auch anders.
Noch ein Wort zu den Richtern. Deren Aufgabe ist es nach der Gesetzeslage zu entscheiden (Schadensersatzrecht). Bauchentscheidungen, die es leider gibt, haben mit dem Schadensersatzrecht meist wenig am Hut.
@ Harry
„Wo bitte steht etwas in meinem Beitrag, dass SV-Honorare nach Zeitaufwand abgerechnet werden sollen?“
Nirgendwo. Genau deshalb kommt es m.E. auf Zeitaufwandsfragen auch nicht an. Als Bollwerk gegen das „Audatex“ – Knöpfchen Argument sind sie allerdings durchaus sinnvoll, da haben Sie recht.
Selbstverständlich darf nach Zeitaufwand abgerechnet werden. Die Folge ist dann eben, dass bei kleinen Schäden die Gutachtenhonorare die Höhe des Fahrzeugschadens erreichen oder übersteigen.
Wie lange mag das gutgehen?
Die Autovermieter haben sich nach der 1996er BGH Entscheidung, der Geschädigte könne mangels Marktkenntnis quasi gar nicht zu teuer anmieten, auch für unverwundbar gehalten.
@joachim otting
Mietwagen kann man nicht mit dem Sachverständigenhonorar vergleichen. Das wissen Sie doch sehr genau. Auch beim Abrechnungsverhalten waren die Mietwagenfirmen damals grenzenlos. 400% Aufschlag für einen Unfallersatzwagen usw.. Das ist natürlich völliger Nonsens. Da muss man schon auf richtig harten Drogen sein, um zu glauben, dass das immer so weiter läuft? Geldgier benebelt ja bekanntlich das Gehirn. Trotzdem kenne ich keinen Gutachter mit einem Aufschlag von 100% oder mehr gegenüber dem Rest der Zunft.
Hallo Herr Otting,
in Ihrem Kommentar vom 16.2.2013, 16.30 h, weisen Sie auf die überzogenen Erstzfahrzeugpreise der Autovermieter hin und zielen offenbar auch eine Vergleichbarkeit der Kosten.
Es ist zwar richtig, dass Sachverständigenkosten und auch Mietwagenkosten Schadensersatzpositionen des Geschädigten sind. Beide sind aber nicht vergleichbar, was auch der VI. Zivilsenat bereits expressis verbis dargestellt hat (BGH VI ZR 67/06).
Die Positionen sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil bei der einen – Mietwagenkosten – eine Markterkundigungspflicht besteht, bei der anderen – Sachverständigenkosten – nicht. Die einen Kosten kann der Geschädigte beeinflussen, die anderen nicht.
Und gerade deswegen besteht für den Schädiger, der auch überhohe Sachverständigenkosten als aus der Sicht des Geschädigten erforderlichen Wiederherstellungsaufwand zu erstatten hat, die Möglichkeit des Vorteilsausgleichs. Dieses Rechtsinstitut hat nur für den Schädiger und seine dahinter stehende Haftpflichtversicherung den – zugegebenermassen – beachtlichen Nachteil, erst einmal vollen Schadensersatz leisten zu müssen, um dann im Wege des Regresses bei dem angeblich Bereicherten den vermeintlich überzahlten Betrag zurückzufordern. Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast bei dem Schädiger. Und das ist genau der missliche Punkt für den Haftpflichtversicherer, denn er ist gezwungen in einem erneuten Rechtsstreit seine ungerechtfertigte Bereicherung geltend zu machen mit Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses und der Darlegungs- und Beweislast. Also ist es für die Schädigerseite einfacher, den Schadensersatzanspruch – rechtswidrig – zu kürzen. Mag doch der Geschädigte den Rest einklagen. Der muss dann die Gerichtskosten vorstrecken, was schon so manchen von der Erhebung der Klage abhält. Nur das ist eben nicht korrekt.
Mit der damaligen Gier der Autovermieter kann daher bei den Sachverständigenkosten nicht argumentiert werden. Harry hat daher m.E. recht, indem er die Ansicht vertritt, dass eben Mietwagenkosten und Sachverständigenkosten nicht vergleichbar sind. Deshalb sind auch die Argumente des BGH in dem letzten Mietwagenurteil m.E. nicht auf Sachverständige zu übertragen.
Bei den Sachverständigenkosten kann der Geschädigte eine Schadensposition in Anspruch nehmen, deren Höhe er im Zeitpunkt der Beauftragung nicht kennt und nicht kennen kann. Das ist der Unterschied zu den Mietwagenkosten.
Ein weiser Mensch hat einmal gesagt,dass bei einem Schaden von unter 1000,-€ die Gutachterrechnung ,mit einer „3“ anfangen und maximal drei Stellen vor dem Komma haben sollte.
Wenn alle SV dieses gute Gespür für die Verhältnismässigkeit entwickeln und pflegen,dann stehen die Chancen gut,dass der BGH dabei bleiben wird,seine Mietwagenrechtsprechung nicht auf die Gutachterkosten zu übertragen und auch nicht auf die Idee kommen muss,ein neues „Heilmittel“ zur Therapierung eines „Gier frisst Hirn“-Syndroms zu entwickeln.
Besonders jetzt wären die Verbände gefragt,Honorarsysteme zu entwickeln und diese sowohl den Marktteilnehmern als auch den Gerichten plausibel zu machen.
Die Sachverständigen dürfen nicht länger auf die Kürzungen nur mit Klagen und ausgefeilten Klagestrategieen reagieren.
Sie müssen aktiv dazu beitragen,dass die Belastung der Gerichte durch die Flut von Kürzungsprozessen eingedämmt wird.
Zitat: Besonders jetzt wären die Verbände gefragt, Honorarsysteme zu entwickeln Z-Ende.
wieso entwickeln?
die gibt es doch schon seit langem beim VKS
Hiltscher hat doch schon mehrfach vor Gericht nachgewiesen wie sich SV HONORARE ermitteln müssen!
Hallo zusammen,
soviel Reaktion wollte ich garnicht erzeugen. Aber davon lebt eine Plattform wie diese, weiter so!
Ich weiß um die Rechtsprechung zur Bagatellgrenze. Und ja, ich weiß, dass die Mietwagenproblematik nicht auf die SV einfach so zu übertragen geht.
Und ja, ich kenne und verurteile die teils abenteuerlichen Kürzungsmachenschaften der Versicherungen wie alle hier.
Da aber auch ein Richter nur ein Mensch ist (ich hoffe, darüber herrscht Konsens 😉 ), wird dort unweigerlich bei Fällen wie diesem die Frage auftauchen: Aus welchem Grund berechnet der SV – zumindest unverhältnismäßig erscheinende – 500 EUR?
Und dann ist eine der vielen möglichen (nicht zwingend richtigen) Antworten, die sich dem fragenden Richter aufdrängt, auch nicht weit: Weil er es kann. Weil er weiß, dass seine Leistung im KH-Fall eben i.d.R. keiner Preiskontrolle unterliegt.
Im Privatverhältnis überlegt sich jeder, was wird mein Auftraggeber zu der Rechnung sagen, die ich ihm für meine Leistung präsentiere. Und denknotwendigerweise wird diese dann meist auch angemessen und nachvollziehbar sein.
Im KH Fall: abgetretendes Recht, die Rechnung sieht mein „Kunde“ garnicht mehr, und die Versicherung hat – so lange es nicht Wucher ist – zu zahlen. Diese Rechnung dann dennoch nicht am oberen Rand „zu gestalten“, gelingt bei dieser Sachlage eher selten. Oder zumindest nicht immer. 😉 Und das meine ich völlig wertfrei.
Und da auch das Recht nicht für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt ist, findet irgendwann ein Richter auch eine juristisch haltbare Begründung, weshalb die Sache mit den Gutachterrechnungen eben doch künftig anders betrachtet werden muß um etwaige Auswüchse zu verhindern – sh. die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten.
Alle Beteiligten sollten die Verhältnismäßigkeit daher nicht zu sehr aus dem Auge verlieren…das war mein Ansatz.
@joachim otting
Danke für das vorurteilsfreie Lesen meines Beitrags.
Sonnige Grüße in die Runde
Marcus
@ Markus
„Da aber auch ein Richter nur ein Mensch ist (ich hoffe, darüber herrscht Konsens 😉 ), wird dort unweigerlich bei Fällen wie diesem die Frage auftauchen: Aus welchem Grund berechnet der SV – zumindest unverhältnismäßig erscheinende – 500 EUR?
Und dann ist eine der vielen möglichen (nicht zwingend richtigen) Antworten, die sich dem fragenden Richter aufdrängt, auch nicht weit: Weil er es kann. Weil er weiß, dass seine Leistung im KH-Fall eben i.d.R. keiner Preiskontrolle unterliegt.
Im Privatverhältnis überlegt sich jeder, was wird mein Auftraggeber zu der Rechnung sagen, die ich ihm für meine Leistung präsentiere. Und denknotwendigerweise wird diese dann meist auch angemessen und nachvollziehbar sein.
Im KH Fall: abgetretendes Recht, die Rechnung sieht mein “Kunde” garnicht mehr, und die Versicherung hat – so lange es nicht Wucher ist – zu zahlen. Diese Rechnung dann dennoch nicht am oberen Rand “zu gestalten”, gelingt bei dieser Sachlage eher selten. Oder zumindest nicht immer. 😉 Und das meine ich völlig wertfrei.“
Hi Leute,
dies ist eine sehr dumme Denkweise, was für den Großteil der SV beleidigend wirkt.
Haben es die SV tatsächlich nur noch solchen Vollpfosten u. Schwachmaten zu tun, welche nicht annähernd nachvollziehen können wie sich ein Honorar zusammensetzt.
@“…..Aus welchem Grund berechnet der SV – zumindest unverhältnismäßig erscheinende – 500 EUR?….“
Aus welchen Grund berechnet ein SV überhaupt ein Honorar, nachdem sich nach einer eingehenden Fahrzeuguntersuchung herausgestellt hat, dass das Fahrzeug keine Schäden aufweist?
Es hat zwar stark gerummst nachdem jemand auf das Heck gefahren ist, aber………..
Wie schaut den da die Verhältnismäßigkeit aus?
O € Schaden… aber 120.- € Kosten.
Oh, Mann Markus geht es eigentlich noch dümmer mit diesen verschrobenen Denkweisen?
Hallo Marcus,
alles gut, alles schön. Das Korrektiv hat doch jetzt schon der Haftpflichtversicherer mit dem Rechtsinstitut der Vorteilsausgleichung. Wenn der Dritte, hier der Haftpflichtversicher, meint, die Schadensposition „Sachverständigenkosten“ sei zu hoch, dann ist er aus § 249 BGB zur Ausgleichung zwar verpflichtet, hat aber das Recht des Vorteilsausgleichs mit allen Konsequenzen. Und diese Konsequenzen scheuen eben die Versicherer, obwohl sie erkämpft haben, dass der Sachverständigenvertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung Dritter ist, mithin der Versicherer in den Schutz mit einbezogen ist.
Es bedarf daher nicht der flächenmäßigen und regelmäßigen Kürzung der Sachverständigenkosten, sondern vielmehr nur dann des Regresses, wenn der Schädiger meint, die Kosten seien überhöht. Damit liegt die Darlegungs- und Beweislast – und auch die Gerichtskostentragungspflicht – aber beim Schädiger. Und genau das wollen die Versicherer vermeiden.
Eine Vergleichbarkeit von Mietwagenkosten und Sachverständigenkosten, obwohl beide Schadenspositionen des Geschädigten sind, liegt nicht vor. Wie bereits erwähnt sind die letzteren vom Geschädigten nicht zu beeinflussen. Deshalb kann es auch keine Preiserkundigungspflicht geben. Das ist anders bei den Mietwagenkosten. Nicht umsonst hat daher der BGH verschiedentlich entschieden, dass die Kosten des Sachverständigen nicht mit den Mietwagenkosten verglichen werden können, insbesondere auch die Rechtsprechung zu den Mietwagenersatztarifen nicht auf die erforderlichen Sachverständigenkosten übertragen werden kann (BGH VersR 2007, 560 ff = Ds 2007, 144 ff.).
Ich sehe daher noch nicht die Gefahr, dass der BGH die beiden Schadenspositionen gleich behandeln wird. Vielmehr wird er auf den Vorteilsausgleich hinweisen, wodurch der Schädiger schon durch Gesetz und Rechtsprechung ausreichend geschützt ist. Im übrigen gilt im BGB der Grundsatz des Schadensersatzes und nicht der Grundsatz des Kostenersatzes. Ersetzt werden muss das, was dem Geschädigten an finanziellen Nachteilen durch das Unfallereignis zugefügt wurde, und das sind nun mal die ihm vom Sachverständigen aufgrund des Werkvertrages berechneten Kosten. Dieser Kostenbetrag ist der finanzielle Nachteil im Rahmen d4er Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.
Wenn der Schädiger meint, die Rechnung sei zu hoch, warum auch immer, dann muss er sich den vermeintlichen Bereicherungsanspruch vom Geschädigten abtreten lassen und aufgrund des abgetretenen Anspruchs im Wege des Vorteilsausgleichs vorgehen. Eine Kürzung des Schadensbetrages bei dem Geschädigten geht nicht, denn der hat durch die Rechnung des Sachverständigen bereits den finanziewllen Nachteil erlitten.
Vorstehende Überlegungen gelten selbstverständlich auch dann, wenn der Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abgetreten wurde, denn auch nach der Abtretung bleibt er ein Schadensersatzanspruch. Das wird – leider – häufig, auch von Amtsrichtern, übersehen.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass es auf eine „Verhältnismäßigkeit“ im Rahmen des § 249 BGB nicht ankommt. Es können durchaus Gründe vorliegen, dass bei einem Eintausend Euro-Schaden bei einem Exoten z.B. ein umfangreiches Gutachten mit vielen Lichtbildern und einige Fahrtstrecke zusammenkommen, zumidest mehr als 100,– € an Nebenkosten, und dann die Kosten des Sachverständigen in diesem Fall durchaus 600,– € betragen. Dann sind auch diese Kosten „erforderlich“ i.S.d. § 249 BGB im Rahmen der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Also entscheidend ist, was der Geschädigte für erforderlich erachtet (siehe Maseratti-Urteil des AG Trier).
Freundliche Grüße zurück
F-W Wortmann