Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
vom Saarland geht es weiter nach Sachsen. Nachstehend veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Selbst wenn der Sachverständige, wie hier, aus abgetretenem Recht den restlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer geltend macht, bleibt es ein Schadensersatzanspruch, der in der Hand des Geschädigten entstanden ist, und dessen Höhe sich aus den Grundsatzurteilen des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – und vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – ergibt. Das bedeutet, dass es für die erforderlichen Sachvertändigenkosten auf die Ex-Ante- Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung ankommt. In diesem Zeitpunkt konnte er grundsätzlich eine Schadensposition auslösen, deren genaue Höhe er nicht kannte und auch nicht kennen konnte, da sich die Sachverständigenkosten in Relation zur Schadenshöhe berechnen. Der Geschädigte kannte daher weder den Schadensumfang noch die -höhe und erst recht nicht die Höhe der Sachverständigenkosten. Da dem Geschädigten regelmäßig keine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB vorgeworfen werden kann, wenn ihm kein Auswahlverschulden zur Last gelegt werden kann, ist daher bei den Sachverständigenkosten vom erforderlichen Wiederherstellungaufwand gemäß § 249 II BGB auszugehen. Sofern dieser Schadensersatzanspruch nunmehr in der Hand eines Dritten, an den der Anspruch gemäß § 398 BGB abgetreten worden ist, geltend gemacht wird, so ändert sich an dem ursprünglich entstandenen Anspruch nichts, denn der ist bereits entstanden und kann sich durch die Abtetungsvereinbarung nicht ändern. Daher ist das Urteil des BGH vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 -, auch wenn es sich, wie hier, um eine Forderung aus abgetretenen Recht handelt, insoweit kritisch zu betrachten, als der BGH die Hürden für den Vortrag der Erforderlichkeit höher gesetzt hat als im Fall der Geltendmachung der Sachverständigenkosten durch den Geschädigten selbst (siehe: BGH VI ZR 67/06 und BGH VI ZR 225/13). In dem Grundsatzurteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – ging es auch um Restforderungen aus der bezahlten Sachverständigenkostenrechnung. Folgerichtig hat das AG Leipzig im vorliegenden Fall nicht BGH VI ZR 357/13 trotz vorliegender Abtretung, sondern BGH VI ZR 225/13 seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Damit liegt eine weitere Schlappe der HUK-COBURG vor. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 114 C 8720/14
Erlassen am: 29.12.2014
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtestreit
…
– Klägerin –
gegen
…
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht N.
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO am 29.12.2014
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 69,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.08.2013 zu zahlen, sowie 3,00 EUR vorgerichtliche Mahnkosten.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Auf die Darstellung des Tatbestandes wurde gemäß § 313a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Das Amtsgericht Leipzig ist sachlich gemäß §§ 23 ff. GVG und örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig.
II.
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht nach § 398 BGB gegen die Beklagte einen restlichen Anspruch auf Schadensersatz in geltend gemachter Höhe gemäß §§ 823, 249 BGB, 7, 17 StVG, 115 VVG.
Unstreitig fertigte die Klägerin im Rahmen eines Auftrages der Geschädigten … vom 16.08.2012 ein Gutachten an. Das Gutachten wurde am 17.08.2012 erstellt.
Von den Gutachterkosten in Höhe von 630,90 EUR beglich die Beklagte die Rechnung in Höhe von 561,00 EUR.
Im übrigen verweigert die Beklagte die Bezahlung des Honorars der Klägerin.
Grundsätzlich hat der Geschädigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Einschaltung eines Sachverständigen. Diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien um die von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten.
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenhöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung zur Herstellung „erforderlichen „ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigte von Anfang an hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhten Nebenkosten ansetzen wird. Somit fallen auch die geltend gemachten Nebenkosten nicht aus dem Rahmen des für die Behebung des Schaden erforderlichen Geldbetrages nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl hierzu BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az: VI ZR 225/13).
Die Beklagte als Schädiger ist im vorliegenden Fall nicht ihrer Darlegungslast zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB nachgekommen. Sie hat nicht vorgetragen, dass der Geschädigte bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch in seiner Lage zur Schadensminderung ergriffen hätte. Selbst wenn die vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten würden, rechtfertigt dies nicht die Annahme des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht.
Die Beklagte hat daher auch die in der Rechnung der Klägerin vom 17.08.2012 aufgeführten Nebenkosten zu ersetzen.
Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.
Der Anspruch auf Zinsen und vorgerichtliche Nebenkosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB.
Beschluss:
Der Streitwert beträgt: 69,90 EUR
Das sind ja ganz interessante Überlegungen im Vorspann. Vielen Dank dafür.
Willi Wacker, diese Überlegungen solltest du aber noch weiter ausführen.
Der Leipziger Richter hat die Anforderungen an den Geschädigten und an den Schädiger nur allzu deutlich herausgearbeitet. Wir haben es also einmal mehr mit einem provozierten Rechtsstreit des Coburger Versicherers zu tun, definiert als versuchter Betrug am Unfallopfer.
Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenhöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigte von Anfang an hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhten Nebenkosten ansetzen wird.
Die Beklagte als Schädiger ist im vorliegenden Fall nicht ihrer Darlegungslast zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB nachgekommen. Sie hat nicht vorgetragen, dass der Geschädigte bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch in seiner Lage zur Schadensminderung ergriffen hätte.