Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier wieder ein Sachverständigenkostenurteil aus Leipzig. Beklagte war wieder einmal die HUK-Coburg. Da die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung wieder einmal nicht nach Recht und Gesetz reguliert hat, sah sich der klagende Sachverständige gezwungen, die restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht geltend zu machen. Das angerufene Gericht gab ihm recht. Dabei hat der erkennende Amtsrichter zutreffend auf das Urteil des BGH zu den erforderlichen Sachverständigenkosten BGH VI ZR 67/06 ( = BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) hingewiesen. Auch ist der Geschädigte nicht verpflichtet, Vergleichsangebote anderer Sachverständiger einzuholen. Mit dem Urteil zeigt sich wiederum, dass die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung diesen streitgegenständlichen Schaden rechtswidrig abgerechnet hat. Bei korrekter Schadensabrechnung wäre der Kläger nicht gezwungen gewesen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Amtsgericht
Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 102 C 6057/11
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., v.d.d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg,
– Beklagter –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren am 12.10.2011
für Recht erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 475,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 29.04.2010 sowie weitere 3,00 Euro zu zahlen,
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf bis 600,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der im Tenor genannten Summe zu aus abgetretenem Recht gem. § 398 BGB, §§ 7 ff. StVG, § 823 BGB, § 115 VVG.
Der Klägerin steht aus einem Verkehrsunfall vom 07.12.2009 gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf vollumfänglichen Schadensersatz für die der Klägerin entstandenen unfallbedingten Schäden zu. Gem. § 249 Abs. 2 BGB kann die Klägerin hierbei den zur Hersteilung erforderlichen Geldbetrag verlangen.
Im vorliegenden Fall waren zur Wiederherstellung der der Klägerin unfallbedingt entstandenen Schäden auch die Aufwendungen von Sachverständigenkosten erforderlich. Der Kfz-Sachverständige hält sich in den Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung, wenn er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt. Liegen dabei sowohl die Grundgebühr als auch die Nebenkosten in der Bandbreite der Honorartabellen des Bundesverbandes der freien und unabhängigen Sachverständigen e. V., so überschreitet die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des §249 Abs. 2 BGB nicht (vgl. LG Zwickau, Urteil v. 17.01.2008, Az.: 6 S 118/07),
Nach höchstrichterticher Rechtssprechung (vgl. Urteil BGH, Az.: VI ZR 67/06) ist in dem Fall, dass wie hier eine Preisvereinbarung zwischen den Parteien vorliegt, keine Überprüfung der Sachverständigenkosten veranlasst, weil keine einseitige Preisbestimmung durch den Sachverständigen vorliegt. Unabhängig davon ist grundsätzlich von § 249 BGB auszugehen.
Vorliegend bewegen sich die von dem Sachverständigen veranschlagten Preise im Rahmen der gem. Anlage K11 von der Klägerin erwähnte und gerichtsbekannten Befragung.
Ob die Befragung des größten Zusammenschlusses freiberuflicher Sachverständiger in Deutschland die Bandbreite der die Üblichkeit bestimmenden Werte wiedergibt, kann hier dahinstehen, da abweichende Anhaltspunkte sich nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Anlagen ergeben, die auf den konkreten Einzelfall nicht eingehende. Insofern liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dann, wenn sich die konkreten Preise in der Bandbreite dieser Erhebung bewegen, die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten der erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs, 2 BGB überschreitet.
Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, ist auch Rücksicht auf den Einzelfall zu nehmen, insbesondere auf die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten zum Zeitpunkt der Auftragserteilung. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtete, um einen für den Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH Urteil v. 23.01.2007, VI ZR 67/06 = DS 2007, 144). Aus dieser Entscheidung ergibt sich insofern nicht der von der Beklagten angenommene Rechtsstand und auch nicht die Obliegenheit des Geschädigten, mehrere Angebote über die Höhe der Vergütung eines Sachverständigen in der näheren Umgebung einzuholen.
Die Abrechnung ist auch prüffähig. Der abgerechnete Betrag ist anhand der Schadenshöhe und der vorgelegten Honorartabelle (Anlage K1) nachvollziehbar. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Schadensminderungspflicht kommt auch insoweit nicht in Betracht, da die Unfallgeschädigte zum Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht feststellen konnte, welches der wirtschaftlich günstigere Weg zur Gutachtenerstellung sein könnte, da weder Schadenshöhe als Maßstab der jetzigen Honorarrechnung bekannt war, noch der voraussichtliche Zeitaufwand zur Bearbeitung des Gutachtens abschätzbar war, so dass bei Auftragserteilung gesicherte Maßstäbe über verschiedene Kosten bei unterschiedlichen Berechnungsmethoden für die Erstellung des Gutachtens für die Geschädigte nicht gegeben waren.
Für das erkennende Gericht bestehen anhand der im konkreten Fall geltend gemachten Vergütung angesichts der ständigen Rechtssprechung im Amtsgerichtsbezirk keinerlei Anhaltspunkte für eine Überhöhung der Honorarforderung. Ist dem Geschädigten kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht anzulasten, ist der aufgewendete Betrag auch zur Schadensbeseitigung erforderlich gem. § 249 BGB, so dass eine Darlegung der aufgewendeten Arbeitszeit nicht erforderlich ist,
Auch das weitere Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten verfängt nicht. Nebenkosten sind zum einen nicht zwingend gewinnneutral abzurechnen, zum anderen bewegen sich die Kosten im geltend gemachten Umfang im ortsüblichen Rahmen, Dies ergibt bereits der Vergleich mit Kostensetzen aus dem JVEG oder der Vergleich mit den Kosten anderer Sachverständiger. Dem gegenüber sind die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Kosten von 10 Cent pro Foto oder 3,5 Cent pro Seite des Gutachtens als Schreibkosten offensichtlich ohne nachvollziehbaren Hintergrund und bewusst niedrig angesetzt worden. Dies ergibt bereits die fehlende Berücksichtigung von Kosten für Anschaffung von Technik zur Herstellung von Fotos oder der Kosten für die Beschäftigung einer Schreibkraft.
Die Beklagte war daher insgesamt zu verurteilen nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe ab dem unstreitigen Verzugszeitpunkt sowie nebst vorgerichtlicher Mahnkosten als Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (vgl. auch die Urteile des AG Leipzig v. 23.02.2008, Az.: 102 C 5772/07 sowie vom 24.02.2010, Az.: 2 C 7768/09).
Nebenentscheidung:
708 Nr. 11, 711, 713, 91 ZPO.
Und nun bitte Eure Kommentare
…und wieder ein Urteil, das beweist, dass die HUK-Coburg rechtswidrig reguliert. Auf dass die Urteilsliste wächst und wächst.
Grüße
W. Eschweiler