Mit Urteil vom 10.03.2009 (4 C 1420/08) hat das AG Meißen die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.041,60 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig.
Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist die Klage überwiegend begründet. Der Klägerin stehen weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1.041,60 Euro zu, nachdem diese für die Regulierung des Schadenfalls erforderlich waren (§§ 823, 249 BGB, 3 pflichtVG). Im Umfang der erfolgreich geltend gemachten Mietwagenkosten sind auch Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Form nichtanrechenbarer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 155,30 Euro ersatzfähig. Soweit die entsprechenden Hauptforderungen begründet waren, waren auch die Nebenforderungen in Form der Verzugszinsen zuzusprechen (§ 238 Abs. X BGB). Die weitergehende Klage war nicht erfolgreich und war deshalb abzuweisen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. u.a. BGH vom 24.06.2008 Aktenzeichen VI ZR 234/07) kann der Geschädigte vom Schädiger, bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nachdem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet dies, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte -erhältliche Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis, also den „Normaltarif“ ersetzt verlangen kann. Etwas anderes gilt dann, wenn der Geschädigte ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der also gegenüber dem Normaltarif teurer ist, aber die Besonderheit dieses Tarifs unter Berücksichtigung auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmens und ähnliches) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigt.
Die Frage nach der objektiven Erforderlichkeit kann jedoch offen bleiben, wenn zum einen feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war oder wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung im Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. In einem solchen Fall kann der Geschädigte den Normaltarif übersteigenden Betrag im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Sehadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung durch unfallspezifische Faktoren nicht gerechtfertigt wäre. Die Frage der Zugänglichkeit ist dabei eine Frage des Einzelfalls (BGH 09.10.2007, VI ZR 27/07).
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin zunächst einen Mietvertrag mit einem Tagespreis von 115,00 Euro netto zuzüglich Haftungsbefreiung von 25,00 Euro netto abgeschlossen hat, wobei zur Zustellung und Abholung des Fahrzeuges noch jeweilig 30,00 Euro netto hinzu gerechnet werden müssen.
Die korrigierte Mietwagenrechnung weist im Hinblick auf den Tagespreis einen geringeren Betrag, nämlich einen solchen von 97,50 Euro netto aus. Die Streitverkündete hat damit, mit dar korrigierten Mietwagenrechnung, auf einen Teil der ursprünglich vertraglioh festgelegten Mietwagenpreise verzichtet.
Die Klägerin hat den Unfall am xx.xx.2008 erlitten. Die Anmietung des Fahrzeuges erfolgte erst am xx.xx.2008. Es war aus diesem Grunde nicht erforderlich, einen Mietwagen zum Unfallersatztarif anzumieten, da keine Eilsituation vorlag.
Das Gericht geht davon aus, dass der Klägerin die Möglichkeit offen gestanden hat, ein Fahrzeug zum Normaltarif anzumieten, wobei zumindest der Normaltarif des Modus des Schwacke-Automietpreissplegels 2007 zugrunde zu legen ist. Die Berechnung dar erforderlichen Mietwagenkosten muss hierbei zum Tagestarif erfolgen, da unwiderlegt zum Zeitpunkt der Anmietung nicht bekannt gewesen ist, wie viele Tage das Fahrzeug der Klägerin benötigt zur Reparatur werden.
Die Inanspruchnahme eines Dreitagestarifes oder eines Wochentarifas, die deutlich günstiger sind, war der Klägerin aus diesem Grund nicht möglich.
Die Beklagte hatte eingewandt, dass mit Schreiben vom 23.05.2008 und im Rahmen eines Telefonates vom 26.05.2008 der Hinweis erfolgt ist, dass die Vermittlung einer Anmietung zum Preis von 38,00 Euro täglich durch die Beklagte erfolgen könne. Da die Klägerin darauf nicht eingegangen sei, habe sie gegen ihre Schadensminderungspfllcht aus § 254 BGB verstoßen. Das Gericht folgt der Auffassung der beklagten Seite nicht. Im Hinblick auf die schriftliche Mitteilung ist schon zweifelhaft, ob diese die Klägerin überhaupt noch vor Anmietung erreicht hat. Ob das Schreiben tatsächlich am 23.05.2008, einem Freitag, in den Postgang gegeben wurde, ist nicht sicher geklärt. Ob es bereits am Montag, den 26.05. bei der Klägerin gewesen ist, ist gleichfalls nicht nachgewiesen. Beachtlich ist hierbei, dass an diesem Tage nach dem Vertragstext bereits 06:00 Uhr morgens die Anmietung durch die Klägerin erfolgte. Das Gericht geht davon aus, dass insoweit eine entsprechende schriftliche Mitteilung der Klägerin nicht vorgelegen hat. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Telefongespräch zwischen ihrem Mitarbeiter und der Klägerin noch vor Anmietung des Fahrzeuges erfolgt ist, und zwar am 26.05.2008. Allerdings gibt die Beklagte nicht an, zu welcher Uhrzeit dies der Fall gewesen sein soll. Da bereits die Anmietung am 26.05.2008, 06:00 Uhr erfolgt ist, scheint ein vorheriges Gespräch zwischen den Parteien nicht denkbar. Im Übrigen wäre auch ein rechtzeitiges Gespräch zwischen dem Mitarbeiter der Beklagten und der Klägerin für die Entscheidung des Rechtsstreits unbeachtlich. Der Tagespreis von 38,00 Euro ist kein Normalpreis, den jeder Mietwagenkunde bei der behaupteten Autovermietung Europ-Car im Falle des Anmietens nach einem Unfall erhält. Insofern ist gerichtsbekannt, dass auch die Firma Europ-Car Unfallersatztarife für die Anmietung ihres jeweiligen Mietwagens berechnet. Ein entsprechender Tarif, der so günstig ist, wie hier von der beklagten Seite vorgetragen, beruht einzig darauf, dass die Beklagte offensichtlich eine entsprechenden Absprache mit dem Mietwagenunternehmen getroffen hat und insofern bei der Anmietung vermitteln müsste. Auf eine solche Vermittlung muss sich jedoch der Geschädigte, der Herr des gesamten Schadenersatzverfahrens ist, nicht verweisen lassen. Ein solcher günstiger Tarif ist wegen der Mitwirkung der Beklagten für die Klägerin auch nicht „ohne weiteres zugänglich“. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht sieht das Gericht bei dem gegebenen Sachverhalt jedenfalls nicht.
Das Amtsgericht hält die Anwendung des Automietpreisspiegels der Firma Schwacke aus dem Jahr 2007 für eine geeignete Schätzgrundlage gem. § 287 ZPO zur Ermittlung des für den konkreten Einzelfall zutreffenden erforderlichen Mietwagenkostenbetrages. Die Anwendbarkeit ist auch höchst richterlich mehrfach bestätigt worden. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass andere Schätzgrundlagen bestehen könnten, hindert das die Anwendbarkeit des Automietpreisspiegels der Firma Schwacke aus dem Jahr 2007 nicht. Ob beispielsweise die Erhebungen des Frauenhofer Institutes eine sachgerechtere Einschätzung des erforderlichen Mietwagenkostenbetrages ermöglichen, muss hier nicht vertieft werden, so lange der Automietpreisspiegel der Firma Schwacke aus dem Jahr 2007 eine geeignete Schätzgrundlage darstellt.
Ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif ist unter Beachtung des Einzelfalls nicht vorzunehmen. Sowohl die Klägerin, als auch die Streitverkündete haben darauf verwiesen, dass erhöhte Kosten im Rahmen des Mietwagengeschäftes entstehen können. Für den vorliegenden Einzelfall sind aber keine Umstände vorgetragen, die eine Erhöhung in Form eines pauschalen Aufschlages auf den Normaltarif ergeben würden. Die Klägerin hat erst 4 Tage nach dem Unfallgeschehen den Mietwagen angemietet. Nach dem klägerischen Vortrag ist der Mietwagen bereits seit dam 22.05.2008 reserviert gewesen. Damit konnte sich das Mietwagenunternehmen auch ausreichend auf den vorliegenden Schadensfall einstellen. Zusatzkosten, die mit dem Zustellen und Abholen des Fahrzeuges verbunden sind, hat die Geschädigte mit jeweils 30,00 Euro netto und damit insgesamt 60,00 Euro netto ausreichend vergütet. Weitergehende spezifische Leistungen des Mietwagenunternehmens, die zu einer Erhöhung der Mietwagenkosten/ die ersatzfähig sind, führen könnten, sieht das Gericht nicht.
Das verunfallte Fahrzeug der Klägerin ist der Mietwagenklasse 5 zuzuordnen, das angemietete Fahrzeug ebenfalls. Bei diesen Voraussetzungen ist eine Eigenersparnis beim Mietpreis abzuziehen, die das Gericht vorliegend mit 10 % in ständiger Rechtsprechung berücksichtigt (OLG Dresden Urteil vom 28.05.2008, Aktenzeichen 7 U 131/08:
Unter Beachtung des Vorgenannten ergibt sich nachfolgendes Rechenwerk;
Für 12 Tage Anmietzeit ergibt sich bei 99,00 Euro brutto je Tag, hiervon sind 10 % und damit 118,80 Euro ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen, ein Betrag von 1.063,20 Euro.
Für 12 Tage Haftungsbefreiung a 25,00 Euro netto ergibt sich unter Beachtung der Mehrwertsteuer ein Betrag von 357,00 Euro. Vertraglich vereinbart war zudem ein Betrag von 60,00 Euro netto und damit 71,40 Euro brutto für das Zustellen und Abholen des Mietwagens.
Im Ergebnis sind ersatzfähige Mietwagenkosten von 1.497,60 Euro festzustellen. Hiervon abzuziehen sind die gezahlten 456,00 Euro, ao dass der Restbetrag mit 1.041,60 Euro verbleibt. In diesem Umfang ist die Klage erfolgreich. Nachdem unter dem 20.06.2008 nur 456,00 Euro gezahlt worden sind durch die Beklagte, ist seit diesem Zeitpunkt auch Verzug mit der Restzahlung eingetreten. Die geltend gemachten Verzugszinsen sind auf diesem Hauptsachebetrag gem. § 288 Abs. 1 BGB berechtigt geltend gemacht worden.
Dia Klägerin kann auch außergerichtlich entstandene Reehtaanwaltskosten im Umfang von 155,30 Euro verlangen. Hierbei ist davon auszugehen, daes der Streitwert der bei der Berechnung Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegt wird, mit 1.041,60 Euro zu bemessen ist. Hieraus folgend sind geringere Rechtsanwaltskosten für eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Postpauschale, zuzüglich Mehrwertsteuer festzustellen. Gegenüber der Klageforderung sind nur 155,30 Euro gerechtfertigt. Der weitergehende Antrag war abzuweisen. Soweit der Antrag erfolgreich war, waren auch die Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB zuzusprechen.
Soweit das AG Meißen.
Auch bei diesem Urteil kann festgehalten werden, dass auch die Rechtsprechung nichts von Tabellen und Listen hält, die im Auftrag der Versicherungen erstellt worden sind. Dies gilt insbesondere für die Fraunhofer-Liste.
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