AG Meldorf verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 30.5.2016 – 92 C 1107/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

hier veröffentlichen wir für Euch ein positives Urteil aus Meldorf zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG, die rechtswidrig den Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung der vollständigen Sachverständigenkosten, so wie sie von dem Kfz-Sachverständigen, den der Geschädigte – zu Recht – mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt hatte, berechnet wurden, kürzte. Mit ihrem Einwand vor Gericht, der Geschädigte habe gegen die Schadensgeringhaltungspflicht verstoßen, scheiterte die HUK-COBURG Allg. Vers. AG. Sie vergisst dabei, dass der vom geschädigten Kfz-Eigentümer eingeschaltete Kfz-Sachverständige der Ergüllungsgehilfe des Schädigers ist (vgl. OLG Naumburg DS 2006, 283 ff; AG Nürnberg NZV 2010, 627; Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.). Fehler des Sachverständigen, auch bei der Berechnung seiner Kosten, gehen daher zu Lasten des Schädigers (AG Unna SP 2004, 205 f; AG Nürnberg SP 2008, 306). Das wird häufig von der HUK-COBURG – und auch anderen Versicherern – übersehen. In den Entscheidungsgründen hat das erkennende Gericht auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung abgestellt. Entscheidend ist daher die Ex-ante-Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen. Wenn er die Beauftragung des Kfz-Sachverständigen für notwendig erachtete, weil er eben selbst den Umfang des Schadens wegen eventuell versteckter Schäden nicht angeben konnte  und er auch die Höhe des Schadens nicht beziffern konnte, sind die dadurch entstehenden Kosten grundsätzlich erforderlicher Herstellungsaufwand, der von dem Schädiger zu erstatten ist. Lest aber selbst das Urteil des AG Meldorf und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.   

Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker

Verkündet am 30.5.2016

A m t s g e r i c h t    M e l d o r f

– 92 C 1107/15 –

U R T E I L
a b g e k ü  r z t   g e m .   § 4 9 5   a   Z P O

I M   N A M E N   D E S   V O L K E S

In Sachen

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Vesicherungs AG Vertreten durch deren Vorstand Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Meldorf durch Richter am Amtsgericht Z. auf den dem Schluß der mündlichen Verhandlung entsprechenden 9.5.2016

für         R e c h t          erkannt:

1.     Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 56,06 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage am 8.9.2015 zu zahlen.

2.     Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.     Der Streitwert beträgt 56,06 €.

T a t b e s t a n d   u n d   E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

(abgekürzt gemäß §§ 313 a, 495 a ZPO)

Die Beklagte ist verpflichtet, nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen sie unbestritten vollständig eintrittspflichtig ist, weitere Kosten für den von der Klägerin mit der Schadensbegutachtung beauftragten Sachverständigen zu zahlen nebst Prozeßzinsen in gesetzlicher Höhe.

Der Einwand der Beklagten, die Sachverständigenkosten seien in der geltend gemachten Höhe kein „erforderlicher“ Aufwand i.S.d. 249 II (1) BGB, geht fehl.

Grundsätzlich ist derjenige Aufwand erforderlich i.S.d. Vorschrift, den der wirtschaftlich vernünftig denkende konkrete Geschädigter aus de ex ante Sicht für zweckmäßig und erforderlich halten darf, ohne zuvor eine Marktanalyse zu betreiben (BGH VI ZR 357/13, juris). Maßgeblich ist die subjektbezogene Schadensbetrachtung. Dabei ist möglicherweise einem größeren Mietwagenunternehmen zuzumuten, die Rechtsverfolgung durch eine eigene Rechtsabteilung wahrzunehmen; für eine KFZ Handels- und werkstattunternehmen ist es – da Partei – zunächst nicht zuzumuten, auf eine sachverständige Schadensbeurteilung zu verzichten und selbst zu reparieren in der Hoffnung, daß der eintrittspflichtige Schädiger dann die geltend gemachten Kosten, vorliegend in der Größenordnung von 1.700 € netto, aus der Eigenrechung des Schädigers auch akzeptiert – das Gegenteil ist der Fall. Die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten wäre in diesem Fall erheblich erschwert: Der Schaden ist beseitigt, eine sachvertsändige Feststellung der Erforderlichkeit des Herstellungsaufwands im Nachhinein erheblich erschwert und meist nur unter Ermittlung des Schadensbildes aufgrund der Angaben der Geschädigten oder deren Mitarbeiter möglich, was Abstriche an er Genauigkeit und beklagtenseits zu erwartende Zweifel an der Glaubwürdigkeit nach sich ziehen könnte.

Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten ist zunächst davon auszugehen, daß die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten grundsätzlich auch erforderlich waren, wenn nicht die Beklagtenseite darlegt, daß und wie der Geschädigte unschwer einen günstigeren Sachverständigen hätte beauftragen können und damit müssen. Dabei kommt es nicht an auf Einzelpositionen der Gutachterrechnung, sondern auf die Gesamtkosten an (OLG München, 10 U 579/15). Dies ergibt sich schon daraus, daß der Sachverständige nicht verpflichtet ist, eine Aufsplittung seiner Kostenpositionen nach Grundhonorar, Schreibkosten, Lichtbildkosten u.a. vorzunehmen. Zweifel an der Kostenhöhe mag der Geschädigte wecken, indem er vorträgt, welcher dem Geschädigten zumutbare Sachverständige ohne weiteres für den Geschädigten erkennbar um welchen Betrag günstiger das Gutachten erstellt hätte.

Dies hat die Beklagte nicht getan. Sie verhält sich statt dessen zur Erforderlichkeit und Angemessenheit von Foto- und Schreibkosten und bemängelt die Fahrtkosten des Sachverständigen, weil zu weit vom Sitz der Klägerin entfernt und meint, die Beklagte hätte das Fahrzeug verbringen können und müssen.

Hier irrt sie.

Zu den sog. Nebenkosten ist zunächst auf das o.g. zu verweisen. Lichtbilder sind für die Schadensdokumentation in aller Regel erforderlich, spätestens im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird es in aller Regel erforderlich sein, zu Überzeugungsbildung des Gerichts von der Richtigkeit des Gutachtens nicht nur das Schadensbild verbal zu beschreiben, sondern auch durcn Augenscheinsobjekte darzulegen. Gründe, aus denen das im vorliegenden Fall nicht der Fall sein sollte, hat die Beklagte nicht dargelegt. Fahrtkosten des Sachverständigen sind grundsätzlich zu erstatten; anderes könnte gelten, wenn die Gesamtkosten des Sachverständigengutachtens infolge großer Entfernung oder hoher km-Sätze erheblich über denen eines ortsnahen Sachverständigen lägen. Auch hierzu hat die Beklagte aber nichts vorgetragen und sich statt dessen gegen eine Beurteilung dieser Frage durch Sachverständigengutachten ausgesprochen. Aus Sicht des Gerichts ist es der Klägerin auch nicht zuzumuten, das Fahrzeug zu einem Sachverständigen zu verbringen. Hierfür sind nicht nur km-Kosten (Hin- und Rückweg) zugunsten der Geschädigten anzusetzen, sondern auch Personalkosten für den erforderlichen Zeitaufwand (Fahrt- und Wartezeit): Anderes gilt auch hier nur für den Fall, daß die Beklagte darlegt, daß die Verbringung (erheblich und offensichtlich) günstiger gewesen wäre als die Anreise des Sachverständigen. Auch hierzu ist beklagtenseits aber nichts vorgetragen.

Da letztlich Erhebliches gegen, die Sachverständigenkosten nicht vorgetragen ist und die Aktivlegitimation der Klägerin nicht mehr in Frage steht, war antragsgemäß zu verurteilen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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