AG Memmingen urteilt gegen die VHV-Versicherung und spricht die restlichen, im Gutachten aufgeführten Reparaturkosten zu und verneint Verweisung auf eine mehr als 25 km entfernte Alternativwerkstatt mit lesenswertem Urteil vom 10.11.2014 – 21 C 1155/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,

zum beginnenden Wochenende geben wir Euch hier ein positives Urteil aus Memmingen zur fiktiven Abrechnung und zur Unkostenpauschale gegen die VHV Versicherung bekannt. Unseres Erachtens ist die Urteilsbegründung top. Zunächst behauptete die regulierungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung ins Blaue hinein, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei. Nachdem dann aber seitens des Klägers zu seiner Eigentümerstellung vorgetragen wurde, erfolgte kein Vortrag der Beklagten mehr. Damit galt der Vortrag des Klägers als zugestanden. Auch die von der VHV behauptete Verweisung ging ins Leere, denn die benannte Alternativwerkstatt lag mehr als 25 Kilometer vom Wohnort des Geschädigten entfernt. Schon von daher war sie nicht mehr ohne Weiteres mühelos zu erreichen. Im Übrigen hätte der Geschädigte, um die Werkstatt erreichen zu können, erst eine Notreparatur vornehmen müssen. Eine derartige Verpflichtung hat der Geschädigte auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensgeringhaltung nicht! Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingesandt durch die Kanzlei Feichtinger aus Mindelheim.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Memmingen

Az.:     21 C 1155/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Kläger –

gegen

VHV Allgemeine Versicherung AG

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Memmingen durch die Richterin am Amtsgericht … am 10.11.2014 auf Grund des Sachstands vom 10.11.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 518,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2014 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 519,12 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 518,08 €.

a)
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die Beklagte trug zwar zunächst vor, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob der Kläger Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei. Der nachfolgende Vortrag des Klägers zu seiner Eigentümerstellung blieb jedoch unstreitig.

b)
Der fiktiv abrechnende Kläger hat Anspruch auf Ersatz der von dem Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 6.859,16 €. Der Kläger kann die Zahlung von Stundensätzen verlangen, die eine markengebundene Fachwerkstatt abrechnet. Der Kläger muss sich nicht auf die von der Beklagten genannten freien Werkstätten verweisen lassen. Es kann dahinstehen, ob die Reparatur in den von der Beklagten genannten freien Werkstätten mit einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt vergleichbar ist. Voraussetzung des Verweises auf eine freie Fachwerkstatt ist, dass diese dem Kläger mühelos und ohne weiteres zugänglich ist (vgl. BGH, NJW 2010, 2118). Daran fehlt es vorliegend.

Um die Verweiswerkstätten erreichen zu können, hätte das Fahrzeug des Klägers erst durch eine Notreparatur in einen fahrbereiten und verkehrssicheren Zustand versetzt werden müssen. Dies wäre mit weiteren Kosten verbunden gewesen. Die Verweiswerkstatt, deren Kosten die Beklagte ihrer eigenen Kalkulation zu Grunde legt, befindet sich zudem 26,06 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt. Die weiteren von der Beklagten genannten freien Werkstätten befinden sich 14,66 km und 13,7 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt. Am Wohnsitz des Klägers befindet sich jedoch eine markengebundene Fachwerkstatt. Aufgrund dessen kann nicht die Rede davon sein, dass die Verweiswerkstätten dem Kläger mühelos und ohne weiteres zugänglich sind.
Da die Beklagte unstreitig einen Betrag in Höhe von 6.346,08 € auf die Reparaturkosten in Höhe von 6.859,16 € bezahlt hat, steht dem Kläger diesbezüglich ein restlicher Zahlungsanspruch in Höhe von 513,08 € zu. Die allgemeine Unkostenpauschale ist in Höhe von 25,- € angemessen. Darauf hat die Beklagte lediglich 20,- € bezahlt. Der Kläger hat somit Anspruch auf Zahlung in Höhe von 518,08 €. Soweit der Kläger die Zahlung weiterer 1,04 € beantragt, ist die Klage abzuweisen.

2.
Die Verurteilung zur Zahlung der Verzugszinsen gründet sich auf §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 28.04.2014 für den Fall der fiktiven Abrechnung weitere Zahlungen ernsthaft und endgültig verweigert.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

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