Mit Urteil vom 07.06.2010 (6 C 119/10) hat das AG Meschede die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse Kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 406,54 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle und die Erhebung von Dr. Zinn werden nicht akzeptiert.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist weitgehend begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten.
Gemäß § 249 Abs. II BGB kann ein Geschädigter als Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Das aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleitete Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Geschädigten, dass er im Rahmen des ihm Zumutbaren grundsätzlich nur den günstigsten Tarif ersetzt verlangen kann.
Es wird dabei aber nicht verlangt, dass der Geschädigte sparen muss oder sich in jedem Fall so verhalten muss, als müsse er den Schaden selbst tragen. Der Grundgedanke des § 249 Abs. II BGB, dem Geschädigten möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden.
Der Geschädigte verstößt nicht allein deswegen gegen seine Pflicht zur Schadensminderung, weil er ein Fahrzeug zu einem höheren Tarif mietet, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist. Dies gilt aber nicht, wenn er das Fahrzeug zu einem Tarif anmietet, der höher als der „Normaltarif“ ist, der sich durch die Prinzipien von Angebot und Nachfrage entwickelt hat. Der von der Klägerin geltend gemachte Tarif ist erhöht gegenüber verschiedenen Angeboten, die von der Beklagten eingereicht worden sind. Für die Frage, ob der von der Klägerin geltend gemachte Tarif betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist, kann der erforderliche Aufwand gemäß § 287 ZPO geschätzt werden. Diese Schätzung kann auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels erfolgen (BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07). Die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Instituts stützt seine Erhebung zu einem Großteil auf Internetpreise; diese Tarife setzen eine Vorbuchzeit voraus. Diese Möglichkeit ist bei der Anmietung nach einem Unfall in der Regel nicht gegeben. Außerdem fasst der Mietpreisspiegel die Durchschnittspreise für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete zusammen, als dies bei der Schwacke-Liste der Fall ist, die nach den ersten drei Ziffern differenziert. Soweit die Beklagte auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Zinn verweist, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich das Gutachten auf den konkreten Fall auswirkt. Das Gleiche gilt für das Gutachten des Professor Dr. Klein und Gutachten, die in Verfahren anderer Gerichte eingeholt worden sind. Diese Einwendungen reichen nicht aus, die Anwendung des Schwacke-Automietpreisspiegels in Zweifel zu ziehen.
Der Geschädigte war nicht verpflichtet, eine Art Marktforschung zu betreiben, um das preisgünstigste Mietwagenunternehmen ausfindig zu machen. Der Unfall war am xx.xx.2009, am gleichen Tag hat der Geschädigte den Mietwagen angemietet. In diesem Zeitraum hatte er keine Gelegenheit, sich um verschiedene Tarife zu kümmern.
Die Klägerin hat entsprechend der Schwacke-Liste einen Wochentarif und zwei Mal einen Tagestarif abgerechnet. Ein 20%ger Aufschlag hierauf ist angemessen, da die Unfallsituation für einen Autovermieter höhere Kosten verursacht. Zuzüglich zu dieser Summe darf die Klägerin Kosten für Haftungsbefreiung, Zustellung/Abholung, Winterreifen und Navigationssystem berechnen. Der Geschädigte hat ein schutzwürdiges Interesse daran, im Falle eines Unfalls nicht selber für die Beschädigungen des gemieteten Fahrzeugs aufkommen zu müssen. Bei der Ausstattung des Fahrzeugs mit Winterreifen fallen für die Klägerin zusätzliche Kosten an, auch diese Kosten sind ihr zu erstatten, ebenso wie die Kosten für Zustellung und Abholung sowie Navigationssystem.
Da der Zedent ein gruppengleiches Fahrzeug abgemietet hatte, war ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen. Bei einem Abzug von 10 % von 9 Tagen Pauschale nebst Aufschlag zuzüglich Kosten für die übrigen Positionen ergibt sich ein Gesamtrechnungsbetrag von 1448,50 €. Unter Berücksichtigung der Zahlung der Beklagten ist noch ein Restbetrag von 406,54 € offen.
Da die Beklagte mit ihrer Zahlungsverpflichtung in Verzug geraten ist, ist sie zur Zahlung von Verzugszinsen und Anwaltskosten verpflichtet.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Meschede.