Mit Urteil vom 23.05.2008 (2 C 54/08) hat das AG Mosbach die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 423,64 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger kann die restlichen Mietwagenkosten in Höhe von € 423,67 verlangen.
Der Geschädigte kann vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei den anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt- nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Der Geschädigte verstößt nach der neueren Rechtsprechung des BGH zu den sog. Unfallersatztarifen allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat nach der Rechtsprechung des BGH der Tatrichter im Rahmen des § 278 ZPO – gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen – zu schätzen. Den Normaltarif, von dem im Rahmen der Schätzung auszugehen ist, kann der Tatrichter nach der Rechtsprechung des BGH wiederum gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten schätzen.
Die Verlässlichkeit des „Schwacke-Mietspiegels“ ist anerkannt. Die Liste bietet eine geeignete Gesamtmarktübersicht und somit eine solide Grundlage für die Schätzung des erforderlichen Herstellungsaufwands im Sinne des § 249 BGB (BGH, NJW 2006, 2106; BGH, NJW 2005, 1933; LG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1396, 1398; LG Köln, NJW-RR 2006, 1400, 1401). Hätte vor allem der BGH ernsthafte Zweifel an der strukturellen Ungeeignetheit der „Schwacke-Liste“ gehabt, dann hätte dieser es in seinen Entscheidungen ausgeführt. Vielmehr hat der BGH die „Schwacke-Liste“ zur Beurteilung herangezogen. Das Gericht erachtet die Liste ebenfalls als brauchbares Hilfsmittel zur Ermittlung des Normaltarifs.
Danach war vorliegend von einem Normaltarif unter Berücksichtigung von 19% Mehrwertsteuer in Höhe von 4 x 142,59, mithin € 570,36 auszugehen.
Für die Frage der Erforderlichkeit des den „Normaltarif“ übersteigenden Unfallersatztarif besteht nach der Rechtsprechung des BGH keine Notwendigkeit, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters, hier also der Firma X, im Einzelnen nachzuvollziehen. Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif rechtfertigen. Wegen solcher Mehrleistung kann auch ein pauschaler, im Weg richterlicher Schätzung nach § 287 ZPO festzustellender Aufschlag auf den Normaltarif angebracht sein (BGH Report 2007, 388, 389; 2006, 232).
Das Gericht geht an diese Rechtsprechung des BGH anknüpfend von unfallbezogenen Mehrleistungen im Unfallersatztarif aus und ist der Auffassung, dass diese einen pauschalen Aufschlag von 30% auf den gewichteten mittleren Normaltarif rechtfertigen.
Im Unfallersatztarif ergeben sich aufgrund des zufälligen Charakters sowohl der Unfallzahl als auch der Art der betroffenen Fahrzeuge stärkere Schwankungen der Nachfrage als im Einzelkundetarif. Das hat eine gegenüber dem „Normaltarif“, der verlässlichere Kalkulationen ermöglicht, geringere Auslastung des vom Vermieter vorzuhaltenden Fuhrparks zur Folge. Auch die Service- und Verwaltungskosten sind im Unfallersatztarif höher, weil dort tätige Unternehmer Bereitschaftsdienste außerhalb der normalen Geschäftszeiten stellen müssen und den Mietern in der Regel als speziellen Service die Zustellung und Abholung des Ersatzwagens an der Reparaturwerkstatt anbieten. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Risiken für Vermieter im Unfallersatztarif höher als im „Normaltarif“ sind. Häufig handelte es sich um dem Vermieter nicht bekannte Kunden, deren Bonität er schlecht beurteilen kann. eine positive Kundenauslese durch die im „Normaltarif“ übliche Pflicht zur Vorlage der Kreditkarte findet im Unfallersatztarif in der Regel nicht statt. Das Forderungsausfallrisiko und das Risiko von Zahlungsverzögerungen ist trotz der mit Kunden vereinbarten Sicherungsabtretung gegenüber dem „Normaltarif“ deutlich erhöht. Bei der im Normaltarif obligatorischen Vorlage der Kreditkarte kann der Vermieter die Geschäftsrisiken dadurch minimieren, dass er das Konto des Kunden schon vor Übergabe des Fahrzeugs mit dem voraussichtlichen Mietpreis zzgl. Kosten sowie die Selbstbeteiligung bei Fahrzeugschäden belastet. Demgegenüber werden Rechnungen im Unfallersatztarif erst nach Abrechnung mit dem Versicherungsunternehmen beglichen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Unfallersatztarif um ein im Wesentlichen homogenes „Produkt“ handelt, das in der Regel eine Kaskoversicherung umfasst.
Das Gericht geht von einer gerechtfertigten Erhöhung des durchschnittlichen Normatarifs um 30% mithin von erforderlichen Mietwagenkosten in Höhe von € 741,46 aus.
Anhaltspunkte, aufgrund derer das Gericht im Rahmen seines Schätzungsermessens eine höhere Überschreitung des Normaltarifs für betriebswirtschaftlich angemessen und erforderlich halten dürfte, sind vom Kläger nicht vorgetragen worden. Das Gericht durfte hier auch sein Schätzungsermessen ausüben, da die Beauftragung eines Sachverständigen in Anbetracht der Klageforderung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hätte.
Haftungsbefreiungskosten kann die Klägerin zu 50% ansetzen.
Die angesetzten € 40,– für Winterreifen werfen keine Bedenken auf. Dies gilt auch für die in Ansatz gebrachten Zustell- und Abholkosten. Unter Addition dieser Beträge sowie des daraus resultierenden Mehrwertsteuerbetrages ist ersichtlich, dass der von der Firma Y berechnete Betrag überschritten wird. Die Firma Y hat lediglich € 797,00 berechnet.
Ein Abzug für Eigenersparnis hält das Gericht nicht für sachgerecht, da die Klägerin mit dem Fahrzeug lediglich 418 km zurückgelegt hat.
Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.
Soweit das AG Mosbach.