Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier und heute geben wir Euch noch ein älteres Urteil aus München zu den Sachverständigenkosten aus einer anderen Zivilabteilung des AG München bekannt. Damit füllt sich die Liste der gegen die HUK Coburg ergangenen Urteile. Dieses Urteil ist ebenso deutlich abgefasst wie das letzte Urteil des AG München, das wir für Euch hier veröffentlicht hatten. Was mir an diesem Urteil nicht gefällt, ist die Ungenauigkeit der erkennenden Amtsrichterin, wenn sie in den Gründen angibt: „Der Auftrag, ein Sachverständigengutachten zu erstellen, ist ein Werkvertrag.“ Das ist nicht richtig. Von dem Geschädigten stammt der Antrag auf Abschluss eines Werkvertrages, das von dem Sachverständigen angenommen wird, so dass ein Werkvertrag (siehe: BGH X ZR 80/05 und X ZR 122/05 sowie auch VI ZR 67/06) zustande kommt. Auf jeden Fall kommt kein Auftragsverhältnis zustande. Lest selbst die Urteilsgründe und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Michael Brand aus München.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 343 C 24598/11
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
…
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht L. am 22.12.2011 auf Grund des Sachstands vom 21.12.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 153,49 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.06.2011 zu bezahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 153,49 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495 ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I.
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte im Zusammenhang mit der Schadensregulierung die Kosten verlangen, die ein verständiger wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Diese in der Rechtsprechung immer wieder fast wortgleich wiederholte Feststellung bedeutet, dass der Unfallgeschädigte nicht nur das verlangen kann, was objektiv erforderlich ist, sondern was er in seiner konkreten Situation für erforderlich halten darf. Demzufolge kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar objektiv ortsüblich und angemessen ist, sondern ob der Klagepartei als Unfallgeschädigter der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe bei der Auswahl des Sachverständigen im Hinblick auf das Honorar seine Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB verletzt.
Hierzu ist grundsätzlich die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass ihrer Auffassung nach das Honorar des Sachverständigen deutlich überhöht ist, insbesondere was die Nebenkosten betrifft.
Die Klagepartei hat keine Honorarvereinbarung abgeschlossen. Es liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass sie sich wegen der Honorarfrage irgendwie schuldhaft nach § 254 BGB verhalten hat. Der Unfallgeschädigte kann nicht, wie in anderen Fällen, zuerst einen Kostenvoranschlag verschiedener Sachverständiger anfordern. Denn die Höhe der Sachverständigenkosten richtet sich i. d. R. nach dem entstandenen Sachschaden, der erst im Rahmen der Begutachtung festgestellt wird. Die Klagepartei hat vorgetragen, dass sie auch die Nebenkosten erst nach Erhalt des Gutachtens mit der Rechnung mitgeteilt wurden. Die Rechtsprechung, auch der höheren Instanzen hat bereits mehrfach entschieden, dass von Unfallgeschädigte nicht erwartet werden kann, dass sie sich vor Erstellung des Gutachtens nach Preisen erkundigen. Es gibt, soweit ersichtlich, auch keine Entscheidung dazu, dass die Geschädigten verpflichtet wären, sich nach den Nebenkosten zu erkundigen.
Die Parteien wurden bereits darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht im Verfahren mit dem Az: 343 C 20721/10, bestätigt durch das LG (Az: 19 S 7874/11) ein Gutachten zur Frage des „ortsüblichen und angemessenen“ Honorars von Kfz-Schadenssachverständigen eingeholt hat. Es hat sich herausgestellt, dass es ein ortsübliches Honorar nicht gibt. Es gibt auf dem Markt diverse Tabellen und Befragungen, die dazu dienen, den teilweise in Verbänden organisierten freien Sachverständigen eine Richtschnur für die Ermittlung ihres Honorars zu geben. Dies gilt auch für die Nebenkosten und Auslagen. Auch diese werden teils pauschal, teils konkret nach Aufwand in bunter Mischung nebeneinander erhoben. Zu beachten ist, das sie nicht lediglich Materialkosten und Stundenlöhne eine Rolle spielen, sondern die gesamte betriebswirtschaftliche Kalkulation des Sachverständigen. Aus diesem Grund erkannten der Unfallgeschädigte alleine aus der Höhe eines bestimmten Betrag noch nicht schließen, das dieser nicht angemessen sei. Der Auftrag, ein Sachverständigengutachten zu erstellen, ist ein Werkvertrag. Bei einem Werkvertrag muss ein bestimmtes Honorar nicht vereinbart werden. Solange der Unfallgeschädigten nicht eine Honorarvereinbarung unterschreibt, ohne zumindest einmal nachzufragen, ob hier Bedenken hinsichtlich der Höhe bestehen, kann ihm nicht der Vorwurf gemacht werden, er würde gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Nach Erhalt einer Rechnung könnte ihm ein solcher Vorwurf nur dann gemacht werden, wenn die Rechnungshöhe auch für jeden Laien klar ersichtlich völlig außer Verhältnis zum Schaden steht. Dies ist hier, wie beschrieben, nicht der Fall.
Von der Klagepartei als Unfallgeschädigten kann man auch nicht erwarten, dass sie sich mit dem Sachverständigen auf einen Prozess mit Ungewissen Ausgang über die Angemessenheit seines Honorars einlässt.
Die Beklagte ist daher verpflichtet, das Sachverständigenhonorar zu bezahlen. Die Beklagtenseite hat allenfalls einen Anspruch auf Abtretung etwaiger Regressansprüche, wenn die Sachverständigenkosten nicht dem Üblichen und Angemessenen entsprechen.
Die Anwaltskosten sind der Höhe nach unstreitig.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gemäß §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.
Schon vor BGH VI ZR 225/13 hat diese Amtsrichterin erfasst, was Erforderichkeit im Sinne von § 249 BGB bedeutet. Bravo.
Nix da von Nebenkostenüberprüfung.
Wir sollten nicht päpstlicher als der Papst sein und deshalb stelle ich zu zu diesem Urteil fest:
Verständlich erklärt und den Trick mit der immer behaupteten Überhöhung ausgehebelt, denn die gegenläufigen Argumente waren auch in diesem Fall schadenersatzrechtlich nicht nur neben der Sache liegend, sondern auch noch unlogisch. Es gibt in der Tat keine Ortsüblichkeit und auch keine Üblichkeit.
Dazu bedarf es deshalb auch nicht eines Gutachtens. Wem die Beweispflicht für einen behaupteten Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht obliegt, hat das Gericht deutlich herausgestellt. Allein schon deshalb ist die gegenläufige Behauptung der Huk-Coburg-Vers. in ihren Kürzungsschreiben vorsätzlich falsch und irrtumserregend und daran erkennt man wieder, wie Teile der Assekurranz selbst die Justiz in der BDR bisher in einem Umfang genarrt hat, die schon fast abenteuerlich ist.
Der Trick mit der Sachverständigen“gebühr“ und der unqualifiziert behaupteten Überhöhung dient doch einzig und allein dazu, Emotionen freizusetzen und die Gerichte aufwändig zu einer Überprüfung zu animieren, denn wer eine „Gebührenordnung“, wie das Honorartableau 2012 der HUK Coburg-Versicherung überschreitet, ist ein nicht angepaßter Taugenichts mit einem Überschuß an krimineller Energie. Deshalb muß man auch Bündnisse mit der richtungsweisenden Justiz schmieden, die dieses Anliegen einiger Versicherer verstehen und ersichtlich stützen. In diesem Fall lief es erfreulicherweise jedoch anders. Ein beachtenswertert Beitrag zur Stabilisierung des Rechts. Danke.-
BORIS