Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
von Darmstadt gleich noch weiter nach München. Auch hier musste die HUK-Coburg eine Niederlage hinnehmen. Die andere Aktiengesellschaftstochter der HUK-Coburg wurde verurteilt, weil sie rechtswidrig die Sachverständigenkosten gekürzt hatte. Nun muss sie die Kosten nachzahlen und überdies noch Zinsen und Gerichts- und Anwaltsgebühren. Wieder ein Fall für die Finanzaufsicht. So werden Versichertengelder vergeudet. Zutreffend hat die Amtsrichterin auf die beiden grundlegenden Sachverständigenkosten-Urteile des BGH hingewiesen, und zwar einmal auf das Urteil des X. Zivilsenates des BGH, wonach die Bemessung des Honorars an der Schadenshöhe bei Routinegutachten nicht zu beanstanden ist (BGH DS 2006, 278 = NJW 2006, 2472) und zum anderen auf das Urteil des VI. Zivilsenates, wonach die so berechneten Sachverständigenkosten erforderlicher Wiederherstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB sind (BGH DS 2007, 144 = NJW 2007, 1450) . Das Urteil wurde von den RAen. Kaiser und Kollegen aus Mannheim erstritten und der Redaktion übersandt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 335 C 31940/10
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte K. & K., M.
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden München,
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte: …
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht … am 30.06,2011 auf Grund des Sachstands vom 06.06.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 438,25 € zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 438,25 € seit 01.08.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 94,23 € zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 438,25 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten in der mit der Klage geltend gemachten Höhe von 438,25 €.
Nachdem zwischen den Parteien die alleinige Haftung der Beklagten wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 23.04.2010 unstreitig ist, hat der Kläger Anspruch auf Ersatz sämtlicher Kosten, die eine geeignete Rechtsverfolgung gebietet.
Hierzu gehören auch die hier geltend gemachten Sachverständigenkosten gemäß § 249 BGB. Der Kläger durfte vorliegend zur Ermittlung des Schadensumfangs einen Sachverständigen hinzuziehen; die hierfür anfallenden Kosten hat der Ersatzpflichtige als Nachfolgeschaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zutragen.
Dies gilt vorliegend auch in der vollen Höhe von 627,75 € brutto.
Nachdem die Beklagte vorprozessual 189,50 € gezahlt hat, besteht noch ein weiterer Anspruch in Höhe der Klageforderung.
Der Auftrag zur Erstattung eines Sachverständigengutachtens über einen Kraftfahrzeugunfallschaden ist ein Werkvertrag. Wenn keine Vergütungsvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Gutachter getroffen wurde, richtet sich die Vergütung des Sachverständigen mangels einer festen Taxe nach der „üblichen Vergütung“, die der Sachverständige im Rahmen seines „billigen Ermessens“ einseitig bestimmen kann, §§ 632 Abs. 2, 315 BGB.
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige sein Honorar vorliegend in Relation zur Schadenshöhe abgerechnet hat. Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472 [ = DS 2006, 278 ]). Es kann daher auch nicht beanstandet werden, dass der Sachverständige ein Grundhonorar und weitere Nebenkosten abgerechnet hat. Diese liegen vorliegend insgesamt im Rahmen der vom Gericht nach § 287 ZPO herangezogenen Werte der BVSK- Honorarbefragung 2008/2009.
Die Gesamtgebühren von 627,75 € brutto erscheinen im Hinblick auf die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 1.882,45 € nicht als so unangemessen hoch, dassder Kläger als Laie bei der Bezahlung gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht des § 254 BGB verstoßen hätte. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass sich dem Kläger eine Überhöhung der Gebühren des Sachverständigen hätte aufdrängen müssen mit der Folge, dass er dessen Rechnung hätte zurückweisen müssen. Zudem ist der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, weshalb sich der Geschädigte als Auftraggeber des Sachverständigen dessen etwaiges Verschulden auch nicht anrechnen lassen muss. Der Geschädigte ist zudem nicht verpflichtet, Preisvergleiche anzustellen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH NJW 2007, 1450 [= DS 2007, 144 ] ). Dies wird in der Praxis regelmäßig auch deswegen nicht möglich sein, weil sich erst bei Besichtigung und Durchführung der gutachterlichen Untersuchung überhaupt einschätzen lässt, wie hoch der erforderliche Prüfungs- und damit Kostenaufwand ausfallen wird.
Nachdem sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten die Üblichkeit nicht überschritten ist, kann der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Gesamtrechnung des Sachverständigen als dessen angemessene und übliche Vergütung ersetzt verlangen, nachdem er dem Sachverständigen dessen Kosten unstreitig bezahlt hat.
Die weiter begehrten Rechtsanwaltsgebühren, deren Höhe unstreitig ist, waren ebenfalls zuzusprechen, nachdem die Hauptforderung begründet ist, § 280 Abs. 1 BGB.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.