Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum beginnenden Wochenende geben wir Euch noch ein Urteil des Amtsgerichts Münster zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht bekannt. In diesem Fall war es die Münsteraner LVM-Versicherung, die nicht gewillt war, außergerichtlich die erforderlichen Sachverständigenkosten zu erstatten. Die (junge) Richterin der 49. Zivilabteilung des AG Münster begann überraschend klar und deutlich mit der Urteilsbegründung. Vermutlich aufgrund der ellenlangen Schriftsätze der Beklagten glitt sie dann auf die Prüfung der einzelnen Positionen der Sachverständigenrechnung ab. Die Höhe der Sachverständigenkosten ist aus der Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung zu bewerten. Wie hätte der Geschädigte im Vorfeld die erforderlichen Kosten im Sinne des § 249 BGB feststellen können? Gar nicht! Zu einer Markterforschung ist er nicht verpflichtet. Lest aber selbst das Urteil des AG Münster zum Thema Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die LVM und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
49 C 987/13
Amtsgericht Münster
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
der LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a. G., gesetzl. vertr. d.: Vorstandsvorsitzender Jochen Herwig, Kolde-Ring 21, 48151 Münster,
Beklagter,
hat das Amtsgericht Münster
auf die mündliche Verhandlung vom 05.07.2013
durch die Richterin …
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 161,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 161,13 Euro aus §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. 1 PflVG, 398 BGB.
I.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die Geschädigte als ursprüngliche Inhaberin des gegen den Beklagten gerichteten Schadensersatzanspruchs hat diesen wirksam gemäß § 398 BGB an den Kläger am 10.12.2012 abgetreten. Der Abschluss eines Abtretungsvertrages nach § 398 BGB ist formfrei möglich. Das schriftliche Angebot auf Abtretung der Geschädigten vom 10.12.2012 hat der Kläger jedenfalls konkludent durch Abwicklung der Forderung angenommen.
Die erfolgte Abtretung ist auch bestimmt genug. Die Abtretungserkiarung der Geschädigten bezog sich ausschließlich auf ihren Schadensersatzanspruch bezüglicher der Erstattung der Sachverständigenkosten in der Höhe des Rechnungsbetrages von 1.267,83 Euro. Auch das Datum des Unfallereignisses aus dem der Anspruch erwächst ist in der Abtretungserklärung festgehalten.
II.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz von Sachveratändigenkosten in Höhe von 1.267,83 Euro brutto. Auf diesen Betrag hat der Beklagte bereits 1.106,70 Euro gezahlt, so dass noch ein Betrag von 161,13 Euro offen ist.
Zu den gemäß § 240 BGB eraatzfähigen Schäden des Geschädigten gehören auch die mit der Verfolgung seiner Schadensersatzansprüche verbundenen Kosten. Der Geschädigte kann insbesondere auch einen Sachverständigen mit der Ermittlung und Dokumentation seiner Schäden beauftragen, sofern es sich nicht lediglich um einen Bagatellschaden handelt. Ein solcher Bagatellschaden, der bis etwa 700,00 Euro angenommen wird, liegt hier in Anbetracht der festgestellten Reparaturkosten von über 9.000,00 Euro netto nicht vor.
Der Geschädigte kann jedoch auch beim Ersatz von Sachverständigenkosten nur den erforderlichen Aufwand verlangen, der vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06 mit weiteren Nachweisen). Auf das tatsächliche Bestehen einer Honorarforderung in der vom Kläger behaupteten Höhe kommt es dabei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht an. Denn der Schädiger hat nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des aus ex-ante-Perspektive zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen (vgl. BGH NJW 2004, 3326; AG Essen VersR 2000, 68, 69; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; Roß, NZV 2001, 321, 323). Wahrt der Geschadigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH NJW 2007, 1450, 1451),
Erforderlich sind Sachverständigenkosten jedenfalls dann, wenn sie sich im Bereich der durchschnittlich notwendigen Begutachtungskosten bewegen (vgl BGH NJW 2007, 1450, 1451; OLG Naumburg NJW-RR 2006, 1029, 1031). Eine Obliegenheit, den Markt zu erforschen und einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu beauftragen, trifft den Geschädigten nicht (vgl. BGH NJW 2007,1450, 1452).
Vereinbart der Geschädigte mit dem Sachverständigen bei der Beauftragung kein bestimmtes Honorar, so richtet sich der Vergütungsanspruch des Sachverständigen nach der üblichen Vergütung, § 632 Abs. 2 BGB. Auch der Ersatzanspruch des Geschädigten besteht sodann lediglich in der Höhe der üblichen Vergütung eines Sachverständigen.
Die übliche Vergütung und damit die erforderlichen Sachverständigenkosten schätzt das Gericht in Anwendung des § 287 ZPO auf 1.065,40 Euro netto bzw. 1.267,83 Euro brutto. Das Gericht hat seiner Schätzung dabei die auf Grundlage einer Mitgliederbefragung des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) erstellten Honorartabelle aus 2010/2011 zu Grunde gelegt.
Die BVSK Honorartabelle 2010/2011 und hierbei der Honorarkorridor V stellt eine geeignete Schätzungsgrundlage dar Denn 50 – 60 % der BSVK-Mitglieder rechnen ihr Grundhonorar innerhalb des in der Tabelle dargestellten Korridors HB V ab. Liegt ein durch einen Sachverständigen in Rechnung gestelltes Grundhonorar innerhalb dieses Korridors, kann von dessen Erforderlichkeit i.S.v. §249 Abs. 2 S. 1 BGB ausgegangen worden (so auch LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658).
Das geltend gemachte Grundhonorar in Höhe von 830,00 Euro netto entspricht bei einer Schadenshöhe von insgesamt 11.800,99 Euro der üblichen Vergütung, denn es liegt zwischen der im HB V Korridor festgehaltenen Preisspanne von 762,00 Euro bis 840,00 Euro.
Auch die in Rechnung gestellten Nebenkosten waren erforderlich. Auch hinsichtlich der Nebenkosten ist eine Orientierung an dem Ergebnis der BVSK-Bofragung 2010/2011 geboten. Soweit sie sich im Rahmen des dort angegebenen Korridors HB V bewegen, sind sie nicht zu beanstanden (so auch LG Dortmund NJW-RR 2011, 321, 322).
Die vom Landgericht Saarbrücken in dem Urteil vom 22.06.2012 (NJW 2012, 3658) geäußerten Bedenken hinsichtlich der Geeignetheit der BVSK-Tabelle (dort aus den Jahren 2008/2009) zur Ermittlung der Marktüblichkeit von Nebenkosten greifen nicht durch. Es ist zu bezweifeln, dass die vom Landgericht Saarbrücken in Auftrag gegebene Befragung angesichts ihrer regionalen und zahlenmäßigen Begrenzung die Ergebnisse der BVSK-Befragung 2010/11, an der laut Vorbemerkung 635 Sachverständigenbüros und somit 90 % der BVSK-Mitglieder teilnahmen, in Frage zu stellen vermag. Auch dessen ungeachtet mindern weder die vom Landgericht Saarbrücken festgestellten teilweise großen Unterschiede bei den in Rechnung gestellten Nebenkosten noch die deutlichen Abweichungen der tatsächlich angefallenen Fahrt-, Schreib-, Porto- und Telefonkosten von den in der BVSK-Tabelle angegebenen Pauschalbeträgen die Aussagekraft der BVSK-Tabelle.
Ziel der Befragung war es gerade, aus unterschiedlich stark divergierenden Kostenberechnungen „Korridore“ zu bilden, die die Spanne der von der Mehrheit der freien Sachverständigen in Ansatz gebrachten Kosten abbilden. Die in den Korridoren HB I und III angegebenen Unter- und Obergrenzen, jenseits derer nur 5 Prozent der Befragten liquidieren, liegen nach Ansicht des Gerichts nicht derart weit auseinander, dass sich eine Orientierung an den Mittelwerten des Korridors HB V zur Bestimmung der üblichen Nebenkosten verbieten würde. Auch steht es Sachverständigen frei, statt einer Pauschale einzelne Posten in Rechnung zu stellen.
Wird dieser Weg gewählt, richtet sich die Erforderlichkeitsprüfung nach dem für die Einzelberechnung maßgeblichen Korridor, welcher eine Abrechnung auch oberhalb des üblichen Pauschalbetrags ermöglicht.
Soweit die fehlende Aussagekraft der Tabelle über mögliche Wechselwirkungen zwischen Grundhonorar und Nebenkosten sowie einzelner Nebehkostenpositionen untereinander moniert wird (so Landgericht Saarbrücken, NJW 2012, 3658), spricht auch dies nicht gegen eine grundsätzliche Orientierung an der BVSK-Honorartabelle, sondern zeigt lediglich, dass In Zweifelsfallen eine Auslegung der dort angegebenen Nebenkostenpositionen erforderlich ist Eine solche Auslegung kann dazu führen, dass einzelne in Rechnung gestellte Posten bei wirtschaftlicher Betrachtung als durch einen oder mehrere andere Posten mit abgegolten angesehen werden müssen, so dass eine gesonderte Abrechnung als unüblich gelten würde. Demnach kann es etwa geboten sein, für Kopien beschrifteter Lichtbilddokumentationen nicht kumulativ Schreib-, Kopier- und Fotokosten in Rechnung zu stellen. Die Notwendigkeit einer Mischkalkulation besteht in solchen Fällen im Übrigen auch, wenn die BVSK-Honorariabelle nicht als Maßstab herangezogen wird und die erforderlichen Nebenkosten gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (so im Ergebnis das LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658).
Die Geschädigte darf die Werte aus der Honorartabelle seiner Ansprüchsbezifferung zugrunde legen und muss keine Nachforschungen zur Angemessenheit einzelner Nebenkostenpositionen anstellen, indem sie beispielsweise im Vorfeld der Beauftragung etwa das Angebot der regionalen Kopiergeschäfte, Telefonanbieter oder Fotostudios eruiert bzw. eine Autokostentabelle einsieht (so aber LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658). Aufgrund der dargestellten empirischen Validität der Befragung darf eine verständige Person in der Lage der Geschädigten darauf vertrauen, dass die BVSK-Honorartabelle eine zuverlässige Aussage über die Marktüblichkeit von Nebenkosten trifft. Dies gilt umso mehr, als die BVSK-Befragung bereits in gerichtlichen Entscheidungen zur Beurteilung der Erforderlichkeit von Nebenkosten zugrunde gelegt wurden (vgl etwa LG Dortmund NJW-RR 2011, 321, 322; AG Bochum SP 2010, 124, 232; AG Freiberg SP 2009, 340; AG Herne SP 2008, 232),
Die durch den Kläger unter dem 12.12.2012 in Ansatz gebrachten Nebenkosten entsprechen den durch die BVSK-Befragung ermittelten Durchschnittswerten im Einzelnen wie folgt:
Nebenkosten In Rechnung gestellter Nach Korridor HB V Übersteigender
. Betrag üblicher Max.-Betrag Betrag
Fahrkosten 34 km x 1,10 € = 37,40 € 34 km x 1,08 € = 36,72 € 0,68 €
1. Lichtbildersatz 32 x 2,50 € = 80,00 € 32 x 2,57 €= 82,24 € –
2. Lichtbildersatz 32 x 1,50 € = 48,00 € 32 x 1,80 € = 57,60 € –
Schreibkosten Original 13 x 3,00 € = 39,00 € 13 x 3,75 € = 48,75 € –
Schreibkosten Kopie 13 x 1,00 €= 13,00 € 13 x 2,80 € 36,40 € –
Porto/Telefon/EDV 18,00 € 18,88 € –
Gesamt 235,40 € 280,59 € 0,68 €
Soweit die Fahrkosten den Maximalbetrag aus dem HB V Korridor um 0,68 Euro übersteigt, erachtet das Gericht diese geringe Abweichung im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO noch im Rahmen der erforderlichen Kosten. Soweit der Beklagte die Anzahl der in dem Gutachten des Klägers aufgeführten Lichtbilder als nicht erforderlich erachtet und behauptet mit 10-15 Lichtbilder hätte der Schaden ebenfalls ordnungsgemäß dokumentiert werden können, so sich sieht das Gericht vorliegend nicht dazu veranlasst, bei der Anzahl der Lichtbilder einen Abzug zu machen. Die vorgelegten Lichtbilder zeigen sowohl das Fahrzeug insgesamt als auch einzelnen Schadensstellen des Fahrzeugs. Dabei ist auch die Ablichtung der nicht beschädigten Teile des Fahrzeugs hinsichtlich der Abklärung etwaiger Vorschäden und der Berechnung der Wertminderung erforderlich. Eine eklatante Überschreitung der erforderlichen Anzahl der Lichtbilder kann das Gericht vorliegend nicht erkennen.
Die in Rechnung gestellten Nebenkosten waren somit in Höhe von 235,40 Euro erforderlich. Im Wege einer Addition mit dem geltend gemachten Grundhonorar ergibt sich ein erstattungsfähiger Schaden von 1.267,83 Euro brutto. Abzüglich des bereits gezahlten Betrages von 1.106,70 Euro war noch ein Betrag in Höhe von 161,13 Euro offen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Rechtshängigkeit trat gemäß § 696 Abs. 1 S. 4 ZPO erst am 21.03.2013 mit Eingang der Akten bei Gericht ein, da die Rechtshängigkeit nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides nach § 696 Abs. 3 ZPO zurückwirkte. Denn die Streitsache war nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs an das Gericht abgegeben worden. Nachdem der Widerspruch am 28.01.2013 bei dem Mahngericht einging und dieses noch unter demselben Datum den Antragsteller über den Gesamtwiderspruch informierte und die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens anforderte, kann der Zahlungseingang für diese Kosten erst am 14.03,2013 und damit ca. sechs Wochen später festgestellt werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Für die Zulassung der Berufung bestand keine Veranlassung; es liegt kein Zulassungsgrund i.S.v. § 511 Abs. 4 ZPO vor.
Der Streitwert wird auf 161,13 EUR festgesetzt.
Hi Willi,
die ganzen Urteile, die statt Schadenersatz Werklohn prüfen, leiden nicht nur an der falschen „Prüfgrundlage“, sondern zudem auch noch an einer falschen Anwendung der Prüffunktion. Also gleich zwei Fehler in einem Durchgang…
Es mag ja menschlich noch zu verstehen sein, dass manche Richter und Richterinnen eine zusätzliche Argumentation dafür benötigen, dass das Honorar zu erstatten ist. Auf die Art: es ist zu erstatten, weil es angemessen ist. Auf diese Hilfskrücke hat Herr RA Otting ja schon ein paar mal hingewiesen.
Aber der/die Richter/in ermittelt das Angemessene auch noch falsch! Hierzu ein Beispiel:
Der SV A erstattet ausschließlich Haftpflichtschadengutachten und druckt immer 3 Lichtbildsätze. Dieser SV kann die Fotokosten auf eine Position reduzieren, indem er beispielsweise 4,- Euro / Foto verrechnet.
Der SV B erstattet sowohl Haftpflicht- als Kaskoschadengutachten. Bei den Kasko-Schäden braucht er nur einen Satz digitaler und vielleicht einen Satz gedruckter Fotos, bei den Haftpflichtschäden druckt er drei Fotosätze. Hier wäre es nicht möglich alles in einen Betrag zu packen. Erster, zweiter und dritter Satz wären zu trennen, zudem wäre u.U. nach digital und gedruckt zu trennen.
Wenn SV A nun aber 13 Fotos (einschl. sämtlicher Ausdrucke) zu 4,- Eur verrechnet, kommt er auf 52,- Euro. Ich wette, dass praktisch alle Richter/innen urteilen, dass das zuviel sei, weil bei BVSK HB V max nur 2,57 Euro / Foto (= 33,41 Euro) anstehen. Die Richter/innen sind gar nicht in der Lage zu trennen, dass mit den vier Euro eine ganz andere Leistung abgedeckt ist.
Wenn also eine Angemessenheitsbetrachtung durchgeführt wird, dann müssen alle (!) Kosten aufaddiert werden und zum Schluss müssen Endbeträge (!) verglichen werden, nicht einzelne Positionen.
Da kann der SV mit riesigem Grundhonorar zum Schluss günstiger sein als der SV, der im Grundhonorar nur einen Schnäppchenpreis berechnet.
Wohlgemerkt, ich weiß, dass die Angemessenheitsbetrachtung im Schadenersatzprozess fehl am Platz ist. Aber ich will darauf hinweisen, dass selbst die Angemessenheitsberachtung im Regelfall auch noch falsch durchgeführt wird.
Viele Grüße
Andreas
Hallo, Herr Kollege Hoppe,
das ist auch ein treffliches Beispiel dafür, wie Wertungen täuschen können, letztlich aber auch überhaupt nicht veranlasst sind im Zusammenhang der zu klärenden Frage. Es ist ein Phänomen, wenn immer wieder die schadenersatzrechtliche Betrachung in den Hintergrund rückt und plötzlich werkvertragliche Gesichtspunkte die Oberhand gewinnen nach dem Motto: „Dann prüfen wir das doch mal.“
In einem solchen Moment wird auch vergessen, dass genau DAS der BGH verboten hat und dafür gibt es auch einleuchtende Gründe, die hier schon mehrfach angesprochen wurden. Im Übrigen ist es ja – zumindest nach meinen Erfahrungen- so, dass die im Wettbewerb stehenden Kfz.-Sachverständigen es sich überhaupt nicht leisten können, exorbitant überhöhte Kosten für ein Gutachten abzurechnen und einem Sachverständigen anzutragen, dass er sich ex post auf die Sicht des Schädigers festnageln lassen müsste, was als erforderlich anzusehen ist, bedarf hier keiner weiteren Erläuterung. Das Beispiel mit den Fotokosten ist da m. E. verständlich gewählt. Danke für die Erläuterung.
Mit freundlichen Grüßen
aus Bochum & Hamburg
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Hallo,Willi Wacher,
überraschend klar und deutlich war die einleitende Urteilsbegründung schon, aber an welcher Stelle genau folgte eine andere Wahl der Perspektive und warum ?
Gruß
Holger
Also, sorgfältig abgesetzt ist zumindest dieses Urteil des AG Münster
allemal und die Richterin hat sich auch nicht von der Rechtsauffassung des LG Saarbrücken irritieren lassen. Das ist schon beachtenswert bei Nebenkosten von immerhin 235,40 €. Insgesamt hat diese Richterin den Schadenersatzvorstellungen der LVM aber eine deutliche Absage erteilt, wenn auch mit einem keineswegs erforderlichen Begründungsaufwand. Gleichwohl sind die Überlegungen auch dann noch interessant, wenn man die Betrachtung einfach mal unter werkvertraglichen Erwägungen so stehen läßt, wie ersichtlich.
Mit besten Grüßen
Rolf
Hallo Holger,
ich will auf Deinen Kommentar wie folgt antworten:
Zunächst prüft die Richterin völlig korrekt die Erforderlichkeit der Gutachterbeauftragung. Wenn die Gutachterbestellung zur Feststellung des Wiederherstellungsaufwandes zweckmäßig und angemessen ist, sind auch die Kosten dieser Begutachtung erforderlicher Wiederherstellungsaufwand. So weit, so gut. Bis dahin völlig einverstanden. Auch weiter das Zitat des BGH ist korrekt, nämlich daß beim Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle weder dem Schädiger noch dem Gericht erlaubt ist.
Dann allerdings widerspricht sich die Richterin selbst und nimmt eine Preiskontrolle vor, indem sie die Preise mit der BVSK-Honorarbefragung vergleicht. Weichen die Preise nach oben ab, sind sie nicht mehr erforderlich, meint sie und ihre Meinung kommt sicherlich vom Vortrag der Beklagten. Das ist aber falsch. Auch unangemessene Honorare können erforderlich i.S.d. § 249 BGB sein. Also kommt es auf den Preisvergleich gar nicht an. Hier war meine Kritik begründet, als ich schrieb, dass die Richterin von ihrer klaren Linie abglitt.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hi, Willi,
man stelle sich einmal exemplarisch vor, was die Folge einer zu beachtenden Nebenkostenbeschränkung gewesen wäre.
Der Sachverständige hätte wahrscheinlich die erforderliche Beweissicherung nicht auftragsgemäß durchführen können, geschweige denn ein verkehrsfähiges Gutachten erstellen können und man übertrage eine solche „Regelung“ mal auf das Justizvergütungsgesetz. Undenkbar, weil in sich widersprüchlich. Und mit so etwas geht die LVM dann auch noch hausieren.- Ein Skandal, der an die Öffentlichkeit muß und zwar insbesondere im Münsterland.
Gruß
Norbert
Hallo, Norbert,
Deine Einschätzung kann ich nachvollziehen. Es kommt hinzu, dass eine solche Vorgehensweise der LVM auch ganz eindeutig gegen den Grundsatz der freien Berufsausübung verstößt und damit gegen das Grundgesetz. Im Falle des LG Saarbrücken ist das nicht anders und da wird wieder einmal deutlich, dass sich ein Gericht hat einspannen lassen als eine Art Honorarfestsetzungsinstitution zu fungieren. Eine rechtwidrige Anmaßung, wie ich meine.
Gruß
Corinna