AG Nettetal verurteilt HUK-COBURG nur zu einem Teil des restlichen Schadensersatzes bei voller Haftung mit einem mehr als kritisch zu betrachtenden Urteil vom 20.8.2015 – 27 C 12/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Seiten der Versicherungswirtschaft und auch von der Versicherungswirtschaft nahestehenden Bloginhabern wird dieser Blog als versicherungsfeindlich bezeichnet. Mit dem Wort „versicherungsfeindlich“ hat schon eimal ein Anwalt der HUK-COBURG versucht, einen vom Gericht bestellten qualifizierten Kfz-Sachverständigen zu diskreditieren und aus dem Gutachtenauftrag zu boxen (vgl. OLG Hamm DS 2015, 222). Letztlich ist dieser Versuch der HUK-COBURG gescheitert. Um dem geneigten Leser zu zeigen, dass dieser Blog ein Verbraucherschutzblog ist, veröffentlichen wir hier und heute nach dem Musterurteil aus Ludwigshafen nun ein „Schrotturteil“ aus Nettetal zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) gegen die HUK-COBURG. Zwar ist seitens des angerufenen Gerichts zutreffend der Hinweis auf die sekundäre Beweislast der Belagten bezüglich ihres – in Blaue hinein – erfolgten Bestreitens der Eigentümerstellung erfolgt, aber das Gericht verkennt völlig die Bedeutung der Abtretung an Erfüllungs Statt. Mit der Abtretung ist das zugrunde liegende Vertragsverhältnis erfüllt. Es hat die gleiche Bedeutung wie eine Bezahlung, denn beide Tatbestände – Abtretung und Zahlung – führen zu einem Erlöschen des ursprünglichen Schuldverhältnisses. Deshalb ist die Abtretung an Erfüllungs Statt auch im Abschnitt des Erlöschens der Schuldverhältnisse unter § 364 BGB aufgeführt. Im Übrigen ist die Begleichung der Sachverständigenrechnung nach BGH ( Urteile vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – und 22.7.2014 – VI ZR 357/13 – ) nur ein Indiz für die Erforderlichkeit der berechneten Kosten der Höhe nach als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand. Bezahlung und die Belastung mit einer Verpflichtung zur Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung sind gleichgestellt, so dass es auf die tatsächliche Übertragung des Eigentums und Besitzes am Geld nicht ankommt. Weiterhin ist absolut fehlerhaft, dass durch das Gericht eine Preiskontrolle durchgeführt wurde. Das widerspricht eindeutig der BGH-Rechtsprechung aus dem Grundsatzurteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 -. Wahrt der Geschädigte den Rahmen der zur Wiederherstellung Erforderlichen, ist weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle befugt. Mit der Beauftragung eines anerkannten Kfz-Sachverständigen seiner Wahl vor Ort hat der Geschädigte aus seiner Ex-ante-Sicht das Erforderliche getan, um eine Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe vornehmen zu lassen. Er ist zu einer Erforschung des Marktes nicht verpflichtet. Auch ist er nicht verpflichtet, zunächst Preisvergleiche einzuholen, um den honorargünstigsten Sachverständigen zu beauftragen. Er konnte bei der Beauftragung auch nicht erkennen, dass der von ihm ausgewählte Sachveerständige erkennbar überhöhte (Neben-)Kosten berechnen würde. Aber gerade darauf kommt es an (vgl. BGH VI ZR 225/13 und VI ZR 357/13). Der Schädiger muss darlegen und  beweisen, dass der Geschädigte hätte erkennen können, dass der Sachverständige – nach Ansicht des Schädigers – überhöhte Kosten berechnen wird. Diesen Beweis hat die HUK-COBURG als Beklagte in diesem Rechtsstreit vor dem AG Nettetal – entgegen der Ansicht des Gericht – nicht erbracht. Weiterhin gibt § 287 ZPO dem freigestellten Richter lediglich die Möglichkeit die Gesamthöhe des Schadens zu schätzen, nicht jedoch einzelne Rechnungspositionen, denn § 287 ZPO ist eine Schadenshöhenschätzung. Ihr seht daher, dass das Urteil an mehreren Punkten krankt. Insgesamt kann es tatsächlich nur als „Schrotturteil“ bezeichnet werden. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

27 C 12/15

Amtsgericht Nettetal

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der Deutsche Verrechnungsstelle AG, vertr. d. d. Vorstand Sven Ries u. Jan Pieper, Schanzenstr. 30, 51063 Köln,

Klägerin,

gegen

die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter, vertr.d.d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Hans Olav Heroy, Jörn Sandig, Bahnhofplatz, 96450 Coburg,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Nettetal
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
20.08.2015
durch den Richter J.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenvergütung in Höhe von 61,35 € gem. §§ 7, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 VVG, 249, 398 BGB.

1.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der streitgegenständliche Anspruch wurde wirksam an sie über den Sachverständigen abgetreten.

a)
Soweit die Beklagte rügt, die Abtretungsvereinbarung zwischen der Auftraggeberin und dem Sachverständigen sei mangels Unterzeichnung durch diesen unwirksam, verfängt dieser Einwand nicht, denn durch die zugleich erfolgte Abtretung des streitgegenständlichen Anspruches durch den Gutachter an die Klägerin, welche auf dem selben Formular festgehalten und unstrittig durch den Sachverständigen unterzeichnet worden ist, erfolgte konkludent eine Annahme des Abtretungsangebotes der Auftraggeberin, welche auf den Zugang dieser Annahmeerklärung verzichtet hat, denn die Weiterabtretung setzt zwingend voraus, dass der Gutachter zuvor den Anspruch von der Auftraggeberin abgetreten bekommt und diese Abtretung annimmt.

b)
Die vorstehenden Ausführungen sind entsprechend auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Gutachter übertragbar. Auch der Gutachter hat auf den Zugang der Annahmeerklärung durch die Klägerin verzichtet. Dass die Klägerin die Abtretung angenommen hat, zeigt die zeitnah nach der Abtretung erfolgte Klageerhebung.

c)
Die Forderung wurde zudem ausdrücklich an die hiesige Klägerin abgetreten und nicht an die KfzVS. Dies geht bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut der Abtretungserklärung hervor. Unabhängig hiervon, hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass es sich bei der KfzVS nicht um eine eigene Rechtspersönlichkeit handele, sondern um eine Marke von ihr, deren Rechtsträgerin sie – die Klägerin – sei.

d)
Die Abtretung ist nicht mangels Bestimmbarkeit unwirksam. Der Abtretungserklärung ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeuges in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich Mehrwertsteuer abgetreten wird. Die Abtretung ist beschränkt auf diesen einen Anspruch, so dass weder die Gefahr besteht, dass Ansprüche aus anderen Schadenspositionen zur Auffüllung des Honoraranspruchs herangezogen werden, noch dass Unklarheit über den Umfang der Abtretung auftritt.

Die Abtretung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 305 c BGB unwirksam, denn es existiert in der Abtretungsvereinbarung eine Regelung dahingehend, wie mit der Abtretung im Falle einer Zahlung durch den Auftraggeber zu verfahren ist. Sollte der Auftraggeber durch den Sachverständigen in Anspruch genommen werden, verzichtet dieser Zug- um- Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern, was bedeutet, dass der Unfallgeschädigte die Ansprüche gegenüber dem Unfallverursacher bzw. der dahinterstehenden Haftpflichtversicherung zurückerhält und sodann verfolgen könnte.

f)
Wenn die Beklagte sich darauf beruft, es mangele an einer vertraglichen Grundlage zwischen Auftraggeber und dem Gutachter, welche es diesem erlaube Nebenkosten zu berechnen, ist dies unzutreffend, denn der Gutachterauftrag enthält eine konkrete Gebührenvereinbarung sowohl über das Grundhonorar als auch über die einzelnen abgerechneten Nebenkosten.

2.
Das Bestreiten der Eigentümerstellung der Auftraggeberin an dem unfallbedingt geschädigten Fahrzeug ist ersichtlich ins Blaue hinein und in Anbetracht der geleisteten Zahlung widersprüchlich. Zwar ist es zutreffend, dass eine außergerichtliche Zahlung noch kein Anerkenntnis darstellt, allerdings stellt sich das anschließend erfolgte Bestreiten mit Nichtwissen der Eigentümerstellung in Anbetracht des unstreitigen unmittelbaren Besitzes der Auftraggeberin an dem beschädigten Fahrzeug in Verbindung mit der erfolgten (Teil-) Zahlung – nicht nur der Gutachterkosten – als nicht ausreichend dar. Vielmehr obliegt es der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast substantiiert vorzutragen und darzulegen, welche Anhaltspunkte bestehen, die nunmehr trotz der Zahlungen und< des unmittelbaren Besitzes an einer Eigentümerstellung der Auftraggeberin zweifeln
lassen. Dies ist trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts nicht erfolgt.

3.
Einen von der Beklagten behaupteten Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz durch die Verfolgung des Anspruches durch den Gutachter bzw. die Klägerin, vermag das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen. Der BGH hat mit Urteil vom 21.10.2014 (Az.: VI ZR 507/13 = ZfSch 2015, 264-266) eine solche Vorgehensweise grundsätzlich als zulässig erachtet. Die durch den BGH geforderte Erlaubnis zur Erbringung von Inkassoleistungen wurde der Klägerin unstreitig erteilt. Ferner trägt sie das wirtschaftliche Risiko der Klage.

4.
Der streitgegenständliche Vergütungsanspruch begegnet jedoch insoweit inhaltlichen Bedenken, als dass nicht sämtliche Positionen der Kostennote des Sachverständigen zur Schadensbehebung im Sinne des § 249 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlich erscheinen.

Der Vergütungsanspruch des Gutachters gegen seine Auftraggeberin richtet sich nach § 631 BGB. Der Geschädigte kann vom Schädiger über §§7, 17 StVG, § 823 BGB nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand allerdings nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Auch die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Der Geschädigte ist aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen. Es darf nicht das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Auch zum Zwecke der Erstellung eines Schadensgutachtens, welches regelmäßig von der Haftpflichtversicherung des Schädigers vorausgesetzt wird, darf sich der Geschädigte daher damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Kfz- Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Der vom Geschädigten aufgewendete Betrag ist nicht notwendigerweise mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe, hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde liegen müssen.

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe in der Regel durch Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen. Deren Höhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Betrages, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Dem Schädiger obliegt es sodann, Umstände vorzutragen, aus welchen sich ergibt, dass der vom Geschädigten ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen und dies für den Geschädigten auch erkennbar war. Weiter hat er die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass der geschädigten gegen seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB verstoßen hat (vgl. insgesamt BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13; AG Krefeld, Urteil vom 22.01.2015, Az.: 2 C 377/14). Hierbei bleibt im vorliegenden Einzelfall nicht unberücksichtigt, dass die Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen nicht bezahlt hat, sondern der gegen die Beklagte gerichtete Erstattungsanspruch unmittelbar nach der Beauftragung über den Gutachter an die Klägerin abgetreten worden ist, so dass die vorstehend zitierte Rechtsprechung nicht unmittelbare Anwendung findet. Dennoch bleibt Ausgangspunkt der Schadensschätzung die Rechnung des Sachverständigen. Die vorliegende Konstellation rechtfertigt es hingegen nicht, von der vorstehend dargestellten Verteilung der Darlegungslast grundlegend abzuweichen.

Vorliegend erachtet das Gericht folgende Positionen als teilweise nicht erforderlich

–    Nebenkosten/Porto/Telefon                               18,00 €
–    Fotokosten/ Lichtbilder                                      30,00 €
–    Fotokosten 2. Satz                                             19,80 €
–    Schreibkosten je Seite (Kopie)                            26,60 €
–    Fahrtkostenpauschale                                         25,00 €

sowohl in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit dem Grunde als auch der Höhe nach, denn die Geschädigte hätte bei der Beauftragung des Sachverständigen erkennen können, dass diese Rechnungspositionen übersetzt und in dieser Form nicht erforderlich sind.

Die Position „Nebenkosten“ ist zu unbestimmt, als dass hierfür Kosten in Ansatz gebracht werden könnten. Aufgrund der ansonsten detailliert aufgelisteten Kostenpositionen dürfte kein Raum mehr für unbestimmte „Nebenkosten“ sein. Porto-und Telefonkosten sind mit 18,00 € übersetzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Portokosten nur einmalig für die Versendung des Gutachtens nebst Rechnung anfallen und 5,00 € nicht überschreiten dürften. Telefonkosten dürften pauschal mit weiteren 5,00 € zu berücksichtigen sein, sofern diese überhaupt anfallen, was vor dem Hintergrund zunehmender Flatrate- Tarife, welche inzwischen die Regel und nicht die Ausnahme sind, bezweifelt werden kann. Insgesamt schätzt das Gericht diese Position mit 10,00 € netto.

b)
Die Fotokosten sind insoweit nicht erstattungsfähig, als dass das Gericht im Zeitalter der Digitalkameras und des direkten Drucks der aufgenommen Bilder mittels des eigenen PC nicht mehr ohne weiteren Vortrag zu erkennen vermag, inwieweit überhaupt Kosten für die Aufnahme und den Druck der Lichtbilder anfallen. Es ist gerichtsbekannt und üblich, dass Lichtbilder nicht mehr entwickelt und in das Gutachten eingeklebt, sondern digital in den Text eingearbeitet und ausgedruckt werden, so wie es auch bei dem streitgegenständlichen Gutachten geschehen ist. Bis auf Druckkosten und einmaligen Anschaffungskosten für die Kamera entstehen hierbei keine zusätzlichen Kosten. Fotokosten in Höhe von 2,50 € bzw. 1,65 € je Foto, vorliegend mithin insgesamt 49,80 € netto, sind deshalb nicht erstattungsfähig, auch weil die Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis hin nicht ergänzend dazu vorgetragen hat, inwieweit doch konkret zu beziffernde Kosten für die Aufnahme der Lichtbilder angefallen sind.

c)
Warum Schreibkosten für die Erstellung Gutachtenkopie anfallen, ist weder vorgetragen noch von sich aus nachvollziehbar. Wenn das Gutachten geschrieben (worden) ist, wird es zur Vervielfältigung mehrfach ausgedruckt und nicht erneut „abgetippt“. Hierfür fallen schlechterdings – neben den reinen Kopierkosten – keine 1,40 € pro Seite an. Diese Kosten sind nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB.

d)
Wie die Beklagte zu Recht rügt, war die Beauftragung eines in Dortmund ansässigen Gutachters zur Begutachtung eines Unfallschadens am Pkw der im hiesigen Gerichtsbezirk wohnhaften Geschädigten nicht erforderlich und die hierdurch entstandenen Fahrtkosten vermeidbar. Die Beklagte darf deshalb nicht mit den hierdurch verbundenen Mehrkosten belastet werden. Zwar wurden die Fahrtkosten bereits auf 25,00 € netto reduziert, dies erscheint jedoch nicht ausreichend. Das Gericht schätzt vor dem Hintergrund, dass ein geeigneter Gutachter im hiesigen Gerichtsbezirk im Umkreis von 15 km zu finden ist, die Fahrkosten auf 15,00 € netto (-30 km (Hin- und Rückweg) x 0,50 €/km). Darüber hinausgehende Kosten waren nicht erforderlich.

e)
Soweit die Beklagte auch das Grundhonorar in Höhe von 391,00 € als übersetzt rügt, trägt sie hierfür die Darlegungslast und müsste substantiiert vortragen, welchen Betrag sie für angemessen/ erforderlich erachtet, § 249 BGB, und inwieweit die nicht zur Marktforschung verpflichtete Auftraggeberin dies hätte erkennen könne, § 254 BGB. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Geschädigte – anders als bei Nebenkosten – nicht einzuschätzen vermag, ob ein Grundhonorar übersetzt ist, zumal sich dieses vorliegend noch innerhalb des Korridors der Tabellensätze der BVSK- Honorarumfrage bewegt. Der Vortrag der Beklagten zielt allerdings nicht darauf ab, das Grundhonorar isoliert als nicht erforderlich und übersetzt zu bezeichnen, vielmehr behauptet sie unter Bezugnahme auf eigene Kostenerhebungen und Statistiken, welche nur Aussagen über das aus ihrer Sicht erforderliche Gesamthonorar treffen, das gesamte Honorar sei sowohl im Verhältnis zu der Schadenshöhe des verunfallten Pkw übersetzt, als auch „innerhalb“ der Gebührennote in der Form, dass ein Missverhältnis zwischen den Grund- und den Nebenkosten besteht. Dieser Vortrag reicht indes nicht aus, um das in Ansatz gebrachte Grundhonorar in Frage zu stellen, weswegen es keiner Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur der Frage der Angemessenheit des Grundhonorars bedurfte. Die Problematik des Missverhältnisses der Gutachterkosten zu der Schadenshöhe des zu begutachtenden Pkw hat sich durch die Reduzierung des Gebührenanspruches erledigt. Gleiches gilt für das Missverhältnis des Grundhonorars zu den Nebenkosten.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen berechnen sich folgende erforderlichen Sachverständigenkosten:

–    Grundhonorar                                                     391,00 €
–    Nebenkosten/ Porto/ Telefon                                10,00 €
–    Schreibkosten                                                       53,20 €
–    Fahrtkostenpauschale                                           15,00 €
Netto:                                                                        469,20 €
Brutto:                                                                       558,35 €
Abzgl. Gezahlter                                                         497,00 €
Offen:                                                                           61,35 €

5.
Der Zinsanspruch basiert auf § 291 BGB.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Berufung bestand nicht, denn die Grundsätze zur Ersatzfähigkeit von Sachverständigengebühren sind bereits durch den BGH geklärt. Sofern Abweichungen einzelner Urteile bei der konkreten Schadensbezifferung bestehen, ist dies auf den jeweiligen Einzelfall zurückzuführen, dem das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO gerecht werden muss.

Der Streitwert wird auf 173,68 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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