Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum beginnenden Wochenende stellen wir Euch hier und heute noch ein Urteil aus Neubrandenburg zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vor. Nachdem die HUK-COBURG Allg. Vers. AG dem Geschädigten den vollen Schadensersatz verweigert hatte, klagte dieser den gekürzten Schadensersatzanspruch auf Erstattung der vollen Sachverständigenkosten bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Neubrandenburg ein. Da der Geschädigte gegen den Schädiger bzw. dessenn Haftpflichtversicherung klagte, hätte das Gericht die Grundsatzentscheidung zur Erstattung der Sachverständigenkosten im Verhältnis des Geschädigten gegen den Schädiger – BGH VI ZR 225/13 – anwenden müssen. Abgehandlet wurde die Sache jedoch mit BGH X ZR 122/05 und BGH VI ZR 50/15 , wobei dann 25% der Verfahrenskosten an dem Geschädigten hängen geblieben sind.
Das Verfahren X ZR 122/05 betrifft das Verhältnis des Geschädigten zum Sachverständigen. Mithin betrifft diese Entscheidung des X. Zivilsenates nur das werkvertragliche Verhältnis zwischen Geschädigtem und dem Sachverständigen. Das Verfahren BGH VI ZR 50/15 betrifft das Verhältnis des aus abgetretenem Recht klagenden Sachverständigen gegen den Schädiger (Abtretung an Erfüllungs statt). Insoweit hat das Gericht bereits nicht zutreffende Entscheidungen seiner Urteilsbegründung zugrunde gelegt. Das erkennende Gericht kennt wohl nicht die passende Entscheidung des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – und weiß wohl auch nicht um die Bedeutung des § 287 ZPO als Norm zur Erleichterung der Darlegungslast und Beweiserleichterung für den Kläger? Vielmehr wird mit irriger Ansicht ein durch die Rechnung nachgewiesener und belegter Schaden willkürlich gekürzt, unter anderem auf der Grundlage des JVEG. Darüber hinaus hätte das Gericht die Berufung zulassen müssen, da die Entscheidung von der Rechtsprechung der Berufungskammer abweicht. Unserer Meinung nach handelt es sich um eine nicht ausreichende juristische Leistung, die juristische Kenntnisse im Schadensersatzrecht vermissen läßt. Lest selbst das Urteil aus Neubrandenburg und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Aktenzeichen:
102 C 849/16
Amtsgericht Neubrandenburg
Im Namen des Volkes
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch die Richterin am Amtsgericht H. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2017 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Höhe von 89,62 EUR zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB jährlich seit 25.11.2016 von der Forderung des Sachverständigen … auf Erstattung der Sachverständigenkosten freizustellen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 250,00 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB jährlich seit dem 25.11.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 83,54 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB jährlich seit 20.11.2016 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 25 Prozent und die Beklagte zu 75 Prozent.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
7. Der Streitwert wird auf 438,33 EUR festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und im zu erkannten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie nicht begründet.
Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, 26.04. 2016, VI ZR 50/15 – recherchiert nach Juris -). Der Kläger war grundsätzlich berechtigt, zur Schadensfeststellung einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen. Er hat aufgrund der Sicherungsabtretung an den Sachverständigen … somit einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Erstattung der zuerkannten Sachverständigengebühren.
Bezüglich der Höhe der Vergütung und Auslagen eines außergerichtlich tätigen Kfz-Sachverständigen gibt es keine gesetzliche Regelung. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadenbetrages wird als Erfolg geschuldet, hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht (BGH, NJW 2006, 2472 ff).
Der Kläger hat mit dem Sachverständigen … keine Vergütungsvereinbarung getroffen. Die Vergütung richtet sich somit nach der üblichen Vergütung, § 632 BGB. Im Gegensatz zu den gerichtlich bestellten Sachverständigen ist es bei der Erstellung außergerichtlicher Schadensgutachten nicht üblich, nach Zeitaufwand abzurechnen. Die Abrechnung der Vergütung des außergerichtlichen Kfz-Sachverständigen erfolgt fast ausschließlich als Pauschalbetrag, deren Höhe in Abhängigkeit zur Höhe der ermittelten Reparaturkosten bzw. beim Totalschaden zum Wiederbeschaffungswert steht. Neben dem Grundhonorar ist der Sachverständige auch zu separaten Abrechnung von Nebenkosten grundsätzlich berechtigt.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit des Grundhonorars die nunmehr auch höchstrichterlich anerkannte BVSK-Honorarbefragung 2015 zugrunde gelegt. Hiernach ist das durch den Sachverständigen geforderte Grundhonorar nicht als unüblich gemäß § 249 BGB einzustufen. Die Höhe des vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Grundhonorars von 550,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Damit liegt der Sachverständige im unteren Bereich des entsprechenden, für die Schadenshöhe von 4.263,41 EUR ( 4.013,40 EUR [netto] zuzüglich merkantiler Minderwert von 250,00 EUR) geltenden Honorarkorridor zwischen 541,00 EUR und 588,00 EUR.
Die vom Sachverständigen in Ansatz gebrachten Fahrkosten von 0,85 EUR pro Kilometer hält das Gericht allerdings für überhöht. Höchstrichterlich bestätigt, kann das Gericht im Rahmen der Schätzung der für die Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gem. § 287 ZPO die Bestimmungen des JVEG als Orientierungshilfe heranziehen (BGH, VI ZR 50/15). Die Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 JVEG, wonach lediglich 0,30 EUR pro Kilometer vorgesehen sind, orientiert sich nicht an den tatsächlich gefahrenen Kilometern, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge. Das Gericht schätzt daher ebenfalls in Anlehnung an die BVSK-Honorarbefragung 2015 die tatsächlich entstandenen Kosten auf einen Kilometersatz von 0,70 EUR. Danach sind Fahrkosten in Höhe von 23,10 EUR angemessen und erstattungsfähig.
Hinsichtlich der abgerechneten (einfachen) Lichtbilder ist ein Betrag von 2,00 EUR pro Bild, mithin 32,00 EUR erstattungsfähig.
Die vom Sachverständigen geltend gemachten Schreib-/Kopierkosten sowie Versand-/Telefonkosten sind dem Grunde und ihrer Höhe nach ebenfalls erstattungsfähig.
Ein Anspruch auf Erstattung der Gebührenposition Audatex/Schwacke ist nicht gegeben. Zwar hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 26.04.2016 (VI ZR 50/15) die Erstattungsfähigkeit der durch den Sachverständigen in Anspruch genommenen Fremdleistungen nicht beanstandet. Allerdings entbindet das den Sachverständigen nicht davon, diese Kosten auch nachvollziehbar abzurechnen. Die vom Sachverständigen lediglich abgerechnete Pauschale von 20,00 EUR (netto), deren Betrag ohnehin überhöht erscheint, wird dem nicht gerecht.
Danach ergibt sich folgende Abrechnung:
Grundhonorar: 550,00 EUR
Fahrkosten: 23,10 EUR
Lichtbilder: 32,00 EUR
Schreib-/Druck-/Kopierkosten: 30,00 EUR
Versand/Telefon/EDV: 15,00 EUR
Gesamtbetrag: 650,10 EUR
19,00 MwSt. 123,52 EUR
insgesamt: 773,62 EUR
abzüglich gezahlter: 684,00 EUR
Restbetrag: 89,62 EUR
Aufgrund der Sicherungsabtretung hat der Kläger in dieser Höhe daher einen Anspruch auf Freistellung von der Forderung des Sachverständigen … auf Erstattung der Sachverständigenkosten.
Der Kläger hat des Weiteren einen Anspruch auf Erstattung der vom Sachverständigen in Höhe von 250,00 EUR bezifferten merkantilen Wertminderung. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Kfz-Sachverständige diese Schadensposition qualifiziert beurteilt und beziffert hat. Dem ist die Beklagte trotz ihres Bestreitens nicht substantiiert entgegengetreten.
Die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Reparaturbestätigung durch den Sachverständigen … in Höhe von 59,50 EUR sind nicht erstattungsfähig. Zur Notwendigkeit einer solchen Bestätigung hat der Kläger nicht vorgetragen. Die Reparaturrechnung der Werkstatt belegt bereits die durchgeführte Reparatur. Abgesehen von einer etwaigen Schadensminderungspflicht gehören die Reparaturbestätigungskosten somit nicht zu dem nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Wiederherstellungsaufwand des Geschädigten.
Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Erstattung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von bis zu 500,00 EUR ist der in Ansatz gebrachte Betrag von 83,54 EUR als Verzugsschaden erstattungsfähig.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Ein Anlass zur Zulassung der Berufung besteht nicht. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung, noch dient er der Fortbildung des Rechts oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich.
„Die vom Sachverständigen in Ansatz gebrachten Fahrkosten von 0,85 EUR pro Kilometer hält das Gericht allerdings für überhöht…..
….. Das Gericht schätzt daher ebenfalls in Anlehnung an die BVSK-Honorarbefragung 2015 die tatsächlich entstandenen Kosten auf einen Kilometersatz von 0,70 EUR.“
Wo sind wir denn nun gelandet? Das Gericht befindet über Dienstfahrzeuge freiberuflicher Unternehmer? Und das noch ex post. Demzufolge steht dem Sachverständigen hier nur ein Audi A4 2.0 zu? Gehts noch? BMW 330 ist nur den Richtern vorbehalten, oder was? Der fette Benz nur für Vorstände der Banken und Versicherer? Einige Robenträgrer haben echt ein Rad ab.
„Ein Anspruch auf Erstattung der Gebührenposition Audatex/Schwacke ist nicht gegeben…..
…..Die vom Sachverständigen lediglich abgerechnete Pauschale von 20,00 EUR (netto), deren Betrag ohnehin überhöht erscheint, wird dem nicht gerecht.“
Der Sachverständiger kalkuliert sein Honorar und wirft die Kosten für Audatex/Schwacke separat aus. Was dem Gericht überhöht erscheint, ist noch lange keine Rechtsgrundlage zur Kürzung irgendwelcher Kosten im Schadensersatzprozess. Schon gar nicht auf Grundlage von § 287 ZPO (= Beweiserleichterung für den Kläger).
Zu diesem Schrotturteil fällt mir nur das zutreffende Zitat ein, das hier vor kurzem gepostet wurde.
Zitat Bert Berkensträter:“Man merkt unserem Recht das Alter an – es ist schon gebeugt.“
Die Richterin H. des AG Neubrandenburg präsentiert in den Entscheidungsgründen einen guten Anlauf und erkennt zum Schluss die Grenzen ihrer Aufgabenstellung allerdings nicht. Sie erkennt auch nicht die Widersprüchlichkeiten zu dem zuvor Gedachten. Schade, da der Beurteilungsansatz bezüglich der Reisekosten/Fahrtkosten, der Fotopreise und der Fremdleistungen an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht und auch das Grundgesetz ignoriert.
R-REPORT-AKTUELL
Hallo,Willi Wacker,
auch hier wieder das gleiche Spielchen! Zunächst die Anführung allgemeiner Rechtsgrundsätze und der damit verbundenen Beweiserleichterungen für das Unfallopfer und dann geht es in Schussfahrt fast tollkühn bergab.
Die Richterin H. vom AG Neubrandenburg verwechselt schadenersatzrechtliche Beurteilungskriterien mit der werkvertraglichen Perspektive, ignoriert das vom BGH postulierte Überprüfungsverbot, schlabbert ein Auswahlverschulden und einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, vernachlässigt die Position des Sachverständigen, der nicht als Erfüllungsgehilfe des Geschädigten fungiert und vergisst auch schlichtweg, dass die Gerichte nicht aufgerufen sind, einen „gerechten“ Preis festzulegen. Grundlegend hat sie sich von der Ausgangslage und Verursachung dieser Klage nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass die pauschalen Einwände der Beklagtenseite schadenersatzrechtlich nicht erheblich sind. Bei Beachtung dieser Rechtsgrundsätze hätte sie es mit dem „Ergebnis“ ihres Urteils vermeiden können, dass der Geschädigte als nicht vernünftiger und nicht wirtschaftlich denkender Mensch auch noch diskriminiert wird.
Das geschieht in der BRD täglich mindestens 100-fach und unwissend auch noch „im Namen des Volkes sowie offenbar mit Billigung unseres Bundesjustizministers, der übrigens auch für Verbraucherschutz zuständig ist. Manche Insider reden inzwischen sogar von Nazischlechtsprechung. Eine Schande für diesen Rechtsstaat, wenn im Namen der Eile Schadenersatz und Werkvertrag ständig zum Lasten der Unfallopfer durcheinander gebracht werden und BGH-Grundsatzurteile entweder nicht verstanden oder ignoriert einfach werden, weil sie nicht zum vorgestellten Ergebnis passen. Auch das hat der BGH mit der modernen Rechtsprechung zum Schadenersatz durch den VI. Zivilsenat dem Rest dieser Welt geflüstert und Heilsbringer Wellner wandelt das Ganze mit seiner umfangreichen Seminartätigkeit dann in bare Münze um. Damit das noch schneller geht, benutzt er einen hochkarätigen Sportwagen, denn Zeit ist nach dem Volksmund Geld.
Knurrhahn
benutzt er einen hochkarätigen Sportwagen, denn Zeit ist nach dem Volksmund Geld.
Und immer wieder „Richterinnen“ Der weibliche Anteil an Schrotturteilen dürfte > 80% sein. Sie können es einfach nicht.
„….. Das Gericht schätzt daher ebenfalls in Anlehnung an die BVSK-Honorarbefragung 2015 die tatsächlich entstandenen Kosten auf einen Kilometersatz von 0,70 EUR.“
Solche „Korrekturen“ ex post von Abrechnungsmodalitäten sind eine Anmaßung gesetzgeberischer Aufgabenbereiche, die keiner Richterin und keinem Richter zustehen.
Diese Richterin H. des AG Neubrandenburg ist schwer auf dem Holzweg, denn bei vorliegender Rechnung verbietet sich eine fiktive Betrachtung mit vermeintlich erforderlicher „Schätzung“. Das gilt auch für alle anderen Rechnungspositionen und die „Zubilligung“ von Schadenersatz.
Der Richterin sei als nützliche Lektüre empfohlen das Urteil des AG Saarlouis vom 18.03.2015 zum Aktenzeichen 26 C 419 /14 (11).
K.I.
Dieser „Richterin“ ist eher zu empfehlen den Job an den Nagel zu hängen und bei der VHS Kurse im Stricken, Backen, Häkeln o.ä. anzubieten. Das würde ihren Fahigkeiten wohl eher entsprechen und der angerichtete Schaden wäre geringer.