Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum beginnenden Wochenende veröffentlichen wir hier noch ein positives Urteil aus Neubrandenburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Ein kurzes Urteil, das die Sache im Ergebnis gezielt auf den Punkt bringt. In diesem Fall war es die Allianz Versicherungs AG in München, die meinte, eigenmächtig und ohne Rechtsgrundlage die berechneten Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall kürzen zu können. Aber auch sie hat die Rechnung ohne das Gericht gemacht. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Aktenzeichen:
102 C 956/13
Amtsgericht Neubrandenburg
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Allianz Versicherungs AG, vertreten durch den Vorstand, Königinstrasse 28, 80802 München
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch die Richterin am Amtsgericht H. am 14.10.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 145,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.10.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 145,53 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Honorars aus der Rechnung vom 13.07.2013 (§§ 823, 398 BGB, § 115 VVG, § 7 StVG).
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das von ihm erstellte Sachverständigengutachten in Höhe von restlichen 145,53 EUR.
Bezüglich der Höhe der Vergütung und Auslagen eines außergerichtlich tätigen KfZ-Sachverständigen gibt es keine gesetzliche Regelung. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet daher entgegen einer in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und einem Teil der in Literatur vertretenen Auffassung die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht ( BGH, NJW 2006, 2472 f.).
Preußisch knapp artikuliert. Das ist o.k.
De facto
Diese Urteilsbegründung ist nicht schlüssig und allenfalls im Ergebnis zutreffend.
Begeistert mich nicht im Ansatz–leider mangelhaft.
Ich bringe die Urteilsbegründung mal auf den Punkt: Ein Schuss mitten ins Schwarze – auf die Scheibe des Schützenbruders.
@ Glöckchen 28.11.2014 15.15
@ virus 28.11.2014 20.52
Hallo, ihr Kommentatoren,
was die Richterin des AG Neubrandenburg geprüft und ins Urteil geschrieben hat, ist die Prüfung eines werkvertrglichen Anspruchs des Sachverständigen gegen den Geschädigten. Der Text des Neubrandenburger Urtel entstammt den werkvertraglichen Urteilen des X. Zivilsenates des BGH X ZR 80/05 bzw. X ZR 122/05. Dementsprechend hat die Richterin auch das am 22.6.2006 hier im Captain-Huk-Blog veröffentlichte BGH-Urteil X ZR 122/05 ( = BGH NJW 2006, 2472 = DS 2006, 278) zitiert.
Zu entscheiden hatte sie allerdings keinen werkvertraglichen Anspruch, sondern einen Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht. Insowweit hätte sie grundsätzlich BGH VI ZR 67/06 bzw. VI ZR 225/13 anwenden müssen in Verbindung mit der Abtretungsvereinbarung.
Von einem Schuss mitten ins Schwarze kann daher beileibe keine Rede sein. Vielmehr kommt Glöckchen schon der kritischen Prüfung im Ergebnis näher.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker