Mit mustergültigem Urteil vom 28.5.2010, das sich auch strikt an die Vorgaben des BGH hält, hat die Amtsrichterin der 4. Zivilabteilung des AG Neunkirchen (Saar) die HUK-Coburg Allgem. Vers. AG und ihren VN als Gesamtschuldner verurteilt, an den unfallgeschädigten Kläger 274,58 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte und ihr VN. Die Berufung wird nicht zugelassen ( 4 C 243/10 ). Insgesamt ein lesenswertes Urteil.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten, als den Schädiger und dessen Versicherer, ein restlicher Schadensersatzanspruch aus den §§ 7, 17, 115 VVG zu.
Die restlichen Sachverständigenkosten kann der Geschädigte verlangen, da sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Er ist unter Berücksichtigung des § 250 BGB auch berechtigt, Geldersatz zu verlangen, da die Beklagten weiteren Schadensersatz abgelehnt haben.
Sachverständigenkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH vom Schädiger zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit als Begleitkosten zur Herstellung des Zustandes, der ohne die Schädigung bestehen würde, erforderlich sind. Ob und in welchem Umfang Herstellungskosten und damit auch Sachverständigenkosten erforderlich sind, richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Es ist insoweit eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Er wird in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich verlangen. Demgegenüber ist der Schädiger nicht rechtlos gestellt. Er kann in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche verlangen ( vgl. insoweit die ständ. Rspr. des LG Saarbrücken, z.B. den Hinweisbeschluss 13 S 146/09 und das Urt. 13 S 108/08 ).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten in der mit der Klage geltend gemachten Höhe zu.
a.) Der Umstand, dass sich die Abrechnung des Sachverständigen an der Schadenshöhe orientiert und ohne Rücksicht auf den Zeitaufwand erfolgt ist, ist unerheblich.
b.) Auch die Höhe der Abrechnung war für den Geschädigten nicht erkennbar überhöht. Gegen eine erkennbar überhöhte Forderung spricht bereits, dass sich die Honorarforderung des Sachverständigen zumindest weitgehend im Rahmen der BVSK-Befragung liegt. Die Beklagten können gegen die Höhe der Abrechnung auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Nebenkosten erkennbar überhöht seien. Da die Nebenkosten im Gegensatz zur Grundvergütung unabhängig von der Schadenshöhe erhoben werden, können diese umso eher das grundhonorar erreichen, je niedriger dieses ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes erfordert, § 511 IV ZPO.
So das mustergültige Urteil der Amtsrichterin aus dem Saarland.
@WW..Zitat:
Mit mustergültigem Urteil vom….etc.
Was ist daran mustergültig, wenn in Urteilen immer wieder Honorarabsprachen angesprochen werden?
Hat der BGH jemals was von dem Kasperlverein bezüglich Honorar-/Beutelschneiderei (!)erwähnt?
Hat der Geschädigte sich mit BVSK vertraglich eingebunden?
Hat man dem Gericht den Unterschied von Werk- und Vertragsrecht evtl mitgeteilt?
Sorry Willi, aber DEN Artikelanfang kannste inne Tonne treten!
Hallo Buschtrommler,
der Vergleich des geltend gemachten Sachverständigen-Honorars mit den Werten der BVSK-Honorarbefragung schmeckt mir zwar auch nicht, aber die Begründung im dritten Absatz entspricht voll und ganz der Rechtsprechung des BGH. Insoweit die von mir angesprochene Mustergültigkeit.
Also genaugenonmmen sagt das Urteil, dass die Sachverständigenkosten nicht weiter überprüft werden müssen, weil sie im Rahmen des Ergebnisses der Befragung liegen, also nicht überhöht sien können.
„Gegen eine erkennbar überhöhte Forderung spricht bereits, dass sich die Honorarforderung des Sachverständigen zumindest weitgehend im Rahmen der BVSK-Befragung liegt.“
Erst wenn die Honrarforderung deutlich darüber liegt, muss man sich überhaupt mit der Frage auseinandersetzen, ob diese angemessen sind. Und erst wenn diese als nicht angemessen angesehen würden, käme die Frage, ob die dem Geschädigten bekannt gewesen sein müßte, er also gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Das ist die Reihenfolge, nach der die Gerichte vorgehen
1. Liegt das Honrar im Rahmen? Wenn ja keine weitere Prüfung notwendig.
2. Wenn nein – überprüfen ob es tatsächlich überhöht ist
3 Wenn zu 2 ja – Überprüfung, ob das der Geschädigte hätte erkennen können.
Ganz einfach, wenn schon Punkt 1 ausreicht um eine Entscheidung zu treffen beschäftigt sich kein Richter eingehend mit Punkt 2 und 3.
Falsche Reihenfolge im Rahmen des Schadenersatzprozesses.
1.) Erforderlichkeit überprüfen.
Erforderlich nein (Bagatellschaden) => kein SV-Honorar fällig.
Erforderlich ja => vollständiges SV-Honorar fällig, wenn für den Geschädigten eine mögliche Überhöhung des Honorars (zum Zeitpunkt der Beauftragung) nicht ohne weiteres erkennbar war.
2.) Überprüfung, ob das SV-Honorar zum Zeitpunkt der Beauftragung für den Geschädigten erkennbar überhöht war.
Wie sollte ein Geschädigter bei Beauftragung eines Sachverständigen eine Überhöhung des Sachverständigenhonorars, das sich nach der Schadenshöhe bemisst und diese zum Zeitpunkt der Beauftragung ja noch gar nicht feststeht, erkennen? Bestenfalls durch die Vorab-Einholung eines zusätzlichen (kostenaufwändigen) Honorar-Gutachtens über die Höhe örtlicher Sachverständigenhonorare, das der Unfallgegner (die Versicherung) natürlich nicht bezahlen will. Aber selbst ein Honorargutachten benötigt die Schadenshöhe, die eben zum Zeitpunkt der Beauftragung gerade noch nicht zur Verfügung steht.
Und selbst wenn man solch einen Unsinn tatsächlich veranstalten würde, ist die gegnerische Versicherung die erste, die dem Geschädigten die mehrtägige Zeitverzögerung durch die Erstellung eines Honorargutachtens als Schadensminderungsvorwurf entgegen hält.*
*Bei der HUK müsste dieser Weg eigentlich funktionieren, da man durch die permanenten einseitigen Honorarkürzungen der HUK in den letzten Jahren eine „Erforderlichkeit“ zur Vorab-Ermittlung des SV-Honorars nachweisen kann. Kostenlast natürlich bei der HUK.
3.) Liegt ein Honorar im Rahmen => ex post = Unsinn (Werkvertragsrecht)
4.) Wenn nein – überprüfen ob es tatsächlich überhöht ist => ex post = Unsinn (Werkvertragsrecht)
5.) Wenn zu 4 ja – Überprüfung, ob das der Geschädigte hätte erkennen können => bereits durch Punkt 2 erledigt.
Irgendwelche Diskussionen bei Gericht zur Höhe bzw. Angemessenheit des SV-Honorars sind werkvertragliche Gesichtspunkte und im Schadensersatzprozess blanker Unfug. Mehr als Punkt 1 u. 2 geht also gar nicht im Schadensersatzprozess.
Irrtum Emilie, der Richter entscheidet in einem Haftpflichtfall über Schadensersatzansprüche. Insofern wird er natürlich zunächst die Erforderlichkeit des Gutachten prüfen. Bin in meinem Beispiel davon ausgegangen, dass diese ohne Frage stand.
Wir sind im Schadenersatzrecht, es geht nicht um den Werkvertrag.
Rein auf den Schadenersatz bezogen, wird das Argument angebracht „Die Kosten sind überhöht und müssen nicht übernommen werden“
Der Richter schmettert diesen Einwand ab in dem er die Überhöhung der Sachverständigenrechnung negiert und folglich nicht weiter prüfen muss, ob der Geschädigte im Rahmen der Schadensminderungspflicht einen günstigeren Sachverständigen hätte beauftragen müssen.
Dadurch das der Richter von vornherein die Überhöhung der Rechnung negiert, braucht er sich nicht darum zu kümmern, ob es eine Pflicht gegeben hätte einen günstigeren Sachverständigen zu suchen.
Das Werkvertragsrecht hat zwar Primär mit dem Haftpflichtschaden nichts zu tun, aber der Geschädigte ist an das Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten. So dürfte er z.B. nicht die Kosten für einen Gutachter beanspruchen, von dem die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass er 3-4-mal so teuer ist wie andere Gutachter, also die zu hohen Kosten jedermann bekannt sind.
Die Formulierung:
Auch die Höhe der Abrechnung war für den Geschädigten nicht erkennbar überhöht. Gegen eine erkennbar überhöhte Forderung spricht bereits, dass sich die Honorarforderung des Sachverständigen zumindest weitgehend im Rahmen der BVSK-Befragung liegt. Die Beklagten können gegen die Höhe der Abrechnung auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Nebenkosten erkennbar überhöht seien. Da die Nebenkosten im Gegensatz zur Grundvergütung unabhängig von der Schadenshöhe erhoben werden, können diese umso eher das grundhonorar erreichen, je niedriger dieses ist.
bedeutet umgangssprachlich:
Mit der Behauptung die Forderung sei überhöht, brauchen wir uns nicht auseinanderzusetzen, da diese eindeutig nicht überhöht ist
Wozu darüber streiten, was wäre wenn diese überhöht wären, denn sie sind es ja nicht.