Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
hier und heute stellen wir Euch ein Urteil des Amtsgerichts Nördlingen zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Wieder war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse, die eigenmächtig, also rechtswidrig, die berechneten Sachverständigenkosten kürzte, obwohl für sie eine hundertprozentige Einstandspflicht bestand, da ihr Versicherungsnehmer die alleinige Schuld am Zustandekommen des Verkehrsunfalls trägt. Eine prima Entscheidung, wie wir meinen. Insbesondere ist wichtig, dass das erkennende Gericht die von der HUK-COBURG vorgelegte und in Bezug genommene HUK-BVSK-Liste als nicht maßgeblich bezeichnet hat. Es ist auch dem deutschen Recht fremd, dass ein Schuldner von sich aus bestimmt, wie hoch der zu leistende Schadensersatz sein soll. Nach dem deutschen Recht bestimmt der Gläubiger, und das ist nach § 249 BGB der Geschädigte. Der Schuldner hat eine Leistungsverpflichtung, nämlich den Schadensersatz zu leisten. er hat auch nicht zu bestimmen, wie Schadensersatz zu leisten ist. Gläubiger des Schadensersatzanspruchs bleibt nach wie vor der Geschädigte. Die Kostenquotelung ergibt sich aus einer Klagerücknahme. Lest aber selbst das Urteil des AG Nördlingen und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare zu dem Urteil ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Nördlingen
Az.: 2 C 189/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
ertässt das Amtsgericht Nördlingen durch die Richterin S. am 28.11.2013 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2013 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,02 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.11.2012 zuzüglich weitere 39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2013 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 38 %, die Beklagte
62 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 470,40 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhait.
Die zulässige Klage ist – bis auf 6 Cent – begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 299,02 € für die restlichen Sachverständigenkosten gemäß §§ 823 BGB, 7 StVG, 115 VVG i.V.m. §§ 249 ff. BGB.
Die grundsätzliche Einstandspflicht des jeweiligen Versicherungsnehmers der Beklagten für die durch die streitgegenständiichen Verkehrsunfälle vom 08.06.2012 in Oettingen, vom 12.09.2011 m Nördlingen und vom 13.04.2011 in Nördlingen ist unstreitig.
Streitig ist lediglich, in welcher Höhe die Sachverständigenkosten erforderlich waren und der Kläger daher Ersatz für diese restlichen Sachverständigenkosten verlangen kann.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die jeweiligen Unfallgeschädigten haben ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten in Höhe der Gutachterrechnung an den Kläger jeweils wirksam abgetreten.
Ein Geschädigter kann sämtliche verauslagte Aufwendungen für ein Sachverständigengutachten ersetzt verlangen, soweit dieses zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen ist. Sachverständigenkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Schädiger zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit als Begleitkosten zur Herstellung des Zustandes, der ohne Schädigung bestehen würde, erforderlich sind. Ob und in welchem Umfang Herstellungskosten und damit auch Sachverständigenkosten erforderlich sind, richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Das Gebot zur wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
In aller Regel wird der Geschädigte von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen, denn es fehlt bezüglich der Sachverständigenkosten an allgemein zugänglichen und allgemein gültigen Preislisten etwa im Gegensatz zum Mietwagengeschäft. Erst wenn für ihn als Laie erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeit der Begutachtung oder der Honorarabrechnung missachtet, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich bezahlter Aufwendungen verlangen.
Die berechneten Honorare laut Rechnung vom 20.06.2012 in Höhe von 342,30 €, vom 22.09.2011 in Höhe von 442,68 € und vom 23.04.2011 in Höhe von 435,42 € sind nicht erkennbar willkürlich festgesetzt oder überhöht. Die Relation zwischen Schaden und Gutachterkosten liegen zwar zumindest bei den Unfällen vom 20.06.2012 und vom 22.09.2011 im höchst oberen Bereich, jedoch musste sich beim Geschädigten nicht aufdrängen, dass die Rechnung etwa überhöht ist.
Die Vereinbarung einer überhöhten Vergütung würde erst dann zur Verneinung der Erstattungsfähigkeit führen, wenn dies für den Geschädigten erkennbar war. Wenn eine Vergütung vereinbart ist, kommt es gar nicht darauf an, ob sich eine übliche Vergütung feststellen lässt, oder ob die Bestimmung der Vergütung billigem Ermessen entspricht. Im Schadensersatzprozess prüft das Gericht nicht, ob die mit dem Sachverständigen vereinbarte, von ihm verlangte, oder an ihn gezahlte Vergütung üblich und angemessen nach Werkvertragsrecht äst, sondern nur, ob der Geschädigte den Rechnungsbetrag aus seiner Sicht als erforderlich zur Wiederherstellung ansehen durfte.
Die Rechnungen des Klägers orientieren sich, was die Höhe des Grundhonorars angeht, an dem vorgelegten Honorarkorridor der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011. Auch ist es nach Ansicht des Gerichts zu beanstanden, wenn zusätzlich Nebenkosten abgerechnet werden, soweit sie sich im Rahmen des Üblichen bzw. Vertretbaren halten. Insoweit kann wiederum die Honorarbefragung 2010/2011 herangezogen werden.
Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass die Nebenkosten der Höhe nach zu Recht angesetzt wurden.
Für die Geschädigten als Laien waren somit keine Auffälligkeiten in der Rechnung ersichtlich, da von einem groben Missverhältnis, das dem Geschädigten hätte auffallen müssen, nicht die Rede sein kann. Das Gericht orientiert sich dabei an der BVSK-Tabeile (allgemein) und nicht an einer speziell ausgehandelten BSVK-HUK Coburg Liste.
Die jeweilige Relation von Gesamtschaden und Gesamtrechnung bewegt sich zudem nicht in einem auffälligen Missverhältnis.
Die geltend gemachten Nebenkosten sind weder der Art noch der Höhe nach so ungewöhnlich, dass Hinweise auf eine fehlende Erforderlichkeit gegeben sind.
Das Gericht schließt sich der Auffassung der Beklagten nicht an, dass im Falle einer pauschalen Grundgebühr nicht noch weitere Nebenkosten geltend gemacht werden können. In seinen Urteilen stellt der Bundesgerichtshof ausschließlich fest, dass ein an der Schadenshöhe orientiertes Pauschalhonorar die Grenzen des vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht überschreitet. Darüber, ob daneben noch Nebenkosten verlangt werden können, wird keine Aussage getroffen. Dass Nebenkosten üblich sind, ergibt sich im Übrigen daraus, dass in der BVSK-Liste auch auf Nebenkosten Bezug genommen wird und die konkreten Kosten im Einzelnen aufgeführt sind.
Die Geschädigten durften somit vorliegend die Vergütung als angemessen ansehen und hatten keinen Anlass zu konkreten Zweifeln bzgl. der Höhe der Sachverständigenkosten. Nur dann hätten sie gegen ihre Schadensminderungspflicht aus §254 BGB verstoßen, denn der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten.
Den Geschädigten steht somit im Rahmen ihres jeweiligen Schadensersatzanspruches gegen die Beklagte das Sachverständigenhonorar in voller Höhe zu.
Gemäß § 398 BGB haben öle Geschädigten jeweils ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten.
Soweit der Kläger 6 Cent mehr beantragt hat, war die Klage abzuweisen, da sie insoweit nicht begründet ist.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286, 288 BGB.
Die außergerichtlichen Kosten belaufen sich auf 39 € und sind nach §§ 280, 286 BGB zu ersetzen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92, 269 ZPO. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, sind die Kosten des Rechtsstreits von ihm zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Voilstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.
Hallo, Willi Wacker,
da erinnern wir uns an das, was seinerzeit das Kammergericht Berlin zu dem Vortrag der HUK-CoburgVers. u. a. ausgeführt hat:
„Soweit die Beklagte die Üblichkeit der vom Kläger geltend gemachten Vergütungen in Zweifel zieht, hätte es ihr als versierte Haftpflichtversicherung, die jährlich eine Vielzahl von Kfz-Schadensfällen – nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten rd. 500.000 Fälle – bearbeitet, wozu in der Regel auch die Erstattungsfrage von Kosten privater Sachverständigen gehört, nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast (allg. hierzu Greger/Zöller, ZPO, vor § 284, Rn. 34 m.w.N.) oblegen, konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine mangelnde Üblichkeit vorzutragen.
Dass sie – wie in der mündlichen Berufungsverhandlung von ihrem Prozessbevollmächtigten dargelegt – Rechnungen vorlegen könne, aus denen hervorgehe, dass eine Vielzahl von Sachverständigen ihr Honorar unterhalb der Honorarkorridore der BVSK-Befragung abrechnen würden, stellt die Üblichkeit der in den dortigen Tabellen ausgewiesenen Spannbreiten nicht in Frage. Denn das tatsächliche Abrechnungsverhalten allein gegenüber der Beklagten stellt sich nicht als ausreichend repräsentativ dar, so dass sich hieraus keine ausreichenden Rückschlüsse für die Üblichkeit im Rahmen des § 287 ZPO ziehen ließen. Daher musste der Beklagten keine Gelegenheit gegeben werden, ihren Vortrag insoweit schriftsätzlich zu ergänzen.
Aus
Alligator 007