AG Nürnberg verurteilt Zürich Insurance Versicherung, Bonn, zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 23.11.2011 – 21 C 8521/11 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Sonntagnachmittag noch ein Urteil aus Nürnberg zum Thema restliche Sachverständigenkosten. Wieder einmal musste die Zürich Versicherung verklagt werden, weil auch diese Versicherung es nicht lernt, korrekt nach der Rechtsprechung zu regulieren. Insbesondere der BGH hat in dem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – ausgeführt dass die Sachverständigenkosten zu den zu erstattenden Kosten des Gesachädigten gehören. Das Gericht hat auch auf diese grundlegende Entscheidung  in seinen Urteilsgründen hingewiesen. Wer nicht hören will, muss eben verurteilt werden. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntagabend.
Willi Wacker

Amtsgericht Nürnberg

Az.: 21 C 8521/11

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Herr …

– Kläger –

gegen

Zürich Insurance plc NFD, vertreten durch d. Hauptbevollmächtigten Eduard Thometzek, Poppelsdorfer Allee 25-33, 53115 Bonn

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht … am 23.11.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

I.       Die Beklagte wird veruteilt, an den Kläger EUR 93,73 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.9.2011 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.      Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.      Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 98,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Schadenersatzanspruch nach einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners dem Grunde unstreitig zu 100 % haftet. Strittig sind allein restliche Sachverständigenkosten.

Der Kläger beauftragte nach einem Verkehrsunfall am 29.7.2011 zur Begutachtung des ihm entstandenen Fahrzeugschadens das Sachverständigenbüro … mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Der Sachverständige ermittelte einen Reparaturkostenaufwand von EUR 5.973,46. Für sein Sachverständigengutachen berechnete der Sachverständige am 12.8.2011 einen Gesamtbetrag von EUR 881,02. Dies erfolgte auf der Basis eines Grundhonorars und im Einzelnen dargelegter Nebenkosten.

Die Beklagte zahlte auf dieses Sachverständigenkosten lediglich EUR 783,02.

Der Klägervertreter führt aus, die Kürzung der Beklagten sei ungerechtfertigt. Bei den verlangten Sachverständigenkosten handle es sich um den erforderlichen Aufwand aus der Sicht eines Geschädigten.

Der Klägervertreter beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 98,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.9.2011 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie bestreitet, dass das geltend gemachte Sachverständigenhonorar üblich, angemessen und erforderlich gewesen sei. Keinesfalls könne zur Beurteilung der Angemessenheit auf eine Honorarbefragung von Sachverständigen zurück gegriffen werden.

Hinsichtlich der Einzelheiten des beiderseitigen Partveivortrags wird auf ihre Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im tenoriertem Umfang begründet; im Übrigen war sie abzuweisen.

Der Kläger kann gemäß § 249 BGB in Verbindung mit §§ 7, 17 StVG den tenorierten Betrag als Schadenersatz verlangen.

Im Einzelnen ist insoweit auszuführen:

1.
Als erstattungsfähiger Schadenersatz im Sinne von § 249 BGB sind auch Sachverständigenkosten zur Schadensfeststellung zu verstehen, soweit diese, wie vorliegend unstreitig, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren.

2.
Die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH IV ZR 67/06) danach, ob sich die an den Sachverständigen zu zahlenden Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Dies ist vorliegend der Fall.

– Das vom Gutachter verlangte Honorar bewegt sich im Rahmen des Üblichen gemäß § 632 Abs. 2 BGB. Als Beurteilungsgrundlage für die übliche Vergütung eines Sachverständigen hält das Gericht gemäß § 287 ZPO den in der BVSK -Befragung 2010/2011 ausgewiesenen Honorarkorridor V für sachgerecht.

– Die Einwendungen des Beklagtenvertreters gegen die Heranziehung dieser Liste überzeugen nicht. Bei dem BVSK handelt es sich um den größten Verband qualifizierter freiberuflicher Kfz-Sachverständiger. Wie sich aus der Vorbemerkung der Honorarbefragung ergibt, haben an dieser mehr als 90 % der organisierten Mitglieder teilgenommen. Dass diese Befragten unrichtige Informationen weiter gegeben haben sollen, ist eine reine Mutmaßung, die durch nichts belegt wird.

Die detaillierte Auflistung der einzelnen Beträge nach Schadenshöhen und einzelnen Nebenkosten einerseits sowie die Einordnung in verschiedentliche Honorarbereiche belegen eine dezidierte Darstellung der im Kfz-Sachverständigenbereich geforderten Gebühren.

Der Honorarkorridor HB V ist zur Schadensschätzung insbesondere deshalb besonders geeignet, weil nach den Angaben der Liste 50 – 60 % der BVSK-Mitglieder in diesem Honorarbereich abrechnen, so dass insoweit von der üblichen Preisspanne auszugehen ist.

Wie der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2006, 2472) entschieden hat, ist es auch nicht zu beanstanden, bei einem Routinegutachten das Sachverständigenhonorar in Relation zur Schadenshöhe zu ermitteln, ohne dass entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters auf den Zeitaufwand im Einzelnen abgestellt werden müsste.

Der Vergleich der BVSK-Liste 2010/2011 mit der streitgegenständlichen Rechnung ergibt, dass sich der Sachverständige … in allen Positionen in dem üblichen Honorarbereich HB V gehalten hat, wobei er im Wesentlichen sogar unter dem Mittelwert der dort angegebenen Preisspanne abgerechnet hat.

Lediglich die Position „Lichtbildseite für Handakte“ und die weitere Berechnung von “ Büromaterial “ in Höhe von insgesamt EUR 3,60 netto entspricht nicht der Üblichkeit. Wie die Nebenkostentabelle der BVSK-Liste zeigt, werden solche Nebenkosten in der Regel nicht zusätzlich berechnet, sondern sind offenkundig in den anderen Nebenkosten mit enthalten. Damit sind sie auch nicht üblicherweise zu vergüten. Insoweit ist dem Kläger auch kein Schaden entstanden, da gemäß § 632 Abs. 2 BGB diese Beträge vom Gutachter nicht verlangt werden können, so dass es an einerErsattungsfähigkeit fehlt.

4.
Soweit der Beklagtenvertreter bestreitet, dass der Kläger die restlichen Sachverständigenkosten bereits bezahlt hat, ist dies letztlich unbehelflich. Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch hinsichtlich der erforderlichen Sachverständigenkosten zu, ohne auf die bloße Freistellung von diesen Kosten verwiesen werden zu können. Denn nachdem die Beklagte eine weitere Zahlung endgültig verweigert hat, ergibt sich der Geldersatzanspruch aus § 250 BGB.

Zinsen: § 288 BGB.

Kosten: § 91 Abs. 1 und 2 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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