Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil aus Offenbach am Main zum Restwert und zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK24 AG vor. Offensichtlich handelt es sich um einen Richter, der gerne die Sachverständigenkosten kürzen würde und dem die Berufungskammer diesbezüglich bereits in die Parade gefahren ist. In Sachen Restwert ist das Urteil völlig korrekt. Das Fahrzeug formal an die Ehefrau zu verkaufen war in Anbetracht der eindeutigen BGH-Rechtsprechung jedoch wohl etwas „doof“, wie wir meinen. Entscheidend war, dass der Geschädigte das Fahrzeug weiter nutzen konnte. Lest selbst und gebt bitte Eure Meinungen dazu ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
AMTSGERICHT Laut Protokoll
Offenbach, am Main verkündet am: 23.02.2015
Aktenzeichen: 38 C 204/14
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
… ,
Klägers
gegen
die Firma HUK24 AG, gesetzlich vertreten durch ihren Vorstand, Herrn Detlef Frank u. a., Willi-Hussong-Straße 2, 96440 Coburg,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Offenbach am Main
durch den Richter am Amtsgericht Dr. F.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09. Februar 2015
für R e c h t erkannt:
1) a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 884,15 Euro nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2014 sowie weitere 458,86 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten (abzüglich am 10. Juli 2014 gezahlter 334,75 Euro) zu zahlen.
b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
3) a) Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
b) Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Restschadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, wobei die Haftung der Beklagten außer Streit steht. Es geht im Wesentlichen um die Fragen der Berechnung des Sachschadens sowie der Gutachtenkosten. Die Beklagte hat Teilzahlungen in nicht unerheblicher Höhe erbracht. Bereits mit Schreiben vom 20. März 2 015 an den Klägervertreter hatte die Beklagte ein „Verbindliches Kaufangebot“ einer Nürnberger Firma für den PKW des Klägers vorgelegt, das sich auf 1.190 Euro belief.
Der Kläger behauptet, er habe den PKW.an seine Ehefrau verkauft, nachdem die Beklagte ihm mitgeteilt habe, er müsse einen Kaufvertrag vorlegen, sonst müsse er sich den höheren Restwert anrechnen lassen. Er nutzt den PKW aber neben seiner Ehefrau weiter. Die Sachverständigenrechnung sei der Höhe nach angemessen.
Nachdem die Beklagte im Laufe des Prozesses vorgerichtliche Kosten in Höhe von 334,75 Euro gezahlt hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt haben,
beantragt der Kläger nunmehr,
wie erkannt, jedoch vorgerichtliche Kosten in Höhe von 518,83 Euro.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet im Wesentlichen, der Kläger müsse sich das Verbindliche Kaufangebot entgegen halten lassen. Darüber hinaus sei die Kostenrechnung des Sachverständigen maßlos überhöht.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist im Wesentlichen begründet (§§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB). Die Beklagte ist dazu verpflichtet, dem Kläger Schadensersatz in der begehrten Höhe zu leisten.
Bezüglich des Sachschadens ist wie folgt abzurechnen: Der Wiederbeschaffungswert beträgt 2.800 Euro. Hiervon abzuziehen, sind nur die von dem Sachverständigen angesetzten 540 Euro, nicht die 1.190 Euro entsprechend dem verbindlichen Kaufangebot der Firma F. G. . In der Tat ist die von dem ‚Kläger noch vorgelegte Entscheidung des BGH hier einschlägig, denn der Kläger nutzt das Fahrzeug tatsächlich weiter, was nicht umstritten ist. Hiervon ist jedenfalls für die Entscheidung des Rechtsstreites auszugehen. Die Beklagte hat ohnehin bestritten, dass der Kläger das Fahrzeug verkauft hat. Der Kläger selbst hat dies zwar behauptet und einen Kaufvertrag mit seiner Ehefrau (!) vorgelegt, hat jedoch auf der anderen Seite selbst eingestanden, dass er das Fahrzeug weiter benutzt und behauptet, der Kaufvertrag sei nur abgeschlossen worden, weil dies die Beklagte verlangt habe. Vor diesem Hintergrund braucht der Kläger, da das Fahrzeug jedenfalls auch von ihm weiter benutzt wird, den Restwert nicht zu realisieren und muss sich demgemäß auch nicht auf ein besonderes Restwertangebot verweisen lassen.
Das Gericht geht davon aus (§ 287 ZPO), dass sich der Restwert des Fahrzeugs auf 540 Euro beläuft. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Ermittlung des erfahrenen Sachverständigen neben der Sache liegt. An Hand der langjährigen Erfahrungen mit Fällen dieser Art und den bisher festgestellten Restwerten geht das Gericht vielmehr davon aus, dass der Restwert auf den von dem Sachverständigen ermittelten Betrag geschätzt werden kann. Etwaige Unsicherheiten in der Wertermittlung wird im Übrigen dadurch Rechnung getragen, dass sich der Kläger infolge des „Verkaufes“ an seine Ehefrau nicht 540,– Euro, sondern sogar 600,– Euro anrechnen lässt. Die von der Beklagten erwähnte Entscheidung des Bundesgerichtshofes sagt im Übrigen auch nur „in der Regel“, hier handelt es sich um ein schon vor dem Unfall nicht mehr hochwertiges Fahrzeug, bei dem die Reparaturkosten den ohnehin nicht hohen Wiederbeschaffungswert übersteigen. In einem solchen Fall drängt sich regelmäßig ein recht geringer Restwert auf, so dass auf die Einholung von drei Vergleichsangeboten verzichtet werden kann, da der Aufwand kaum in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag steht.
Damit beläuft sich der Sachschaden auf 2.200,– Euro.
Bezüglich der Gutachterkosten gilt folgendes: Dem Gericht sind die Komplexität der Problematik und die zahlreichen, dazu ergangenen Entscheidungen bekannt. Ein Urteil stellt aber nur eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen dar, auf denen die Entscheidung beruht (§ 313 III ZPO). Ein Urteil ist weder ein Aufsatz, noch eine Dissertation, noch gar eine Habilitationsschrift. Von daher wird um Verständnis dafür gebeten, dass sich das Gericht auf das Allerwesentlichste beschränken muss.
Der entscheidende Richter selbst hat den Streitstoff mit seiner Sicht der Dinge – im Wege der Zulassungsberufung – dem Landgericht in Darmstadt als dem zuständigen Berufungsgericht vorgelegt. Das Landgericht ist darauf und auf die ausführliche Begründung aber mit keinem Wort eingegangen, sondern hat vielmehr – in Anlehnung an eine Entscheidung des Landgerichts in Frankfurt am Main (2-24 S 224/10; die Revision wurde ausdrücklich nicht zugelassen!) – mehrfach wie folgt entschieden: Ein Honorar, dass bei Reparaturbeträgen bis 3.000 Euro netto 25 % dieses Betrages nicht übersteigt, überschreitet nicht den Rahmen, der für die Berechnung von Sachverständigenvergütungen angemessen ist (z. B. 6 S 101/11; 6 S 63/11). Die Revision wurde jeweils nicht zugelassen. Da der Bundesgerichtshof den Tatsacheninstanzen insoweit ein weites Ermessen bei der Schadenschätzung einräumt, wird diese Verfahrensweise letztlich von Rechts wegen wohl nicht zu beanstanden sein. Es ist daher davon auszugehen, dass das Landgericht Darmstadt dies weiterhin so entscheiden und auch die Revision weiterhin nicht zulassen wird. Von daher bleibt dem Amtsgericht – unter Zurückstellung erheblichster Bedenken – nichts anderes übrig als sich dieser Auffassung anzuschließen; anderenfalls müsste nämlich die Berufung – wegen bewusster Abweichung von der Rechtsprechung eines übergeordneten Gerichts – zugelassen werden und das Urteil würde vom Landgericht Darmstadt erneut abgeändert werden. Damit ist aber letztlich niemandem gedient, da hierdurch nur vermeidbare Kosten verursacht würden und eine der Parteien förmlich ins Rechtsmittel getrieben würde. In Anbetracht der Tatsache, dass vom Landgericht Darmstadt hierzu schon mehrere Entscheidungen vorliegen, kann auch nicht damit gerechnet werden, dass das Landgericht Darmstadt diese Rechtsprechung aufgeben oder in Abänderung der bisherigen Verfahrensweise etwa auf einmal die Revision zulassen wird.
Übertragen auf den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies zunächst folgendes: Das von dem Sachverständigen hier angesetzte Pauschalhonorar erfüllt die Voraussetzungen, die Pauschale liegt – sogar wenn man von einem Schaden in Höhe von 3.000 Euro ausgeht – unter 25″%.
Die angesetzten Nebenkosten sind zwar sehr hoch, das Landgericht in Darmstadt hat aber erst kürzlich hierzu entschieden (6 S 131/14), dass faktisch Nebenkosten jedenfalls bis zur Höhe von ca. 40 % nicht zu beanstanden sind. Nachdem die Nebenkosten hier keine 40 % erreichen, ist die Rechnung des Sachverständigen insgesamt hier nicht zu beanstanden. Die von dem Amtsgericht noch befürwortete Kürzung der Nebenkosten eines Gutachtens alternativ auf höchstens 25 % des Honorars oder pauschal 100,– Euro hat das Landgericht ausdrücklich abgelehnt. Es ist vorliegend auch nichts dafür ersichtlich, dass sich die Abrechnungsweise des Sachverständigen sehr von der durchschnittlichen Abrechnung anderer Sachverständiger entfernt hat.
Letztlich können damit die hier verlangten Gutachterkosten von Rechts wegen nicht beanstandet werden, so dass dieselben in voller Höhe als ersatzfähig anzusehen sind.
Es sind damit zugunsten des Klägers weitere 889,18 Euro anzusetzen.
Der Schadensersatzanspruch ist damit wie folgt zu berechnen:
2.200,— Euro Sachschaden
. 899,18 Euro Gutachterkosten
. 25,— Euro Pauschale (Die Kürzung hat der Kläger akzeptiert.)
3.124,18 Euro Gesamtschaden
1.610,— Euro Teilzahlung der Beklagten
. 605,03 Euro Teilzahlung der Beklagten
. 25,— Euro Teilzahlung der Beklagten
. 884,15 Euro Offener Schadensbetrag
Der Anspruch auf die Nebenforderungen folgt aus den §§ 280, 2 86, 288 BGB. Allerdings dringt der Kläger mit dem Ansatz einer 1,5-Gebühr nicht durch. Es sind hier wirklich keine Anzeichen dafür wahrnehmbar, dass es sich um eine überdurchschnittlich schwierige Angelegenheit gehandelt hat. Auch bei einer Honorarvereinbarung braucht die Beklagte nicht mehr als angemessen zu erstatten, ob der Kläger den vereinbarten Betrag von dem Kläger verlangen könnte (was zweifelhaft sein dürfte), ist hier nicht zu entscheiden. Als Gegenstandswert ist lediglich 3.124,18 Euro anzusetzen (wenngleich kein Tabellensprung vorliegt), mithin beträgt die Gebühr in Höhe „von 1,3 lediglich 327,60 Euro. Die übrigen Positionen aus der Gebührenrechnung, die im Schreiben vom 10. März 2014 enthalten sind, übernimmt‘ das Gericht, die Beklagte insoweit keine konkreten Einwände erhoben hat. Es rechnet sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 458,86 Euro. Hiervon ist wiederum die Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 334,75 Euro in Abzug zu bringen, so. dass 124,11 als noch zu zahlen übrigen bleiben. Nachdem es sich hier um einen Schadensersatzanspruch handelt, besteht ein direkter Zahlungsanspruch.
Die Kosten des Rechtsstreites waren der Beklagten alleine aufzuerlegen, da sie im Wesentlichen unterlegen war (§§ 91 I 1, 92 II, ZPO). Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für- erledigt erklärt wurde, entsprach es billigem Ermessen, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da die vorgerichtlichen Anwaltskosten nun wirklich schon früher hätten gezahlt^werden können, jedenfalls in der berechtigten Höhe (§ 91a ZPO) .
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung für den Kläger konnte nicht zugelassen werden, weil keine der Voraussetzungen des § 511 IV 1 ZPO vorliegt.
Diese Entscheidung kann allerdings von der Beklagten mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht in Darmstadt, Mathildenplatz 13. und 15, 64283 Darmstadt. Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Der Streitwert beträgt 884,15 Euro; die Anwaltskosten bleiben als Nebenforderung unberücksichtigt, selbst wenn sie sich aus einem höheren Streitwert berechneten.
Diese Entscheidung bezüglich des Streitwertes kann mit der Beschwerde angefochten werden.. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird. Sie ist einzulegen bei dem Amtsgericht Offenbach am Main, Kaiserstraße 16 – 18, 63 065 Offenbach am Main. Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.