Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum Wochenende veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Otterndorf zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die ohne Rechtsgrund die berechneten Sachverständigenkosten vorgerichtlich nach Gutsherrenart gekürzt hatte. Der junge Richter hat die HUK-COBURG jedoch mit ihrem Kürzungswahn in die Schranken gewiesen. Unseres Erachtens handelt es sich um ein perfekt begründetes Urteil bezüglich der Sachverständigenkosten. Die vorgerichtlichen Kosten des Anwalts wurden jedoch leider abgewiesen. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Otterndorf
2 C 267/14
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr.d.d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff Stefan Gronbach u.a., Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Otterndorf im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 05.09.2014 am 19.12.2014 durch den Richter F. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 122,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2014 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2 Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 60 %, die Klägerin zu 40 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
Der Kläger hat aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte gemäß §§ 823 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG i.V.m. § 398 BGB einen Anspruch auf Ersatz der weiteren ausgestellten Sachverständigenkosten.
1.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Aktivlegitimation ergibt sich aus der Abtretungserklärung der Geschädigten vom 15.05.2014. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestehen nicht, weil die abgetretene Forderung hinreichend bestimmbar ist. Die Höhe der Forderung ergibt sich aus der Sachverständigenrechnung, auf die in der Abtretungserklärung ausdrücklich Bezug genommen wurde. Schuldner ist ausweislich der Abtretungserklärung der Unfallgegner des Zedenten und dessen KfZ-Haftpflichtversicherer, die namentlich genannt werden.
Die alleinige Haftung der Beklagten für die Unfallschäden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat auch der Höhe nach die Sachverständigenkosten vollständig zu tragen.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Das ist hier im Hinblick auf die streitgegenständliche Rechnung des hier klagenden Sachverstandigenbüros der Fall.
Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten machen würde (BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947). Abzustellen ist dabei auf den Horizont der Geschädigten als Zedentin, nicht auf die Klägerin als Zessionarin. Im Rahmen der Schadensminderungspflicht ist die Geschädigte gehalten, einen wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung im Rahmen des Zumutbaren zu beschreiten, nicht aber, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich so zu verhalten, als ob sie den Schaden selbst tragen müsste (BGH, ebd.). Überobligatorische Anstrengungen können von der Geschädigten nicht verlangt werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Höhe der Abrechnung nicht zu beanstanden.
Dass das Grundhonorar überhöht wäre, ist hier nicht ersichtlich. Die Höhe des Grundhonorars ist nicht zu beanstanden. Gegen ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist grundsätzlich nichts einzuwenden (BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, NZV 2007, 1450).
Auch im Übrigen ist die Höhe nicht zu beanstanden. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Geschädigte von vornherein hätte erkennen können, dass die Klägerin überhöhte Nebenkosten ansetzen würde. Zwar ist die Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihr Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Die Geschädigte ist dabei aber nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, sondern darf sich damit begnügen, ein für sie in ihrer Lage erreichbares Sachverständigenbüro zu beauftragen. Auch das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honore muss der Geschädigten nicht bekannt sein. Somit fallen die Kosten nicht von vornherein dem Rahmen der für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbeträge nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urt. v. 11.02.2014, a.a.O.). Aus diesen Gründen ist der Anspruch der Klägerin auch nicht auf die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 1 BGB beschränkt. In dem genannten Urteil hielt der BGH sogar Kosten in Höhe von 2,80 EUR pro Lichtbild für ansatzfähig sowie Telefon-, EDV-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 74,00 EUR bei einem Grundhonorar in Höhe von 260,00 EUR. Fahrtkosten erachtete der BGH in Höhe von 1,80 EUR pro Kilometer für ansatzfähig. Schließlich steht es dem Sachverständigen frei, ob einzelne Kosten getrennt abgerechnet werden oder ob ein dementsprechend höheres Grundhonorar verlangt würde. Eine Begrenzung auf eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 100,00 EUR hat der BGH in seinem Urteil gerade nicht vorgenommen, so dass es nicht auf die Verhältnismäßigkeit ankommt, sondern wie bereits ausgeführt allein auf die Erkennbarkeit für den Geschädigten. Dabei ist eine pauschalierte Angabe einzelner Nebenkostenpositionen nicht zu beanstanden.
Dass die Geschädigte gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen hat (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB), indem sie bei der Regulierung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte, ist nicht vorgetragen und ebenso wenig ersichtlich. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang die Überhöhung der Nebenkosten für die Anfertigung der Lichtbilder und der Fahrkosten rügt, dürfte es sich hier vielmehr um eine Frage der Erforderlichkeit handeln, wie auch die Beklagte selbst vorträgt. Wie dies der Klägerin als Geschädigten ohne weiteres erkennbar gewesen sein sollte, wird nicht vorgetragen. Allein dass eine solche überhöhte Abrechnung von Nebenkosten vorliegt, die vorher nicht erkennbar war, rechtfertigt nicht die Annahme eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht der Geschädigten.
3.
Zinsen auf diese Forderung von 122,61 EUR stehen der Klägerin gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB ab dem 20.08.2014 analog § 187 BGB zu, nachdem die Klage am 19.08.2014 zugestellt worden ist.
II.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Sie kann diese Kosten nicht gemäß §§ 280 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2, 286 BGB als Verzugsschaden geltend machen. Sie hat nicht vorgetragen, dass sich die Beklagte bei Tätigwerden des von der Klägerin beauftragten Rechtsanwaltes am 23.06.2014 bereits in Verzug befand. Auch aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 249 BGB kann die Klägerin diesen Anspruch nicht herleiten. Zwar fallen vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in den Schutzbereich des § 7 Abs. 1 StVG. Dies gilt jedoch nur für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die den Geschädigten selbst entstehen. Für die Klägerin als Zessionarin waren die Rechtsanwaltskosten jedoch keine adäquat kausale Folge des Verkehrsunfalls mehr.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO auf 122,61 EUR festgesetzt.