Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
jetzt hat es schon wieder einige Zeit gebraucht, bis ich neue Beiträge hier im Captain-Huk-Blog veröffentlichen kann. Ihr werdet nunmehr häufiger auf Beiträge von mir warten müssen. Das ist eben meiner momentanen Erkrankung geschuldet. Gleichwohl will ich Euch heute im Captain-Huk-Blog ein interessantes Urteil aus Pfaffenhofen an der Ilm im Schadensersatzprozess um die Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG vorstellen. Wieder einmal hatte die HUK-COBURG versucht, die Firma SV-Net, über die wir bereits berichtet hatten, ins Spiel zu bringen und auf dieser Grundlage die Sachverständigenkosten zu kürzen. Bekanntlich sind bei der besagten Firma angeblich für einen Festpreis von 280,– € Gutachten zu erhalten. Welche Qualität diese Gutachten haben, darüber schweigt allerdings die HUK-COBURG. Wegen der Ungewissheit der Qualität sind derartige Gutachten bereits abzulehnen. Ob es sich daher bei dem Gutachten einer Firma SV-Net um ein qualifiziertes Gutachten handelt, scheint mehr als bedenklich. Der BGH hat aber entschieden, dass der Geschädigte zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen darf, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er regelmäßig berechtigt ist, einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH VI ZR 67/06). Damit hat der BGH entschieden, dass es auf die Interessen des Geschädigten und nicht auf die Interessen des Schädigers ankommt. Der Schädiger ist Schuldner der Schadensersatzforderung. Dem deutschen Schadensersatzrecht ist es fremd, dass der Schuldner bestimmen kann, wie Schadensersatz zu leisten ist. Der Schuldner hat zu leisten und der Gläubiger zu fordern. So ist das Schadensersatzrecht – zu Recht – geregelt worden. Dass bei jedem Streitwert das Gutachten qualifiziert zu 280,– € Festpreis erstellt werden kann, erscheint schon fraglich. Man denke nur an die Begutachtung des verunfallten Zweiwegefahrzeugs mit einem Schadensbetrag von rund 800.000,– € und einem vom OLG Dresden zugesprochenen Sachverständigenkostenbetrag von rund 20.000,– €. Ein derart qualifiziertes Gutachten soll für 280,– € erstellt werden können? Das ist doch lachhaft. Das erkennende Amtsgericht Pfaffenhofen hat aber – zu Recht – den faulen Apfel, den die HUK-COBURG mit der Fa. SV-Net hingereicht hat, sofort erkannt und entsprechend aussortiert. Die dazu im Urteil getroffenen Worte sind bezeichnend. Lest aber selbst das interessante Urteil über die von der HUK-COBURG benannte Firma SV-Net und deren Festpreise und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Pfaffenhofen a.d. Ilm
Az.: 1 C 841/17
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand Dr. Weiler Wolfgang, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Pfaffenhofen a.d. Ilm durch den Richter am Amtsgericht M.-S. am 15.12.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 281,41 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2017 sowie weitere 66,30 € zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 281,41 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war in vollem Umfang begründet.
Der Kläger hatte noch einen restlichen Schadenersatzanspruch in Höhe von 281,40 € nicht erstatteter Sachverständigenkosten.
Die Beklagte meint, dass sie aufgrund der an den Kläger übersandten Liste von Sachverständigen, die über SV-NET erreichbar wären, Einfluss auf die Auswahl des Sachverständigen nehmen konnten, jedenfalls mindestens den Kläger als Geschädigten „bösgläubig“ im Hinblick auf die Sachverständigenvergütung zu machen, da unter SV-NET durch die Beklagte vermittelte Sachverständige zu einem Festpreis von 280,00 € unabhängig von der Höhe des Sachschadens ein Gutachten erstatten würden.
Problematisch erscheint hier schon, unter welchen Bedingungen hier dieser „Festpreis“ von der Beklagten mit den Sachverständigen von SV-NET ausgehandelt wurden. Offen wurde dies jedenfalls nicht kommuniziert.
Problematisch erscheint weiterhin, dass auf diese Weise nicht unter SV-NET gelistete Sachverständige nicht gewählt werden dürften.
Problematisch erscheint darüber hinaus, dass auch freie Sachverständige dann sich indirekt dem Diktat des in SV-NET „vereinbarten“ Pauschal-Festpreises unterordnen müsste. Eine freie Preisbestimmung nach Angebot und Nachfrage wäre damit nicht mehr gegeben, da SV-NET den Preis bestimmen würde.
Problematisch wäre zudem, dass nun SV-NET die Sachverständigenkosten festlegen würde, während, was auch der Beklagten hinlänglich bekannt ist, die Sachverständigen nach BVSK abgerechnet werden können. Danach bestimmt sich das Grundhonorar nach der Schadenshöhe.
Die Abrechnung nach BVSK ist zudem höchstrichterlich anerkannt. Auch das OLG München hat hierzu ausführlich, was der Beklagten bekannt ist, schon Position bezogen.
Statt Klarheit zu schaffen, würde SV-NET zu einem Wettbewerb der Preise, allerdings nur nach unten, führen, ähnlich wie dies bereits im Rahmen der Mietwagenkosten zwischen Schwacke und Frauenhofer Liste der Fall ist.
Insoweit ist abschließend festzustellen, dass die Auswahl des Sachverständigen dem Geschädigten und damit dem Kläger obliegt.
Desweiteren muss nicht der Kläger als Geschädigter den Streit der Versicherungen mit den Sachverständigen „ausbaden“. Das müssen vielmehr die Versicherung und damit die Beklagte mit dem Sachverständigen ggf. selbst; denn im Rahmen der Abrechnung hat der Geschädigte nur eine Plausibilität der Sachverständigenrechnung vorzunehmen, so dass der Geschädigte selbst dann seine Sachverständigenkosten ersetzt erhält, sollten diese ausnahmsweise mal zu hoch sein.
Die Klage war daher vollumfänglich begründet.
Kosten: § 91 ZPO
vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO
„Problematisch erscheint hier schon, unter welchen Bedingungen hier dieser „Festpreis“ von der Beklagten mit den Sachverständigen von SV-NET ausgehandelt wurden. “ Dieser Satz aus der Urteilsbegründung besagt doch alles. Der Satz bedeutet doch, dass die Beklagte (HUK-COBURG Allg. Vers. AG) mit den Sachverständigen der SV-NET einen Festpreis ausgehandelt haben. Diese Vereinbarung ist eindeutig ein Vertrag zulasten Dritter, nämlich dem Geschädigten bzw. dem freien Sachverständigen. Die HUK-COBURG spricht sich doch immer gegen Verträge zulasten Dritter aus, siehe Urteile vor dem AG Halle, wenn es angeblich um Preisvereinbarungen zu ihren Lasten geht. Preisvereinbarungen zulasten des Geschädigten sollen aber rechtens sein. Da lachen alle Hühner!
Mit Recht hat der zuständige Amtsrichter dies erkannt und der HUK-COBURG die Festpreise der SV-Net um die Ohren gehauen. Eine schallende Klatsche für die HUK-COBURG.
Sowohl HUK-Honorartableau als auch Festpreise nach SV-NET sind nicht geeignet, den erforderlichen Geldbetrag darzustellen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die HUK-COBURG überhaupt berechtigt ist, Preise zu diktieren. Als Schuldner des Schadensersatzanspruch hat sie diesen zu erfüllen. Dass der Schuldner Forderungsrechte haben soll, ist dem BGB fremd, denn es spricht nur von der Leistungspflicht des Schuldners. Demgegenüber hat der Gläibiger das Forderungsrecht, und nur der.
HUK-COBURG bleib bei deiner Leistungspflicht, die dir das Gesetz auferlegt. Rechte stehen dir nicht zu.
Hi
Partnersachverständigenpreise sind aus demselben Grund nicht maßgeblich wie Partnerwerkstattpreise.
Sie beruhen auf Vereinbarungen ohne jeden realistischen Marktbezug und stehen deshalb unter dem Verdacht,falsch dargestellt zu werden,weil vermutlich getroffene aber verheimlichte Kick Back Zusätze existieren.
In Klageverfahren sollte grundsätzlich der GF von SV-NET als Zeuge dafür benannt werden,dass die 280,-€ nicht alles sind, was er für einen so von der HUK vermittelten Gutachtensauftrag letztlich an Vergütung erhält.
Dann würde recht bald die Situation eintreten,dass die Klageforderung anerkannt wird,sobald dieser Beweisantrag auch nur gestellt wird.
Klingelingelingelts?
Halloooooo—- SV-Net——-wann merkste endlich,daß das nix wird und dass deine Verbandelung mit der HUK nur einen Gewinner kennt und der bist bestimmt nicht du!
@ Willi Wacker
„Dem deutschen Schadensersatzrecht ist es fremd, dass der Schuldner bestimmen kann, wie Schadensersatz zu leisten ist. Der Schuldner hat zu leisten und der Gläubiger zu fordern. So ist das Schadensersatzrecht – zu Recht – geregelt worden.“
Wenn Richterinnen und Richter – bis hinauf zum BGH – diese Maxime beachten und respektieren, würden sich zukünftig sämtliche Urteile dieser Art in der BRD nicht mehr damit befassen, eine Überprüfung der Rechnungshöhe nach werkvertraglichen Krieterien vorzunehmen, wie es ihnen offenbar massiv mit unfassbarem Aufwand aufoktroyiert wird.
Wenn dennoch einige Gerichte in Kenntnis dieser Umstände das allein schadenersatzrechtlich maßgebliche Fundament negieren, so spricht das nicht für die Funktion unseres Rechtsstaates und der zu akzeptierenden Wettbewerbsbedingungen, weil es dabei ausschließlich um einen nicht endenden Preisunterbietungswettbewerb geht und nicht mehr um einen leistungsorientierten Wettbewerb, der die Funktion von verkehrsfähigen Schadengutachten als Grundlage für eine sachlich ausreichende Überprüfung von geltend gemachten Schadenersatzansprüchen erfüllt.
Hier hat erfreulicherweise ein Gericht solchen „Bemühungen“ einen Riegel vorgeschoben.
Danke für deine zutreffende Kommentierung zu diesem Urteil.
R-REPORT-AKTUELL
Ich glaube nicht, das bei SV-Net nicht fachlich kompetent agiert wird und denke das da ein Geschäftsführer, im eigenen Interesse, gescholtene fragwürdig Leute beschäftigt!
@ glöckchen „Partnersachverständigenpreise sind aus demselben Grund nicht maßgeblich wie Partnerwerkstattpreise.“
Ja, so sehe ich das auch. Denn Werkstatt und Sachverständige sind nach höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung (BGHZ 63, 182 ff. und OLG Naumburg DS 2006, 283 ff.) beides Erfüllungsgehilfen des Schädigers.
Wenn der einstandspflichtige Schädiger mit verschiedenen Werkstätten Sondervereinbarungen trifft, die die Rechte der Geschädigten beschneiden sollen, so handelt es sich bei diesen Vereinbarungen um Verträge zu Lasten Dritter, die bekanntlich unzulässig sind. Das Gleiche gilt für Sondervereinbarungen mit verschiedenen Sachverständigen. Dazu zählen u.a. auch die Sachverständigen der SV-Net.
Damit die Hintergründe der Sondervereinbarungen geklärt werden können, halte ich auch den vorgeschlagenen Beweisantrag für gerechtfertigt, aber auch notwendig. Der gesellschaftsrechtlich verantwortliche Geschäftsführer soll ruhig, gegebenfalls auch unter Eid, über die von der Huk-Coburg vermittelten Aufträge aussagen! Bei wahrheitsgemäßer Aussage unter Eid, aber auch die falsche uneidliche Aussage ist strafbar!, wird der wahre Entgeltbetrag ans Licht kommen.
@Versicherungskritiker
„Wenn der einstandspflichtige Schädiger mit verschiedenen Werkstätten Sondervereinbarungen trifft, die die Rechte der Geschädigten beschneiden sollen, so handelt es sich bei diesen Vereinbarungen um Verträge zu Lasten Dritter, die bekanntlich unzulässig sind. Das Gleiche gilt für Sondervereinbarungen mit verschiedenen Sachverständigen. Dazu zählen u.a. auch die Sachverständigen der SV-Net.“
Frage:
Für die DEKRA-Automobil GMBH, Car€xpert, Cotroll€xpert und SSH-Sachverständige und div. BVSK-Sachverständige mit Großbüros etwa nicht?
O.K.
@ O.K.
Selbstverständlich zählen die auch dazu. Ich habe ausdrücklich „u.a.“ (was bedeutet: unter anderem) geschrieben. Unter anderem schließt auch andere, wie die von dir genannten, ein.
Unter Berufung des BGH 50/15 wird nun immer wieder falsch erklärt, dass der Bundestag (BT17/11471) in der Neufassung des JVEG als Nebenkosten nur den tatsächlichen Aufwand (=Fremdrechnung) berücksichtigt. Da musste ich doch mal prüfen und stellte im Zusammenhang Gegenteiliges fest:
„Ziel der Neuregelung ist es, die Höhe der Gebühr von dem tatsächlich erbrachten Aufwand und nicht von der Art des erteilten Auftrags abhängig zu machen. Ob der Notar einen Entwurf zur Vorbereitung einer geplanten Beurkundung oder davon losgelöst im Rahmen eines besonderen Auftrags fertigt, soll keinen Einfluss auf die Höhe der zu erhebenden Gebühr mehr haben. Wenn der Notar mit der Beurkundung beauftragt worden ist und der Auftrag zurückgenommen wird, nachdem er zur Vorbereitung den Entwurf der Urkunde gefertigt hat, soll ihm dieser Aufwand auch entsprechend entgolten werden. Er soll die gleichen Gebühren beanspruchen können wie der Notar, der nur mit der Fertigung eines Entwurfs betraut worden ist. Dabei wurde berücksichtigt, dass die geltenden Regelungen für Entwurfstätigkeiten (§ 145 KostO) nicht alle denkbaren Sachverhalte befriedigend abdecken, die in diesen Bereichen nahezu unüberschaubar sind. Um für jeden Einzelfall ein angemessenes Ergebnis zu erzielen, soll hier das Instrument einer Gebührensatzrahmengebühr eingeführt werden (Teil 2 Hauptabschnitt 1 Abschnitt 3 KV GNotKG- E für den abgebrochenen Beurkundungsauftrag bzw. Teil 2 Hauptabschnitt 4 Abschnitt 1 KV GNotKG- E für die isolierte Entwurfsfertigung).
Eine ergiebige und interessante Kommentarenliste. Vielen Dank.-
Paul St.