Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
vor dem morgigen Feiertag stellen wir Euch hier ein Urteil aus Pforzheim zu den Rechtsanwaltskosten gegen die VHV und deren Versicherungsnehmer zur Problematik der „Abrechnung von Anwaltskosten bei Vertretung mehrer Geschädigter nach einem Verkehrsunfall“ vor. Das erkennende Amtsgericht Pforzheim hat entschieden, dass im dortigen Fall keine „einheitliche Angelegenheit“ iSv. § 7 RVG vorliegt. Dementsprechend kann der Anwalt des Klägers, der einerseits den Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs wegen der Sachschäden und andererseits den durch den Unfall verletzten Insassen vertritt, die jeweiligen Aufträge auch gesondert abrechnen. Lest selbst das Urteil des AG Pforzheim und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und einen schönen morgigen Feiertag
Willi Wacker
Aktenzeichen:
4 C 54/16
Amtsgericht Pforzheim
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) VHV Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorsitzender des Vorstandes Thomas Voigt, Constantinstr. 90, 30177 Hannover
– Beklagte –
2) ….
– Beklagter –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Pforzheim durch den Richter am Amtsgericht Dr. G. am 29.11.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.01.2016 zu bezahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 147,56 € festgesetzt.
Tatbestand
(entfällt gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise auch begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf Grund des Verkehrsunfalls am 06.07.2015 in Pforzheim.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Bei der Geltendmachung des Schmerzensgeldes und der Attestkosten des Klägers gegen die Beklagten und der Geltendmachung des Sachschadens durch den Eigentümer des beschädigten Pkws … handelt es sich um keine einheitliche Angelegenheit im Sinne des § 7 RVG.
Unstreitig hat die Prozessvertreterin des Klägers zwei getrennte Aufträge vom Kläger und dem geschädigten Eigentümer bekommen und die Angelegenheit unter getrennter Aktenführung auch getrennt geltend gemacht. Damit liegt schon kein einheitlicher Auftrag vor (vgl. Mayer in: Geroid/Schmidt. RVG, 20. Aufl., § 15 Rz. 8 n.w.N.). Soweit die Beklagten die Aufassung vertreten, eine einheitliche Angelegenheit liege auch vor, wenn der Rechtsanwalt in einem Verfahren zwei Personen mit verschiedenen Interessen vertrete und insoweit auf die Kommentierung von Gerold/Schmidt (RVG, 21. Aufl., § 15 Rz. 6) verweisen, liegt schon keine Vertretung in einem Verfahren vor. Zudem betrifft dies eine – im übrigen streitige – Auffassung im Rahmen des Strafverfahrens (vgl. insoweit Gerold/Schmidt a.a.O. Rz. 14).
Der Kläger hat auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Denn es gibt zwar Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger möglicherweise im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht verpflichtet gewesen wäre, gemeinsam mit dem Eigentümer seine Prozessvertreterin zu beauftragen, die Beklagten haben jedoch Entsprechendes nicht vorgetragen. Nur wenn auf den entsprechenden von Amts wegen zu beachtenden Einwand kein substantiierter Vortrag des Klägers gekommen wäre, hätte die Behauptung des primär Darlegungspflichtigen, also der Beklagten, trotz ihrer mangelnden Substantiierung als zugestanden gegolten (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 30. Aufl.. Vor § 284 Rz. 34 c).
Der Höhe nach ist die Klagforderung nicht bestritten.
Die Klage auf Erstattung weiterer vorprozessualer Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Geltendmachung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Schmerzensgeldes und der Attestkosten war abzuweisen.
Die Prozessvertreterin des Klägers war bereits vor Ablehnung der Zahlung eigener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für das geltend gemachte Schmerzensgeld samt Attestkosten damit beauftragt, entsprechende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gegenüber den Beklagten geltend zu machen. Durch die vorliegende isolierte Geltendmachung der Erstattung der Rechtsanwaltskosten hat sich insoweit nur der Gegenstandswert erhöht, weil die Rechtsanwaltskosten nicht mehr als Nebenkosten zur gleichzeitig geltend gemachten Hauptforderung, dem Schmerzensgeld und den Attestkosten, geltend gemacht worden sind, sondern isoliert (vgl. Herget in: Zöller a.a.O. § 4 Rz. 13). Der Gegenstandswert hat sich damit von 553,75 € auf (zzgl. 147,56 € =) 701.31 € erhöht. Dies führt jedoch zu keinem Gebührensprung.
Die Entscheidung hinsichtlich der Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB. Mit Schreiben vom 08.01.2016 hat die Beklagte Ziffer 1 die Leistung endgültig verweigert und befindet sich mithtn ab 09.01.2016 in Verzug und schuldet Verzugszinsen. Die weitergehende Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Volistreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Denn der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erforderlich, § 511 Abs. 4 ZPO.