Mit Urteil vom 01.10.2008 (4 C 104/08) hat das Amtsgericht Pforzheim die HDI Industrie Versicherung AG zur Zahlung weiterer 2.683,59 € zzgl. Zinsen verurteilt. Dabei nahm es auch zur Anwendung der Schwacke-Liste Stellung.
Die Haftung der Kfz-Haftpflichtversicherung dem Grunde nach ist unstreitig. Auf angefallene Mietwagenkosten in Höhe von 5.151,99 € zahlte die HDI lediglich einen Betrag von 2.260,00 €.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7,17 StVG In Verbindung mit §§1,3 PflVG Anspruch auf Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 2.683,59 €.
Der Kläger war grundsätzlich zur Anmietung eines Ersatzfahrzeuges berechtigt, denn kann der Geschädigte wegen eines schädigenden Ereignisses die Sache nicht nutzen, hat ihm der Schädiger die Kosten, die für die Anmietung einer gleichwertigen Sache entstehen zu ersetzen (BGH GrZS NJW 1987, 50).
In diesem Rahmen kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte (ständige Rechtsprechung: BGHZ160,377,383 ff; BGH Urteil vom 12.06.2007 Az.: VI ZR161/06; Urteil vom 20.03.2007 Az.: VI ZR 254/05; Urteil vom 30.01.2007 Az.: VI ZR 99/06).
Der Geschädigte ist nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsatzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Fahrzeug zu einem gegenüber dem „Normaltarif“ erhöhten Unfallersatztarif anmietet, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. zuletzt: BGH Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07).
Ausgangspunkt ist dass der Mindestbetrag der zu ersetzenden Mietwagenkosten als „Normaltarif auf der Grundlage des gewichtigen Mittels bzw. des Modus der Schwacke-Liste gem. 287 ZPO geschätzt werden kann (vgl. BGH vom 09.05.2006, Az,: VI ZR 117/05, vom 04.07.2006, Az.: VI ZR 237/05, vom 30.01.2007, Az.: VI ZR 99/06, vom 12.07.2007, Az.: VI ZR 161/06, vom 26,07.2007, Az: VI ZR 163/06, zuletzt Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07 sowie OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.03.2008, Az. 1 U 17/08 und LG Karlsruhe Urteil vom 25.04.2008 Az.: 9 S 510/07)
Der Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 stellt ebenso wie die Schwacke-Liste 2003 und 2Q06 auch eine geeignete Schätzungsgrundiage dar (vgl. BGH Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07), da dieser keine erheblichen methodischen Mängel bei der Datenerhebung und deren Auswertung aufweist und keine ausreichenden und nachgewiesenen Anhaltspunkt dafür vorliegen, dass die zwischenzeitlich eingetretene Preissteigerung allein ein Reflex auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ist (vgl. zum Mietpreisspiegel 2006: OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.03.2008, Az.: 1 U 17/08).
Soweit die Beklagte pauschal die Anwendbarkeit der Schwacke-Llste als Schätzungsgrundlage, insbesondere im Hinblick auf die Ihr zugrundeliegenden Erhebungsmethoden, ablehnt, kann sie hiermit im Ergebnis nicht durchdringen. Zwar darf die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzungsgrundlage nachzugehen, Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können (vgl. BGHZ 161,151,154 ff.) nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass der geltend gemachte Mangel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirkt (BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az,: VI ZR 164/07). Ein solcher Tatsachenvortrag liegt jedoch nicht vor.
Unabhängig davon teilt das erkennende Gericht jedoch auch nicht die Auffassung der Beklagten, dass die Schwacke-Liste den tatsächlichen Normaltarif nicht wiedergebe. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das vom Beklagten-Vertreter angeführten Gutachten des Dr. Zinn. Aufgrund der von Dr. Zinn angewendeten Erhebungsmethoden ist davon auszugehen, dass in dieser Untersuchung in nicht unerheblichem Maße Tarife mit Sonderkonditionen eingeflossen sind. Bei der Anmietung zeigte sich nämlich der Kunde im Hinblick auf die Anmietemodalitäten besonders flexibel, was den Vermieter in die Lage versetzte, weniger ausgelastete Fahrzeuge zu Sonderkonditionen anzubieten (vgl. Vuja, die Ermittlung des Normaltarifes und des pauschalen Aufschlags in der Unfallersatztarif-Rechtsprechung des BGH, NJW 2008, 2369, 2372); die Inanspruchnahme von Sonderkonditionen wird bei der Anmietung in einer Unfallsituation jedoch gerade nicht in Betracht kommen.
Soweit kritisiert wird, dass im Rahmen der Schwacke-Liste Internetangebote nicht berücksichtigt werden, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um ein eigenständiges Marktangebot für besondere Nutzergruppen handelt. Diese Angebote werden vor allem darauf angelegt sein, eine möglichst hohe Auslastungsquote zu erreichen (vgl. Vuja, a.a.O.).
Zwar ist im Hinblick auf das Gutachten von Prof. Dr. Klein wohl einzuräumen, dass die Schwacke-Liste durchaus Schwächen aus statistisch-methodischer Sicht aufweist (so auch Vuja, a.a.O.). Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es gerade nicht dem Sinn und Zweck des § 287 ZPO entspricht, eine mathematisch exakte Ermittlung zu ermöglichen.
Solange keine genauere Schätzungsgrundlage vorhanden ist, bestehen daher gegen die Anwendung der Schwacke-Liste im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken (vgl. auch OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92).
Demnach ist in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der Normaltarif auf der Grundlage des Modus der Schwacke-Liste 2007 zu schätzen. Maßgeblich ist hierbei das Postleitzahlengebiet, in welchem die Anmietung des PKWs erfolgte, da dort auch der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07).
Weiterhin ist ein Zuschlag für unfallbedingte Mehraufwendungen zu gewähren, den das erkennende Gericht In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 18.09.2007, Az.: 13 U 217/06; zuletzt für 15 %: BGH Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07) auf 20% schätzt Die Klägerseite hat konkret vorgetragen, worin diese Aufwendungen bestanden, nämlich Kreditierung, Kautionsverzicht, vorläufige Stundung der Rechnung inklusive des hierdurch bedingten verwaltungstechnischen Mehraufwandes.
Vorliegend mietete der Kläger am Tag des Unfalls, mithin am 15.05.2007 um 22.00 Uhr bei der XY-Autovermietung im Postteitzahlengebiet 751 ein Fahrzeug der Mtetwagenklasse 07 an. Da die Anmietung demnach am späten Abend des Unfalltages erfolgte, geht das Gericht von dem Vorliegen einer Eil- und Notsituation aus, auch wenn insoweit kein konkretisierender Vortrag des Klägers erfolgte.
In diesem Rahmen ist auch nur maßgeblich, dass spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallaeschädkrte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH Urteil vom 09.10.2007 Az.: VI ZR 27/07; Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 243/05); allerdings sind die typischerweise erforderlichen Mehrleistungen tatsächlich auch dem Kläger zugute gekommen, insbesondere die Kreditierung und die Möglichkeit der Anmietung außerhalb der regulären Öffnungszeiten.
Soweit die Beklagte einwendet, dass der Kläger sein Fahrzeug insgesamt dreimal gewechselt hat, ist dies zumindest im Hinblick auf die Neuanmietung am Folgetag nach dem Unfall unerheblich. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger in der konkreten Unfallsituation zunächst ein 2-klassentieferes Fahrzeug angemietet hatte und demnach ein legitimes Interesse seinerseits an einem Wechsel auf ein klassengleiches Fahrzeug bestand, da der Geschädigte grundsätzlich berechtigt ist, einen dem Unfallfahrzeug entsprechenden PKW anzumieten. Zudem erfolgte die Ummietung unmittelbar am Folgetag des Unfalls, sodass selbst unter Bezugnahme auf die ältere Rechtsprechung des LG Karlsruhe (9 s 400/06), wonach sich der Geschädigte ab dem dritten Tag um die Anmietung eines Fahrzeuge zum Normaltarif bemühen musste, eine entsprechende Verpflichtung des Klägers keinesfalls bestand.
Ob sich grundsätzlich etwas anderes im Hinblick auf die am 26.05.2007, mithin fast zwei Wochen nach dem Unfall, erfolgte Ummietung ergibt, kann vorliegend dahinstehen. Ob hier eine Konstellation vorliegt, in welcher dem Geschädigten ein günstiger Tarif ohne weiteres zugänglich war, wofür nach den allgemeinen Grundsätzen der Schädiger dariegungs- und beweispflichtig wäre (BGH Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07), und diesem daher unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Scha-densminderungspflicht eine kostengünstigere Anmietung zugemutet werden konnte, ist nicht entscheidungserheblich.
Aus der nachfolgenden Berechnung ergibt sich nämlich, dass die Klage auch dann vollumfänglich begründet ist, wenn man einen pauschalen Aufschlag von 20% nur für die Anmietdauer bis zum 26.05.2007 gewährt und im übrigen lediglich den sich aus der Schwacke-Liste 2007 ergebenden Normaltarif als erforderlich im Sinne des § 249 BGB und damit als erstattungsfähig erachtet.
Für die Anmietung des Fahrzeugs der Klasse 07 am Unfalltag ist zu beachten, dass der Geschädigte zwar grundsatzlich ein klassengleiches Fahrzeug anmieten darf; mietet er jedoch ein klassentieferes an, kann er auch nur diese Kosten ersetzt verlangen. Allerdings ist dann auch keine Eigenersparnis in Abzug zu bringen, da der Schädiger durch die Vorteilsausgleichung nicht unbillig entlastet werden soll (Palandt-Heiwichs, zu § 249 Rn. 32).
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ergibt sich folgende Berechnung:
Für den 15.05.2007 (1 Tag):
1 x Tagespauschale/Klasse 07: 133,00 €,
Vom 16.05.2007 bis zum 26.05.2007 (10 Tage)
1 x Wochenpauschale/Klasse 09: 1.007,00 €,
1 x 3-Tagespauschale/Klasse 09: 554,00 €,
was zusammen einen Betrag von 1.561,00 € ergibt,
abzüglich 5 % Eigenerspanis____ 78,05 €.
Somit verbleibt ein Gesamtbetrag von 1.615,95 €
auf welchen für unfallbedingte Mehrleistungen ein Aufschlag von 20 % zu gewähren ist; hiernach ergibt sich ein Betrag von 1.939,14 €.
Nebenkosten nach der Schwacke-Liste sind ebenfalls ersatzfähig, soweit die zugrunde liegenden Leistungen erforderlich waren. Hierzu zählen auch die Kosten, welche für eine Vollkaskoversicherung anfallen, denn unabhängig davon, ob das beschädigte Fahrzeug gleichfalls entsprechend versichert war, besteht grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse des Kunden besteht, für die Kosten einer eventuellen des Mietfahrzeuges nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und höherwertiger sind als die verunfallten Fahrzeuge (BGH NJW 2005,1041).
Zuschläge:
1 Tagespauschale Vollkasko/Klasse 07: 26,00 €,
1 x Wochenpauschate Vollkasko/Klasse 09: 154,00 €,
1 x 3-Tagespausehale/Klasse 09: 81,00 €
ergibt einen Gesamtbetrag von 261,00 €.
Somit ergibt sich für die Anmietdauer vom 15.05. bis zum 26.05.2007 ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 2.200,14 €.
Für die Mietdauer vom 27.05.2007 bis zum 12.06.2007 (18 Tage) ist vortiegend die Berechnung allein nach dem sich aus der Schwacke-Liste 2007 ergebenden Normaltarif erfolgt.
Hier ergeben sich folgende erstattungsfähige Kosten:
2 x Wochenpauschale/ Klasse 09 zu je 1.007,00 €,
1 x 3-Tagespauschale/Klasse 09: 554,00 €,
1 x Tagespauschale/Klasse 09; 189.00 €.
was einen Gesamtbetrag von 2.757,00 € ergibt,
abzüglich 5 % Eigenersparnis: 2.619,15 €.
Kosten für die Teil-/Vollkasko waren ebenfalls zu erstatten, wonach die folgenden Zuschläge zu gewähren waren:
2 x Wochenpauschale/Klasse 09 je 154,00 €,
1 x 3-Tagespauschate/Klasse 09: 81,00 €,
1 x Tagespauschale/Klasse 09: _________ 31.S0€.
ergibt ein Betrag von 420,50 €.
Somit besteht für diesen Anmietzeitraum ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 3.039,65 €.
Danach ergibt sich für die Gesamtanmietdauer von 29 Tagen eine Summe von 5.239,79 €. Hierauf hat die Beklagte vorprozessual bereits 2.260,00 € gezahlt, wonach ein Restbetrag von 2.979,79 € verbleibt.
Demzufolge waren dem Kläger im Hinblick auf die tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten der klageweise geltend gemachte Betrag vollumfänglich zuzusprechen.
So das AG Pforzheim.