Hallo verehrte Captain-HUK-Leser, hier noch ein älteres Urteil aus Regensburg. In diesem Rechtsstreit hat die HUK-Coburg doch allen Ernstes vortragen lassen, dass der Geschädigte anstelle des freien Sachverständigen auch TÜV oder DEKRA mit der Erstellung des Schadensgutachtens hätte beauftragen können. Das Ansinnen als solches entbehrt schon jeglicher Grundlage. Darüber hinaus wird die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Rechten des Geschädigten mit dem Recht der freien Gutachterwahl mit Füßen getreten. Wer war wieder die Beklagte, die derartige Ansinnen stellt? Natürlich die HUK-Coburg! Lest daher selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Amtsgericht Regensburg
Az.: 3 C 573/10
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
Sachverständiger
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Allgem. Versicherungs AG, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg,
Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Regensburg durch den Richter am Amtsgericht … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2010 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 691,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.05.2010 und aus 661,83 € seit 20.02.2010 bis 30.04.2010 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht als KFZ-Schadensgutachter gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des in den Unfall verwickelten PKW, amtliches Kennzeichen: … , aus abgetretenen Schadensersatzansprüchen des Geschädigten … aus einem Verkehrsunfall, bei welchem genannter PKW angefahren war, eigenes restliches Gutachterhonorar in Höhe von noch 691,85 Euro geltend.
Die Alleinhaftung der Beklagten für das Unfallgeschehen ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auf das klägerseits geltend gemachte Honorar erstattete die Beklagte dem Kläger lediglich 337,–Euro und lehnte Kosten für eine Nachbesichtigung ab.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 691,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 20.02.2010 aus einem Betrag von 661,83 € sowie im Übrigen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie hält den Kläger für ausreichend entschädigt.
Die Beklagte hält das geltend gemachte Honorar für unangemessen und bestreitet Angemessenheit und Anfall der Nebenkosten.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, mit welcher der Kläger als KFZ-Schadensgutachter gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des in den Unfall verwickelten PKW, amtliches Kennzeichen: … , des Halters … , aus abgetretenen Schadensersatzansprüchen des Geschädigten … aus einem Verkehrsunfall, bei welchem erstgenannter PKW aufgefahren war, eigenes restliches Gutachterhonorar in Höhe von noch 691,85 Euro geltend macht, ist begründet gemäß §§ 398 BGB, 7, 18 StVG, 115VVG.
Da die Rechnungen des Klägers nicht zu beanstanden ist, war die Beklagte auf die Differenz zu verurteilen.
Die vorgenannte Sachverständigenvergütung stellt einen ersatzpflichtigen Folgeschaden des Unfallereignisses dar, da dies auch bei dem im konkreten Falle eingetretenen Schaden am Fahrzeug des Geschädigten, welchen der Kläger letztendlich mit netto 5.397,18 Euro und einer Wertminderung von 300 Euro bewertet hat, aus Sicht des Geschädigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, vgl. Palandt § 249 BGB Rz. 40.
Insbesondere handelte es sich nicht um einen bloßen Bagatellschaden, der eine derartige sachkundige Schadensfeststellung als überflüssig erscheinen ließe. Diese erübrigte sich im übrigen auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit, einen bloßen Kostenvoranschlag einer Fachwerkstätte einzuholen, da es dem Geschädigten grundsätzlich freisteht, ob er die Schadensbeseitigung überhaupt durchführen lässt, oder ob er auf Gutachtenbasis mit dem Schädiger abrechnet und die Ersatzleistung anderweitig verwendet.
Die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der vom Kläger in Rechnung gestellten Vergütung sind unbehilflich, da der Schädiger vom Geschädigten grundsätzlich die erforderlichen unfallursächlichen Vermögenseinbußen in vollem Umfange zu ersetzen hat, § 249 BGB. Eine Grenze ergibt sich lediglich aus der Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 BGB.
Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann indes nicht festgestellt werden. Ein Geschädigter ist vor Beauftragung eines Schadensgutachtens mangels Kenntnis der branchenüblichen Marktpreise in aller Regel nicht gehalten, Marktforschung zu betreiben.
Im übrigen hält sich die vom Sachverständigen geltend gemachte Vergütung auch an die für den Fall des Fehlens einer vorherigen Vergütungsvereinbarung nach § 632 Abs. 2 BGB anzunehmende übliche Vergütung. Die vom Sachverständigen verlangte Vergütung bewegt sich im Rahmen der Bestimmung nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB und ist daher entsprechend § 315 Abs. 3 BGB für den Geschädigten verbindlich.
Bei der Bewertung schließt sich das Gericht der BVSK – Honorarbefragung 2008/2009 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V., Berlin, an mit der Folge, dass die Vergütung sich in Abhängigkeit der Höhe des zu begutachtenden Schadens bemisst, vgl. dazu BGH NJW 2007, 1450. Dabei hält das Gericht im Interesse der Reduzierung von Verwaltungskosten Pauschalierungen für zulässig. Daraus errechnet sich in genannter Schadenshöhe ein Grundhonorarkorridor, bei welchem je nach Schadenshöhe zwischen 40% und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen, in Höhe von 5.250 Euro bis 5.500 Euro netto von netto 494,- Euro bis 574,- Euro zzgl. Nebenkosten und Mehrwertsteuer.
Der Sachverständige hat bei seiner Honorarrechnung das Grundhonorar ebenso wie auch die Nebenkosten in einem Korridor abgerechnet, in welchem je nach Schadenshöhe zwischen 40% und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. Dies ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Der Gutachterauftrag ist mit entsprechenden Vereinbarungen der Nebenkosten erteilt worden. Dass Geschädigtenseits bei Auftragserteilung gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen worden wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Beklagte einen Geschädigten nicht darauf verweisen, bestimmte Sachverständige (TÜV, Dekra) vor Ort zu beauftragen. Vielmehr darf sich ein Geschädigter auch freier Sachverständiger bedienen. Die Fahrtkosten sind daher auch erstattungsfähig.
Zinsen: §§ 286, 288 BGB
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §5 708 Nr. 11, 713 ZPO
Ich hoffe, dass das Urteil nunmehr vielzählig kommentiert wird.
„Ebenso sollte dieses Urteil wieder Gegenstand eines Filmberichtes im Fernsehen sein.“
Dem kann nur zugestimmt werden.
Aber nicht nur mit einem 20 Sec Film, sondern einen ausführlichen Bericht zur Darstellung der kriminellen Vorgehensweise der HUK
Verweisung auf TÜV u. DEKRA ist wettbewerbswidrig, wurde daher nicht in Erwägung gezogen, die HUK auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen?
Siehe CH:
http://www.captain-huk.de/urteile/olg-naumburg-4-u-4905-olg-naumburg-unterlassungsanspruch-aus-wettbewerbsschaedlichen-aeuperungen
OLG Naumburg, 4 U 49/05 – Unterlassungsanspruch aus wettbewerbsschädlichen Äußerungen
Die Beklagte wird weiter verurteilt, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Beauftragung und Abwicklung von Unfallschadengutachten gegenüber Unfallgeschädigten und potentiellen Kunden des Klägers zu behaupten, beim Kläger gebe es Probleme mit der Abrechnung seiner Sachverständigenhonorare, weil diese überhöht seien.
Dem Sachverständigen steht gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung bei unberechtigten Beanstandungen seiner Abrechnungsweise, die geeignet sind, seine wirtschaftliche Wertschätzung bei Kunden herabzusetzen und sich auf bestehende und künftige Geschäftsverbindungen negativ auswirken, ein Unterlassungsanspruch aus §§ 824, 1004 BGB zu. Dies gilt auch bei Kritisierung seiner Abrechnung auf Basis der Schadenshöhe statt der Zugrundelegung eines Zeitfaktors, da diese Abrechnungsart für sich betrachtet noch keine Überhöhung der Sachverständigenrechnung mit sich bringt.(OLG Naumburg DS 2006, 283, 284 = NJW-RR 2006, 1029ff.) Mit dem vom OLG Naumburg entschiedenen Rechtsstreit war es der verurteilten Kfz-Haftpflichtversicherung untersagt worden, gegenüber Kunden des klagenden Sachverständigen die pauschale Behauptung aufzustellen, er rechne überhöhte Sachverständigenhonorare ab (vgl. zur Abrechnung der Kfz-Sachverständigen: Hiltscher NZV 1998, 488, 490).