Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend gebe ich Euch ein weiteres Sachverständigenrestkosten-Urteil des Amtsgerichts Reinbek gegen die HUK-Coburg bekannt. Ausgeurteilt ist es gegen die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse. Bedauerlicherweise war zunächst die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG in Anspruch genommen worden. Da die einzelnen Gesellschaften selbständige Abkömmlinge der HUK-Coburg-Group sind, waren ein Teil der Kosten der Klägerseite aufzuerlegen. Zu der falschen Bezeichnung in der Klage ist es deshalb gekommen, weil die HUK-Coburg unter dem Briefkopf der Schadenaußenstelle Hamburg korrespondierte und nur auf der zweiten Seite unter der Unterschrift die genaue Gesellschaft steht. Gerade bei den Gesellschaften der HUK-Coburg ist daher genau auf die Bezeichnung der ablehnenden bzw. kürzenden Gesellschaft zu achten. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingesandt durch die Kanzlei Synatschke-Tchon aus Hamburg. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
15 C 78/13
Amtsgericht Reinbek
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) …
– Beklagter –
2) HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg,
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Reinbek durch den Richter am Amtsgericht (Stellvertretender Direktor) … auf Grund des Sachstands vom 10.06.2013 im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO am 10.07.2013 für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 98,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.12.2012 sowie weitere 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 25.04.2013 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1/3, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/3. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 2/3. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 98,77 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in zuerkannter Höhe aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 115 WG, 249 Abs. 2, 398 BGB.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach anlässlich des Verkehrsunfalls vom 01.11.2012 ist unstreitig.
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erstattung seiner restlichen Vergütungsansprüche aus dem Gutachtenauftrag, der mit Rechnung … am 08.11.2012 mit 548,77 € brutto abgerechnet wurde und zwar als Schadensersatzanspruch des Geschädigten und Zedenten den oben genannten Anspruchsgrundlagen. Mit Anlage K1 hat der Zedent diese Forderung unstreitig an den Kläger abgetreten.
Die insoweit noch streitigen Restkosten sind erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Zunächst geht das Gericht davon aus, dass die Vergütungsvereinbarung entsprechend der Preistabelle wirksam vereinbart worden ist und insbesondere kein Verstoß gegen §§ 305c, 307 BGB vorliegt. Zum einen sind von der Schadenshöhe abhängige Preise nicht überraschend, sondern mittlerweile weit verbreitet. Zum anderen ist die Einbeziehung der Preisliste hier auch nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages überraschend. Die eigentliche Auftragserteilung selbst besteht aus nur zwei Sätzen vor der Angabe der Personalien der Vertragsparteien. Der zweite Satz enthält den Hinweis auf die Preisliste auf der Rückseite der Erklärung. Die Bezugnahme ist also deutlich erkennbar in einem insgesamt übersichtlichen Vertragstext. Ferner sieht die Preisliste selbst schon formularmäßig vor, dass der Auftraggeber sie mit Datumsangabe selbständig unterzeichnet, was vorliegend auch geschehen ist. Die Vereinbarung der Vergütung nach der Preisliste ist also ganz offensichtlich und nicht überraschend. Ein Verstoß gegen § 307 BGB ist zudem nicht ersichtlich und von den Beklagten auch nicht näher erläutert. Eine unangemessene Benachteiligung ist jedenfalls nicht ersichtlich. Es ist also von einer vereinbarten Vergütung auszugehen.
Dabei durfte der Geschädigte wohl auch von einem erforderlichen Betrag im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB ausgehen. Denn im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nach § 249 Abs. 2 BGB, nach der der Geschädigte (nur) die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in seiner Lage zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (so auch das LG Saarbrücken in der als Anlage B3 eingereichten Entscheidung), kommt es darauf an, ob der Geschädigte (hier der Zedent) die vereinbarte Vergütung als angemessen ansehen durfte. Gerade bei Preisen von Kfz-Sachverständigen, bei denen es an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und an allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, wird der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Er ist nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet. Er wird nur dann nicht vollständigen Ersatz verlangen dürfen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, dem Geschädigten ein Auswahlverschulen zur Last gelegt werden kann oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarabberechnung missachtet (so das LG Saarbrücken in der Anlage B3, dort S. 5, m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass das vereinbarte Grundhonorar bei einem Sachschaden bis 1.750,- € 295.- € (ohne Nebenkosten) beträgt und die Beklagten ihrerseits ein Honorar von 450,- € mit Nebenkosten für angemessen hält, ist nicht ersichtlich, wie der Geschädigte hier von einem auffälligen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung hätte ausgehen müssen. Die Abweichung zwischen den gezahlten 450,- € und den insgesamt beanspruchten Honorar von 548,77 € beträgt knapp 22 % und damit eine Abweichung, die zwar nicht unerheblich ist, nicht aber ein auffälliges Missverhältnis belegt.
Vorliegend durfte der Geschädigte also von der Angemessenheit des Grundhonorars ausgehen. Das gilt im Wesentlichen auch für die Nebenkosten. Das Gericht ist der Auffassung, dass aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten primär entscheidend ist, ob die Gesamtkosten angemessen erscheinen, nicht aber, ob für ein Lichtbild 0,50 oder 2,06 € angemessen sind. Nicht nachvollziehbar ist die Auffassung, dass keine zusätzlichen Telefonkosten (von 10,69 € netto), sondern eine „Flatrate“ vereinbart worden sei. Es wurden gar keine Telefonkosten, sondern eine Kommunikationspauschale von 10,69 € abgerechnet und diese war ausweislich der in den Auftrag einbezogenen Preisliste in dieser Höhe vereinbart, ebenso der abgerechnete Pauschalpreis der Fahrtkosten. Bei all diesen Positionen ist ebenfalls ein auffälliges Missverhäitnis zwischen Preis und Leistung nach den oben genannten Maßstäben nicht erkennbar. Dass die Schreibkosten eben nicht mit dem Grundhonorar abgegolten sind, ergibt sich aus der vom Geschädigten unterzeichneten Preisliste. Es war also vereinbart, dass die Schreibkosten im Grundhonorar nicht enthalten sind. Vor diesem Hintergrund wird das Argument der Beklagten, es bestehe angesichts der Tatsache, dass die Nebenkosten 56 % des Grundhonorars ausmachen, der begründete Verdacht, dass versteckte Nebenkosten geltend gemacht werden, um das Grundhonorar gering zu halten, in sein Gegenteil. Zum einen sind die Nebenkosten nicht versteckt, sondern genauso wie vereinbart abgerechnet worden. Und zudem sind aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten höhere Nebenkosten unbedenklich, wenn dafür das Grundhnorar niedriger ausfällt (vorliegend ist das Grundhonorar um knapp 35 % niedriger als das von den Beklagten als angemessen erachtete) und dies bei der Vereinbarung auch deutlich wird. Es ist aus Sicht des Gerichts eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen.
Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Soweit der Kläger Zinsen bereits ab dem 19.11.2012 verlangt, ist inswoeit ein Verzug nicht erkennbar. Die Frist zur Begleichung der Rechnung des Zedenten vom 07.22.2012 lief zwar zum 18.11.2012 aus, war aber eine dem Zedenten gesetzten Frist, so dass hierdurch nicht die Beklagten in Verzug gesetzt werden konnten. Erst mit der unstreitigen, ernsthaften und endgültigen Ablehnung der Kosten in Höhe von 98,77 €, die konkludent in der eer entsprechend geringeren Zahlung vom 01.12.2012 zu sehen ist, ist Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB eingetreten.
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten folgt konsequenterweise ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 280 BGB in Verbindung mit Nr. 2300, 7002 W RVG. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Beauftragung einer Rechtsanwältin zur vorgerichtlichen Geltendmachung einer Forderung keine zweckentsprechende Maßnahme darstellen sollte. Der hierauf entfallende Zinsanspruch ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO analog, 269 Abs. 3 S. 2 unter Anwendung der Grundsätze der sogenannten Baumbachschen Formel. Zwar unterliegen die Beklagten dem Kläger hinsichtlich des Streitwerts voll, jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zuvor dieselbe Klageforderung auch gegenüber der nicht passivlegitimierten HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG (der vormaligen Beklagten zu 1) geltend gemacht hatte. Der nach §§ 263, 269 ZPO hier zulässige gewillkürte Parteiwechsel impliziert eine Rücknahme der Klage gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1) und führte dazu, dass es in diesem Prozessverhältnis nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO der Kläger die Kosten zu tragen hatte un somit im Wege der Baumbachschen Formel eine Trennung zwischen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten vorzunehmen war. Über die außergerichtlichen Kosten der vormaligen Beklagten zu 1) ist bereits am 09.07.2013 in einem separaten Beschluss entschieden worden.