AG Rheinbach spricht restliche Mietwagenkosten in voller Höhe zu

Mit Urteil vom 23.09.2008 (Gesch.-Nr.: 5 C 140/08) hat das AG Rheinbach die beklagte Versicherung zur Zahlung restlicher 1.357,35 € zzgl. Zinsen verurteilt.

Die Klägerin ist ein Autovermietungsunternehmen und nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht in Anspruch. Die volle Haftung der Beklagten aus dem Unfall ist unstreitig. Der Geschädigte hatte nach dem Unfall vom 01.10.2007 für die Dauer der Reparatur seines Fahrzeuges (Polo Fox Coupe) einen Chevrolet der Gruppe 1 als Ersatzfahrzeug gemietet. Auf die Rechnung der Klägerin über 2.148,74 € zahlte die Beklagte als Versicherer 791,39 €. 

Die beklagte Versicherung ist der Auffassung, dass die Mietwagenkosten überhöht seien und weit über dem ortsüblichen Mietzins lägen, wie Vergleichsangebote der Firmen Europcar, Sixt und Hertz zeigten. Der Schwacke Automietpreisspiegel 2006 und 2007 stelle demgegenüber keine ausreichende Schätzgrundlage für den ortsüblichen Mietzins dar. Dies zeige der Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008, der gegebenenfalls als Schätzgrundlage heranzuziehen sei. Insoweit bestreit die Beklagte, dass der von der Klägerin berechnete weitergehende Unfallersatztarif den notwendigen Wiederherstellungsaufwand i. S. d. § 249 Abs. 2 BGB darstelle.

Es lägen keine besonderen Leistungen vor, die einen über den Normaltarif hinausgehenden Preis rechtfertigen. Dass dem Geschädigten kein günstigerer Tarif zugänglich gewesen sei, bestreitet die Beklagte. Ihr stünde i. ü. ein Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe zu, da die Klägerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass es neben dem Unfallersatztarif noch den deutlich günstigeren Normaltarif gab und dass es möglicherweise Schwierigkeiten bei der Erstattung des Unfalltarifs geben würde.

Schließlich habe der Geschädigte durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu einem Preis von 2.148,74 € auch insoweit in krasser Weise gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, als sein eigenes, beschädigtes Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt 17 Jahre alt gewesen sei und lt. Gutachten einen Wiederbeschaffungswert von 300,00 € gehabt habe. Erstattungsfähig seien allenfalls Mietwagenkosten für 14 Tage gem. der vom SV angesetzten Wiederbeschaffungsdauer von 11 bis 12 Kalendertagen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten in Höhe von 1.255,20 € zzgl. der Kosten für Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer, Zustellen und Abholen für die Dauer vom 01.10. bis 22.10.2007 (21 Tage) .

Die von der Klägerin berechneten Kosten stellen in dieser Höhe den nach § 249 Satz 2 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand dar. Beurteilungsmaßstab ist zunächst der Schwacke-Automietpreis-Spiegel nebst Nebenkostentabelle, hier Stand 2006, da die Anmietung 2007 erfolgte (BGH DAR OS, 438; OLG Düseldorf, NJW-RR 2001, 132). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Mietpreisspiegel 2006 enthaltenen Preisveränderungen etwa auf ein unredliches Verhalten der befragten Mietwagenunternehmen zurückgingen und sich nicht an der tatsächlichen Marktentwicklung orientierten (LG Bonn NZV 07, 362). Der von der Beklagten vorgelegte Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 erscheint demgegenüber als Schätzgrundlage weniger geeignet, da er auf den Preisen für 2008 beruht, während die Anmietung hier im Oktober 2007 erfolgte, und der Preisspiegel bei der Aufteilung der PLZ-Gebiete weniger differenziert als der Schwacke-Mietpreis-Spiegel, der bis zur 3. Ziffer des jeweiligen PLZ-Gebietes aufgeteilt ist.

Auf den sich danach ergebenden Normal-Grundtarif ist sodann zur Erfassung der erhöhten Kosten bei der Vermietung von Unfallersatzwagen (z.B. Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen, Vorhaltung eines Notdienstes u. a.) ein Aufschlag von 25 % zu machen (LG Bonn a.a.O.).

Danach ergibt sich für das Postleitzahlgebiet 538 und eine Mietdauer von 14 Tagen für ein Fahrzeug der Gruppe 1 ein erforderlicher Mietaufwand nach Normaltarif in Höhe von 2163,44 €. Der Aufwand errechnet sich aus der Addition von drei Wochentarifen, jeweils unter Zugrundelegung des gewichtigen Mittelpreises (Modus), wie folgt: 

  • Grundpreis Wochentarif 365,21 € x 3        = 1.095,53 €
  • 25 % Aufschlag                                                 273,91 €
  • gesamt                                                                                  1.339,44 €
  • Haftungsbegrenzung  108,00 € x 3                                          324,00 €
  • Zusatzfahrer (21 Tage á 20,00 €)                                              420,00 €
  • Zustellung/Abholung (2 x 25,00 €)                                            50,00 €
  • Summe (brutto)                                                                      2.163,44 €

Damit lag der Preis der Klägerin mit 2.148,74 € noch unter dem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis.

Der Anspruch auf Erstattung der restlichen Mietwagenkosten entfällt auch nicht wegen Verletzung einer der Klägerin gegenüber dem Kunden (Geschädigten) etwa obliegenden Hinweispflicht im Hinblick auf billigere Tarife. Eine solche Hinweispflicht der Klägerin bestand hier jedenfalls schon deswegen nicht, weil sich der berechnete Tarif der Klägerin – wie gezeigt – im Rahmen eines betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Tarifs bewegt und damit erstattungsfähig ist; auf möglicherweise billigere Angebote anderer Anbieter brauchte die Klägerin nicht hinzuweisen. Insoweit fehlt es aber auch an der Zugänglichkeit des Geschädigten zu einem wesentlich günstigeren Tarif. Für die Frage der Zugänglichkeit ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen; dabei können sowohl objektive als auch subjektive Elemente eine Rolle spielen (BGH NJW 2006, 1506). Dass der Geschädigte besondere Kenntnisse von den Tarifen der Autovermietungsunternehmen hatte, ist nicht anzunehmen und von der Beklagten auch nicht dargelegt worden. Eine Marktforschung brauchte der Kläger vor der Anmietung nicht zu betreiben.

Das Alter und der Wert des Fahrzeuges des Geschädigten stehen der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Mietwagenkosten ebenfalls nicht entgegen. Sie haben beide keinen Einfluss auf die Nutzungsmöglichkeit für den Geschädigten und sind deswegen nicht maßgeblich für die Nutzung eines Mietfahrzeuges (OLG Karlsruhe DAR 89, 67; BGH NJW 87, 50; BGH NJW 05,1044).

Schließlich hat der Geschädigte auch mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für 3 Wochen nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Mit dem SV ist gemäß seinen Ausführungen im GA davon auszugehen, dass die erforderliche Wiederbeschaffungsdauer für ein Ersatzfahrzeug 12 Arbeitstage betrug. dies entspricht unter Berücksichtigung der Wochenenden und des Feiertags (03.10.) rund 21 Kalendertage. Hinzu kommt, dass der Geschädigte grundsätzlich berechtigt war, zunächst das Gutachten abzuwarten, das hier erst am 08.10.2007 vorlag.

So das Urteil des AG Rheinbach, das ebenfalls den Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen (hier 2008) als Schätzungsgrundlage für ungeeignet erklärt und statt dessen auf den Schwacke-Automietpreis-Spiegel 2006 zurückgreift. Daneben erfolgt noch einmal der Hinweis, dass Alter und Wert des verunfallten Fahrzeuges keine Rolle im Hinblick auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges spielen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Rheinbach spricht restliche Mietwagenkosten in voller Höhe zu

  1. Willi Wacker sagt:

    Hi Babelfisch,
    auch mit dem Urteil des AG Rheinbach zeigt sich, was von der Liste nach Fraunhofer-Institut zu halten ist. Nämlich nichts. Diese Liste ist, darauf hat das Gericht m.E. zu Recht hingewiesen, nicht als Schätzgrundlage geeignet. Ein prima Urteil. Glückwunsch.
    Willi Wacker

  2. Buschtrommler sagt:

    Zitat:
    …bestreitet die Beklagte…und dass es möglicherweise Schwierigkeiten bei der Erstattung des Unfalltarifs geben würde.

    Im Umkehrschluss bedeutet dies daß die Vs im Vorfeld schon zu einer gewissen „Kürzung“ bereit/eingestellt war.
    Das gibt zu denken….
    Gruss Buschtrommler

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