Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
da sich nun langsam Silvester und Neujahr nähern, gebe ich Euch noch ein wenigstens im Ergebnis erfreuliches Urteil des Amtsgerichts Rosenheim bekannt. Eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung ist wieder einmal die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG. Wie so oft ging es im Rechtsstreit um restliche Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Die Entscheidungsgründe sind meines Erachtens jedoch kritisch zu betrachten. Zwar hält das Gericht die vorgelegte Abtretungsvereinbarung für zu unbestimmt und damit unwirksam. Andererseits hält es den klagenden Sachverständigen für aktivlegitimiert, weil er Forderungsinhaber des Honoraranspruches sei. Hier verkennt allerdings das Gericht, dass nicht ein Werklohnanspruch, sondern ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. Das kommt davon, wenn man im Schadensersatzprozess, sei es aus eigenem Recht oder aus abgetretenem Recht, werkvertragliche Gesichtspunkte, wie Angemessenheit und Üblichkeit, prüft, obwohl dies im Schadensersatzrecht nicht geboten ist. Siehe BGH VI ZR 67/06 ! Lest aber bitte selbst und gebt Eure Meinungen ab. Ich wünsche allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 12 C 63/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
Klägerin –
gegen
1) …
– Beklagte –
2) HUK COBURG Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstandsvorsitzen Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch den Richter am Amtsgericht … am 19.04.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Sachverständigen … 223,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 602,85 € seit 08.11.2011 bis zum 01.12.2011 aus 223,85 € seit dem 02.12.2011 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 08.01.2011 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 223,85 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Die Parteien streiten über restlichen Schadenersatz aus Verkehrsunfallgeschehen vom 07.10.2011 in Rosenheim. Die Klägerin begehrt restliche Sachverständigenkosten und außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren.
Auf die Sachverständigenrechnung in Höhe von EUR 602,85 wurden EUR 379,00 bezahlt, so dass noch EUR 223,85 im Streit stehen.
Darüber hinaus begehrt die Klägerin aus dem Gesamtstreitwert von EUR 2.213,28 (vorgerichtlicher Schaden) eine 1,5 Gebühr zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer aus Rechtsanwaltsgebühren.
1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert hinsichtlich der Sachverständigenkosten.
Dies erscheint nicht selbstverständlich, da die Klägerin angibt, in Prozessstandschaft zu klagen, jedoch vorliegend die Abtretungserklärung Anlage K 3 unwirksam ist, vgl. BGH vom 07.06.2011 NJW 2011, 2713. Vorliegend existieren mehrere Schadenspositionen, ohne dass die Abtretungserklärung bestimmbar genug wäre, welche Schadensersatzpositionen abgetreten werden oder nicht.
Trotz der unwirksamen Abtretungserklärung verbleibt es bei der Aktivlegitimation der Klägerin. So die Abtretung und die Prozessstandschaft unwirksam sind, so ist der Klägerin eine Klage in eigenem Namen nicht verwehrt, da sie Forderungsinhaberin ist.
Aufgrund § 257 BGB ist das Begehren der Zahlung an den Sachverständigen zulässig, da der Ersatzberechtigte in der Regel gerade nicht befugt ist Zahlung an sich zu verlangen.
Der geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach begründet.
Die Sachverständigenkosten stellen grundsätzlich erforderlichen Herstellungsaufwand dar, ohne dass im Rahmen des erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihm ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung evident ist, vgl. OLG Düsseldorf vom 16.06.2008, AZ: 1 O 246/07. Derartiges ist vorliegend nicht dargelegt.
Eine Überhöhung unterstellt, ist nicht ersichtlich, warum dies vorliegend für die Klägerin hätte ersichtlich sein sollen, zumal diese nicht zu einer Einholung mehrere Angebote verpflichtet war.
Insoweit war der Klägerin der restliche Rechnungsbetrag zuzusprechen. Etwaige Einwendungen können gegebenenfalls analog § 255 BGB nach Abtretung durch die Beklagten geltend gemacht werden.
2. Auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren zumindest teilweise der Klägerin zuzusprechen. Dabei konnte der Klägerin jedoch nur eine 1,3 statt einer 1,5 Gebühr zugebilligt werden.
Unstreitig ist eine 1,3 Gebühr für einen durchschnittlichen Verkehrsunfall nicht unbillig, vgl. BGH vom 31.10.2006, NZV 2007, 181 Wie vom Klägervertreter richtig ausgeführt, kann bei einer einseitigen Festlegung der konkreten Gebühr dem Anwalt ein Spielraum von 20 % zugebilligt werden, vgl. BGH aaO.
Diese Rechtssprechung gilt jedoch nur für Fälle, bei denen die Anwälte bei der Festlegung der Gebühr ihr Ermessen auf den konkreten Fall anwenden und ausüben. Hierbei sollen insbesondere Streitigkeiten bei der Bewertung von Umfang und Schwierigkeit der Sachlage vermieden werden.
Vorliegend liegt jedoch ein kompletter Ermessensausfall vor. Eine einzelfallbezogene Begründung für eine 1,5 Gebühr lässt der Klägervertreter missen. Dies zeigt sich vor allem darin, dass außergerichtlich nur eine 1,3 Gebühr gefordert wurde und dann mit der Begründung, ein Toleranz-Korridor von 20 % sei gerichtlich nicht überprüfbar, eine 1,5 Gebühr gefordert wird.
Als Begründung wurde die Urteilsbegründung von einem anderen Verkehrsunfall heran gezogen. Dergleichen kann eine Ermessensausübung des Anwaltes nicht ersetzen. Bei der Begründung der Gebührenhöhe hat eine Einzelfallprüfung statt zu finden. Diese wurde ersichtlich nicht getätigt. Die Festsetzung von 1,5 Gebühren darf, nach dem zuvor 1,3 Gebühren gefordert wurden, als willkürlich bezeichnet werden.
In einem solchen Fall ist die Festlegung der Gebühr durch den Anwalt sehr wohl gerichtlich überprüfbar. Dies wurde vorliegend getan. Die Einstandspflicht der Beklagten ist vorliegend unstreitig, und es werden lediglich zwei Schadenspositionen geltend gemacht.
Eine höhere Gebühr als bei sonstigen durchschnittlichen Verkehrsunfällen von 1,3 ist daher nicht billig, die festgesetzte 1,5 Gebühr daher unbillig und auch im Übrigen nicht schlüssig begründet. Insgesamt waren der Klägerin daher nur 272,87 EUR zu zusprechen, so dass im Übrigen die Klage insoweit abzuweisen war.
Die Verzugszinsen ergaben sich unter dem Gesichtspunkt der §§ 286, 288 BGB. Die Übrigen prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus dem §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 713 ZPO, 3 ff. ZPO, 45 GKG.
gez.
Richter am Amtsgericht