AG Rosenheim verurteilt DA-Direkt-Versicherung zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 11.6.2013 -15 C 111/13-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

immer wieder sind die restlichen Sachverständigenkosten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Jetzt scheint die DA-Versicherung in die Fußstapfen der HUK-Coburg zu treten. Auch sie scheint nunmehr willkürlich die Sachverständigenkosten zu kürzen. Dabei wird sie im Rechtsstreit von dem sonst von der HUK-Coburg beauftragten Anwalt aus K. vertreten. Das Ergebnis des Urteils ist zwar richtig, der Weg dahin ist von der Amtsrichterin beim AG Rosenheim jedoch umständlich und unzutreffend gewählt. Das Gericht bemüht zur Unrteilsbegründung jede Menge unnötigen Ballastes, wie Werkvertragsrecht,  BVSK, Maklerrecht usw. Der Anfang der Urteilsbegründung mit Hinweis auf BGH VI ZR 67/06 war noch richtig. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab. Leute, traut Euch.

Mit vielen freundlichen Grüßen
Willi Wacker

Amtsgericht Rosenheim

Az.: 15 C 111/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

DA Direkt Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Joachim Abel u.a., Oberstedter Str. 14, 61440 Oberursel,

– Beklagte –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin am Amtsgericht … am 11.06.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO aufgrund der bis 29.05.2013 eingegangenen Schriftsätze folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 105,66 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.03.2013 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, nachdem das Urteil einem Rechtsmittel offensichtlich nicht zugänglich ist.

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gem. §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 Abs. 2 BGB, 3 PflVG in voller Höhe zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 100% besteht.

Die hier streitgegenständlichen Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit sich die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches als erforderlich und zweckmäßig darstellt. Dies hat der BGH bei einer Schadenshöhe von mehr als 1.400,– DM (715,81 Euro) bejaht. Die Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens als solches ist zwischen den Parteien daher auch unstreitig geblieben.

Wahrt der Geschädigte diesen Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozeß berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, was ausdrücklich auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars gilt (BGH NJW 2007, 650 im Anschluss an BGH VersR 2004, 1189, 1190 f. ;  BGH NJW 2007, 1450 = VersR 2007, 560 = DS 2007, 144).

Nach der überwiegenden Rechtsprechung können grundsätzlich sogar überhöhte Sachverständigenkosten erstattungspflichtig sein, soweit dies einem Laien nicht ohne weiteres erkennbar ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2008, I-1 U 246/07). Einwändungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können dem Geschädigten gegenüber im Ergebnis nur dann erhoben werden, wenn ihn, wofür die Beklagtenpartei beweisbelastet ist, ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident und auch für den Laien erkennbar ist, dass eine Beanstandung im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht des Geschädigten gem. § 254 BGB von ihm verlangt werden muss, wobei der Geschädigte allerdings ausdrücklich nicht verpflichtet ist, vor Auftragserteilung Preisvergleiche anzustellen.

Bezüglich eines Auswahlverschuldens wurde seitens der Beklagtenpartei nichts vorgetragen. Insbesondere wurde nicht dargelegt, dass bzw. unter welchen Voraussetzungen der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe anders als von ihm in Auftrag gegeben hätte erhalten können ( LG Münster, Urteil vom 16.8.2006, 1 S 63/06).

Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind im konkreten Fall auch nicht evident und für den Laien erkennbar überhöht, vielmehr entsprechen sie der üblichen Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB.

Soweit das Gericht im Rahmen des § 632 Abs. 2 BGB eine Überprüfung der Sachverständigenkosten durchzuführen hat, kann dies entweder durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erfolgen oder im Hinblick auf den geringen Streitwert im Rahmen einer gerichtlichen Schadensschätzung gem. § 287 ZPO, wobei das Gericht in regelmäßiger Rechtssprechung als Maßstab die Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) 2010/2011 dieser Schätzung zugrunde legt. Anhand der genannten BVSK-Honorarbefragung ist das mangels einer konkreten Honorarvereinbarung maßgebliche übliche Entgelt im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ermittelbar. In Bezug auf die BVSK- Honorarbefragung hat der BGH, NJW 2006, 2472, ausdrücklich festgestellt, dass als übliche Vergütung nicht nur ein fester Satz oder gar ein fester Betrag herangezogen werden kann, sondern sie sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegen kann., sodass es für die Annahme einer üblichen Vergütung ausreicht, dass für die Leistung innerhalb dieser Bandbreite liegende Sätze verlangt werden. Der BGH weist in der genannten Entscheidung darauf hin, dass im Maklerrecht eine Spanne von 3 bis 5 % des Wertes des vermittelten Objekts nicht als für die Bestimmung der Vergütung gem. § 653 Abs. 2 BGB ungeeignet angesehen wurde.

Bei einer Schadenshöhe von bis zu 5.000,00 € (Reparaturkosten zzgl. Wertminderung bzw. Wiederbeschaffungswert brutto) beträgt die Spanne im HB V – Korridor 1%. Der BVSK ist der größte Verband qualifizierter freiberuflicher Kfz- Sachverständiger, an der Befragung haben über 90% der Mitglieder teilgenommen.

Konkreter substantiierter Vortrag, der die Üblichkeit der hier ermittelten Werte in Frage stellt bzw. widerlegt, ist seitens der Beklagtenpartei nicht erfolgt. Grundsätzlich ist die Berechnung von Nebenkosten neben dem Grundhonorar üblich, insbesondere für Schreib-, Kopier- und Fotokosten; auch dies ergibt sich aus der zugrunde gelegten Umfrage.

Ein Vergleich der eingeklagten Gutachterrechnung mit dem sich aus der BVSK-Umfrage ergebenden Honorarkorridor HB V, indem je nach Schadenshöhe zwischen 50 % und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen, ergibt sich, dass die streitgegenständliche Gutachterrechnung sich als insgesamt nicht überhöht darstellt.

Die Berechnung der Sachverständigenkosten in Relation zur Schadenshöhe ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auf die Höhe der kalkulierten Reparaturkosten kommt es im vorliegenden-Fall nicht an, da im Totalschadensfall die Schadenshöhe nach dem Wiederbeschaffungswert brutto (abzüglich Restwert) als Bezugsgröße bemessen wird. Im konkreten Fall reicht dieser HBV Korridor von 246,– Euro bis 277,– Euro, so dass der Sachverständige sich insoweit mit in Rechnung gestellten 245,- Euro unterhalb dieses Rahmens bewegt. Die Fahrtkosten liegen 1,20 Euro etwas über den üblichen 1,08 Euro, was sich mit 1,80 Euro auswirkt. Bezüglich der Fotokosten gibt die zugrunde gelegte BVSK- Befragung für den ersten Fotosatz einen Korridor von 2,06 Euro bis 2,57 Euro je Foto, sodass der Sachverständige sich mit geltend gemachten 3,– Euro pro Foto knapp über dieser Grenze befindet. Soweit der Sachverständige Schreibkosten in Höhe von 3,60 Euro pro Seite erhebt, hält er sich damit im HB V Korridor, der bis 3,75 Euro pro Seite reicht. Bei der Pauschale für Telefon und Porto hält sich der Sachverständige mit geltend gemachten 15,- Euro wiederum im HB V Korridor, der bis 18,88 Euro reicht. Die Geltendmachung von EDV- Kosten ist zwar unüblich, fällt aber angesichts des niedrig gewählten Grundhonorars summa summarum nicht ins Gewicht.

Dementsprechend sind die eingeklagten Sachverständigenkosten in voller Höhe von der Beklagten gem. § 249 Abs. 2 BGB zu erstatten.

Die Entscheidung hinsichtlich der Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.

Die Kostenentscheidung und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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