AG Rosenheim verurteilt HUK 24 AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 8.7.2016 – 8 C 628/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Frankenthal in der Pfalz geht es weiter nach Rosenheim in Oberbayern. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des Amtsgerichts Rosenheim zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG vor. Es handelt sich um einen Rechtsstreit, den die HUK-COBURG offensichtlich verlieren wollte? Zutreffend hat das erkennende Gericht in den Urteilsgründen ausgeführt, dass dem Geschädigten eines unverschuldeten Verkehrsunfalles selbst bezüglich der behaupteten angeblich überhöhten Vergütungen nur ein Auswahlverschulden oder die Evidenz der Überhöhung entgegen gehalten werden kann. Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13  -, NJW 2014, 1947 = NJW-Spezial 2014, 169 = DS 2014, 90) höchstrichterlich bestätigt. Insoweit gibt es daher eigentlich keinen Raum mehr für Schadenshöhenschätzungen nach § 287 ZPO. Für die Behauptung der Erkennbarkeit der deutlichen Überhöhung ist übrigens der Schädiger beweispflichtig. Das sollte sich einmal die HUK-COBURG in ihr Versicherungsbuch schreiben. Lest selbst das Urteil des AG Rosenheim und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Rosenheim

Az.: 8 C 628/16

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1)   HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler Wolfgang Flaßhoff, Stephan Gronbach, Klaus-Jürgen Heidmann, Dr. Hanas Olav Heroy; Sarah Rössler; Daniel Thomas, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

– Beklagte zu 1) –

2)   HUK 24 AG, vertreten durch d. Vorsitzenden Vorstand, Martin-Greif-Straße 1, 80336 München

– Beklagte zu 2) –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin am Amtsgericht C. am 08.07.2016 auf Grund des Sachstands vom 08.07.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.        Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 182,87 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.08.2013 zu bezahlen.

2.        Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger und die Beklagte zu 2) je 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt diese selbst.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 182,87 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage erwies sich als begründet.

1. Die Parteien streiten über restliche Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfallgeschehen vom 23.07.13 in Rosenheim, wobei die Einstandspflicht der Beklagten zu 2) unstreitig ist. Die Beklagte wendet überhöhte Sachverständigenkosten ein.

Bislang war bereits in der überwiegenden Rechtsprechung anerkannt, dass dem Geschädigten selbst bzgl. überhöhter Vergütungen nur ein Auswahlverschulden oder die Evidenz der Überhöhung entgegen gehalten werden konnte. Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung vom 11.02.2014 Az. VI ZR 225/13, NJW-Spezial 2014, 169 nunmehr bestätigt.

Der Geschädigte darf davon ausgehen, dass der in Rechnung gestellte Betrag grundsätzlich der zur Schadensbeseitigung erforderliche im Sinne des § 249 BGB ist. Dies bildet zudem ein wesentliches Indiz für die Schätzung des Tatrichters.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ergaben sich bei einem Gesamthonorar von EUR 534,55 und einem Grundhonorar von EUR 266,00 keine Einwände des BGH gegen die Abrechnung. Die bloße Abweichung der Nebenkosten von der BVSK-Tabelle genügen hierfür nicht. Weitere Gründe für eine Überhöhung sind im Ergebnis nicht dargelegt, zumindest ist nicht ersichtlich, inwieweit dies dem Kläger evident hätte sein müssen.

Hiergegen spricht auch der geringe Betrag, um den die Parteien streiten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger grundsätzlich nicht zu einer Marktforschung verpflichtet ist. Soweit sich mangels anderweitiger Erkenntnisse nicht aufdrängt, dass hier ein überhöhtes Honorar verlangt wird, wobei nicht klar ist, was der Vergleichsmaßstab schlussendlich sein soll, war der Klage stattzugeben.

Gem. § 287 BGB geht das Gericht daher davon aus, dass die beanstandeten Kosten allesamt erforderlich im Sinne des § 249 BGB waren. Der Kläger ist auch nicht gehalten zum billigsten Anbieter und Sachverständigen auf dem Markt zu gehen. Auch ein preisgehobener Sachverständiger ist grundsätzlich nach § 249 BGB ersatzfähig.

Da mangels Marktforschungsobliegenheit des Klägers von vornherein nie klar ist, auf welchen Sachverständigen man stößt, ist vorliegend weder von einem Auswahlverschulden noch von einer evidenten Überhöhung der Kosten auszugehen, die Klage war daher in der Hauptsache insoweit zuzusprechen.

Schließlich kommt es in diesem Fall auch nicht darauf an, ob der Kläger den Sachverständigen selbst beauftragt hat oder ob dies über eine Werkstatt erfolgt ist. Dies wäre nur relevant, wenn hier tatsächlich der Gutachter überhöht abgerechnet hätte. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Als Orientierung für eine mögliche Überhöhung ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass die BVSK-Tabelle herangezogen werden darf. Dabei ist festzuhalten, dass es nicht auf einzelne Positionen ankommen kann, d.h. ob z.B. die Fotokosten überhöht sind oder nicht, sondern auf das Grundhonorar und die Nebenkosten zusammen.

Daher ist es hier zwar korrekt, dass der Sachverständige einige Nebenkosten überhöht abgerechnet hat, jedoch in der Gesamtsumme den Korridor der BVSK-Tabelle von 2013 nicht überschreitet. Es kann nicht entscheidend sein, ob einige einzelne Werte überhöht sind, weil es sonst willkürlich wäre, wie man die einzelnen Positionen gewichtet. Dies würde zu dem unvertretbaren Ergebnis führen, dass ein teureres Gutachten noch angemessen wäre, welches sich im oberen Bereich der BVSK-Werte bewegt, ein günstigeres Gutachten jedoch z.B. wegen 2 zu hohen Einzelwerten noch weiter gekürzt werden müsste. Daher kann es nur auf den Endbetrag ankommen. Dieser liegt wie gesagt im Rahmen der BVSK-Tabelle.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Dabei kam wegen der Klagerücknahme gegen die Beklagte zu 1) die Baumbach’sche Formel zur Anwendung.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu AG Rosenheim verurteilt HUK 24 AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 8.7.2016 – 8 C 628/16 -.

  1. HR sagt:

    Hallo, Willi,

    „Bislang war bereits in der überwiegenden Rechtsprechung anerkannt, dass dem Geschädigten selbst bzgl. überhöhter Vergütungen n u r ein Auswahlverschulden oder die Evidenz der Überhöhung entgegen gehalten werden konnte. Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung vom 11.02.2014 Az. VI ZR 225/13, NJW-Spezial 2014, 169 nunmehr bestätigt.

    Der Geschädigte darf davon ausgehen, dass der in Rechnung gestellte Betrag g r u n d s ä t z l i c h der zur Schadensbeseitigung erforderliche im Sinne des § 249 BGB ist. Dies bildet zudem ein wesentliches Indiz für die Schätzung des Tatrichters.“

    Einer Schätzung bedarf es nicht, denn es geht bei den entstandenen Gutachterkosten nicht um eine fiktive Abrechnung, sondern um Schadenersatz gem. § 249 Abs. 1 BGB nach der damit verbundenen und gesetzlich verankerten Verpflichtungsmaxime: 100 % Haftung bedingen auch 100 % Schadenersatz.

    HR

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