Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
es geht mit den Urteilen gegen die HUK-COBURG weiter in Rosenheim. Nachfolgend stellen wir Euch das Urteil des AG Rosenheim zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vor. Bei diesem Urteil handelt es sich um eine weitere klare Niederlage für die HUK-COBURG. Völlig zu Recht hat das erkennende Gericht festgestellt, dass grundsätzlich die berechneten Sachverständigenkosten erstattungsfähig sind. Dabei nimmt das Gericht auch Bezug auf den Beschluss des OLG München 10 U 579/15. Nur dann, wenn für den Geschädigten als juristischen Laien erkennbar ist, dass die berechneten oder vereinbarten Sachverständigenkosten insgesamt erkennbar deutlich überhöht erscheinen, dann kann er nicht mehr vollen Ersatz der berechneten Sachverständigenkosten beanspruchen. Die Beweislast hierfür trägt der Schädiger bzw. sein Versicherer. Diesen Beweis konnte die HUK-COBURG nicht führen. Das einfache Bestreiten reicht eben nicht aus! Damit ist die HUK-COBURG noch nicht einmal ordentlich der ihr obliegenden Darlegungspflicht nachgekommen. Auch die von der HUK-COBURG vorgeschlagene Mittelwertlösung ist abzulehnen. Die Gesichtspunkte aus der Mietwagenrechtsprechung sind auf die Sachverständigenkosten nicht übertragbar (vgl. BGH NJW 2007, 1450). Auch insoweit ist dem Gericht zuzustimmen. Lest aber selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 12 C 332/16
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin am Amtsgericht V. am 30.03.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.03.2016 sowie weitere 83,54 € zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 156,24 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 156,24 €.
Unstreitig haftet die Beklagte für alle Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 17.01.2016 in Bad Aibling.
Zwischen den Parteien steht lediglich im Streit, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten in Höhe von 156,24 € erstattungsfähig sind. Insgesamt waren Sachverständigenkosten in Höhe von 766,24 € abgerechnet. Durch die Beklagte erfolgte allerdings vorprozessual nur eine Teilzahlung in Höhe von 610,– €.
Entsprechend der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München im Beschluss vom 12.03.2015, Az.: 10 U 579/15, sind unter Zugrundlegung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die geltend gemachten Sachverständigenkosten voll erstattungsfähig. Sie wurden vom Sachverständigenbüro … mit Rechnung vom 22.01.2016 (Anlage K1) abgerechnet.
Die Rechnung vom 22.01.2016 ist nicht in einer Weise überhöht, dass selbst ein Laie eine Überhöhung hätte erkennen müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB).
Grundsätzlich ist ein Geschädigter nicht verpflichtet, eine Nachforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen zu betreiben oder Kostenvoranschläge einzuholen sowie Preisvergleiche anzustellen, wie das Oberlandesgericht München in dem auch von der Beklagtenseite zitierten Beschluss feststellt. Eine Beschränkung des Sachverständigenhonorars unter Verweisung auf BVSK-Umfragen ist daher abzulehnen.
Im vorliegenden Fall hätte eine Erstattungsfähigkeit nur dann verneint werden können, wenn selbst für einen Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen (sogenannte krasse Überhöhung, AG Köln, VRR 2012, 388) und dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Ein Sachverständigenhonorar ist selbst dann noch als angemessen anzusehen, wenn es im oberen Bereich des Erwartbaren angesiedelt ist. Auf einen Mittelwert ist nicht abzustellen.
Die Abrechnung des Sachverständigen ist vorliegend auch in Bezug auf die geltend gemachten Nebenkosten nicht so evident fehlerhaft, dass dies auch ein Laie erkennen könnte.
Wie das Oberlandesgericht München feststellt, reicht ein einfaches Bestreiten der Sachverständigenrechnung seitens der Versicherung zudem nicht aus. Voraussetzung für eine substantiierte Einwendung seitens der Versicherung ist vielmehr die Darlegung der üblichen Sätze für das Grundhonorar und gegebenenfalls die üblichen Sätze für Nebenkosten, jedenfalls bezogen auf das nähere örtliche Umfeld, und auf welchem Weg die vorstehenden Sätze für den Geschädigten ohne Marktanalyse und ohne Kostenvoranschläge unproblematisch, unabhängig vom Rückgriff auf Umfragen von Sachverständigenverbänden, ersichtlich gewesen sein muss. Dies hat die Beklagte hier nicht dargelegt.
Da somit keine hinreichend substantiierten Einwendungen gegen die vorgelegte Abrechnung vorliegen, ist der geltend gemachte Betrag auch erstattungsfähig.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.