Mit Urteil vom 01.02.2008 – 3 C 461/07 – hat das AG Rudolstadt die beklagte Haftpflichtversicherung verurteilt, an die Klägerin nicht regulierte außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 24,99 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die beklagte Haftpflichtvers.
Aus den Gründen:
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung bislang nicht regulierter außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. weiteren 24,99 € aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2, 3 S. 1, 2 StVG, 3 Nr. 1 PflVG.
Unstreitig haftet die Beklagte als Haftpflichtversicherer des schädigenden Kraftfahrzeuges gegenüber der Klägerin für die ihr aufgrund des Verkehrsunfalls vom 16.03.2007 entstandenen Schäden zu 100 %. Die Beklagte hat den Schaden außergerichtlich inzwischen im wesentlichen vollumfänglich reguliert. Streitig sind jedoch noch die klägerseits geltend gemachten restlichen vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Diesbezüglich hat die Klägerin einen Anspruch, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht nur in Höhe des 1,3fachen Satzes, sondern in Höhe der beanspruchten 1,5fachen Gebühren nach § 13 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG. Jedenfalls ist die vom Bevollmächtigten der Klägerin insoweit erfolgte Bestimmung der Gebühr nicht unbillig i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.
Nach Nr. 2300 VV RVG beträgt der Gebührensatz für eine Geschäftsgebühr 0,5 – 2,5, woraus sich nach inzwischen herrschender Ansicht eine Mittelgebühr von 1,5 ergibt. Die Gebühren sind dabei gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu bestimmen. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, ist die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des RVG ein Spielraum (sog. Toleranzgrenze) von 20 % zusteht (vgl. BGH Urteil v. 31.10.2006, VI ZR 261/05 m.w.N.).
Die Mittelgebühr soll gelten und damit zur konkreten billigen Gebühr in „Normalfällen“ werden, also in Fällen, in denen sämtliche, vor allem die nach § 14 RVG zu berücksichtigenden Umstände, durchschnittlicher Art sind (Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 17. Auflage, § 17 Rn. 10). Dabei gehört die Schadensregulierung aus einem Verkehrsunfall auch dann, wenn es sich um eine einfache Unfallkonstellation handelt, nicht zu den denkbar einfachsten Angelegenheiten, so dass sie im Normalfall als eine Tätigkeit durchschnittlicher Art anzusehen ist, für die eine Mittelgebühr in Ansatz gebracht werden kann (LG Essen, ZfSch 2006, 107, m.w.N.).
Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass es sich um einen unterdurchschnittlichen Fall der Unfallregulierung handelt, so dass grundsätzlich die Mittelgebühr zu rechtfertigen ist. Zwar ist zu beachten, dass nach der Bemerkung zu Nr. 2300 VV RVG eine Gebühr von mehr als 1,3 nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Letzteres ist vorliegend jedoch der Fall, so dass der klägerische Bevollmächtigte nicht gehindert war, eine höhere als die sog. „Schwellengebühr“ von 1,3 zu berechnen. Bei der Bemessung der Gebühr ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte vorgerichtlich bereits Kürzungen an den nach Gutachten abgerechneten Schadenspositionen bezügl. der UPE-Aufschläge und der Wertminderung vornahm und den Nutzungsausfall lediglich für eine kürze Zeit als abgerechnet, gewährte. Dadurch wurde auch eine vertiefte Auseinandersetzung des Bevollmächtigten der Klägerin mit der Schadensberechnung notwendig. Insgesamt konnte daher die anwaltliche Tätigkeit als schwierig angesehen werden. Hinzu kommt, dass die Beklagte durch ihr Regulierungsverhalten weitere Schreiben des Bevollmächtigten über die einfache Unfallregulierung hinaus veranlasste, die auch geboten waren, wie etwa eine Fristsetzung mit Schreiben vom 22.05.2007 an die Beklagte, die Veranlassung des Mahnstopps bei der DEKRA mit Schreiben vom 10.05.2007 und die Erinnerung der Beklagten an die bereits übergebene Gebührennote vom 09.07.2007.
Im Ergebnis führt das dazu, dass eine höhere als die 1,3fache Gebühr geltend gemacht werden kann. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesetz. Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.