AG Saarlouis urteilt zu der fiktiven Schadensabrechnung nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mit Urteil vom 13.8.2014 – 26 C 502/14 – .

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,

nach einer kurzen krankheitsbedingten Pause melde ich mich zurück. Unserem Hans Dampf danke ich, dass er mich während meines Ausfalls tatkräftig beim Veröffentlichen von Urteilen vertreten hat. Nachstehend geben wir Euch hier ein positives Urteil aus Saarlouis im Saarland zur fiktiven Abrechnung eines Verkehrsunfallschadens bekannt. Die Kürzung des Schadensersatzes erfolgte durch den eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer auf der Grundlage eines „Prüfberichtes“ durch die DEKRA. Die DEKRA ist sich auch wirklich für keine Schandtat zu schade. Und die Versicherer hören wohl nie auf mit dem „Beschiss“ des Geschädigten aufgrund eines bestellten Prüfberichtes. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

26 C 502/14 (11)                                                                                Verkündet am 13.08.2014

Amtsgericht Saarlouis

Urteil

I m   N a m e  n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Beklagte

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall / Reparaturkosten

hat das Amtsgericht Saarlouis durch den Richter am Amtsgericht U. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2014

für Recht erkannt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42,94 € riebst Zinsen in Höhe van 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19. November 2013 zu zahlen.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

verkürzt gem. §§ 313a, 495a ZPO

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 4. Mai 2013, der im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichtes stattgefunden hat und damit die örtliche Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO begründet, und für dessen Folgen die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer dem Grunde nach in vollem Umfang einzustehen hat, gemäß §§ 115 VVG, 249 ff. BGB Zahlung eines weiteren Schadensersatzes in Bezug auf verbleibende Reparaturkosten in Höhe von 42,94 € netto verlangen, da die von der Beklagten vorgenommenen Abzüge bereits aus Rechtsgründen nicht gerechtfertigt sind.

Dem Kläger steht zunächst einmal eine Reparaturkostenerstattung auf der Grundlage einer Kalkulation einer markengebundenen Vertragswerkstatt zu.

Bei Fahrzeugen, die älter als drei Jahre sind und eine höhere Laufleistung als 100.000 km haben, ist dies jedoch, bei entsprechender Beanstandung und Begründungen durch den Schädiger, nur dann der Fall, wenn der Geschädigte ein besonderes Vertrauen zu der Fachwerkstatt, zum Beispie! aufgrund ständiger Inanspruchnahme einer gebundenen Fachwerkstatt, belegen kann.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger bereits seiner Schadensminderungspflicht dadurch genügt, dass er sein – älteres – Fahrzeug unstreitig ständig in einer so genannten freien Werkstatt, deren Arbeitsquaütät nicht bestritten wurde, mit offenkundig niedrigeren Preisen als eine markengebundene Fachwerkstatt reparieren lassen will.

Insoweit ist aber das Vertrauen des Klägers zu dieser Werkstatt, die im Übrigen im Nachbarort zu seinem Wohnsitz gelegen ist, in gleicher Weise schützenswert, wie wenn der Kläger ständig eine Markenwerkstatt beauftragen würde. Denn der Kläger kann in seinem schützenswerten Vertrauen nicht nur deshalb schlechter behandelt werden, weil er bereits von vorneherein ein dem Schädiger entgegenkommendes wirtschaftliches Verhalten an den Tag legt.

Zudem bezieht sich die Beklagte ausschließlich auf einer Werkstatt R. als Referenzbetriebe. Insoweit ist es gemäß § 254 BGB Sache der Beklagten, prozessua! die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme dieser Werkstatt darzulegen. Die Beklagte teilt jedoch noch nicht einmal die Anschrift dieser Werkstatt mit. Wenn man dann die Anlagen der Klageschrift durchforstet, was nicht notwendig wäre, da die Beklagte darlegungspflichtig ist, findet man die Werkstaft R. 21,1 km entfernt von dem Wohnsitz des Klägers im ländlichen Bereich des Saarlandes, nämlich in Rellingen-Siersburg. Ein Hol-Bring-Dienst wird in dem Dekra-Prüfbericht nicht als Leistung dieser Firma aufgeführt, d.h., der Kläger müsste auf den öffentlichen Nahverkehr oder ein Taxi zurückgreifen um nach dem Abgeben seines Fahrzeuges und zum Zwecke des Abholen seines Wagens die notwendigen Fahrstrecken zwischen Werkstatt und seinem Wohnsitz zurückzulegen. Sieht man einmal davon ab, dass die hiermit verbundenen Kosten bereits die Sinnhaftigkeit einer Schadenskürzungen in Höhe von 42,94 € und eine hierauf aufbauende Prozessführung erheblich in Frage stellen, wäre dem Kläger auch der für den Kenner des Öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Bereich des Saarlandes hiermit verbundene Zeitaufwand nicht zumutbar.

Schließlich verkennt die Beklagte, dass der Kläger bei Inanspruchnahme einer Verweisung auf eine freie Werkstatt nicht verpflichtet ist, den billigsten Anbieter zu wählen, sondern den ihm zumutbar günstigsten Anbieter, solange kein besonderes Vertrauen in Bezug auf eine andere Werkstatt begründet ist. Bereits unter diesem Aspekt war die Rechtsverteidigung der Beklagten nicht Erfolg versprechend. Der Verzinsungsanspruch beruht auf den Verzugsvorschriften.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Voltstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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3 Antworten zu AG Saarlouis urteilt zu der fiktiven Schadensabrechnung nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mit Urteil vom 13.8.2014 – 26 C 502/14 – .

  1. G.Ö. sagt:

    Ganz klar doch auch hier wieder die aktive Beihilfe der DEKRA im Auftrag einer Versicherung mit dem Ziel, der versuchten Geschädigtenübervorteilung. Ob ein solcher Vorgang strafrechtliche Relevanz hat, können die Juristen besser beurteilen und vielleicht danach auch einmal handeln, denn solange die Helfershelfer immer ungeschoren davonkommen, ändert sich rein garnichts. Was kostet der Versuch ?
    Man sollte sich erinnern, dass die HUK-Coburg der DEKRA überdrüssig war, wofür es viele Gründe gibt. Aber nochmals: Eine staatlich anerkannte Überwachungsorganisation, die sich für die Ausfertigung solcher fragwürdigen Prüfberichte einkaufen läßt, ist meines Erachtens nicht geeignet, eine hoheitliche Prüftätigkeit mit dem Anspruch auf Unabhängigkeit auszuführen. Warum schreitet hier der Gesetzgeber nicht ein ?

    Mit freundlichen Grüssen

    G.Ö.

  2. Buschtrommler sagt:

    @G.Ö.
    „Staatlich anerkannt“ bedeutet in keinster Weise rechtskonforme Tätigkeit, oder erkennt der Staat an, dass „Rechtsbeugung“ legitim oder von manchen Gruppierungen geduldet wäre…?
    Bei einer entsprechenden Auftragsmenge kann man sich dem Auftraggeber gegenüber ja etwas geschmeidiger (oder schleimiger?) verhalten…es könnten sonst Aufträge wegbrechen…!
    Ironie aus.

  3. Willi Wacker sagt:

    Nicht nur die Markentreue, sondern auch die nachgewiesene Treue zu einer freien Fachwerkstatt in der Nähe des Wohnorts des Geschädigten ist zu berücksichtigen. Das ist der Kernsatz dieses Urteils. Aus Gründen der Gleichbehandlung kann es keinen Unterschied machen, ob ein Geschädigter ständig das Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und pflegen lassen oder ob ein Geschädigter ständig die freie Werkstatt dafür aufsuchte. In beiden Fällen besteht ein Vertrauensverhältnis zu der Werkstatt, das geschützt werden muss. Das Urteil verdient insofern Beachtung.

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