Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
hier und heute stellen wir Euch noch ein positives Urteil aus Saarlouis zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die VHV Versicherung vor. Wieder einmal versuchte die VHV, den Geschädigten bei der Schadensregulierung über den Tisch zu ziehen, indem sein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der erforderlichen Sachverständigenkosten nur teilweise erfüllt wurde. Den gekürzten Schadensbetrag musste der Geschädigte einklagen, nur weil die VHV nicht in der Lage oder bereit war, den vollständigen Schadensersatz zu leisten. Bedauerlicherweise hat das AG Saarlouis die Forderung hinsichtlich der Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen, was zu anteiligen Kosten führte. Lest aber selbst das Urteil des AG Saarlouis und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
29 C 1410/15(16)
Amtsgericht Saarlouis
U r t e i l
I m N a m e n d e s V o l k e s
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
VHV Allgemeine Vers. AG, vertr. d. d. Vorstand, VHV-Platz 1, 30177 Hannover
Beklagte
wegen Schadenersatz
das Amtsgericht Saarlouis
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO
am 30.12.2015
durch den Richter am Amtsgericht K.
für Recht erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 202,42 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 29/100, die Beklagte 71/100.
III. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
(ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)
I.
Die Klage ist begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin die zugesprochene Hauptsumme als Schadenersatz gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB. Die volle Haftung der Beklagten für die dem Kläger entstandenen Unfallschäden ist unstreitig. Dass der Kläger nach Rückabtretung durch den Sachverständigen Inhaber der Klageforderung ist, unterliegt keinem Zweifel.
Zu den ersatzfähigen Kosten des Geschädigten gehören dessen Aufwendungen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 249 Rn. 58). Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige orientiert sich in Bezug auf die von ihm beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Das ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.9.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarländisches OLG, Urteil vom 22.7.2003, Az.: 2 U 438/02; BGH NJW 2006, 2472). Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und insoweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und trägt das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff.). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, sondern darf sich damit begnügen den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 f.). Weil es im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Modalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 29.8.2008, Az.: 13 S 108/08 m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm in Anspruch genommenen Sachverständigen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 f.). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Im Rahmen der Schadensschätzung ist es allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes nicht zulässig, eine Kürzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten vorzunehmen. In der zitierten Entscheidung(BGH, Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -) hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass, wenn sich nach einem Schadensgutachten ein Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von rund 1.050 € zuzüglich Umsatzsteuer ergibt, ein Sachverständigenhonorar von 534,45 €(= 50,9 % des Nettoschadens), das sich zusammensetzt aus einem Grundhonorar von 260 €, Lichtbildkosten in Höhe von 22,40 €, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75 €, Fahrtkosten/Zeitaufwand in Höhe von 91,80 € (das heißt 1,80 € je Kilometer, maximal 100 €) sowie die auf den daraus errechneten Betrag entfallende Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht der Höhe des Honorars noch in Anbetracht der Nebenkosten zu beanstanden sei, wobei die Nebenkosten sich allein auf 189,20 € beliefen. Im vorliegenden Fall hat der vom Kläger beauftragte Sachverständige bei einem Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von 2.290,60 € netto und einer merkantilen Wertminderung von 700 € Bruttohonorarkosten von 815,51 € berechnet und zwar auf der Basis eines Grundhonorars von 502 €, Schreibgebühren von 52,70 €, Kopierkosten von 37,40 €, Telefon- und Portokosten von 15 €, Lichtbild kosten von 45 €, Fahrtkosten von 13,20 €(= 1,10 € pro km) und EDV-Abrufgebühr von 20 €, insgesamt 183,30 €, zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gesamthonorar macht damit nur 27 % des Nettoschadens aus, ist damit im Verhältnis zu dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Fall insgesamt und auch allein bezogen auf die Nebenkosten verhältnismäßig preisgünstiger.
Das saarländische Oberlandesgericht(Urteil vom 8.5.2014, 4 U 61/13) hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen. In der Rechnung des Sachverständigen schlage sich regelmäßig nieder, was zur Schadensbeseitigung vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung erforderlich sei. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit reiche vor diesem Hintergrund nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gelte nur, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergäben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die erforderlichen Aufwendungen nehmen würden. Hierzu genüge es aber nicht, wenn die Honorarrechnung die aus der BVSK-Honorarbefragung folgenden Höchstsätze überschreite. Denn dem Geschädigten müssten diese nicht bekannt sein.
Dieser neuestens Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des saarländischen OLG folgend, hält das Amtsgericht Saarlouis im Schätzwege gemäß § 287 ZPO dafür, dass die entstandenen Sachverständigenkosten insgesamt zur Schadensbeseitigung erforderlich waren.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus der Anwendung der §§ 280, 281, 286, 288 BGB, 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. In Bezug auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten war die Klage abzuweisen. Es ist schon nicht dargetan, dass die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten überhaupt mit der vorgerichtlichen Beitreibung des geltend gemachten Anspruchs beauftragt waren. In der Anwaltsrechnung vom 25.09.2015 ist als Leistungszeit angegeben: 19.02.2015 bis 25.09.2015. Die klagegegenständliche Forderung wurde indessen erst am 06.05.2015 an den Kläger rückabgetreten. Dass die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten in Bezug auf die Restsachverständigenkosten vor Klageerhebung vom Kläger gesondert mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Klageforderung beauftragt wurden und diese in Erfüllung dieses Auftrages die Restsachverständigenkosten vorgerichtlich geltend machten, ist aus der den Schriftsätzen des Klägers nebst Anlagen nicht ersichtlich. Aus der Anlage zur Klageschrift ergibt sich, dass opta data factoring, an die der Sachverständige die an ihn abgetretene Forderung weiter abgetreten hatte, diese gegenüber der Klägerin im eigenen Namen geltend machte, was dafür spricht, dass die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers auch anfänglich nicht mit der Beitreibung der Sachverständigenkosten beauftragt waren.