Hallo Leute, aus dem westlichsten Bundesland, dem Saarland, wurden auf Grund des Aufrufes auch Urteile eingesandt. Hier gebe ich Euch ein Urteil aus Saarlouis bekannt. Eingesandt wurde das Urteil durch RA. Lutz Imhof aus Aschaffenburg.
Amtsgericht Saarlouis
Aktenzeichen: 29 C 571/11 (16)
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
der Frau N. H. aus S.
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. I.u. P. aus A.
gegen
Firma HUK-Coburg, Schadenaußenstelle, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte B. M.
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Saarlouis durch den Richter am Amtsgericht … im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 29.06.2011
für Recht erkannt:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 315,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seitdem 19.01.2011 zu zahlen.
II.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 43,31 € vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2011 zu zahlen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 7/100, die Beklagte 93/100.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
(ohne Tatbestand gem. § 313 a Abs. 1 ZPO)
Die Klage ist größtenteils begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in zugesprochener Höhe gem. §§ 7 StVG, 115 VVG, 249, 298 BGB. Die volle Haftung der Beklagten für die infolge des Verkehrsunfalls vom 17.12.2010 in Wadgassen entstandenen Schäden der Klägerin ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Zu den erstattungsfähigen Kosten des Geschädigten gehören diejenigen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 249 Rdnr. 58).
Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige orientiert sich in Bezug auf die von ihm beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Dies ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtssprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09.03, Az.: 2 S 219/02; Saarländisches OLG, Urteil vom 22.07.03, Az.: 3 U 538/02; BGH NJW 2006, 2472).
Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und in soweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, wie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwenig halten darf und trägt das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff.). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um eine für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Weil es im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts für Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 29.08.08, Az.: 13 S 108/08 mwN). An dieser Einschätzung hält das Gericht zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung im Landgerichtsbezirk Saarbrücken fest. Ob es künftig zu einer Änderung dieser Rechtsprechung kommen wird, steht derzeit dahin.
Von der Einholung eines Gutachtens sieht das Amtsgericht im Rahmen seines Schätzungsermessens gem. §§ 287, 495 a ZPO ab.
Im vorliegenden Fall ist lediglich von einer leichten Überhöhung der Kosten des Sachverständigengutachtens auszugehen.
Halten sich nämlich Grundhonorar und die Nebenkosten innerhalb des Honorarkorridors HW III BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, so kann nicht festgestellt werden, dass die vereinbarte Vergütung schadensrechtlich nicht erforderlich ist, da feststeht, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Sachverständigen in diesem Bereich abrechnet. Daraus ergibt sich wiederum, dass der Geschädigte regelmäßig keine Möglichkeit hat, vor Beauftragung zu einer anderen Einschätzung zu kommen. Soweit das Gesprächsergebnis des BVSK mit der Beklagten niedrigere Werte ausweist, als die Honorarbefragung selbst, ist schon nicht hinreichend deutlich, ob sich die dortigen Werte nicht lediglich auf die Abrechnung der Sachverständigen im Verhältnis zu der Beklagten beziehen. Ob Sachverständige aber gegenüber der Beklagten und möglicherweise auch anderen mit ihr kooperierenden Haftpflichtversicherern gegenüber niedrigere Honorarforderungen geltend machen, enthält keinen zwingenden Hinweis darauf, dass KfZ-Sachverständige in der Region bei Beauftragung von privaten Kunden im allgemeinen die gleichen niedrigen Sätze anlegen (vgl. LG Saarbrücken a.a.O.).
Im vorliegenden Fall liegt die Grund Vergütung, die der Kläger in Ansatz gebracht hat, noch im Bereich des Honorarkorridors HB III. Gleiches gilt für die Nebenkosten, wobei im vorliegenden Fall Fahrtkosten nicht geltend gemacht werden.
Nicht erstattungsfähig sind die berechneten EDV-Abrufgebühr. Aus den Erläuterungen zu der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 geht hervor, dass als Fremdleistungen Kalkulationsabrufkosten nur noch vereinzelnd aufgeführt würden. Daraus folgt, dass derartige Kosten üblicherweise dem Kunden neben dem Grundhonorar nicht mehr zusätzlich überbürdet werden. Für die Entscheidung ist daher davon auszugehen, dass derartige Nebenkosten schadensrechtlich nicht erforderlich sind.
Aus dem Abzug der betreffenden Position inklusive Mehrwertsteuer ergibt sich die zugesprochene Hauptsumme.
Die Nebenentscheidungen folgen aus der Anwendung der §§ 280, 281, 286, 288 BGB 13, 14 RVG, WRVG Nr. 2300, 702, 708, 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gemäß VV RVG 2300 kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war.
Keines der betreffenden Merkmale kann vorliegend bejaht werden.
Demgemäß stehen nach der Teilzahlung der Beklagten an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur noch die zu erkannten 43,31 € offen.
… und was sagt Ihr?