Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
der Urlaub ist leider vorbei. Hier stelle ich Euch nunmehr zuerst ein Urteil aus Saarlouis vor. Es geht wieder um restliche Sachverständigenkosten, dieses Mal aus abgetretenem Recht. Kläger ist der Kfz-Sachverständige. Beklagte ist die VN der HUK-Coburg. Die Coburger Versicherung ist nicht mitverklagt worden, was ja durchaus auch zulässig und manchmal auch zweckmäßig ist. Trotz der bekannten Rechtsprechung des LG Saarbrücken hat das erkennende Gericht zutreffend die erforderlichen Sachverständigenkosten als Grundhonorar zugesprochen. Dass das Gericht Grundhonorar und Nebenkosten aufsplittet und überprüft widerspricht der BGH-Rechtsprechung. Denn im Schadensersatzprozess – auch aus abgetretenem Recht – ist das Gericht zu einer Preiskontrolle nicht berechtigt (BGH VI ZR 211/03 und BGH VI ZR 67/06 ). Deshalb ist die Begründung hinsichtlich der Nebenkosten falsch. Lest aber selbst und gebt Eure Meinungen kund. Der Rechtsstreit wurde auf Seiten des klagenden Sachverständigen durch Herrn RA: Lutz Imhof, Aschaffenburg, geführt, der dem Autor auch das Urteil übersandt hat.
Viele Grüße.
Willi Wacker
Amtsgericht Saarlouis
Aktenzeichen: 28 C 788/12 (70)
Urteil
(ohne Tatbestand gem. § 313 a ZPO)
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
des Herrn Sachverständigen aus S.
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. I. & P.
gegen
Frau L. aus S.
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte B. M.
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Saarlouis
durch den Richter am Amtsgericht …
im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO
am 10. Juli 2012
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,18 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 23.7.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 53,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2010 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Käger trägt 2/5, die Beklagte 3/5 der Kosten des Rechtsstreites.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte als Fahrerin aus dem Verkehrsunfallereignis vom 21.4.2010 in Saarlouis Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigerkosten in zuerkannter Höhe von 267,18 € zu.
Die volle Einstandspflicht der Beklagten gemäß § 18 STVG für die dem Kläger unfallbedingt entstandenen Schäden steht außer Streit.
Sachverständigenkosten sind hiernach grundsätzlich eine erstattungsfähige Schadenposition und vom Schädiger zu ersetzen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erforderlich und zweckmäßig ist (BGH in NJW RR 1989, 953).
Soweit hiernach die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten auf den erforderlichen Herstellungsaufwand beschränkt ist, darf nach der sogenannten subjektbezogenen Schadenbetrachtung, bei der Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen ist, dieser grundsätzlich von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn für ihn erkennbar gewesen wäre, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet (vgl. Amtsgericht Saarlouis, Urteil vom 21.02.2012 (28 C 633/11).
An diesem Ausgangspunkt und dem Fehlen einer Markterkundungspflicht im Bereich der gesetzlichen Kraftfahrzeughaftpflicht hält auch das Landgericht Saarbrücken in seiner neueren Rechtsprechung fest (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.2.2011, 13 S 144/10, den Parteien-Vertretern bekannt). Nach dieser Rechtsprechung erweist sich das von einem Sachverständigen abgerechnete „Grundhonorar“ als erforderlicher Herstellungsaufwand und für den Geschädigten nicht erkennbar überhöht, soweit es sich innerhalb des Honorarkorridors bewegt, den die hier maßgebliche BVSK-Honorarbefragung 2010/11 vorgibt und nach der je nach Schadenhöhe zwischen 40 und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. An dieser Rechtsprechung wird von der zuständigen Berufungskammer weiterhin festgehalten.
Das von dem Kläger in Rechnung gestellte Grundhonorar von 272,- € liegt innerhalb dieses Honorarkorridors. Von dem Kläger wird der Sachschaden am Fahrzeug seiner Kundin nicht dargelegt, aus der von ihm nach dem Vertrag vom 13.7.2010 angewendeten Tabelle, § 5, ergibt sich jedoch ein entsprechender Gesamtschaden.
Auch soweit nach der vorzitierten Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer neben der mit dem Grundhonorar berechneten Ingenieurleistung grundsätzlich auch „Nebenkosten“ berechnet werden können, sind solche Kosten jedoch regelmäßig lediglich in Höhe bis zu 100,- € erstattungsfähig. Soweit sie diesen Betrag übersteigen, sind sie nämlich als quasi willkürlich überhöht anzusehen und stehen Preis und Leistung für den Geschädigten erkennbar in einem auffälligen Missverhältnis zueinander (Landgericht Saarbrücken a.a.O.).
Umstände, die im vorliegenden Fall einen gesteigerten Begutachtungsaufwand erforderlich gemacht hätten, sind aus der Rechnung des Klägers vom 14.7.2010 nicht erkennbar.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist das vorliegend geltend gemachte Grundhonorar in Höhe von 272,- € in vollem Umfang erstattungsfähig, die geltend gemachten „Nebenkosten“ jedoch nur in Höhe von 100,- €. Im Übrigen sind diese für den geschädigten Laien erkennbar nicht erforderlich, da überhöht.
Hiernach ergibt sich eine erstattungsfähige Summe einschließlich Mehrwertsteuer von 442,68 €, worauf die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung wie zwischenzeitlich klargestellt, aussergerichtlich lediglich Zahlung von 175,50 € leistete, weshalb restliche 267,18 € geltend gemacht werden können.
Bei den zuerkannten vorgerichtlichen Kosten ist entsprechend des BGH (Urteil vom 13.01.2011, AZ. IX ZR 110/10) von einer 1,5 Geschäftsgebühr auszugehen, so dass 53,55 € zuzusprechen waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. I ZPO.
Die Entscheidung übe die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre gesetzlichen Grundlagen in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Zu den Nebenkosten:
„Im Übrigen sind diese für den geschädigten Laien erkennbar nicht erforderlich, da überhöht.“
Allerdings verschweigt der Richter wie der Laie das erkennen soll. Aber diese 100,- Euro haben uns das LG Saarbrücken eingebrockt.
Viele Grüße
Andreas
Ich könnte mich schütteln!!!
Mit welcher Begründung meint das Gericht per ordre mufti in die Welt setzen zu müssen, dass 100,00 € an Nebenkosten „reichen“? Das ist an Inkompetenz und Arroganz kaum mehr zu überbieten!
Der Richter/die Richterin möge doch einmal einen Techniker zur Reparatur eines Fernsehers/Waschmaschine/Spülmaschine ins traute Heim bestellen, da werden aber die Augen aus dem Kopf treten, was dort an „Kfz-Pauschalen“, „Wegepauschalen“ etc. berechnet wird. Und unter diesen Umständen wird dem Geschädigten zugemutet, von einer Überhöhung von solchen Preisen ausgehen zu müssen, wenn bei einem Kfz-Sachverständigen solche Nebenkosten unterhalb dieser Preise liegen? Darauf kommt es doch an, dass es dem Geschädigten zumutbar ist, zu erkennen, dass Nebenkosten in der geltend gemachten Höhe weit überhöht sind. Wie soll das gehen? Fahrtkostenpauschalen bei der Reparatur von Waschmaschinen in Höhe von 45,00 €, wenn aber der SV darunter berechnet, soll das erkennbar überhöht sein? Der Richter möge sich doch einmal eine Rechnung von einem IT-Service an seinem Heimatgericht für Service- oder Reparaturleistungen in sein Büro kommen lassen. Dann wird er erkennen, dass Wegegelder auch mal locker 90,00 € netto kosten können. Und wieder: da soll der Geschädigte erkennen können, dass es hier geht und dort nicht??
Auch wirtschaftlich eine Supersache für den SV, wenn er auf 168,14 € Kosten sitzen bleibt!
Weil man nicht nur meckern soll: 1,5 RA-Gebühr sind korrekt, hier wäre bei anderen Gerichten mehr Einsicht wünschenswert.
Hallo Andreas, hallo Babelfisch,
Ihr habt ja beide so Recht. LG Saarbrücken hat von seiner Argumentation her einiges schwerer gemacht. Aber man muss einfach sehen, dass die erkennenden Richter auf § 249 BGB und die Erforderlichkeit hingewiesen werden müssen. Ebenso wichtig ist, auf die bestehende BGH-Rechtsprechung zu verweisen. Siehe mein Kommentar vom 23.8.2012 zu dem Urteil des AG Hamburg-St. Georg.
Trotzdem – oder gerade deshalb – ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Hallöchen
es bewegt sich was!
Wie zu hören war,soll der saarbrücker Landrichter jetzt endlich-nach dutzenden zurückgewiesener Anträge-in einem Fall doch die Revision gegen sein Nebenkostenbeschneidungsurteil auf Antrag zugelassen haben.
Ich bin im Zweifel,ob dieser Sinneswandel auf Überheblichkeit oder doch auf Unsicherheit ob der nicht nachlassenden Kritik beruht.
Man darf weiter gespannt sein.
BTW:die Gerichtsgutachterkosten in den saarbrücker Verfahren sollen bei über 30.000,-€ liegen,obwohl der Gerichtsgutachter in allen Verfahren auf dieselbe,von ihm nur einmal durchgeführte Markterhebung zurückgegriffen hat und sogar so dermassen schlampig arbeitete,dass Kläger und Beklagter in den Gutachten andauernd verwechselt wurden.
So kann es eben „laufen“,wenn eine nur einmal gemachte Erhebung in andere Verfahren übertragen wird.
Nennt man das eigentlich dann „Routinefehler“ in routine-Gerichtsgutachten,oder einfach nur eine unverschämte Sauerei,die vom Gericht in der Kostenfestsetzung auch noch gedeckt worden sein soll?
—-muss k…..
Hallo Glöckchen,
da gibt es aber noch eine andere Variante.
Vielleicht hat der vorsitzende Richter am LG Saarbrücken nur auf einen Fall gewartet, bei dem das Honorar besonders krass, unstimmig oder wie auch immer ausfällt, so dass die Revision beim BGH in die Hose geht? Wäre doch eine super Bestätigung für das Landgericht Saarbrücken (siehe z.B. auch den verlorenen Prozess bezüglich der – formal falschen – Abtretung; Vorinstanz dort war auch das LG Saarbrücken).
Der Sachverständige ist auch dort, ohne eingehende vorherige Prüfung, voll ins Messer gelaufen.
Zum Thema SV-Honorar fällt mir spontan der eine Fall beim LG Saarbrücken (ohne Zulassung der Revision) ein, bei dem der Sachverständige Nebenkosten in Höhe von 345,05 Euro bei einem Grundhonorar von 394,00 Euro netto berechnet hatte! Das Amtsgericht hatte das Honorar gemäß BGH vollumfänglich zugesprochen. Nachdem es in der Berufung „eng“ wurde, hat der Sachverständige dann die Nebenkostenforderung auf 173,90 Euro reduziert. Zugesprochen wurden dann die ominösen 100,00 Euro.
Bei einer derartigen Fallgestaltung habe ich in der Tat teilweise Verständnis für das Gericht, wenn es feststellt, dass hier irgendwas nicht korrekt läuft und versucht die Notbremse zu ziehen. Wie man sieht, verlässt das eine oder andere Gericht dann auch den Pfad des Rechts, entscheidet sich gegen § 249 BGB und revidiert sogar die eigene (richtige) Rechtssprechung.
Nichts anderes ist übrigens damals bei der Mietwagenrechtssprechung geschehen. Einige Mietwagenunternehmen hatten sich voll auf den § 249 BGB verlassen sowie auf die Rechtssprechung der 80er und 90er Jahre und exorbitant (bis zu 400% Aufschlag) abgerechnet. Die Quittung gab es dann vom BGH mit einer (falschen) Rechtsprechung, die im Widerspruch zum § 249 BGB steht.
Wenn das Langericht Saarbrücken bei vielen Fällen die Revision beharrlich verweigert und bei einem Fall die Revision plötzlich zulässt, dann sollten zuerst die Alarmglocken läuten. Auf alle Fälle sollte man, vor der Führung der Revision beim BGH, penibel überprüfen, ob der Schuss nicht nach hinten los gehen kann.
Trotz ständiger Anmahnung, das Gespür für Maß und Verhältnissmässigkeit nicht zu verlieren, gibt es leider immer noch einige Sachverständige, die exorbitant hoch abrechnen. Frei nach der Faustformel: Je kleiner das Hirn um so höher das Honorar.
Eine BGH-Rechtsprechung zum Sachverständigenhonorar im Stil der Mietwagenrechtsprechung wäre der Untergang der freien Sachverständigen. Dafür trägt dann aber nicht das Langericht Saarbrücken die Verwantwortung, sondern (analog der Mietwagenfirmen) diejenigen Kollegen, die den Bogen weit überspannt haben.
@ Glöckchen
„So kann es eben “laufen”,wenn eine nur einmal gemachte Erhebung in andere Verfahren übertragen wird.
Nennt man das eigentlich dann “Routinefehler” in routine-Gerichtsgutachten,oder einfach nur eine unverschämte Sauerei,die vom Gericht in der Kostenfestsetzung auch noch gedeckt worden sein soll?
—-muss k….. “
Hi Glöckchen,
Ich bin mir noch nicht schlüssig, ob man meine gutachterlichen Stellungnahmen an das LG Saarbrücken in dieser Sache nicht in dem Blog veröffentlichen soll. Hier könnten RA, Juristen u. SV einmal erkennen wie der Landrichter mit dem gerichtlich geleiteten SV ein gewolltes aber falsches u. von mir vorausgesehenes Ergebnis „gebastelt“ haben.
Das LG Saarbrücken und sein Helfershelfer (kein SV für Honorarfragen)haben sich trotz sachkundiger Einwände eines ö.b.u.b. Honorarsachvberständigen über alle statistischen u.Honorartechnischen Belange hinweggesetzt nur um ein Ergebnis zu erreichen welches aus der dilletantischen u.vorselektierten Abfrage aus den SV- Kreisen mit enger Zusammenarbeit der Versicherungswirtschaft gewünscht war.
Bei dem kompl. Wissen wie die 11 Urteilen des LG Saarbrücken zustande gekommen sind, kann einem speiübel werden.Nach meiner Ansicht war diese Vorgehensweise eine Vorstufe des kriminellen Handelns.
Solche Richter u. „Sachverständige“ welche leider gesetzlich gedeckt solche Sauerreien veranstalten, braucht unser Land gewiss nicht, weil sie das Gesamtansehen der Gerichte beschädigen.
Hi Rüdiger
das LG Saarbrücken liegt eindeutig falsch!
In dem Schadensersatzprozess hätten selbst überteuerte Gutachterkosten zugesprochen werden müssen.
Diese Rechtslage folgt aus dem Gesetz.
Die Mietwagenrechtsprechung ist nicht auf Gutachterkosten übertragbar.
Selbst das OLG Saarbrücken und auch die Berufungskammer sprachen Geschädigten in aktuellen Urteilen überteuerte Reparaturkosten völlig richtigerweise zu,wenn sie dem Geschädigten von einer Werkstatt berechnet wurden.
Was ist bei überteuerten Gutachterkosten anders?
Antwort:Garnichts!
Hallo Vaumann,
wenn das alles so easy ist, dann kann ja überhaupt nichts passieren. Läppischer BGH-Selbstläufer beim völlig neutralen 6. Zivilsenat. Selbst bei überteuerten Gutachten. Das VI ZR 67/06 wird schon alles richten. Augen zu und durch!
Diese Rechtssicherheit erinnert wieder ein wenig an die fiktive Abrechnung. Porscheurteil for ever. Und dann kam VW & Co mit der Gleichwertigkeit und Eurogarant und 3 Jahresfrist und Scheckheft und so weiter usw..
Am 12.09.2012 um 10:00 wird z.B. bei den Roten Roben in Karlsruhe entschieden. Wer wettet darauf, dass die Entscheidung exakt nach dem Grundgesetz erfolgt? Ich wette dagegen. Zeit aufzuwachen.
Hallo Rüdiger,
welches Gesetz gibt dem Saarbrücker Richter das Recht, das Sachverständigenhonorar in Grundgebühr und Nebenkosten aufzuspalten? Keins. Das ist nämlich eine Erfindung der HUK, die im Gesetz keine Grundlage findet. Der Sachverständige berechnet sein Honorar gegenüber seinem Auftraggeber entsprechend nach Werkvertrag, also nach §§ 632 ff BGB. Das hat auch der für Werkvertrag zuständige X. Zivilsenat mit Urteil vom 4.4.2006 – X ZR 122/05 – (= BGH VersR 2006, 1131 = DS 2006, 278 ff) und mit Urteil vom 16.5.2006 – X ZR 80/05 – ( = BeckRS 2011, 15843) entschieden. Die so berechneten Sachverständigenkosten sind dann für den Geschädigten entweder Rechtsverfolgungskosten oder Wiederherstellungsaufwand, so dass sie bei hundertprozentiger Haftung des Schädigers in vollem Umfang zu erstatten sind. Mit dem Urteil vom 23.1.2007 hat der für Schadensersatz u.a. zuständige VI. Zivilsenat entschieden, dass ein so berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand vom Schädiger erstattet verlangt werden kann. Im Schadensersatzprozess ist eine Preiskontrolle dem Schädiger und dem Gericht untersagt. Das gilt auch für die Höhe der Sachverständigenkosten. Die Rechtsprechung des Senates zu den Mietwagenkosten ist auf Sachverständigenkosten nicht übertragbar. Auch das hat der BGH in dem Urteil VI ZR 67/06 – ausdrücklich unter Rdnr 15 betont. ( vgl. hierzu auch Wellner BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden 1. A. 2012, 208 ). Vaumann ist daher zuzustimmen. LG Saarbrücken liegt falsch. Selbst überteuerte Sachverständigenkosten sind daher zu erstatten, ggfls. Zug um Zug gegen Abtretung evtl. Bereicherungsansprüche.
Wäre schön, wenn der VI. ZS mit der Revision nunmehr dem Saarbrücker Spuk ein Ende bereiten würde, damit das Hausieren mit den falschen Urteilen durch die HUK ein Ende hat.
@Rüdiger
Freitag, 24.08.2012 um 19:36
Hallo Vaumann,
wenn das alles so easy ist, dann kann ja überhaupt nichts passieren. Läppischer BGH-Selbstläufer beim völlig neutralen 6. Zivilsenat. Selbst bei überteuerten Gutachten. Das VI ZR 67/06 wird schon alles richten. Augen zu und durch!….
Am 12.09.2012 um 10:00 wird z.B. bei den Roten Roben in Karlsruhe entschieden. Wer wettet darauf, dass die Entscheidung exakt nach dem Grundgesetz erfolgt? Ich wette dagegen. Zeit aufzuwachen.
Hallo, Rüdiger,
das Grundgesetz im Zusammenhang mit rechtswidrigen Honorarkürzungen nach eigener Tabelle unter dem Deckmäntelchen der vermeintlichen Erforderlichkeit ist ein neues Thema, das bisher noch nicht abgehandelt wurde. So könnte man vieleicht anmerken, was zum Thema Freiheit der Berufsausübung zu sagen wäre.
Gruß
Scouty II
Hallo Willi Wacker,
natürlich sind die diesjährigen Urteile des LG Saarbrücken allesamt grottenfalsch und gegen das Gesetz. Gegenteiliges wurde auch nicht behauptet.
Ich nehme an, das wissen auch die dortigen Richter sehr genau und wohl auch die meisten Amtsrichter im Gerichtsbezirk, die dem LG nun munter hinterher plappern. Trotzdem sind die Urteile existent wie auch über 90% aller SV-Honorarurteile, die im Ergebnis zwar oftmals richtig sind, aber deren Begründung im krassen Gegensatz zum Gesetz und der BGH-Rechtssprechung steht.
Jeder hier kennt doch den Larifari-Klassiker: Überprüfung der Einzelpositionen des SV-Honorars aufgrund der BVSK-Honorarbefragung = ein klarer Verstoß gegen das Schadensrecht und die BGH-Rechtssprechung.
Das Gesetz und die BGH-Rechtssprechung interessiert aber die meisten Richter offensichtlich nicht mehr? Tendenzen zu Urteilen vom Gesetz weg kann man auch beim BGH feststellen (Mietwagen-Rechtsprechung, fiktive Abrechnung).
Was nützt also die gesamte schöne bunte Welt der Rechtsdogmatik, wenn sich die Gerichte im wahren Leben einen feuchten Kehrricht darum scheren?
Genau da liegt nämlich das Risiko, wenn man Revision beim BGH einlegt, sofern das SV-Honorar nicht zu 100% gerichtsfest sein sollte. Bei einem überhöhten Honorar, das den BGH-Richtern – warum auch immer – „in die Nase sticht“, wette ich auf Bauchlandung = „Konkretisierung“ des BGH-Urteils VI ZR 67/06. Stichwort: „Nebensatz“.
Holzauge sei wachsam!
Die Juristerei besteht aus dem Ringen um das bessere Argument.
Man könnte nach einer Honorarordnung für SV rufen;was dabei dann herauskommt,wird jede Partei dann ebenfalls wieder in Ihrem eigenen Sinne auslegen
@ Rüdiger:
Der Nebensatz den sie ansprechen ist längst kommentiert von Ri. am BGH Dr. Peter König in Hentschel,König, Dauer Strassenverkehrsrecht,neueste Auflage,§12 StVG Rz.50
mit dem Ergebnis,dass selbst überteuerte Gutachterkosten nicht mit dem Geschädigten „nach Hause“ gehen,weil der Geschädigte keine Möglichkeit hat,die Höhe der Gutachterkosten zu beeinflussen.
Hallo Ra Imhof,
kommentiert ist schon einiges zu dem Thema. Auch Gegenteiliges von den juristischen „Fachleuten“ aus der Versicherungsecke. Maßgebend ist letztendlich, wer die Entscheidung beim BGH fällt. Der Ri. am BGH Dr. Peter König ist Mitglied im 5. Strafrechtssenat in Leipzig. Bei allem Respekt; ich glaube nicht, dass sich der 6. Zivilsenat in Karlsruhe danach richtet, was ein Strafrichter in Leipzig in Fachzeitschriften zum Besten gibt.
im Lichte der „neuen“ BGH-Rechtsprechung nach Vorgabe der Versicherungswirtschaft? oder ! ?
BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden
Wolfgang Wellner
1. Auflage 2012, 304 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-8240-1232-9
Erscheinungstermin: 11.06.2012
49,00 EUR
sofort lieferbar
http://www.anwaltverlag.de/epages/AnwaltVerlag.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/AnwaltVerlag/Products/978-3-8240-1232-9
Wer hat das Buch, welches BGH-Richter Wellner als Hilfestellung zur Umsetzung der (seiner) neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Kfz.-Schadenbereich verstanden wissen will, bereits gelesen?
@§249 BGB
hab ich gelesen.
Bringt keine ergänzenden Infos zu Gutachterkosten,auch nicht zu dem oft Zitierten „Halbsattz“.
Trotzdem interessant zur fiktiven Abrechnung und zur Kürzung von Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen:
Wellner erklärt,dass der BGH dieses Thema wegen einer taktischen Revisionrücknahme der Versicherung nicht mehr entscheiden konnte,dass aber diese beliebten Kürzungen dann nicht rechtens sind,wenn die Positionen bei konkreter Reparatur anfallen;sie sind dann auch dem Fiktivabrechner zu ersetzen.
Hier wird die herrschende Meinung in der Instanzrechtsprechung bestätigt und die abweichende Rechtsprechung beispielsweise im Bereich des LG Limburg als falsch zurückgewiesen.
Das Buch hat deshalb in speziellen Bereichen durchaus seinen Wert,obwohl ich mir mehr erhofft habe.
Man darf aber auf die zweite Auflage gespannt sein;übermässige Kritik ist an einem „Erstlingswerk“ unangebracht.
@Rüdiger
also ich gehe davon aus,dass Dr.Peter König mit seinen Kollegen vom VI Senat Rücksprache wegen der Interpretation des vielzitierten Halbsatzes hielt,bevor er die Kommentierung bei H,K,D verfasst hat.
Alles Andere entspräche nicht der von ihm gewohnten Sorgfalt und Präzision,die in Fachkreisen hochgeschätzt wird.
Deshalb ist seine Kommentierung verlässlich;sie wird übrigens auch vom Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht von Himmelreich und Halm in der 4. neuesten Auflage übernommen.
Hallo Ra Imhof,
an der Kompetenz von Dr. Peter König hat keiner gezweifelt. Zweifel sind nur angebracht, ob sich der 6. Zivilsenat in Karlsruhe an die (schlüssigen) Ausführungen hält. Der 6. Zivilsenat ist in den letzten Jahren kein ja oder nein Senat, sondern, wie auch immer mehr das Bundesverfassungsgericht, ein ja – aber oder ein nein – aber.
Nachfolgend ein Link zur Rechtsituation in Deutschland – Vortrag von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider
http://www.youtube.com/watch?v=HIw26h4xGDY&feature=youtube_gdata_player
Hallo § 249 BGB,
ich habe quasi „von Amtswegen“ das Buch von Herrn Wellner gelesen, weil ich das Buch in der Zeitschrift „Der Sachverständige“ besprechen sollte. Es beinhaltet die Urteile des BGH zum Sachschaden bei Kfz-Unfällen. Mit besonderem Interesse hatte ich den Abschnitt über die Sachverständigenkosten gelesen, da ich davon ausging, dass zu den Urteilen auch Kommentierungen und „amtliche Motive“ abgedruckt gewesen seien. Die Urteile sind im Wortlaut teils verkürzt abgedruckt. Bei den Sachverständigenkosten fehlen neben dem zutreffend aufgeführten Urteil des X. Zivilsenates des BGH vom 4.4.2006 (BGHZ 167, 139 = DS 2006, 278) die ebenfalls vom X. Zivilsenat erlassenen Urteile vom 16.5.2006 ( X ZR 80/05 – [= BeckRS 2011, 15834] ) und vom 10.10.2006 (BGH DS 2007, 76). Ebenso fehlt das Urteil des IV. Zivilsenates des BGH vom 11.1.2012 (BGH DS 2012, 167) hinsichtlich der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten.
Bersonders gelungen erscheint mir jedoch die Kfz-Schadensabrechnungsübersicht. Hier ist es Herrn Wellner gelungen, eine Übersicht zur Rechtsprechung der einzelnen Reparatur- bzw. Wiederherstellungsbereiche darzustellen. Beginnend von dem Reparaturbereich über 130 %, dann weiter gehend über den Bereich zwischen Wiederbeschaffungswert und 130%, weiter über den Bereich zwischen Wiederbeschaffungsaufwand (WBW minus Restwert) und Wiederbeschaffungswert bis hin zum Bereich der Reparaturen unter dem Wiederbeschaffungsaufwand.
Sogar der Bereich, der bisher vom BGH noch nicht entschieden werden konnte, weil die Revision zurückgenommen worden ist, nämlich der Bereich der UPE-Zuschläge und Verbringungskosten wurde kurz behandelt und Herr Wellner macht keinen Hehl daraus, dass im Fall der fiktiven Abrechnung die üblichen Preise einer (regionalen) markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen sind. Dies gelte dann auch für die UPE-Aufschläge und Verbringungskosten, wenn diese üblicherweise bei der dortigen Reparatur anfallen.
Es wäre natürlich schön gewesen, wenn zu den gekürzten Urteilstexten auch die kompetenten Ansichten des BGH-Richters, der an vielen Urteilen mitgewirkt hat, auch veröffentlicht worden wären, damit einmal der immer wieder hervorgebrachte Halbsatz richtigerweise gedeutet werden könnte. Das fehlt leider.
Möglicherweise ist dann die 2. Auflage umfangreicher und bringt Interpretationshilfen.
Mit freundlichen Grüßen
F-W Wortmann
@ Wortmann: „Bei den Sachverständigenkosten fehlen neben dem zutreffend aufgeführten Urteil des X. Zivilsenates des BGH vom 4.4.2006 (BGHZ 167, 139 = DS 2006, 278) die ebenfalls vom X. Zivilsenat erlassenen Urteile vom 16.5.2006 ( X ZR 80/05 – [= BeckRS 2011, 15834] ) und vom 10.10.2006 (BGH DS 2007, 76). Ebenso fehlt das Urteil des IV. Zivilsenates des BGH vom 11.1.2012 (BGH DS 2012, 167) hinsichtlich der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten.“
Warum wohl?
Weil DAS ZU BESPRECHENDE URTEIL vielleicht erst noch kreiert werden muss?
Siehe dazu:
@ Glöckchen Freitag, 24.08.2012 um 15:47
„Hallöchen
es bewegt sich was!
Wie zu hören war,soll der saarbrücker Landrichter jetzt endlich-nach dutzenden zurückgewiesener Anträge-in einem Fall doch die Revision gegen sein Nebenkostenbeschneidungsurteil auf Antrag zugelassen haben.
Ich bin im Zweifel,ob dieser Sinneswandel auf Überheblichkeit oder doch auf Unsicherheit ob der nicht nachlassenden Kritik beruht.“
Nach dem was auf den Seiten von: „MWV SEMINARE
Münchner Seminare für Wirtschafts- und Versicherungsrecht GmbH“ unter dem Link
http://www.yasni.de/ext.php?url=http%3A%2F%2Fwww.mwv-seminare.de%2Freferent-21-Wolfgang%2BWellner.html&name=Wolfgang+Wellner&cat=filter&showads=1
eingestellt ist, liegt vielleicht gar kein Sinneswandel des LG Saarbrücken vor? Zumindest sollten beim Kläger bzw. dessen Rechtsvertretung ggf. die Alarmglocken läuten?
Zitat:
Wolfgang Wellner
Richter im VI. Zivilsenat (Haftungssenat) des BGH
Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (Dipl.-Kfm.) an der Universität des Saarlandes
Nach dem 2. juristischen Staatsexamen Richter in der saarländischen Justiz (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht) (Dickschrift von mir)
Zwischenzeitlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den BGH abgeordnet
Langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes, Repetitor und Referendar-Arbeitsgemeinschaftsleiter
Seit Dezember 1999 Richter am BGH und dort Mitglied des u.a. für das Schadensersatzrecht und insbesondere für das Verkehrsunfallrecht zuständigen VI. Zivilsenats
@ virus
… und …?
@ virus
Deine Gedankengänge hinsichtlich bewußter Weglassung von Urteilen gehen absolut fehl. Wenn man das Buch nicht gelesen hat, sollte man jegliche Kritik unterlassen.
Bei den Sachverständigenkosten sind die folgenden Urteile teilweise im Leitsatz, teilweise in gekürzter Textform mit den Urteilsgründen angegeben:
BGH Urt. v. 4.4.2006 – X ZR 122/05 –
BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 –
BGH Urt. v. 7.2.2012 – VI ZR 133/11 –
Das erste Urteil befasst sich mit der Honorarforderung des SV gegenüber dem Geschädigten. Das zweite Urteil betrifft die Forderung bezgl. der SV-Kosten gegenüber dem Schädiger. Das dritte Urteil betrifft das Erstattungs-Verhältnis der SV-Kosten im Falle des Mitverschuldens des Geschädigten. Damit waren eigentlich die grundlegenden Urteile angegeben. Da aber die Urteile ab 2004 aufgeführt sind, insgesamt über 90 Urteile, hatte ich auf das Fehlen der von mir genannten Urteile hingewiesen.
Darin Absicht zu unterstellen, ist absurd.
Ich finde das Buch brauchbar. Die Schadensabrechnungsübersicht ist in meinen Augen sogar hervorragend.
Im Übrigen ist es ein Buch, das auch virus einmal lesen sollte, bevor er Kritik übt.