AG Saarlouis verurteilt mit hervorragender Begründung den bei der HUK-COBURG Versicherten zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit lesenswertem Urteil vom 10.12. 2015 – 28 C 1434/15 (70) -.

Hallo verehrte Leserschaft des Captain-Huk-Blogs,

es geht weiter mit der HUK-COBURG nach Saarlouis. Nachfolgelnd stellen wir Euch hier ein positives Urteil des AG  Saarlouis zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den VN der HUK-COBURG mit interessanter Begründung vor. Die Begründung insbesondere zum Wissensstand und zu den Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten ist interessant, wie wir meinen.

„Das Gericht vermag jedoch derzeit im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen unterinstanzlicher saarländischer Gerichte, aber auch des Landgerichts Saarbrücken einerseits und des Saarländischen Oberlandesgerichtes andererseits (Saarländisches Oberlandesgericht 4 U 61/13, 4 U 46/14) in Verbindung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, ebenfalls bereits zitiert, nicht festzustellen, dass mit der Inrechnungstellung der Nebenkostenpositionen für den Geschädigten eine erkennbare Überhöhung von Kosten einherging. Hier kann dem Geschädigten kein besserer Wissensstand und bessere Erkenntnismöglichkeiten unterstellt werden, als den mit der Materie rechtlich befassten vorgenannten Entscheidungsträgern, die zu unterschiedlichen Bewertungen kommen.“

Genau damit hat der erkennende Amtsrichter den Nagel auf den Kopf getroffen. Wie kann man dem Geschädigten als Laien eine Schadensminderungspflicht vorhalten, wenn sich selbst spezialisierte Gerichte (sogar am selben Ort) nicht einig sind? Wir finden daher diese Textpassage im Urteil als besonders gelungenen Textbaustein, der auch in Schriftsätzen der Geschädigtenanwälte Verwendung finden kann. Denn dieses „Totschlagargument“ dürfte unserer Ansicht nach ab sofort in keinem Klageverfahren mehr fehlen. Lest selbst das hervorragend begründete Urteil des AG Saarlouis und gebt bitte Eure Kommenrare ab.

Viele Grüße und – wer mag – viel Spaß bei Weiberkarneval
Willi Wacker

28 C 1434/15 (70)

Amtsgericht Saarlouis

Urteil

(ohne Tatbestand gem. § 313a ZPO)

I m    N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Beklagter

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Saarlouis
im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO
nach rechtlichem Gehör für die Parteien
durch den Richter am Amtsgericht S.
am 10. Dezember 2015

für Recht erkannt:

1.   Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 130,– € nebst Nebenkosten und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.10.2013 zu zahlen.

2.   Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 398 BGB i.V.m. 7 STVG, 115 VVG ein Schadenersatzanspruch, gerichtet auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten, in Höhe von 130,– € zu.

Die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung hat die Liquidation der Klägerin vom 10.12.2012 über 985,01 € lediglich teilweise, nämlich in Höhe von 783,- €, ausgeglichen. Von dem verbleibenden Differenzbetrag in Höhe von 202,01 € sind 130,– € Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits.

Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der vorgelegten Sicherungsabtretung vom 18.12.2012 (Bl. 24 GA) bestehen im Hinblick auf die Bestimmtheit nicht.

Die Kosten der Schadenfeststellung sind Teil des nach §§ 249 Abs. I Satz 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH NJW 2007, 1450).

Allerdings kann der Geschädigte nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Nur wenn die mit dem Sachverständigen vereinbarten und von diesem berechneten Preisen von dem Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen, sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden (BGH in VersR 2014, 1141, Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2014, 13 S 109/14, Amtsgericht Saarlouis, Urteil vom 1.7.2015, 28 C 580/15).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadenbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadenschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages i.S.d. § 249 Abs. II Satz 1 BGB, soweit diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH in VersR 2014, 474). Deshalb obliegt es dem Schädiger, Umstände vorzutragen, aus welchen sich ergibt, dass der vom Geschädigten ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen und dies dem Geschädigten auch erkennbar war.

Da die Klägerin vorliegend gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht des Geschädigten dessen Schadenersatzansprüche geltend macht, sind diese Grundsätze vorliegend anwendbar.

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist vorliegend festzustellen, dass der Beklagte nicht ausreichend und konkret darlegt, weshalb der Geschädigte nach seinen subjektiven Erkenntnismöglichkeiten die Rechnung der Klägerin vom 20.12.2012 über 965,36 € als unbillig oder jedenfalls erkennbar wesentlich überhöht ansehen musste. Im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Betrachtungsweise wären hierzu Ausführungen erforderlich, weshalb den Geschädigten gerade als Laie die Überhöhung zwingend hätte auffallen müssen und die Klägerin vorliegend im Vergleich zu einem repräsentativen Durchschnitt der Kfz-Gutachter nicht nur wesentlich, sondern deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen abrechnet (BGH VI ZR 225/13 Rn. 8).

Die Beklagte tragt hierzu lediglich pauschal vor, dass die Forderung der Klägerin auch für einen Laien ohne weiteres sofort erkennbar überhöht gewesen sei.

Dies ist jedoch bereits deshalb nicht der Fall, weil sich der Sachverständige bei der Berechnung seines Grundhonorars innerhalb des Honorarkorridor bewegt, in welchen nach der BVSK-Honorarbefragung je nach Schadenhöhe zwischen 50 und 60% der befragten BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen.   Dies gilt auch, sofern man vorliegend für das Verkehrsunfallereignis, dass sich im Dezember 2012 ereignete noch die BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 zugrunde legt.

Soweit die Klägerin Nebenkosten berechnet, liegen diese mit insgesamt 229,24 € um 85,86 € über den Nebenkosten, die sich unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken ergeben, worin maßgeblich das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz als geeignete Schätzungsgrundlage herangezogen wird (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2014, 13 S 41/13). Hiernach ergäben sich lediglich Nebenkosten in Höhe von 144,08 €.

Das Gericht vermag jedoch derzeit im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen unterinstanzlicher saarländischer Gerichte, aber auch des Landgerichts Saarbrücken einerseits und des Saarländischen Oberlandesgerichtes andererseits (Saarländisches Oberlandesgericht 4 U 61/13, 4 U 46/14) in Verbindung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, ebenfalls bereits zitiert, nicht festzustellen, dass mit der Inrechnungstellung der Nebenkostenpositionen für den Geschädigten eine erkennbare Überhöhung von Kosten einherging. Hier kann dem Geschädigten kein besserer Wissensstand und bessere Erkenntnismöglichkeiten unterstellt werden, als den mit der Materie rechtlich befassten vorgenannten Entscheidungsträgern, die zu unterschiedlichen Bewertungen kommen.

Die Nebenforderungen finden ihre Rechtsgrundlage in dem Verzug der Beklagten mit der Begleichung der Hauptforderung.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da von dem Beklagten nicht dargelegt wird, zu welcher konkreten Rechtsfrage dies zu erfolgen habe und andererseits die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung bei derTeilregulierung auch offensichtlich nicht an der Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer orientierte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre gesetzlichen Grundlagen in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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