Der Amtsrichter der 29. Zivilabteilung des AG Saarlouis hat mit Urteil vom 6.8.2010 – 29 C 879/10 – den Schädiger eines Verkehrsunfalles, seines Zeichens HUK-VN, verurteilt, an den klagenden Sachverständigen M. aus S. aus abgetretenem Recht 312,88 € nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger 7/100 und der Beklagte 93/100.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 312,82 € gem. §§ 7 StVG, 249, 398 BGB. Die volle Haftung des Beklagten für die dem Zedenten (Abtretenden) D.S. in Folge des Verkehrsunfalles vom 9.4.2009 entstandenen Schäden ist unstreitig. Der Kläger ist auch aktivlegitimiert. Die Abtretung an Erfüllungs Statt vom 15.4.2009 verstieß nicht gegen das seit dem 1.7.2008 zur Anwendung kommende Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
Bei der Unterscheidung, ob eine abgetretene Forderung auf eigene oder fremde Rechnung abgetreten wird, ist nach der Gesetzesbegründung zum RDG auf die im jeweiligen Einzelfall abgeschlossenen Verträge abzustellen, wobei entscheidend ist, ob die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und er insbesondere auch das Bonitätsrisiko übernimmt (BT-Drucks. 16/3655, Seite 48 f.). Vorliegend ist die Abtretung ausdrücklich an Erfüllungs Statt erfolgt. In der Erklärung heißt es: “ Mit der Annahme dieser Abtretung durch den Sachverständigen an Erfüllungs statt gilt meine Werklohnforderung gegenüber dem Sachverständigen als erfüllt. Der Sachverständige wird den Schadensersatzanspruch im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko bei den Anspruchsgegnern einziehen.“ Damit hat der Kläger das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung im vollen Umfang übernommen, so dass ein Verstoß gegen das RDG nicht vorliegt.
Die Wirksamkeit der Abtretung scheitert auch nicht an mangelnder Bestimmtheit des Abtretungsvertrages. Bei einem Schadensersatzanspruch, der dem Geschädigten aus einem Verkehrsunfall erwächst, handelt es sich nicht um eine Mehrheit von Ansprüchen, sondern um einen einzigen Schadensersatzanspruch gem. § 249 BGB, der allerdings aus verschiedensten Rechnungspositionen bestehen kann. Die Teilabtretung teilbarer Forderungen, wie sie Geldforderungen regelmäßig darstellen, ist ohne Weiteres zulässig (vgl. Palandt-Grüneberg BGB 69. Aufl. § 398 Rdnr. 10). Es ist daher rechtlich unschädlich, dass der Zedent den Teil einer bestimmten Schadensposition an den Zessionar (Neugläubiger) abtritt ( vgl. hierzu auch AG Bochum Urt. v. 21.8.1996 – 70 C 326/96; AG Menden Urt. v. 13.9.1995 – 3 C 172/95 -).
Zu den ersatzfähigen Kosten des Geschädigten gehören im übrigen diejenigen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt-Grüneberg § 249 Rdnr. 58). Der Kläger orientiert sich in Bezug auf die von ihm beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Dies ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken Urt. v. 25.9.2003 – 2 S 219/02 -; Saarl. OLG Urt. v. 22.7.2003 – 3 U 438/02 -; BGH NJW 2006, 2472). Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und insoweit geltend machen als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Deschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und trägt das Risiko, dass er ohne näherte Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff.). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preiswerten Sachverständigen ausfindig zu machen. Weil es im Gegensatz etwa zum Bereich des Mietwagengeschäftes bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich feststetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken Urt. v. 29.8.2008 – 13 S 108/08 m.w.N.). An diese Einschränkung gält das erkennende Gericht auch zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung im Landgerichtsbezirk Saarbrücken fest. Von der Einholung eines Gutachtens sieht das erkennende Amtsgericht im Rahmen seines Schätzungsermessens gem. der §§ 287, 495a ZPO ab.
Im vorliegenden Fall ist lediglich von einer leichten Überhöhung der Kosten des Sachverständigengutachtens auszugehen. Halten sich das Grundhonorar und die Nebenkosten innerhalb des Honorarkorridors HB III der BVSK-Honorarbefragung 2008/ 2009, so kann nicht festgestellt werden, dass die vereinbarte Vergütung schadensrechtlich nicht erforderlich ist, da festeht, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Sachverständigen in diesem Bereich abrechnen. Daraus ergibt sich wiederum, dass der Geschädigte regelmäßig keine Möglichkeit hat, vor Beauftragung zu einer anderen Einschätzung zu kommen. Soweit das Gesprächsergebnis der BVSK mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten (HUK-Coburg) niedrigere Werte ausweist als die Honorarbefragung selbst, ist schon nicht hinreichend deutlich, ob sich die dortigen Werte nicht lediglich auf die Abrechnung des Sachverständigen im Verhältnis zu dieser Versicherung beziehen. Ob Sachverständige gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Beklagten (HUK-Coburg) und möglicherweise auch anderen Haftpflichtversicherern gegenüber niedrigere Honorarforderungen geltend machen, enthält keinen zwingenden Hinweis darauf, dass Kfz-Sachverständige in der Region bei der Beauftragung von privaten Kunden die gleichen niedrigen Sätze anlegen (vgl. LG Saarbrücken a.a.O.).
Im vorliegenden Fall liegt die Grundvergütung, die der Kläger in Ansatz gebracht hat, noch im mittleren Bereich des Honorarkorridors HB III. Gleiches gilt für die Nebenkosten, Porto und Telefon, die Fahrtkosten, die Schreibkosten und die Kosten für Fotokopien. Zusammen betrachtet überschreiten die Kosten für den 1. und 2. Fotosatz ebenfalls nicht den Honorarkorridor HB III der BVSK-Honorarbefragung 2008/ 2009. Erstattungsfähig sind auch die Kosten der Fahrzeugbewertung in Höhe von 20,– €. In den Erläuterungen der BVSK-Honorarbefragung 2008/ 209 ist aufgeführt, dass die Kosten der Kfz-Bewertung regelmäßig gesondert geltend gemacht werden, wenn sie dem Gutachten beigefügt sind. Nicht erstattungsfähig sind die Kalkulationsabrufkosten, die nach den voraufgeführten Erläuterungen nur noch vereinzelt aufgeführt werden, daher im Allgemeinen neben dem Grundhonorar nicht gesondert geltend gemacht werden. Für die Entscheidung ist daher davon auszugehen, dass diese schadensrechtlich nicht erforderlich sind. Aus dem Abzug der voraufgeführten Position von dem geltend gemachten Restanspruch erbibt sich die zugesprochene Klagesumme. Im übrigen war die Klage zu einem geringen Teil abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus dem Gesetz.
So der Amtsrichter der 29. Zivilabteilung des AG Saarlouis.
Das Gericht hat sich m.E. Mühe gemacht, um dem Prozessbevollmächtigten des Beklagen, der von der Huk-Coburg gestellt wurde, vor Augen zu halten, dass es schon merkwürdig ist, dass die Honorarbefragung der eigenen Mitglieder durch den BVSK zu anderen Ergebnissen gelangt als das „Gesprächsergebnis der BVSK mit der HUK-Coburg“. Meines Erachtens kann man demnächst, wenn der Prozessbevollmächtigte der HUK-Coburg fälschlicherweise (weil im Schadensersatzprozess werkvertragliche Gesichtspunkte außer Betracht bleiben müssen) wieder mit dem „Gesprächsergebnis“ und dessen günstigere Honorarwerte operiert, darauf hin weisen, dass diese Werte nur im Verhältnis zur HUK-Coburg gelten unter Hinweis auf AG Saarlouis Urt. v. 6.8.2010 – 29 C 879/10 -. Warum sollten also freie Sachverständige die auf Sondervereinbarungen beruhenden Honorarwerte auch bei privaten Auftraggebern anwenden? Es gibt keine vernünftige Begründung, warum der Geschädigte abweichend von der BGH-Rechtsprechung gerade bei der HUK-Coburg besondere Anstrengungen anstellen sollte, um einen für die HUK-Coburg günstigen Sachverständigen ausfindiog zu machen. Dazu ist er, auch wenn sein Unfallgegner bei der HUK-Coburg haftpflichtversichert ist, nicht verpflichtet.
Ich glaube daher, dass der erkennende Richter sehr wohl der hinter dem Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung einmal klar machen wollte, dass Honorarsondervereinbarungen im Schadensersatzrecht nicht gelten.
„Nicht erstattungsfähig sind die Kalkulationsabrufkosten, die nach den voraufgeführten Erläuterungen nur noch vereinzelt aufgeführt werden, daher im Allgemeinen neben dem Grundhonorar nicht gesondert geltend gemacht werden. Für die Entscheidung ist daher davon auszugehen, dass diese schadensrechtlich nicht erforderlich sind.“
Geht`s noch?
Der Kläger sollte jetzt anstelle den Rechnungsbetrag an Audatex oder DAT zu überweisen, denen monatlich eine Abschrift vom Urteil zukommen lassen. Incl. der Empfehlung, die Forderung beim Richter geltend zu machen.
Kalkulationsabrufkosten sind variable Kosten und damit grundsätzlich erstattungsfähig!
Es gibt 3 Honorarberechnungsarten:
1. Das Pauschalhonorar – dagegen wird regelmäßig eingewendet, daß es nicht spezifiziert wäre.
2. Das Zeithonorar – dabei werden sämtliche Nebenkosten, auch Kalkulationskosten, die als variable Kosten wie Fahrkosten, Fotokosten, Vermessungskosten, Demontagekosten etc. nicht im Stundensatz einkalkuliert sind, gesondert in Rechnung gestellt.
3. Das gegenstandwertabhänginge (übliche) Honorar – hier gilt das Gleiche, wie beim Zeithonorar. Sämtliche kostenstellenabhängigen Kosten werden, entsprechend den Forderungen einzelner (großer) Versicherer nach Spezifizierung, separat ausgewiesen, und ist damit prüffähig.
Fazit:
Wer eine Spezifizierung fordert, darf dann spezifizierte Rechnungspositionen nicht in Frage stellen?
……
„Nicht erstattungsfähig sind die Kalkulationsabrufkosten, die nach den voraufgeführten Erläuterungen nur noch vereinzelt aufgeführt werden, daher im Allgemeinen neben dem Grundhonorar nicht gesondert geltend gemacht werden.“
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Wahrscheinlich mal wieder ungeprüft hat hier das Gericht seiner Entscheidung auch eine BVSK-Information zu Grunde gelegt, die praxisnah keineswegs zutrifft, denn andere Berufsverbände der Kfz.-Sachverständigen und Honorarsachverständige haben genau das Gegenteil verifiziert und der Grund liegt in den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung und genau das verschweigt die Erläuterung des BVSK ganz bewußt. Sie ist damit weder seriös, noch ausreichend qualifiziert und schlichtweg auch irreführend, weil falsch.-