Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolgend stellen wir Euch hier ein prima Urteil aus Salzgitter zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG vor. Die HUK-COBURG Allgemeine Vesicherungs AG war der – allerdings irrigen – Ansicht, eigenmächtig den Schadensersatzanspruch des Unfallopfers, der unverschuldet in einen vom Versicherungsnehmer der HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG verschuldeten Verkehrsunfalls geriet, zu kürzen, obwohl einhundertprozentige Haftungslage zulasten der HUK-COBURG bestand. Weshalb den Geschädigten ein Mitverschulden, das er sich anrechnen lassen müßte, trifft, wenn der von ihm hinzugezogene Sachverständige nicht nach dem HUK-COBURG-Honorartableau oder nach der BVSK-Hoorarbefragung abrechnet, bleibt wohl Geheinmis der Anwälte der HUK-COBURG bzw. des Vorstandes in Coburg. Keinesfalls – und das hat das erkennende Gericht sauber herausgearbeitet – ist der Geschädigte verpflichtet, vor der Beauftragung des Sachverständigen zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe, eine Marktforschung nach Sachverständigen anzustellen, die gedenken nach BVSK oder HUK-Honorartableau abzurechnen. Zu einer derartigen Erforschung ist der Geschädigte nicht verpflichtet. Es handelt sich, wie wir meinen, bei dem nachfolgend dargestellten Urteil des AG Salzgitter um eine prima Entscheidung. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Salzgitter
22 C 143/15
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vertreten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg
Beklagter
hat das Amtsgericht Salzgitter im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 2.9.2015 am 3.9.2015 durch die Richterin am Amtsgericht K. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an dfe Klägerin 74,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.5.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Die Beklagte ist gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG verpflichtet, der Klägerin vollen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 21.4.2015, der von dem Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkws alleinverursacht worden ist und bei dem der Pkw der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt worden ist, zu leisten. Zu den ersatzfähigen Kosten zählen grundsätzlich auch die Kosten, die durch die Beauftragung eines Sachverständigen entstanden sind. Hier hat die Klägerin das Sachverständigenbüro … mit der Begutachtung ihres durch den Unfall beschädigten Pkws beauftragt, wofür ihr das Sachverständigenbüro einen Betrag von 758,10 € in Rechnung gestellt hat. Auf diesen Betrag hat die Beklagte jedoch nur 684,- € gezahlt, so dass 74,10 €, die Klagforderung, im Streit stehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist durch Zahlung der 684,- € keine vollständige Erfüllung eingetreten, da der im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Betrag hier der volle Rechnungsbetrag über 758,10 € ist, so dass lediglich eine Teilzahlung der Beklagten vorliegt und der Differenzbetrag von 74,10 € noch geschuldet ist.
Sachverständigenkosten sind zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Eine Ersatzpflicht besteht in der Regel auch, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet ist oder seine Kosten übersetzt sind (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 249 Rdn. 58 m. w. N.). Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen (OLGR Naumburg 2008, 702 (703)). Erst wenn ein Geschädigter Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Position nicht verursachen würde, muss der Schädiger den entsprechenden Ersatz nicht mehr lelsten.(vgl. LG Coburg v. 28.6.2002, 32 S 61/02).
Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht zu erkennen, dass die Kosten für das Gutachten derart unangemessen bzw. völlig willkürlich sein könnten. Eben so wenig ist ein Auswahlverschulden erkennbar. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein Unfallgeschädigter nach einem Verkehrsunfall in der Regel sehr schnell einen Sachverständigen beauftragen wird (bzw. faktisch muss) und daher gar keine längere Prüfung vornehmen kann, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass bei einer zeitlich späten Begutachtung der Einwand der Gegenseite droht, dass bestimmte Schäden nicht unfallbedingt seien.
Der Vertrag, auf dessen Grundlage ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstatten hat, ist Werkvertrag. Das Honorar ist, solange es nachvollziehbar ist, daher frei kalkulierbar. Die hier vorliegende Rechnung des Sachverständigen vom 24.4.2015 ist nachvollziehbar aufgegliedert. Die Klägerin hat den Sachverständigen ausdrücklich zu dessen Konditionen beauftragt, was sie auch durfte. Eine Verpflichtung des Sachverständigen, sich an der BVSK-Tabeile oder dem „Honorartableau 2012 – HUK Coburg“ zu orientieren, besteht nicht (vgl. auch AG Salzgitter v. 27.11.2008, Az. 22 C 93/08). Auch war die Klägerin nicht gehalten, nach Erhalt der Rechnung diese gegenüber dem Sachverständigen zu kürzen, da sie nicht über das hinausgeht, was im Auftrag ausdrücklich vereinbart war. Folglich kommt es auch auf das Vorbringen der Beklagten zu den Positionen Fahrtkosten, Fotos und Porto/Telefon/Kopie nicht an. Gleiches gilt für die Restwertermittlungskosten.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 BGB. Mit Ablauf der im anwaltlichen Schreiben vom 12.5.2015 gesetzten Frist ist die Beklagte in Verzug gekommen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.