Mit Entscheidung vom 27.02.2013 (101 C 92/12) wurde die HUK24 AG durch das Amtsgericht Schwandorf, Zweigstelle Oberviechtach, zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Die HUK hatte das Sachverständigenhonorar in Höhe von EUR 689,01 außergerichtlich um EUR 389,51 gekürzt und dem Geschädigten lediglich einen Betrag von EUR 299,50 angewiesen. Das Gericht verweist folgerichtig auf die Entschädigung nach schadensersatzrechlichen Grundsätzen, wonach dem Geschädigten der vollständige Schadensausgleich zusteht. Des weiteren entspricht das Gericht dem Feststellungantrag des Klägers, die verauslagten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages zu verzinsen.
Ein Urteil, das die Sach- und Rechtslage auf den Punkt bringt und ohne jegliche (falsche) Angemessenheitsbetrachtung des Sachverständigenhonorars auskommt. Kurz, knapp und richtig.
Das Urteil wurde erstritten und zur Veröffentlichung eingesandt durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg.
Amtsgericht Schwandorf
Zweigstelle Oberviechtach
Az.: 101 C 92/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
-Kläger-
gegen
HUK24 AG Online Versicherung, vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Albertstr. 2, 93047 Regensburg
-Beklagte-
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Schwandorf, Zweigstelle Oberviechtach durch den Richter am Amtsgericht … am 27.02.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 389,51 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.05.2011 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 20.11.2012 bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe 80,44 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2011 zu bezahlen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird festgesetzt auf 400.– EUR
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäss § 313a Abs. 1, Satz 1 ZPO i.V. m. § 495a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Gutachterkosten. Die Beklagte hat nämlich als Kfz-Haftpflichtversicherung für diejenigen Schäden, die bei einem Kraftfahrzeugunfall entstanden sind, einzustehen, für die ihr Versicherungsnehmer haftet.
Dabei ist im folgenden Fall unstreitig, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten, der Notar … zu 100 % für den dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Unfall haften muß. Demgemäß besteht auch die Haftung der Beklagten für den Schaden des Klägers der durch den Unfall entstanden ist zu 100 %.
Im konkreten Fall geht es um den Ersatz des Schadens, der dem Kläger entstanden ist, weil er verpflichtet war, die Rechnung des von ihm beauftragten Sachverständigen … im Hinblick auf das Schadensgutachten zu begleichen.
Der Sachverständige … hat für sein Sachverständigengutachten einen Werklohn gemäß Rechnung vom 08.04.2011 in Höhe von 689,01 EUR verlangt. Hiervon hat die Beklagte 299,50 EUR bezahlt. Die Differenz ist Gegenstand des Klageantrages zu Ziffer 1 und beträgt 389,51 EUR.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts steht dieser Betrag dem Kläger auch zu.
Schon nach der eigenen Auffassung in der Klageerwiderung wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, an den Kläger für das Sachverständigengutachten den Betrag von 673,00 EUR zu leisten (vgl. Seite 4 der Klageerwiderung). Bei dieser Sachlage stellt sich für das Gericht schon die Frage, warum die Beklagte dann nicht wenigstens diesen Betrag an den Kläger überwiesen hat. Stattdessen meint sie, mit der Bezahlung von 299,50 EUR genügend bezahlt zu haben. Dabei setzt sich die Beklagte in Widerspruch mit ihrem eigenen Vorbringen.
Aber selbst wenn man nun davon ausgehen wollte, dass die Abrechnung des Sachverständigen mit 689,01 EUR überhöht wäre (nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten um 16,01 EUR!), wäre die Beklagte zur Tragung dieser Kosten verpflichtet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind selbst diejenigen Gutachterkosten, die unter werkvertraglichen Gesichtspunkten unüblich hoch oder überteuert sind, nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen im Schadensersatzprozess des geschädigten Unfallopfers gegen den Schädiger bzw. gegen dessen Haftpflichtversicherung vollständig zu ersetzen (vgl. hierzu beispielhaft Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch 71. Auflage, § 249 Randnummer 58 mit weiteren Hinweisen auf entsprechende Gerichtsurteile).
Das Gericht ist allerdings der Auffassung, dass eine überteuerte Sachverständigenabrechnung hier gar nicht vorliegt bzw. wegen des geringen Überschreitens der zulässigen Höhe nicht zu berücksichtigen ist.
Auch der Feststellungsantrag in Ziffer 3 der Klage ist gemäss § 256 ZPO zulässig und begründet. Das Feststellungsinteresse besteht, da nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Kostenfestsetzungsverfahren auf Antrag lediglich eine Verzinsung der festgesetzten Kosten ab Eingang des Festsetzungsantrags erfolgt. Der Antrag ist auch begründet. Der durch die Klageerhebung auf Grund der Nichtzahlung zu zahlende Kostenvorschuss ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs zu verzinsen, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 2 BGB. Ebenso hat in einem solchen Fall das Amtsgericht Darmstadt in einer Entscheidung vom 27.09.2012 mit dem Az: 313 C 63/12 entschieden. Dem schließt sich das Gericht an.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713, ZPO.
Im krassen Gegensatz zur Hamburger Region geht es in den süddeutschen Gefilden schon etwas deutlicher und geschädigten gerecht zur Sache. Am Rauschen der Nordsee und an der Windstärke 8 kann es kaum liegen. Vielleicht liegt es in einem Mangel an Weißwurst und Starkbier oder an der feinen Hamburger Art alles haarpiekgenau untersuchen zu wollen. So kompliziert hat es nun selbst der BGH nicht gemeint und der Sachverhalt ist doch immer wieder recht einfach mit der zu klärenden Frage, worauf es denn tatsächlich nur ankommt:
° Kein Auswahlverschulden
° Keine Verpflichtung zur Einholung von Angeboten, weil das auch gar nicht geht
° Keine Erfordernisse zu einer Überprüfung
°Auch überhöhte Rechnungen sind zu regulieren
°maßgeblich ist die spezielle Situation bzw. die Sichtweite des Unfallgeschädigten sowie seine Möglichkeiten
° Von einer Situation und speziellen Sichtweite der gegnerischen Versicherung aus einer ex post-Position ist dabei nicht die Rede
° Herstellung des Zustandes, wie vor dem Unfall und nicht alternativ Herstellung eines anderen Zustandes durch Zubilligung von Schadenersatz nach angeblichen Angemessenheitsgesichtspunkten. Für Juristen kann es doch nicht so schwer sein, die wenigen Punkte logisch zu ordnen und sie zu verinnerlichen, denn das Rad muß man dabei nun wirklich nicht mehr neu erfinden, weil es an in der Begründung hervorragenden Urteilen
und an einer verständlichen Gesetzgebung nicht fehlt. Aber etwas Zivilcourage und preußische Disziplin gehört vielleicht auch noch dazu, die Schreiberlinge, die gesetzwidrigen Praktiken/Strategien das Wort reden, zukünftig deutlich in die Schranken zu weisen.
Mit freundlichen Grüßen
und ein schönes Wochenende
Euer Werner G.
Hallo, Werner G.,
Deine Zusammenfassung stütze ich und rufe dazu folgendes in Erinnerung:
Für die Frage der Ersatzpflicht von Gutachterkosten ist ex ante auf die Sichtweise des Unfallopfers abzustellen. Ist dieses nicht in der Lage, eine Überhöhung oder Überteuerung von Gutachterkosten überhaupt zu erkennen und nicht in der Lage, gegen seine Pflicht, die Gutachterkosten zu bezahlen, rechtserheblich begründete Einwände entgegen zu halten, so sind die Gutachterkosten nach den schadensersatzrechtlichen Grundsätzen zu ersetzen, denn hier gilt der Grundsatz des subjektiven Schadenseinschlages (vergleiche dazu grundsätzlich die zitierte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte als auch Bundesgerichtshofurteil vom 30.11.2004, Aktenzeichen VI ZR 365/03. Dort wird unter anderem ausgeführt:
a) „Die Kosten eines Sachverständigen gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Ab¬satz 1 BGB (n. F.) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenser-satzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (vergleiche Bundesgerichtshof Urteil vom 29.11.1988, Aktenzeichen X ZR112/87, NJW-RR 1989, 958, 956).
Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB (n. F.)
erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur
tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vergleiche Senats urteil vom 06.11.1973, Aktenzeichen VI ZR 27/73, VersR 1974, 90, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt).
b) Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vergleiche zur
Beauftragung eines Rechtsanwalts Senatsurteil vom 08.11.1994, Aktenzeichen VI ZR 3/94, NJW 1995, 446, 447).“
Daß die Honorarkürzungsattacken sich auch verstehen als ein Angriff auf die Ausübung der Freiheit der Berufsarbeit und damit auf das Grundgesetz muß zukünftig mehr in den Mittelpunkt gestellt und ausgeleuchtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
D.H.
Hi D.H.
Kürzesten Prozess macht der BGH,wenn ein Versicherer die von ihm für erforderlich gehaltenen Gutachterkosten gegen seinen eigenen VN regressiert,siehe BGH vom 11.01.2012 IV ZR 251/10
Wenn man das liest könnte man meinen,dass beim BGH mit zweierlei Mass gemessen wird.
Nach §116 I,3 VVG kann der Versicherer vom VN den Ersatz der Aufwendungen verlangen,die ER den Umständen nach für erforderlich halten durfte.
Das ist bereits dann der Fall,wenn ein Gutachten zur Schadensbezifferung -von offenbaren Bagatellen abgesehen-benötigt wird(OLG Jena MDR 2008,211).
Prima gell?—-sooooo einfach ist das!
Wieso sollte „erforderlich“ in §116 I,3 VVG anders zu verstehen sein,als „erforderlich“ in §249 II,1 BGB?
Weil nach der erstgenannten Vorschrift der Versicherer einen Anspruch hat,nach der zweitgenannten Vorschrift aber nur das Unfallopfer einen Anspruch hat?
Mein Anwalt hat dazu schon vor etwa einem Jahr einen Textbaustein entwickelt,der bereits bei vielen Gerichten eingereicht,aber manchmal nichteinmal gelesen wurde.
Euer Peter
@ Peter Pan,
eine Überschrift könnte auch lauten:
Von Referenzwerkstätten, mißbrauchter Marktmacht, Knechten, Sklaven und Mietmäulern.
Ja, Peter Pan, wenn ich sehe, wie die HUK-Coburg ihre „Vertrauens“werkstätten massakriert, wird mir speiübel. Da werden der einen Mehrmarkenwerkstatt 80,00 € / Std. zugebilligt („erlaubt“) und dem anderen qualifizierten Dienstleistungspartner, der sicherlich keine schlechter Arbeit abliefert, nur noch 63,00 €. Letzterer hat nicht soviel Marktmacht, wie die Mehrmarkenwerkstatt, also kann man ihn mehr unter Druck setzen. Es soll inzwischen ja auch schon Referenzwerkstätten geben, die sich unter 50,00 € anbieten bzw.verdingen. Meiner Meinung nach wird damit auch die Kfz.-Branche mehr denn je zum Spielball der Versicherungswirtschaft. Es ist auch kaum erklärbar und vermittelbar, daß der „Normalkunde“ ansonsten deutlich mehr berappen muß (bis zu 50 % !!) im Vergleich zu solchen „Sonderkonditionen“. Er subventioniert also diese Art von quasi erzwungenem Solidaritätszuschlag mit. Die Schadensteuerung ist in meinen Augen ein bisher gelungener Angriff auf den freien Wettbewerb und die dazu erdachten Strategien sind auch kartellrechtlich mehr als fragwürdig. Verfolgt man die erschreckende Entwickelung nur über 4 Jahrzehnte, so fragt man sich, ob sich die Dienstleistungspartner rund um den Unfallschaden in solche Abhängigkeiten manövrieren lassen mußten.- Das gilt für Abschleppdienste, Fahrzeughersteller, Kfz.-Werkstätten, Karosserie-Fachbetrieb und Autolackierereien, Mietwagenunternehmen, Rechtsanwälte und Kfz.-Sachverständige gleichermaßen.
Darüber hinaus hat aber auch das Versicherungsgewerbe mächtig Federn lassen müssen, was das Ansehen betrifft und ohne jedwede Übertreibung kann man inzwischen davon ausgehen, daß fast kriegsähnliche Zustände an der Tagesordnung sind, weil die Raffgier der Versicherungsbranche kaum noch Grenzen kennt und dort die wirklich seriösen Vertreter wohl keinen Platz bzw. kein Gehör mehr finden. Man merkt es nicht nur am Briefstil und am Gesprächsstil, sondern auch an der bevorzugten Anonymität bei illegalen Praktiken, wenn sich beispielsweise „Ihr Schaden-Team“ meldet. Da merkt inzwischen auch der Dümmste, wo der tote Hase im Busch sich schlafen stellt.
Da ist es fast schon wieder ein Lichtblick, daß der eine oder andere Dienstleistungspartner solche Strategien inzwischen durchschaut und eingegangene Verpflichtungen aufkündigt, weil er nicht länger als Knecht im wahrsten Sinne des Wortes noch weiter versklavt werden möchte sein möchte und sich auf seine Stärken besinnt und weil er sich nicht auch noch länger vorschreiben lassen möchte, was er wie abrechnen darf, denn jedes Unternehmen und jeder Dienstleister arbeitet schließlich zur Sicherung eines auskömmlichen Lebensunterhalts auch gewinnorientiert und das ist auch in der Versicherungswirtschaft nicht anders.
Mit besten Grüßen
D.H.