Mit Urteil vom 23.03.2009 (106 C 297/08) hat das AG Siegburg die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 979,37 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle sowie die Zinn-Erhebung dagegen nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 979,37 € aus abgetretenem Recht iVm §§ 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PfIVG.
Das Gericht ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu der Überzeugung gelangt, dass die von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten in voller Höhe ersatzfähig sind.
Das Gericht sieht sich nicht veranlasst, auf Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Tabellen die ersatzfähigen Mietwagenkosten zu berechnen. Im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO hat das Gericht die Erforderlichkeit eines von dem Mietwagenunternehmen berechneten Tarifs anhand derauf dem örtlich relevanten Markt verlangten „Normaltarife“ zu schätzen (BGH Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07).
Bei der Schätzung des ersatzfähigen Normaltarifs können geeignete Listen oder Tabellen herangezogen werden (BGH aaO). Die Schwacke- Liste 2006 stellt hierbei eine hinreichende Anknüpfungsgrundlage für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO dar. Auch wenn die von der Beklagtenseite benannten Markterhebungen teilweise durch andere Gerichte im Wege der freien Schätzung nach § 287 ZPO herangezogen werden, ist das Gericht bei der Schadensschätzung nicht an eine bestimmte Markterhebung gebunden. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte Einwendungen gegen die Schwacke-Liste erhebt und aufführt, dass sich diese auch im konkreten Fall auswirken. Gleichwohl ist das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die von der Beklagten benannten Markterhebungengeeigneter zur Ermittlung der Normaltarife sind als die Schwacke- Liste 2006.
Insbesondere erscheint es fraglich, ob die Zusammenstellung von Holger Zinn „Der Stand der Mietwagenpreise in Deutschland im Sommer 2007“ eine geeignete Schätzungsgrundlage darstellt. Zum einen sind die dort erfolgten Preisabfragen nur auf ein sehr kurzes Zeitintervall bezogen und zum anderen ist die Einteilung Deutschland in Großräume sehr grobmaschig (siehe auch OLG Köln Urteil vom 10.10.2008, Az.: 6 U 115/08).
Es bestehen allerdings auch Bedenken, ob die Erhebung Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland als Schätzungsgrundlage geeigneter ist als die Schwacke-Liste 2006. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass die Untersuchung methodisch gesehen möglicherweise Vorteile gegenüber der Erhebung von Schwacke aufweist, weil die Recherchen bei den Autovermietern ohne Offenlegung des Zwecks der Umfrage erfolgt sind. Allerdings weist auch der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland gewisse Schwachstellen auf. Die Preiserhebungsregionen werden nur nach zweistelligen Postleitzahlen, bei Schwacke hingegen nach dreistelligen Postleitzahlen eingeteilt. Zudem wurde der „Normaltarif mit einer Vorbuchungsfrist von einer Woche ermittelt und ein Grossteil der Daten stammen aus Internetbuchungen.
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände besteht zumindest im vorliegenden Fall keine Veranlassung, die in Rechnung gestellten Mietwagenkosten zu kürzen, weil keine Bedenken an der Ortsüblichkeit und Angemessenheit der berechneten Mietwagenkosten bestehen. Zu berücksichtigen ist vorliegend nämlich, dass die von der Klägerin in Rechnung gestellten Mietwagenkosten sogar um 400 Euro niedriger sind als der „Normaltarif der Schwackeliste 2006. Das Gericht hat sich aus diesen Gründen auch nicht veranlasst gesehen, ein Sachverständigengutachten über die Frage der Ortsüblichkeit und Angemessenheit einzuholen, zumal ein daraufgerichteter Beweisantritt nicht erfolgt ist.
Ein abweichendes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Einwandes der Beklagten, der Mietwagen habe bei der Firma B günstiger angemietet werden könne. Das von der Beklagten vorgelegte Angebot bezieht sich nämlich auf den 13.10.2008. Es sagt jedoch nichts dazu aus, ob dieses Angebot auch am 27.05.2008 zur Verfügung gestanden hätte. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass die Frage der Erforderlichkeit des Tarifes offen bleiben kann, wenn feststeht, dass ihm die kostengünstigere Anmietung eines entsprechenden Fahrzeuges zugemutet werden kann, ist dieser Vortrag ebenfalls unerheblich. Zu berücksichtigen ist, dass der Pkw ohnehin nach einem Normaltarif angemietet wurde.
Die Klägerin muss sich entgegen der Ansicht der Beklagten keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, weil ein klassentieferes Fahrzeug angemietet wurde. Dies wurde von der Klägerin substantiiert dargelegt. Das einfache Bestreiten der Beklagten war hierbei unbeachtlich.
Schließlich sind die sogenannten Nebenkosten erstattungsfähig.
Die Kosten für eine Teil- bzw. Vollkaskoversicherung sind grundsätzlich zu berücksichtigen. Der Kunde der Klägerin hat ein schutzwürdiges Interesse, für die Kosten einer möglichen Beschädigung des Mietwagens nicht selber aufkommen zu müssen.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietwagens. Hierbei handelt es sich ebenfalls um erstattungsfähige Zusatzleistungen.
Sowohl die Kosten der Vollkaskoversicherung als auch der Zustellung/Abholung sind im vorliegenden Fall ausweislich der Rechnung der Klägerin tatsächlich angefallen.
Zuletzt können auch die Kosten für einen zweiten Fahrer ersetzt verlangt werden. Diese sind ebenfalls tatsächlich angefallen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Mietwagen nicht nur von dem Eigentümer des beschädigten Pkws, sondern auch von dessen Ehefrau genutzt wurde. Dies hat der Zeuge E2 glaubhaft bekundet.
Soweit das AG Sieburg.
Hallo Babelfisch,
auch im Rhein-Sieg-Kreis in Siegburg (NRW) hat Fraunhofer keine Chance. Im übrigen: ein überzeugendes Mietwagen-Urteil.
Noch einen schönen Abend
Willi Wacker