Mit Entscheidung vom 20.02.2017 (101 C 218/16) wurde die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung durch das Amtsgericht Siegburg zur Erstattung des restlichen Schadensersatzes verurteilt. Es handelte sich um eine konkrete Abrechnung der Reparaturkosten. Hierbei wurden seitens der Versicherung die Verbringungskosten um EUR 30,94 gekürzt.
Das Gericht hat die restlichen Kosten zwar zugesprochen, argumentiert aber zuerst mit der „bezahlten Rechnung“ analog den Sachverständigenkosten, schwenkt dann aber in die Spur des Werkstattrisikos ein, das zu Lasten des Schädigers geht. Auch der Hinweis auf die „übliche und objektiv angemessene Vergütung“ zeigt, dass hier wohl seitens der beklagten Versicherung auf die neuere Rechtsprechung des BGH (VI. Zivilsenat) zu den Sachverständigenkosten Bezug genommen wurde. Ziel ist wohl auch hier eine Einheitsvergütung konkret angefallener Reparaturkosten (ortsübliche Vergütung).
„Versuchsballon“ dafür sind die Verbringungskosten, da es bereits mehrere Urteile zu gekürzten Verbringungskosten bei konkret angefallenen Reparaturkosten gibt. Was bei den Verbringungskosten funktioniert, könnte man dann ja auch auf die UPE-Aufschläge übertragen oder auf die Stundenverrechnungssätze?
Auch dieses Urteil zeigt, dass der VI. Zivilsenat des BGH rechtsdogmatisch völlig auf dem Holzweg ist, sofern er neuerdings mit der „Indizwirkung der bezahlten Rechnung“ laboriert oder vom „besonders freigestellten Tatrichter“, der den Schadensersatz konkret angefallener Kosten auf Grundlage von § 287 ZPO willkürlich kürzen könne. Zumindest dann, so lange die Rechnung noch nicht bezahlt ist. Damit führt man ein Zweiklassen-Schadensersatzrecht ein, bei dem der „Reiche“, der die Rechnung vorverauslagen kann, seinen Schadensersatz zu 100% zugesprochen bekommt, der „Arme“ jedoch, der die Rechnung nicht vorab bezahlen kann, auf restlichen Kosten sitzen bleibt und/oder in eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Dienstleister gezwungen wird.
In Sachen Anwendbarkeit des § 287 ZPO ist die überwiegende Rechtsprechung des BGH sowie die zugehörige Literatur jedoch völlig anderer Rechtsauffassung (= Beweiserleichterung für den Kläger anstatt Beschneidung seiner konkret dargelegten Schadensersatzforderung).
101 C 218/16
Amtsgericht Siegburg
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägers
gegen
…
1. …
2. …
Beklagten
hat das Amtsgericht Siegburg
im vereinfachten schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO
am 20. Februar 2017
durch den Richter am Amtsgericht B.
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 30,94 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2016 zu zahlen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Eine Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.
Ohne Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist – soweit sie nicht bereits zurückgenommen worden ist – zulässig und begründet. Aufgrund des Verkehrsunfalles vom … , für den die Beklagten dem Grunde nach unstreitig die Alleinhaftung trifft, steht dem Kläger auch der allein noch offene geringfügige Restbetrag aus der Reparaturrechnung der Firma … vom 18.03.16 in Höhe von 30,94 EURO nebst Rechtshängigkeitszinsen zu.
Dass diese Rechnung vom Kläger seinerseits vollständig ausgeglichen worden ist, ergibt sich aus der schriftlichen Bestätigung der Werkstatt vom 13.08.2016.
Offen bleiben kann dagegen die Frage, ob für die Fahrzeugverbringung zum Lackierbetrieb die in der Rechnung angesetzten Kosten in Höhe von netto 106,00 € = brutto 126,14 € oder nur der von den Beklagten akzeptierte pauschale Betrag von netto 80,00 € = brutto 95,20 € der insoweit üblichen und objektiv angemessenen Vergütung entspricht. Jedenfalls im Rahmen der – wie hier – konkreten Schadensabrechnung genügt der Kläger nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur seiner Pflicht zur Darlegung und zum Nachweis des ihm durch den Unfall entstandenen Schadens durch Vorlage der von ihm bezahlten Reparaturrechnung.
Das sogenannte Werkstattrisiko (bezüglich Dauer, eventueller Fehler sowie eventuell überhöhter Kosten der Reparatur) trägt dagegen der Schädiger, sofern dem Geschädigten (Kläger) nicht ein Mitverschulden im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB zur Last fällt. Dafür bestehen hier keinerlei Anhaltspunkte, zumal auch das Schadensgutachten des Sachverständigen … Verbringungskosten in Höhe von netto 106,00 € auswies und der Kläger bereits in der Klageschrift etwaige Rückgewähransprüche gegen die Werkstatt wegen Überzahlung an die Beklagten abgetreten hat.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 269 Abs. 3, 708 Ziffer 13, 713 ZPO. Bei der Kostenentscheidung waren zu Lasten des Klägers auch die ursprünglich eingeklagten und später zurückgenommenen vorprozessualen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 96,39 € zu berücksichtigen, da diese nicht nur verhältnismäßig geringfügig waren, sondern sogar den dreifachen Betrag des schließlich allein verbliebenen Klageantrages ausmachten (vgl. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Streitwert: bis 500,00 EURO
Jeder der so betrogene sollte bei seiner bank einen kredit aufnemen, um damit zum ausdruck zu bringen, dass er auf jeden fall seine rechnung bezahlt. Auch wer keinen bekommt weist so nach, er haette laengst bezahlt, wenn er es sich leisten haette koennen.