Hallo verehrte Captain-Huk-Leserserschaft,
zwischen den ganzen kritisch zu betrachtenden Entscheidungen, die wir Euch hier im Blog zur Kenntnis vorgestellt haben, gibt es am Urteilshimmel hin und wieder auch mal einen Lichtblick. Nachfolgend wollen wir Euch – auch in Anbetracht des kommenden Wochenendes – hier ein herausragendes Beispiel aus St. Ingbert zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. vorstellen. Endlich mal wieder ein sattelfester Amtsrichter, der in seiner Entscheidung Tacheles redet. Lest selbst das Urteil des AG St. Ingbert aus dem Saarland. Man erkennt, dass Schadensersatzrecht auch so einfach sein kann. Auch die wenig hilfreiche Rechtsprechung der 13. (Berufungs-) Zivilkammer wurde bewußt ignoriert. Der Rechtsprechung der Freymann-Kammer wird wieder einmal die Gefolgschaft verweigert. Zu Recht, wie wir meinen. Lest selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
9 C 210/16 (10) Verkündet am 15.09.2016
Amtsgericht St. Ingbert
U r t e i l
I m N a m e n d e s V o l k e s
In dem Rechtsstreit
Deutsche Verrechnungsstelle AG, vertr. d.d. Vorstand, Schanzenstraße 30, 51063 Köln
Klägerin
gegen
HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschland a.G, vertr. d.d. Vorstand, Bahnhofplatz, 96442 Coburg
Beklagte
wegen Schadenersatz
hat das Amtsgericht St. Ingbert
durch den Richter am Amtsgericht G.
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2016
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 131,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit am 16.06.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die zur Ermittlung des Schadensumfanges vom geschädigten Kläger gezahlten Sachverständigenkosten sind in vollem Umfang als Sachfolgeschaden nach § 249 II S. 1 BGB durch die dem Grunde nach unstreitig schadensersatzpflichtige Beklagte zu erstatten.
Die Rechtsausführungen der Beklagten zur Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit abgetretener Forderungen werden vom Gericht voll inhaltlich geteilt, allerdings ohne Erfolg für die Beklagte, denn die Rechtsausführungen haben mit dem unstreitigen Sachverhalt nicht das Geringste zu tun. Abgetreten wurde nämlich ausweislich der Anlage KA zum Schriftsatz vom 20.07.2016 (Bl. 69 der Akten) keine Forderungsmehrheit, sondern lediglich der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten.
Soweit die Beklagte sich an den vom Sachverständigen abgerechneten Fahrtkosten stört, beruht auch dies darauf, dass die Beklagte den Sachverhalt schlicht und ergreifend nicht zur Kenntnis nehmen will. Ausweislich des unangegriffenen Sachverständigengutachtens war das Fahrzeug nämlich nicht mehr fahrfähig, insbesondere der Kühler war beschädigt. Das beschädigte Fahrzeug konnte also keinem Sachverständigen vorgeführt werden, sondern jeder beauftragte Sachverständige hätte ohnehin zum Besichtigungsort kommen müssen. Der Sachverständige hat auch lediglich die Fahrten von Freisen zum Besichtigungsort abgerechnet und nicht etwa die Fahrt aus dem weiter entfernten Büro aus Kusel. Im Übrigen ist der Zeitaufwand für die An- und Abfahrt des Sachverständigen nicht gesondert in Rechnung gestellt worden, sondern lediglich die reinen Kilometerkosten für zweimal 25 km, was auch dann noch für vertretbar gehalten wird, wenn grundsätzlich auch nicht in Frage gestellt wird, dass ein Geschädigter bei vorhandener Auswahl nicht beliebig entfernte Sachverständige ohne Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit beauftragen kann.
Im Übrigen hat sich der Sachverständige bei der Abrechnung des Grundhonorars und der Nebenkosten an der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Berufungsgerichts, des LG Saarbrücken, gehalten. Die Rechtsprechung des LG Saarbrücken beruht auf einer umfangreichen Tatsachenermittlung zu den üblichen Sachverständigenkosten im Landgerichtsbezirk, mithin im Saarland. Der Beklagten ist entgangen, dass sich bereits seit Inkrafttreten des BGB die übliche Vergütung im Sinne des § 632 II und 612 II BGB nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen bestimmt. Es ist durchweg sinnfrei, aus den örtlichen Verhältnissen beispielsweise in München oder Rostock auf die in Aurich, Köln oder St. Ingbert schließen zu wollen. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung, in der gerade auch die Beklagte ihr Geschäft betreibt, kann der Gesetzgeber bei Bedarf Berufsbilder normieren, beispielsweise das eines Kfz-Sachverständigen und Gebührenordnungen vorgeben. Tut er dies nicht, sind die allgemein geltenden zivilrechtlichen Grenzen bei der Preisbestimmung anwendbar, nämlich die Grenzen der Sittenwidrigkeit und die Vorschriften bei einseitigen Leistungsbestimmungsrechten, wobei letztere nur eingeschränkt herangezogen werden können. Ein Verstoß gegen all diese zivilrechtlich maßgeblichen Vorschriften ist auch nicht ansatzweise dargetan. Der Beklagten sind die Sachverständigenkosten schlicht zu teuer, was nachvollzogen werden kann, aber eben nicht ortsunüblich noch sittenwidrig, noch unangemessen, sondern schlicht marktwirtschaftlich.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Wiederum ein verständliches Urteil, das inhaltlich sorgfältigst zu registrieren ist.
Es ist graphisch aufbereitet schon griffbereit in der HUK-COBURG-Akte gelandet und hat collegialiter schneller Verbreitung bei Werkstätten, Rechtsanwälten und Kfz.-Sachverständigen gefunden, als sich das die HUK-COBURG-VERS. überhaupt vorzustellen vermag. Nicht gerade eine gute Werbung für die Versicherungsagenturen.- Na ja, wer Wind säht, wird Sturm ernten, so ist das Leben. Aber dafür haben die in COBURG rein vorsorglich besonders herausragende Prozeßbevollmächtigte und einen nicht zu übersehenden Bonus beim AG COBURG und auch beim übergeordneten LG. Das ist fast so, wie die LVM in Münster oder die VHV in Hannover.
Enno von Entenhausen